Entscheidungsdatum
14.09.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W144 2234897-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX , StA von Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.08.2020, Zl. 1197751105/200501215, Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangehöriger des Irak und hat erstmals am 04.07.2018 im Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der BF war im Besitz einer „rot-weiß-Rot-Karte“ gültig bis 31.12.2015, sowie einer e-card
Ein Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage iVm der Datei „CVIS“ des BMI, sowie Einsicht in den Reisepass des BF ergab, dass dem BF in Istanbul am 30.10.2017 ein schwedisches Visum der Kategorie C, gültig vom 27.11.2017 bis 26.11.2018 für 90 Tage und mehrmalige Einreise, Nr. 004096434, erteilt wurde.
Der Beschwerde liegen folgende Verwaltungsverfahren zugrunde:
I. Vorverfahren, abgeschlossen:
Im Verlauf seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Salzburg vom 04.07.2018 gab der BF im Wesentlichen Folgendes:
Seine 1. Ehefrau ( XXXX ) sowie das gemeinsame Kind ( XXXX ) befänden sich in Österreich, beide würden seit zwei Jahren in Klagenfurt leben. Zudem befinde sich seine 2. Ehefrau ( XXXX ) als Asylwerberin auch in Österreich.
Seit dem Jahr 2008 sei er ständig in Österreich gewesen, weil er hier zwei Unternehmern betrieben habe, die es jetzt jedoch nicht mehr gebe. Bis zum 20.05.2018 habe er kein Reiseziel gehabt, weil er in Istanbul in der Türkei gelebt habe. Im Jahr 2015 habe er im Irak eine politische Partei gegründet, am 18.05.2018 sei sein wichtigstes Parteimitglied ermordet worden. Erst am 20.5.2018 habe er gemerkt, dass er in Kurdistan in großen Schwierigkeiten sei und er nicht mehr in den Irak zurückkehren könne. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, dass auch er ermordet werde. Am 20.05.2018 habe er nach Österreich reisen wollen, weil seine erste Ehefrau und sein Kind hier leben würden.
Das BFA richtete am 06.07.2018 unter ausdrücklichem Hinweis auf das schwedische Schengen-Visum ein auf Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Schweden. Schweden hat seine Zuständigkeit und die Rückübernahme des BF auf Grundlage des Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO durch ausdrückliche Mitteilung vom 10.07.2018 akzeptiert.
Im Zuge seiner Einvernahme durch das BFA vom 24.07.2018 gab der BF im Wesentlichen an, dass er gesund sei, keine Medikamente benötige, dass seine bisherigen Angaben im Verfahren der Wahrheit entsprechen würden, er seinen Reisepass, seine Rot-Weiß-Rot-Karte und auch eine e-Card mithabe. Er habe diese Ausweise, weil er schon einmal in Österreich gewesen sei.
In der Folge wiederholte der BF die Personaldaten seiner 1. und seiner 2. Ehegattin sowie des mit der 1. Ehegattin gemeinsamen Kindes. In Bezug auf letztere erklärte der BF, dass er diesen Geld und Kleidungsstücke schicke. Er habe auch die Telefonnummer der 1.Ehegattin in seinem Handy eingespeichert. Die Ehe sei im Jahr 1998 geschlossen worden. Er sei von seiner 1. Ehegattin bis jetzt nicht geschieden, es gebe jedoch Probleme. Die Ehefrau habe subsidiären Schutz, diese halte sich mit dem gemeinsamen Sohn seit September 2015 in Österreich auf. Damals habe er beide nachgeholt, weil er einen Aufenthalt in Österreich gehabt habe. Fünf Monate lang hätten sich die beiden auch in Schweden aufgehalten, seien jedoch von dort nach Österreich rücküberstellt worden. Seinen Sohn habe er im März 2018 in Salzburg zuletzt gesehen und die 1. Ehefrau habe er vor eineinhalb Jahren letztmalig gesehen, als sie nach Schweden gegangen sei. Im März 2018 hätte er mit seiner ersten Ehegattin nicht gesprochen. Vor März 2018 habe er seinen Sohn zuletzt zu Weihnachten 2017 in Salzburg getroffen. Auf die Frage, ob er sagen würde, dass er sein Kind aus erster Ehe regelmäßig sehe, erklärte der BF ausdrücklich „Nein“. Seit das Kind mit der Mutter (Anmerk.: von Schweden) wieder nach Österreich zurückgekehrt sei, habe er seinen Sohn dreimal gesehen - im Oktober 2017, Dezember 2017 und März 2018. Im August 2017 habe er versucht seinen Sohn zu sehen, doch habe dies seine 1. Ehefrau nicht erlaubt. Er sei deswegen zur Polizei nach Villach gegangen doch habe diese gemeint, dass er, der BF gefährlich für sie und das Kind sei. Durch Vermittlung seines Vaters, der in den USA lebe, habe er letztlich sein Kind sehen können. In der Folge habe er monatlich zwischen € 200,- und 300,- zu seinem Sohn geschickt. Zur 1. Ehegattin habe er lediglich telefonischen Kontakt. Wer das Sorgerecht für das Kind habe, wisse er nicht. Seine 1. Ehegattin habe derzeit keine Beziehung.
