Entscheidungsdatum
19.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W189 2233298-1/4E
im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2020, Zahl 1265582202-200520970 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 23.06.2020 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zur in Aussicht genommenen Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes einvernommen.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Niederösterreich, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen diesen gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVM § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkte V. und VI).
3. Dagegen erhob der BF Beschwerde. Darin wurde ausdrücklich nur Spruchpunkt IV. über die Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs.1 iVm. § Abs. 2 Z 7 FPG bekämpft und beantragt, diesen ersatzlos zu beheben, in eventu ein kürzeres Einreiseverbot zu verhängen.
Der Beschwerde beigelegt wurden zwei Patientenbriefe des AKH Wien vom 12.06.2020 und 29.06.2020 betreffend stationärer Aufenthalte einer -im Akt näher genannten – Bekannten des BF.
4. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 22.07.2020 vorgelegt und ist dort am 23.07.2020 eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsbürger der Ukraine, führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist geschieden und hat zwei Kinder. Diese und weitere Verwandte (Eltern, Schwester) leben in der Ukraine, wo auch sein Lebensmittelpunkt liegt.
1.2. Das genaue Einreisedatum des BF ins Bundesgebiet konnte nicht ermittelt werden, laut Angaben des BF sei er eine Woche im Bundesgebiet, aus seinem Reisepass geht als letzter dokumentierte Einreisevermerk ein Datum am 31.01.2020 hervor. Der BF hat während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet in einer (im Akt näher benannten) Unterkunft in Krumbach Unterkunft genommen, hat sich aber nicht amtlich angemeldet.
1.3. Der BF reiste zu einem unbekannt gebliebenen Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein in der Absicht hier eine Arbeit aufzunehmen. Diesem Vorhaben gingen Recherchen zu Jobausschreibungen im Internet vor.
Am 23.06.2020 um 9:10 Uhr wurde er auf der Baustelle im XXXX XXXX , XXXX durch Beamte der Finanzpolizei bei Tätigkeiten an der Baustelle im Innenbereich des XXXX betreten und an das BFA zur Anzeige gebracht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Arbeitgeber des BF zu diesem Zeitpunkt über eine Beschäftigungs- noch Entsendebewilligung verfügte oder der BF selbst die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AuslBG erfüllte. Innerhalb Österreichs war der BF bei einem im Bundesgebiet angesiedelten Unternehmen bis dato nicht tätig.
Zum Zeitpunkt seiner Einvernahme vor dem BFA war der BF im Besitz von € 500 an Bargeld.
1.4. Der BF ist strafrechtlich unbescholten und ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Er verfügt in Österreich über keine gesellschaftlichen, familiären oder sonstigen Bindungen.
1.5. Der BF war bis dato nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels in Österreich. Der BF ist am 02.07.2020 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist.
1.6. Die Ukraine gilt als sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Die Feststellungen zur unerlaubten Erwerbstätigkeit ergeben sich aus dem Bericht der Finanzpolizei (vgl. AS 3) und dem Vorbringen des BF. Der BF gab in der niederschriftlichen Einvernahme vom 23.06.2020 an, er sei zum XXXX gekommen, in der Hoffnung eine Arbeit zu finden. Der BF bestritt allerdings im XXXX gearbeitet zu haben (vgl. AS 19). Die Auskunftsperson XXXX gab an, der BF habe einen alten Teppich entfernt, die Böden geschliffen und alles, was mit Böden zu tun hat, gemacht (vgl. AS 33). In der Stellungnahme des Rechtsvertreters wiederum wird angeführt, der BF habe kleinere Arbeiten verrichtet, um nicht völlig untätig im XXXX zu bleiben, der BF habe jedoch keine Entlohnung dafür enthalten. Angesichts dieser Ergebnisse und der lebensfremden Rechtfertigung des BF, wonach er unentgeltlich gearbeitet habe, war diesem Vorbringen nicht zu folgen. Die Feststellungen zur Einreise des BF ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsbürgerschaft, Familienstand, Obsorge, Lebensmittelpunkt, Unterkunftnahme bei den Eltern, Einreisezeitpunkt, vorhandene Barmittel (€ 500) getroffenen wurden, sind diese dem Inhalt der Einvernahme vor dem Bundesamt wie jenem des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegisters zu entnehmen.
Der BF legte einen auf seinen Namen ausgestellten ukrainischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.
Die freiwillige Ausreise des BF ist dem Inhalt der Ausreisebestätigung des BFA vom 02.07.2020 zu entnehmen.
