TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/1 L524 2170811-2

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Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs2

Spruch

L524 2170811-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, gegen die Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2020, Zl. 1089759205/200668306, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbots, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.08.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.02.2019, L521 2170811-1/22E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 21.02.2019 zugestellt und war damit rechtskräftig.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.04.2019, Ra 2019/20/0152, wurde die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Revision zurückgewiesen.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer wurde im März 2020 zum BFA geladen, um dort Dokumente zur Erlangung eines Heimreisezertifikats auszufüllen. Der Beschwerdeführer weigerte sich, diese Dokumente auszufüllen.

Der Beschwerdeführer wurde im Juni 2020 darüber verständigt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots beabsichtigt sei. Eine Stellungnahme gab er dazu nicht ab. Er legte über seine rechtsfreundliche Vertreterin nur eine Bestätigung der irakischen Botschaft in Wien vor, wonach die irakische Regierung keine Zwangsrückführungen von irakischen Staatsbürgern akzeptiere.

Mit Bescheid des BFA vom 07.08.2020, Zl. 1089759205/200668306, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2020, L524 2170811-2/2Z, wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und stammt aus Basra. Er besuchte im Irak zwölf Jahre die Schule und schloss diese mit Matura ab. Bis zu seiner Ausreise aus dem Irak arbeitete er als Elektriker. Im Irak leben die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers. Der Vater ist bereits verstorben. Die Mutter bezieht eine Witwenpension, zwei Brüder arbeiten als Taxi- bzw. Busfahrer, ein Bruder arbeitet bei der staatlichen irakischen Ölgesellschaft. Die Schwester des Beschwerdeführers ist verheiratet. Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Basra.

Der Beschwerdeführer stellte am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.02.2019, L521 2170811-1/22E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA, mit dem der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 21.02.2019 zugestellt und war damit rechtskräftig.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.04.2019, Ra 2019/20/0152, wurde die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Revision zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb unrechtmäßig in Österreich. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist nicht geduldet.

Der Beschwerdeführer bezieht seit Oktober 2015 Leistungen aus der Grundversorgung, lebt in einer Asylwerberunterkunft, ist nicht selbsterhaltungsfähig und kann keine Mittel zur Finanzierung seines Unterhalts nachweisen. Der Beschwerdeführer ist gesund. Der Beschwerdeführer gehört keiner Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung an.

Es können keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich festgestellt werden. Er ist nicht verheiratet, führt keine Lebensgemeinschaft, hat keine Freundin und keine Kinder. Der Beschwerdeführer war ehrenamtlich tätig, er absolvierte einen Werte- und Orientierungskurs, nahm an Informationsmodulen der Veranstaltungsreihe Start Wien teil, besuchte einen Kurs „Hilfe im Notfall“ und „Bewegung, Gesundheit und gesunde Ernährung“. Der Beschwerdeführer hat Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1, er hat Freunde in Österreich und verfügt über Unterstützungsschreiben und eine Einstellungszusage einer Pizzeria, wobei aber nicht angeführt wird, für welche Tätigkeit der Beschwerdeführer angestellt werden soll.

Der Beschwerdeführer gab am 04.10.2019 beim Magistrat der Stadt Wien eine Gewerbeanmeldung ab, worüber das BFA verständigt wurde. Der Beschwerdeführer wurde im März 2020 zum BFA geladen, um dort Dokumente zur Erlangung eines Heimreisezertifikats auszufüllen. Der Beschwerdeführer weigerte sich, diese Dokumente auszufüllen. Im Juni 2020 wurde der Beschwerdeführer darüber verständigt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots beabsichtigt sei. Eine Stellungnahme gab er nicht ab. Er legte nur eine Kopie einer Bestätigung der irakische Botschaft Wien vom 29.06.2020 vor, wonach die irakische Regierung keine Zwangsrückführungen von irakischen Staatsbürgern akzeptiert.

Zum Irak:

Die monatlichen Einkommen im Irak liegen in einer Bandbreite zwischen 200 und 2.500 USD (Anm.: ca. 185-2.312 EUR), je nach Position und Ausbildung. Das Ministerium für Arbeit und Soziales bietet Unterstützung bei der Arbeitssuche und stellt Arbeitsagenturen in den meisten Städten. Die Regierung hat auch ein Programm gestartet, um irakische Arbeitslose und Arbeiter, die weniger als 1 USD (Anm.: ca. 0,9 EUR) pro Tag verdienen, zu unterstützen. Aufgrund der Situation im Land wurde die Hilfe jedoch eingestellt. Weiterbildungsmöglichkeiten werden durch Berufsschulen, Trainingszentren und Agenturen angeboten. Aufgrund der derzeitigen Situation im Land sind derzeit keine dieser Weiterbildungsprogramme, die nur durch spezielle Fonds zugänglich sind, aktiv (IOM 1.4.2019; IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018).