Seit dem Jahr 2008 sei er öfter nach Österreich gekommen und wieder in den Irak zurückgekehrt, habe viele Freunde hier aus dem Irak und aus Österreich, er sei beruflich Händler. Seit dem Jahr 2000 habe er regelmäßig Visa bekommen; zuletzt durch seine Firma ein schwedisches Visum in der Botschaft in Istanbul. Er habe in Schweden keinen Asylantrag gestellt. Dies deshalb, weil er nie den Gedanken gehabt habe, einen Asylantrag zu stellen. Nach Vorhalt, dass Schweden zur Prüfung seines Asylantrages zuständig sei, erklärte der BF, dass er seit 2008 Österreich regelmäßig besuche und Österreich wie seine zweite Heimat sei. Er habe hier eine Wohnung eine Firma und auch eine Versicherung gehabt, zudem gute Freunde. Er fühle sich hier nicht als Fremder. Sein Sohn lebe auch hier. Er brauche keine staatliche Hilfe er wäre ein „leichter“ Gast. Sonst gebe es keine Gründe, die gegen eine Überstellung nach Schweden sprechen würden. Er wolle einfach nicht entfernt vom Sohn und von Österreich sein. Mit Schweden habe er nur Handelsbeziehungen gehabt, mehr nicht.
Die 1. Ehegattin des BF gab in ihrem Asylverfahren in Bezug auf ihre Beziehung zum BF im Wesentlichen folgendes an:
„Am Anfang war es (= die Beziehung) sehr gut. Aber nachdem er angefangen hat viel zu reisen, war es schlecht. (In der Türkei) sagte er mir, dass er eine andere geheiratet hat. Er meinte, dass sie aus dem Iran ist und dass sie kommen wird, um mit ihnen in der Türkei zu leben. Ich habe das abgelehnt und sagte, dass ich das nicht zulasse. Er meinte, ich muss dem zustimmen, ansonsten bringt er mich und meinen Sohn um und lässt unsere Leichen verschwinden ohne dass es jemand mitbekommt (Mein Mann hatte immer seine Pistole dabei). Er nahm die Pistole heraus und drohte mir mit dem umbringen. Ich habe extrem geweint. Er hat die Wohnung verlassen. Ich habe immer Angst vor ihm gehabt. Ich traute mich nicht jemanden davon zu erzählen. Auch als wir damals im Irak lebten, hat er mich immer wieder bedroht und geschlagen. Er ist ein sehr mächtiger Mann und ich konnte mich nirgendwo äußern. […] Ich habe zu meinem Mann gesagt, dass ich unseren Sohn nehme und er solle die Wohnung verlassen. Er hat mich täglich geschlagen. Wir haben täglich diskutiert. Er ging täglich auf mich los. Nach ca. zwei Wochen nach dem er mich geschlagen hat, ging ich raus. Meinen Sohn hat bei sich gelassen. Ich habe im Park gesessen. Ich habe die ganze Zeit gehört, wie mein Sohn weint und schreit in der Wohnung. Ich ging nach Hause zurück, damit sich mein Sohn beruhigt. Ich konnte nicht einfach rausgehen und meinen Sohn bei ihm lassen. Er meinte immer, dass es sein Sohn ist und nicht mein ist. Er sagte, dass ich ruhig nach Europa gehen kann, aber den Sohn bei ihm lassen muss, ansonsten bringt er mich um, weil es sein Sohn wäre und nicht meiner……. Vier Monate nach meiner Ankunft in diesem Quartier haben wir einen Anruf bekommen. Ein gewisser Mann [ … ] hat für mich übersetzt, der Anruf war für mich. Eine Sozialarbeiterin von der Caritas Salzburg teilte mir mit, dass mein Mann sich bei ihnen in der Betreuung befindet und dass er seinen Sohn sehen möchte. Ich habe dann gezittert und geweint aus Angst. Ich habe zu dieser Dame gesagt, dass ich wegen meines Mannes geflüchtet bin, weil er mich umbringen möchte. … Ich habe der Polizei meine Problematik geschildert. 1 Stunde später bin ich in ein anderes Quartier verlegt worden, damit mir nichts passiert.“
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 25.09.2018 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Schweden gemäß 12 Abs. 2 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Schweden zulässig sei.
