TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 W115 2236942-1

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W115 2236942-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Nigeria alias Gambia alias Ghana, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge dieser Antragstellung gab der Beschwerdeführer an, Staatsangehöriger von Nigeria zu sein.

1.1.    Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a, 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten, wobei ein Teil von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

1.2.    Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 1., 2. und 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.3.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Weiters wurde einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.) und gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 festgehalten, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren hat (Spruchpunkt IX.).

Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.4.    Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am XXXX tauchte der Beschwerdeführer unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar.

1.5.    Am XXXX leitete das Bundesamt bei der nigerianischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein.

1.6.    Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aufgrund einer polizeilichen Zufallskontrolle angehalten. Dabei konnte er sich mit keinem Identitätsdokument ausweisen und wurde daraufhin aufgrund eines vom Bundesamt erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen.

1.7.    Anfragen des Bundesamtes vom XXXX und XXXX beim Polizeikooperationszentrum XXXX haben ergeben, dass gegen den Beschwerdeführer ein Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot bezüglich Italien besteht.

1.8.    Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch zur Anordnung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen.

1.9.    Mit Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Seit diesem Tag wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

1.10.   Gegen diesen Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführer in weiterer Folge keine Beschwerde erhoben.

1.11.   Im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde der Beschwerdeführer am XXXX und am XXXX einer nigerianischen Delegation vorgeführt. Im Zuge dieser Einvernahmen hat der Beschwerdeführer entgegen seinen bisherigen Angaben unter anderem angegeben, Staatsangehöriger von Ghana bzw. Südafrika zu sein. In weiterer Folge zeigte sich der Beschwerdeführer unkooperativ, sodass die Einvernahmen ergebnislos abgebrochen werden mussten.

1.12.   Der Beschwerdeführer befand sich von XXXX bis XXXX in Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

1.13.   Aufgrund von sich aus dem Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ergebenden Hinweisen leitete das Bundesamt am XXXX bei der Vertretungsbehörde von Gambia ebenfalls ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein.

1.14.   Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer verweigerte jedoch die Beantwortung der an ihn gestellten Fragen, sodass die Einvernahme ergebnislos abgebrochen werden musste.

1.15.   Am XXXX beging der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft eine Ordnungswidrigkeit und musste gegen ihn eine Disziplinierungsmaßnahme (Verlegung in eine Einzelzelle) ergriffen werden.

1.16.   Am XXXX und am XXXX wurde vom Bundesamt an das Bundeskriminalamt das Ersuchen um Abgleich der Personendaten des Beschwerdeführers in Nigeria, Ghana, Gambia und Südafrika gestellt.

1.17.   Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers wurde zudem vom Bundesamt am XXXX bei der Vertretungsbehörde von Ghana ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet.

1.18.   Im Zeitraum vom XXXX bis XXXX musste der Beschwerdeführer wegen der Gefahr der Selbstgefährdung, Sachbeschädigung, unkooperativen Verhaltens sowie Verhaltensauffälligkeiten in einer Sicherheitszelle untergebracht werden.

2.       Nach Durchführung von regelmäßigen Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG legte das Bundesamt am XXXX den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne aufgrund des vom Beschwerdeführer gezeigten Verhaltens nicht das Auslangen gefunden werden. Die Dauer der Schubhaft sei maßgeblich durch das unkooperative Verhalten des Beschwerdeführers im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bedingt. Die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer würden bei den Vertretungsbehörden von Nigeria, Gambia und Ghana weiterhin betrieben werden und es werde in diesen Verfahren auch regelmäßig urgiert. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates und die Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sei - auch vor dem Hintergrund der derzeit vorherrschenden COVID-19 Pandemie - nach wie vor möglich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig und verfügt über keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen. Er machte in seinen bisherigen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren unterschiedliche Angaben zu seiner Identität und zu seinem Herkunftsstaat. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria vor.

Gegen den Beschwerdeführer besteht ein aufrechtes Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot bezüglich Italien.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a, 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten, wobei ein Teil von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 1., 2. und 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Seit diesem Tag wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX unter falscher Identität einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde dieser Antrag sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Darüber hinaus wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren hat.

Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft. Es liegt daher eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria vor.

Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am XXXX tauchte der Beschwerdeführer unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar.

Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aufgrund einer polizeilichen Zufallskontrolle angehalten. Dabei konnte er sich mit keinem Identitätsdokument ausweisen und wurde daraufhin aufgrund eines vom Bundesamt erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen.

Der Beschwerdeführer will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitwirken. Er ist nicht ausreisewillig.

Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal strafrechtlich wegen der Begehung von Suchtgiftdelikten verurteilt. Darüber hinaus ist er nicht gewillt, mit den Behörden zu kooperieren. Um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen, befand sich der Beschwerdeführer von XXXX bis XXXX in Hungerstreik. Weiters beging der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft eine Ordnungswidrigkeit und musste gegen ihn eine Disziplinierungsmaßnahme (Verlegung in eine Einzelzelle) ergriffen werden. Darüber hinaus musste der Beschwerdeführer von XXXX bis XXXX wegen der Gefahr der Selbstgefährdung, Sachbeschädigung, unkooperativen Verhaltens sowie Verhaltensauffälligkeiten in einer Sicherheitszelle untergebracht werden.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte, hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und er verfügt über kein Vermögen bzw. Barmittel.

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Diesbezüglich werden Verfahren mit den Vertretungsbehörden von Nigeria, Gambia und Ghana geführt. Die Verfahren werden vom Bundesamt fortwährend mit geeigneten Maßnahmen und der gebotenen Sorgfalt verfolgt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates und die Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist nach wie vor möglich. Da der Beschwerdeführer nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will und am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mitwirkt, dauert das Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates weiterhin an. Im Hinblick auf sein Verhalten ist der Beschwerdeführer selbst ursächlich für die Dauer der Schubhaft verantwortlich. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates ist von einer baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auszugehen, da damit zu rechnen ist, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind.

Der der laufenden Schubhaft ursprünglich zugrundeliegende Bescheid ist durch den Beschwerdeführer nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine (relevante) Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft und des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seither nicht ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, in den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Aus dem vorliegenden Akteninhalt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Dass der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht hat, ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Ebenso unzweifelhaft ergibt sich daraus die Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Aufgrund der unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat werden zum aktuellen Zeitpunkt mit den Vertretungsbehörden von Nigeria, Gambia und Ghana Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates geführt.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Dass gegen den Beschwerdeführer ein aufrechtes Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot bezüglich Italien besteht, ergibt sich unzweifelhaft aus den im Akt einliegenden Anfragen des Bundesamtes vom XXXX und XXXX beim Polizeikooperationszentrum XXXX .

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer seit XXXX in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Das Bestehen einer rechtskräftigen und durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Rückkehrentscheidung) gegen den Beschwerdeführer ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am XXXX seiner Meldeverpflichtung in Österreich nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus einem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters, wonach der Beschwerdeführer ab dem XXXX über keine Meldeadresse mehr im Bundesgebiet verfügt hat.

Die Feststellungen zum Hungerstreik durch den Beschwerdeführer, zur Begehung einer Ordnungswidrigkeit während seiner Anhaltung in Schubhaft sowie zur Notwendigkeit seiner Unterbringung in einer Sicherheitszelle aufgrund seines Verhaltens beruhen auf den diesbezüglichen Eintragungen in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitzuwirken, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen. Zudem hat der Beschwerdeführer im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates unterschiedliche Angaben zu seiner Identität und zu seinem Herkunftsstaat gemacht sowie die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen verweigert, woraufhin die diesbezüglichen Befragungen ergebnislos abgebrochen werden mussten.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig ist, ergeben sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch zuletzt aus seinem Verhalten während der Schubhaft (Hungerstreik, die Begehung einer Ordnungswidrigkeit und die Notwendigkeit der Unterbringung des Beschwerdeführers wegen der Gefahr der Selbstgefährdung, Sachbeschädigung, unkooperativen Verhaltens sowie Verhaltensauffälligkeiten in einer Sicherheitszelle).