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können – für den Zugang zum Gesundheitswesen wird lediglich ein irakischer Ausweis benötigt – haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 1.4.2019). Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD (Anm.: ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 12.2019).

Quellen:

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2019): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/;

IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018),

Die Höhe einer Miete hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung der Unterkunft ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Rückkehr von IDPs in ihre Heimatorte hat eine leichte Senkung der Mietpreise bewirkt. Generell ist es für alleinstehende Männer schwierig Häuser zu mieten, während es in Hinblick auf Wohnungen einfacher ist (IOM 1.4.2019). Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser, jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote. In der Zeit nach Saddam Hussen sind die Besitzverhältnisse von Immobilien zuweilen noch ungeklärt. Nicht jeder Vermieter besitzt auch eine ausreichende Legitimation zur Vermietung (GIZ 12.2019). Es besteht keine öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche für Rückkehrer. Private Immobilienfirmen können jedoch helfen (IOM 1.4.2019).

Quellen:

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2019): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/.

IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018).

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Antrag auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.02.2019, L521 2170811-1/22E und dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.04.2019, Ra 2019/20/0152. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen im Irak ergeben sich aus den Angaben im Verfahren zur Erlangung internationalen Schutzes.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam und unrechtmäßig in Österreich verblieb, ist unstrittig. Die Feststellung, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht geduldet ist, ergibt sich aus einem IZR-Auszug.

Die Feststellung zur versuchten Gewerbeanmeldung ergibt sich aus dem diesbezüglichen Formular (AS 475). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im März 2020 zum BFA geladen wurde, um dort Dokumente zur Erlangung eines Heimreisezertifikats auszufüllen und sich weigerte, diese Dokumente auszufüllen, ergibt sich aus der Ladung (AS 483) und dem Bescheid des BFA über die Verhängung einer Mutwillensstrafe vom 29.07.2020 (AS 530).

Die Feststellung zum übermittelten Parteiengehör zwecks beabsichtigter Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots ergibt sich aus dem diesbezüglichen Schreiben des BFA. Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab. Er übermittelte nur eine Kopie einer Bestätigung der irakische Botschaft Wien vom 29.06.2020 vor, wonach die irakische Regierung keine Zwangsrückführungen von irakischen Staatsbürgern akzeptiert (AS 509 – 513).

Die Feststellung zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung seit Oktober 2015 und zur Unterkunftnahme in einer Asylwerberunterkunft, ergeben sich aus einem GVS-Auszug vom 14.09.2020. Die Feststellungen zum Besuch von Kursen und den Deutschkenntnissen ergeben sich aus den Bestätigungen, die der Beschwerdeführer im Verfahren zur Erlangung internationalen Schutzes vorlegte. In diesem Verfahren machte der Beschwerdeführer noch eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsangehörigen geltend. In der Beschwerde zum gegenständlichen Verfahren wird diese nicht mehr erwähnt, weshalb auch keine diesbezügliche Feststellung erfolgte. Es wird nur davon gesprochen, dass der Beschwerdeführer diverse enge Freunde in Österreich hat. Daher erfolgte die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Freunde in Österreich hat. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, verheiratet zu sein, eine Lebensgemeinschaft zu führen oder Kinder zu haben, weshalb entsprechende Feststellungen getroffen wurden. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, gründet sich darauf, dass er Gegenteiliges nicht vorbrachte. Insbesondere behauptete der Beschwerdeführer nicht, einer Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung anzugehören, weshalb eine dementsprechende Feststellung erfolgte. Die Feststellung zu den Unterstützungsschreiben stützen sich auf die dementsprechenden Schreiben, die Feststellung zur Einstellungszusage stützt sich auf die Bestätigung vom 07.09.2020. Aus dieser geht jedoch nicht hervor, für welche Tätigkeit der Beschwerdeführer angestellt werden soll.

Die Feststellung zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreisverbots ergibt sich aus dem Bescheid des BFA vom 07.08.2020, Zl. 1089759205/200668306.