In der Folge gab der BF am 28.9.2018 einen Rechtsmittelverzicht ab und erklärte sich mit Überstellung nach Schweden einverstanden.
Mit Schreiben (Ausreisebestätigung) vom 12.10.2018 teilte der Verein Menschenrechte der Behörde mit, dass der BF am 11.10.2018 das Bundesgebiet auf dem Luftweg nach Stockholm verlassen hat.
II. gegenständliches Verfahren:
Im Juni 2020 kehrte der BF erneut ins Bundesgebiet zurück und stellte hier am 17.6.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen seiner Erstbefragung vom 17.06.2020 durch die LPD Oberösterreich wurde der BF darüber belehrt, dass über eine Angelegenheit nur einmal entschieden werden könne und im gegenständlichen Verfahren aufbauend auf die bereits rechtskräftig festgestellte Unzuständigkeit Österreichs ausschließlich die Frage zu prüfen ist, ob sich seit der Rechtskraft der Vorentscheidung neue Tatsachen ergeben hätten, die Österreich nunmehr für Verfahren zuständig erscheinen ließen.
Der BF gab dazu an, dass sein Asylverfahren in Schweden noch offen sei, er sei freiwillig wieder nach Österreich gekommen. Seine Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht, er sei jetzt wieder nach Österreich gekommen, da sein Sohn hier lebe. Er könne nicht so weit (entfernt) von ihm leben. Der Sohn lebe seit zwei Jahren ohne Vater.
Das BFA richtete am 11.08.2020 unter Hinweis auf das anhängige schwedische Asylverfahren des BF (gründend auf Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO)), ein auf Art. 18 abs. 1 lit. b leg.cit. gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Schweden. Schweden hat seine Zuständigkeit und die Rückübernahme des BF durch ausdrückliche Mitteilung vom 14.08.2020 (erneut) akzeptiert.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 25.08.2020 gab der BF im Wesentlichen zu Protokoll, dass seine Angaben vom 17.06.2020 im Zuge der Erstbefragung der Richtigkeit entsprechen. In Österreich befänden sich sein Sohn und seine Frau, diese seien seit 2015 in Villach wohnhaft. Im Jahr 2015 seien sie gemeinsam nach Österreich gekommen, danach habe er seinen Sohn regelmäßig, etwa alle zwei Monate gesehen. Weitere Kinder habe er nicht. Er schicke monatlich $ 300 an seinen Sohn, dieser sei neun Jahre alt. Bis Juni 2018 habe er in der Türkei gelebt und zwischendurch immer seinen Sohn in Österreich besucht. Er wolle ein Schreiben vorlegen der Familien- und Jugendgerichtshilfe Villach, wonach er zu einem Gespräch eingeladen wird.
Nach Vorhalt, dass nach wie vor Schweden zur Prüfung seines Asylantrages zuständig sei, erklärte der BF, dass er dies verstanden habe, dass aber hier sein Sohn sei und dieser ihn als Vater brauche. Deshalb wolle er in Österreich bleiben. In Schweden habe er weder Probleme, noch besondere Vorfälle erlebt und er habe dort auch keine Hilfsorganisationen kontaktiert. Von Schweden sei er selbstständig mit dem Zug bis nach Österreich gefahren. In gesundheitlicher Hinsicht sei er gesund, nicht pflegebedürftig und bestehe auch kein Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Ehegattin bzw. zu seinem Sohn.
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 26.08.2020 erneut gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Schweden zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Schweden zulässig sei.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):
„Zur Lage im Mitgliedstaat:
Zur COVID-19 Pandemie
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Schweden wurden bisher 86891 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher diesbezügliche 5814 Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen 26.8.2020.
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am26.08.2020).
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (Migrationsverket o.D.; vgl. AIDA 3.2017, USDOS 2.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2017): Country Report: Sweden, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
- Migrationsverket (o.D.): Protection and asylum in Sweden, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden.html, Zugriff 16.2.2018
- USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Sweden,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018
2. Dublin-Rückkehrer
Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer nach Schweden kommt, werden neue Asylanträge auf jeden Fall entgegengenommen. Wenn eine frühere Entscheidung in der Zwischenzeit rechtskräftig geworden ist, werden entsprechende Maßnahmen gesetzt (EASO 24.10.2017).