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiter davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte sowie über keine gesicherte Unterkunft in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers. So hat er in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt zur Anordnung der Schubhaft angegeben, über keinen festen Wohnsitz in Österreich zu verfügen und keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein. Auch verfüge er über keine familiären Kontakte in Österreich. Seine Freundin würde sich in Deutschland aufhalten. Er könne aber weder ihren Familiennamen noch ihr Geburtsdatum angeben. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Barmittel verfügt, ergibt sich aus einem Auszug der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass das Bundesamt um die rasche Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bemüht ist. Insbesondere ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass das Bundesamt regelmäßig - zuletzt beispielsweise am XXXX - in den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bei den Vertretungsbehörden von Nigeria, Gambia und Ghana urgiert. Im Verfahren sind keinerlei Hinweise dafür aufgetreten, dass es im vorliegenden Fall zu einer durch das Bundesamt zu vertretenden Verzögerung bei der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gekommen ist bzw. kommen könnte. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist vielmehr dem Verhalten des Beschwerdeführers zuzurechnen, da er insbesondere am entsprechenden Verfahren nicht mitwirkt und unterschiedliche Angaben zu seiner Identität und seinem Herkunftsstaat macht. Zudem hat er die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen verweigert, woraufhin die diesbezüglichen Befragungen ergebnislos abgebrochen werden mussten. Die Dauer der Schubhaft ist somit durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Da keine Umstände hervorgekommen sind, wonach die Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht möglich ist, konnte die entsprechende Feststellung getroffen werden.

Sobald ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer vorliegt, ist aufgrund des Vorliegens einer rechtskräftigen und durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme mit einer zeitnahen Abschiebung des Beschwerdeführers - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - zu rechnen. Es ist auch davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgrund der damit verbundenen massiven Belastungen für Privatpersonen und Wirtschaft realistischer Weise in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat spätestens dann erfolgen kann. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist auch festzuhalten, dass die Dauer der Schubhaft - wie bereits vorhin dargelegt - maßgeblich dadurch bedingt ist, dass der Beschwerdeführer am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mitwirkt.

Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit dem XXXX ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Das Gesetz sieht eine obligatorische Überprüfung der Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft für den Fall vor, dass der Fremde länger als vier Monate durchgehend angehalten werden soll. Es ist vom VwG festzustellen, ob „zum Zeitpunkt seiner Entscheidung“ die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, wozu freilich auch deren Verhältnismäßigkeit zählt. Der „Zeitpunkt“ der ersten diesbezüglichen Überprüfung ist „nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde“. Die Bezugnahme auf „nach dem Tag“, an dem das sechste bzw. vierte Monat „überschritten“ wurde, findet sich in allen Fassungen der Regelungen über die amtswegige Prüfung der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft und wurde in den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 952 BlgNR 22. GP 9; 1078 BlgNR 24. GP 38; 2144 BlgNR 24. GP 15) dahin verstanden, dass die Überprüfung „nach“ Ablauf der jeweiligen Dauer von vier bzw. sechs Monaten vorzunehmen ist, wobei diesbezüglich von einem „Termin“ die Rede ist. Bei der Ermittlung der viermonatigen Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nicht nach § 32 Abs. 2 AVG vorzugehen, wonach im Ergebnis der Tag, in den das fristauslösende Ereignis fällt, nicht mitgezählt wird (vgl. VwGH 17.1.1990, 89/03/0003). Bei der Ermittlung der (durchgehenden) Dauer der Schubhaft wäre es nämlich nicht gerechtfertigt, den ersten Tag der Anhaltung nicht zu berücksichtigen. Allerdings wird im zweiten Satz des § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 offenbar davon ausgegangen, dass für das VwG insoweit ein Spielraum besteht, als es auch in einem Zeitraum von einer Woche vor den jeweiligen Haftprüfungsterminen entscheiden darf. Die - als Fiktion der Erhebung einer Beschwerde durch den Schubhäftling geltende (vgl. VfGH 10.10.2018, G 186/2018, u.a., VfSlg. 20.292) - Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass dem VwG genügend Zeit bleibt, um seine Entscheidung in diesem Zeitraum - in der letzten Woche bis zum Haftprüfungstermin - zu treffen (VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0099, mit Verweis auf VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0181 und 16.7.2020, Ra 2020/21/0163).