Die Feststellungen zum Irak beruhen auf den oben angeführten Quellen, welche schon das BFA herangezogen hat.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt wurde. In der Beschwerde wird auch kein diesbezügliches Vorbringen erstattet.

Die Entscheidung ist daher gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Er hält sich daher unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.

Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens käme.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet, führt in Österreich keine Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet liegt daher nicht vor. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls noch in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG stellt nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058; VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 unter Hinweis auf VwGH 21.01.2016, Ra 2015/22/0119; 10.05.2016, Ra 2015/22/0158; 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich beruhte von Oktober 2015 bis Februar 2019, somit ca. dreieinhalb Jahre, auf einem Antrag auf internationalen Schutz, der sich jedoch als nicht berechtigt erwiesen hat. Seit Februar 2019, somit ca. eineinhalb Jahre, ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers unrechtmäßig. Trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung kam der Beschwerdeführer aber seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Der Beschwerdeführer weigert sich auch, an der Erlangung eines Heimreisezertifikats mitzuwirken und füllte entsprechende Dokumente zur Erlangung eines Heimreisezertifikats nicht aus. Der Beschwerdeführer bemühte sich vielmehr, eine Bestätigung seines Heimatstaates zu bekommen, wonach die irakische Regierung keine Zwangsrückführungen von irakischen Staatsbürgern akzeptiert.

Vor diesem Hintergrund wird die vom Beschwerdeführer erlangte Integration (ehrenamtliche Tätigkeit, Absolvierung eines Werte- und Orientierungskurses, Teilnahme an Informationsmodulen der Veranstaltungsreihe Start Wien, Kursbesuch „Hilfe im Notfall“ und „Bewegung, Gesundheit und gesunde Ernährung“, Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1, Freundschaften) maßgeblich relativiert. Der Beschwerdeführer lebt in einer Asylwerberunterkunft, er ist nicht selbsterhaltungsfähig und kann keine Mittel zur Finanzierung seines Unterhalts nachweisen.

Der Beschwerdeführer ist nicht erwerbstätig, er bezieht vielmehr seit Oktober 2015 Leistungen aus der Grundversorgung. Eine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit vermag auch durch die vorgelegte Einstellungszusage nicht dargetan werden, da der Beschwerdeführer nicht darzulegen vermag, dass er über die für die Erteilung der dazu benötigten Beschäftigungsbewilligung erforderlichen Voraussetzungen verfügt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mwN). Darüber hinaus muss festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer während seines bisherigen Aufenthalts in Österreich keine Bereitschaft zeigte, sich um legale Arbeit zu bemühen. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK muss nicht akzeptiert werden, dass der Fremde mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2018/01/0003 mwN).

Es besteht keine derartige Verdichtung seiner persönlichen Interessen, dass von „außergewöhnlichen Umständen“ gesprochen werden kann und ihm schon deshalb unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ein dauernder Verbleib in Österreich ermöglicht werden müsste.

Die Bindungen zum Heimatstaat des Beschwerdeführers sind deutlich stärker ausgeprägt. Der Beschwerdeführer verbrachte die ersten 31 Jahre seines Lebens in seinem Heimatland (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058). Die Familie des Beschwerdeführers lebt im Irak, er hat dort seine Sozialisation erfahren, die Schule besucht und war berufstätig. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zum Irak auszugehen.

Unter der Schwelle des § 50 FPG kommt den Verhältnissen im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens Bedeutung zu, sodass etwa "Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder bei Sozialleistungen" in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen sind (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 unter Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Ein diesbezügliches konkretes Vorbringen wurde vom Beschwerdeführer nicht erstattet. In der Beschwerde wird vorgebracht, dass wegen der Coronapandemie die Suche nach Arbeit erschwert würde. Bei den in der Beschwerde zitierten Berichten handelt es sich aber nur um Einschätzungen, wie sich die Coronapandemie auf die Wirtschaftslage auswirken könnte. Soweit Berichte zur Lage von Vertriebenen zitiert werden, fehlt es diesen am Zusammenhang zum Beschwerdeführer, der kein Vertriebener ist. Der Beschwerdeführer verfügt über Schulbildung mit Maturaabschluss und Berufserfahrung im Irak, er spricht Arabisch und seine Familie lebt im Irak. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer als junger und gesunder Mann bei einer Rückkehr in den Irak nicht in der Lage sein sollte, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ist nicht ersichtlich. Es kann vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zum Irak davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein wird, in seinem Heimatland, dessen Sprache er spricht, in dem seine Familie lebt, zu der er wieder Kontakt aufnehmen kann, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vermag weder das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl. VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253 unter Hinweis auf VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070, mwN).