Wen das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Schweden noch läuft, wird er entsprechend untergebracht und das Verfahren beschleunigten geführt. Dublin-Rückkehrer mit einer rechtskräftig negativen Entscheidung in Schweden können zur Außerlandesbringung geschlossen untergebracht werden (AIDA 3.2017).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer mit negativer Asylentscheidung gemäß ärztlichem Attest gesundheitlich nicht für die Außerlandesbringung geeignet ist, wird diese ausgesetzt. Solange der Betreffende bei der Asylbehörde registriert ist, hat er das Recht auf Unterbringung. Im Falle einer Nicht-Registrierung bei der Asylbehörde, ist die Gemeinde, in welcher der Antragssteller seinen Wohnsitz hat, für die Unterbringung zuständig (Migrationsverket 3.1.2018).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2017): Country Report: Sweden, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
- EASO – European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query. Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
- Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail
- Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail
3. Non-Refoulement
In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Sweden,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018
4. Versorgung
Asylwerber haben in Schweden generell Zugang zu Versorgung. Im Falle von Folgeanträgen besteht jedoch nur ein eingeschränktes Recht darauf. Wenn Antragssteller über eigene finanzielle Mittel verfügen, müssen sie diese zuerst aufbrauchen. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine, die deutlich niedriger ist als die Sozialhilfe für schwedische Staatsangehörige. Das monatliche Taschengeld für Asylwerber beträgt in einem Unterbringungszentrum mit Verpflegung zwischen 60 und 76,50 Euro. Im Falle einer privaten Unterkunft liegt es zwischen 194 und 225 Euro. Für besondere Ausgaben (z.B. Winterkleidung, Brillen, teilweise auch zur Deckung medizinischer Kosten) kann eine Sonderzulage beantragt werden. Asylwerber haben nach Erfüllung bestimmter Kriterien Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass es für sie eine Arbeitsgenehmigung erforderlich wäre (AIDA 3.2017).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2017): Country Report: Sweden, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
5. Unterbringung
Die schwedische Asylbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch private Unterbringung bei Freunden oder Verwandten ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen Asylwerbern und in eigenen Zimmern untergebracht (AIDA 3.2017).
Die schwedische Asylbehörde verfügt in 290 Gemeinden über diverse Unterbringungsmöglichkeiten, in denen Ende 2016 63.063 Asylwerber beherbergt wurden. Dabei handelt es sich meist um angemietete Privathäuser und -wohnungen. 35.449 Asylwerber haben 2016 eine private Unterkunft gehabt und 24.196 Personen befanden sich aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit oder aus anderen Gründen in speziellen Unterbringungszentren (AIDA 3.2017).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2017): Country Report: Sweden, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
6. Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Nothilfe, sowie unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung (Migrationsverket 14.12.2017). Weiters schreibt das Gesetz über die medizinische Versorgung von Ausländern ohne Aufenthaltsberechtigung vor, dass das schwedische Gesundheitssystem für alle Personen, unabhängig von deren Aufenthaltstitel, eine medizinische Versorgung in folgenden Fällen zur Verfügung zu stellen hat: unaufschiebbare Behandlung, Gesundheitsfürsorge für Mütter, Abtreibung und Nachbehandlung, Verhütungsberatung, Verschreibung von Medikamenten in den aufgezählten Fällen und ärztliche Untersuchung (Migrationsverket 5.1.2018).
Alle Asylwerber erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf einen Übersetzer. Für bestimmte medizinische Leistungen und Rezepte ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen (Migrationsverket 14.12.2017; vgl. AIDA 3.2017). Diese Gebühren werden für Personen über 18 Jahren staatlich subventioniert. Wenn innerhalb von sechs Monaten Medikamentenkosten von 400 SEK überschritten werden, besteht die Möglichkeit eine Kostenrückerstattung für den überschreitenden Betrag zu beantragen. Kinder unter 18 Jahren sind in der medizinischen Versorgung mit schwedischen Staatsbürgern gleichgestellt (5.1.2018).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.216).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2017): Country Report: Sweden, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
- Migrationsverket (14.12.2017): Health care for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 16.2.2018
- Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail
- MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail m
C) Beweiswürdigung
Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:
[…]
Betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:
Die Feststellungen zum Mitgliedsstaat basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 Abs. 2 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.
Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte „notorische“ Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. „Offenkundig“ ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder „allgemein bekannt“ (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ (amtsbekannt) geworden ist; „allgemein bekannt“ sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen – ohne besondere Fachkenntnisse – hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.
Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
Sie haben nicht vorgebracht, im MS Schweden Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein.“
Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 12 Abs. 4 (richtigerweise nach dem Versteinerungsprinzip Art. 12 Abs. 2 leg.cit.) Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Schweden) für die Prüfung des Antrages zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung der BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Der im Spruch genannte Staat sei bereit, den BF einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Gefahr der Verletzung der EMRK oder eine systematische notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte seien in Schweden nicht zu erkennen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Weiters lägen keine ausreichenden humanitären Gründe gem. Art. 16 und 17 Abs. 2 leg.cit. vor. Die Ausweisung des BF stelle mangels berücksichtigungswürdiger familiärer Bindungen in Österreich und dem Umstand, dass seine Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet als zu kurz zu bezeichnen sei, keine Verletzung von Art. 8 EMRK dar.
Gegen diesen am 27.08.2020 zugestellten Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des BF, mit welcher er im Wesentlichen geltend machte, dass der Grund, warum er nicht nach Schweden zurück gehen könne, sei, dass sein Sohn in Österreich lebe, den er seit etwa zwei Jahren nicht mehr gesehen habe. Er wolle endlich wieder bei seinem Sohn sein und wolle betonen, dass der bisherige geringe Kontakt zu seinem Sohn keine Entscheidung von ihm gewesen sei, sondern sich aus den gegebenen Umständen ergeben habe. Er habe immer wieder versucht, seine Rechte als Vater durchzusetzen und mehr Kontakt zu seinem Sohn haben zu können. Derzeit gebe es ein laufendes Verfahren beim BG Villach um die Obsorge für den Sohn zu klären.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.
Besondere, in der Person des Antragstellers gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Schweden sprechen, liegen nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.
Die BF leidet an keinen Krankheiten.
Der BF hat im Bundesgebiet familiäre Anknüpfungspunkte durch seinen minderjährigen Sohn, zudem er geringfügig Kontakt hat: In der Zeit von 2015 bis 2016 hat der BF seinen Sohn etwa alle zwei Monate gesehen, da sich der BF beruflich in der Türkei aufgehalten hat und zu Besuchen in Österreich gewesen ist. Nachdem die erste Ehegattin des BF im Mai 2016 von Schweden nach Österreich rücküberstellt worden ist hat der BF im Zeitraum bis zum 24.07.2018 (Einvernahme vor dem BFA) seinen Sohn lediglich dreimal gesehen, konkret im Oktober und Dezember 2017 sowie im März 2018. Am 11.10.2018 hat der BF Österreich nach Stockholm verlassen.
Das Verhältnis des BF zur Mutter seines Sohnes, seiner ersten Ehegattin, ist zerrüttet, seine 1. Ehegattin hat in ihrem Asylverfahren ausdrücklich und wiederholt geltend gemacht, dass sie sich vor dem BF fürchtet und dass sie von diesem misshandelt und massiv bedroht worden ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zu seinem schwedischen Visum ergeben sich aus dem Akt des BFA und dem darin befindlichen Vorbringen der BF, sowie aus dem VIS-Abgleichsbericht samt CVIS-Datensatz und einer Einsicht in den RP des BF.
Die Feststellungen zur gesundheitlichen und familiären Situation der BF ergeben sich aus seinem Vorbringen i.V.m. mit dem Einvernahmeprotokoll vom 02.05.2018 der 1.-Ehegattin des BF.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.
Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur schwedischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf „Dublin-Rückkehrer“) samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.
Der BF hat auch keine Umstände geltend gemacht, wonach er in Schweden etwa in seinen Rechten gemäß Art. 2 oder 3 EMRK konkret gefährdet wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
…
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:
„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“
§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. …
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates („Dublin III-VO“) zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:
„KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 12
Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
Art. 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Artikel 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des
Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, d s Kind, eines
seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese
Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
KAPITEL V
PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Artikel 18
Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
KAPITEL VI
AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN
Art. 20
Einleitung des Verfahrens
(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.
(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.
(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.
Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.
(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.
Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.
Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.
Artikel 23
Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat
(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat
ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.
(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac- Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen. Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.
(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.
(4) Für ein Wiederaufnahmegesuch ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der betroffenen Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist. Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 gennanten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 25
Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch
(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.“
Zu A)
1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):
In m