3.1.3.  Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer wird seit XXXX in Schubhaft angehalten. Der Haftprüfungstermin für die erste Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ist somit der XXXX . Die Vorlage der Verwaltungsakten durch das Bundesamt hat (mindestens) sieben Tage zuvor zu erfolgen. Die am XXXX erfolgte Aktenvorlage durch das Bundesamt ist somit fristgerecht erfolgt. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat innerhalb einer Woche vor dem Haftprüfungstermin („einwöchiger Entscheidungsspielraum“) zu erfolgen.

3.1.4.  Gemessen am § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 2“ - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird. Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft anordnete (Ziffern 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Der der laufenden Haft ursprünglich zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde durch den Beschwerdeführer auch nicht in Beschwerde gezogen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung nach dem XXXX nicht mehr nachgekommen und hat sich durch dieses Verhalten dem Verfahren vor dem Bundesamt entzogen. Zudem hat er wiederholt angegeben, nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen. Er ist somit nicht ausreisewillig. Aufgrund dieses Verhaltens ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG unzweifelhaft erfüllt.

Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann, wie bereits ausgeführt, weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit kommen diese schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte.

Die mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates verbundene Dauer der Anhaltung in Schubhaft hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten (siehe diesbezüglich die Ausführungen unter den Punkten II.1.3. und II.2.3.) maßgeblich selbst zu verantworten. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das Bundesamt vielmehr rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Diesbezüglich werden Verfahren mit den Vertretungsbehörden von Nigeria, Gambia und Ghana geführt. Die Verfahren werden vom Bundesamt fortwährend mit geeigneten Maßnahmen und der gebotenen Sorgfalt verfolgt.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens (zwei strafrechtliche Verurteilungen wegen der Begehung von Suchtgiftdelikten, Unwilligkeit mit den Behörden zu kooperieren sowie sein Verhalten während der Schubhaft), das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft währt seit rund vier Monaten. Bei einer im konkreten Fall gemäß § 80 Abs. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten bewegt sich die seit XXXX aufrechte Schubhaft damit im unteren Bereich des gesetzlich Möglichen und erscheint deswegen nicht nur allein in zeitlicher Hinsicht, sondern auch gemessen an § 76 Abs. 2a FPG im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten als verhältnismäßig.

Wie bereits ausgeführt, weist der Beschwerdeführer zwei rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen wegen der Begehung von Suchtgiftdelikten auf. Unter Berücksichtigung dieser Straftaten überwiegt auch in dieser Hinsicht das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung - vor allem im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität - den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, wobei festgehalten wird, dass die Dauer der Schubhaft - wie bereits vorhin dargelegt - maßgeblich dadurch bedingt ist, dass der Beschwerdeführer wiederholt falsche Angaben zu seiner Identität und zu seinem Herkunftsstaat gemacht hat sowie am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mitwirkt. Selbst wenn es aufgrund der gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zu Verzögerungen der Abschiebung aufgrund der bestehenden Einschränkungen im internationalen Flugverkehr kommt, besteht jedoch - kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) aus aktueller Sicht weiterhin. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist - wie bereits in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. dargelegt - aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es trotz der Einschränkungen im Flugverkehr fallbezogen noch vertretbar die Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen vorerst aufrecht zu erhalten (VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094).

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers durchzuführen sein.

3.1.5.  Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Eine über die Frage der Verhältnismäßigkeit hinausgehende Prüfung der Schubhaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht vorgesehen.

3.1.6.  Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.2.    Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige - in der Begründung zitierte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Abschiebung Außerlandesbrin
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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