Der Beschwerdeführer vermochte zum Entscheidungszeitpunkt daher keine entscheidungserheblichen integrativen Anknüpfungspunkte im österreichischen Bundesgebiet darzutun, welche zu einem Überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat führen könnten.

Auf Grund der genannten Umstände überwiegen in einer Gesamtabwägung derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens wiegt in diesem Fall schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet. Durch die angeordnete Rückkehrentscheidung liegt eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vor. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Mit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG folgt aus der mit Erkenntnis vom 19.02.2019, L521 2170811-1/22E, erfolgten Nichtgewährung von Asyl und subsidiärem Schutz (vgl. VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044 bis 0046 mwN). Sofern in der Beschwerde auf die Coronapandemie und Berichte zur Lage im Irak hingewiesen wird, wird nicht dargetan, inwiefern der Beschwerdeführer davon betroffen wäre, zumal der Beschwerdeführer selbst nicht einmal behauptet, einer Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung anzugehören. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass im Hinblick auf die bloße Möglichkeit einer Covid-19-Erkrankung solche exzeptionellen Umstände vorlägen, die die reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art. 3 EMRK garantierten Rechte darstellten (vgl. etwa VwGH 23.6.2020, Ra 2020/20/0188, Rn. 19).

Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA wurde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Daher war gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise vorzusehen. Der Spruchpunkt betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2020, L524 2170811-2/2Z, ersatzlos aufgehoben. Damit kommt der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu und war eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gemäß § 55 Abs. 2 FPG vorzusehen.

Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Mit einer Rückkehrentscheidung kann gemäß § 53 Abs. 1 FPG vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das BFA das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG).

Der Beschwerdeführer ist seiner seit Februar 2019 bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Er weigert sich auch, an der Beschaffung eines Heimreisezertifikats mitzuwirken und füllt entsprechende Dokumente zur Erlangung eines solchen Heimreisezertifikats nicht aus. Hinzu kommt noch die Mittelosigkeit des Beschwerdeführers. Er bezieht seit seiner Einreise in Österreich im Oktober 2015 Leistungen aus der Grundversorgung. Unter dem sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbild stellt der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, bestätigt geradezu die Beurteilung, dass der auf die Mittellosigkeit abstellende Tatbestand des (nunmehr) § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt ist (vgl. VwGH 09.07.2020, Ra 2020/21/0257; 25.10.2018, Ra 2018/20/0318; 20.09.2018, Ra 2018/20/0349; 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349; aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).

Bei der vorgelegten Einstellungszusage, aus der nicht einmal hervorgeht, für welche konkrete Tätigkeit diese besteht, handelt es sich um eine rechtlich bloß unverbindliche Aussicht darauf, dass der Beschwerdeführer in ein Dienstverhältnis aufgenommen werden soll. Der Beschwerdeführer kann daraus aber keinen Rechtsanspruch ableiten, weshalb er mit der Einstellungszusage die Mittel für seinen Unterhalt nicht nachweisen kann.

Bei der Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349 unter Hinweis auf VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311, Rn. 12 und 19, mwN).

Auch die gemäß § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen. Diesbezüglich wird auf die obigen Erwägungen zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung verwiesen.

Im Fall des Beschwerdeführers ist die Verhängung eines fünfjährigen Einreiseverbots möglich. Unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers und der Tatsache, dass er seiner seit Februar 2019 bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist und sich auch weigert, an der Beschaffung eines Heimreisezertifikats mitzuwirken, indem er entsprechende Dokumente zur Erlangung eines solchen Heimreisezertifikats nicht ausfüllt und sogar eine Bestätigung der irakische Botschaft einholte, wonach die irakische Regierung keine Zwangsrückführungen von irakischen Staatsbürgern akzeptiere, ist das von der belangten Behörde verhängte Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren als angemessen anzusehen.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet. Der Beschwerdeführer ist in der Beschwerde auch keinem der dargestellten beweiswürdigenden Argumente des BFA substantiiert entgegengetreten. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes übereinstimmt.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot Fristverlängerung Gefährdung der Sicherheit Heimreisezertifikat illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mittellosigkeit Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2170811.2.00

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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