Die Straflosigkeit des BF folgt dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Der BF legte keine Bescheinigungsmittel im Hinblick auf allenfalls vorhandene Deutschkenntnisse vor und wurde auch dessen Einvernahme in der Sprache Ukrainisch abgehalten.
Die bisherige Erwerbslosigkeit in Österreich ist aus dem Inhalt des auf den Namen des BF ausgestellten Sozialversicherungsdatenauszuges ersichtlich.
Die fehlende Existenz eines Aufenthaltstitels ist dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregister (ZFR) zu entnehmen.
Dass die Ukraine ein sicherer Herkunftsstaat ist, ergibt sich aus § 1 Z 6 der Herkunftsstaatenverordnung.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.
Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.
3.3.1. Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Im Fall des BF steht die unerlaubte Ausübung einer Beschäftigung im Mittelpunkt der Betrachtung.
Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, der BF habe ungemeldet im Bundesgebiet Wohnung bezogen und sei der Schwarzarbeit in Österreich nachgegangen, bei der er letztlich auch betreten worden sei, und habe damit seinen Unwillen, sich an gültige Normen zu halten, unter Beweis gestellt. Das Verhalten des BF erweise sich als die öffentlichen Interessen relevant gefährdend und rechtfertige die Verhängung eines Einreiseverbotes.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG zu gelten, wenn der Drittstaatsangehörige bei der Schwarzarbeit betreten wurde. Die fehlenden Unterhaltsmittel sind nach Z 6 zu ahnden.
Der BF ist aufgrund seiner ukrainischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 1 iVm. Z 10 FPG und wurde am 23.06.2020 von Organen der Finanzpolizei bei der "Schwarzarbeit" betreten. Zudem hatte der BF in Österreich zu diesem Zeitpunkt keinen ordentlichen Wohnsitz.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047; 04.09.1992, 92/18/0350), die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften und jene zur Sicherung des Unterhalts zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074), als gegeben angenommen werden.
3.3.2. In casu betrat die Finanzpolizei den BF bei der Ausübung einer Beschäftigung, ohne die erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG zu haben. Nach den getroffenen Feststellungen geht der BF keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach und verfügt nicht über eigene, den Lebensunterhalt deckende Mittel. Der BF konnte keine ausreichenden Existenzmittel nachweisen und ist auch aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln er künftig seinen Lebensunterhalt bestreiten wird. Es besteht sohin die konkrete Gefahr, dass der BF infolge der Widersetzung fremdenbehördlicher Anordnungen zur illegalen Mittelbeschaffung greift und bzw. oder eine Gebietskörperschaft finanziell belastet (vgl. VwGH 13.09.201, 2011/23/0156). Aufgrund des anzunehmenden künftigen Fehlverhaltens kommt eine gänzliche Behebung des befristeten Einreiseverbotes nicht in Betracht und musste auch eine Zukunftsprognose negativ ausfallen.
Bezüglich der Länge des Einreiseverbotes ist jedoch festzuhalten, dass der BF im gegenständlichen Verfahren ausschließlich die Ziffer 7 des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt (vgl. VwGH vom 24.05.2018 Ra 2017/19/0311). Eine sonstige über den bloßen unrechtmäßigen Aufenthalt hinausgehende Gefährdung ist im Verfahren nicht hervorgekommen (vgl. VwGH vom 24.06.2018 RA 2018/19/0125). An der Verhinderung von Schwarzarbeit besteht ein großes öffentliches Interesse (vgl. VwGH vom 28.02.2002 99/21/0256). Die Erlassung eines Einreiseverbotes steht allerdings, ebenso wie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, unter dem Vorbehalt des § 9 BFA-VG ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN). Der BF wurde erstmalig bei einer unerlaubten Beschäftigung betreten und verhielt sich im Laufe des gesamten Verfahrens kooperativ gegenüber den Behörden. Demgemäß ist die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate zu reduzieren. Ein Einreiseverbot dieser Dauer ist angesichts der vorliegenden Verfehlungen des BF notwendig, aber auch ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen.
Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen gelangt das erkennende Gericht daher zur Auffassung, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer Ausübung der Schwarzarbeit, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen der BF überwiegen.
3.3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, zumal die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt wurde.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Einreiseverbot Gefährdungsprognose Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben SchwarzarbeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W189.2233298.1.00Im RIS seit
02.02.2021Zuletzt aktualisiert am
02.02.2021