TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/30 W155 2236456-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W155 2236456-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. KRASA über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger der Republik Georgien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2020, Zahl XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Anhaltung der Schubhaft vom 08.08.2020 (16:55 Uhr) bis 17.09.2020 (10:11 Uhr) wird für rechtmäßig erklärt.

III. Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) reiste im Jahr 2018 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte nach einem polizeilichen Aufgriff im Stande einer Festnahme (§ 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG) am 01.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Vor seiner Antragstellung versuchte er mit gefälschten Personaldokumenten seinen Aufenthalt zu legitimieren.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde) vom XXXX , Zl. XXXX wurde u.a. der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig ist. Weiters wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt sowie ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom XXXX , Zl. XXXX als unbegründet abgewiesen.

Der BF verblieb in Österreich (mit Ausnahme von 3 Monaten, die der BF in Italien aufhältig war).

Ein am 17.04.2020 von der belangten Behörde angeordneter Festnahmeauftrag (§ 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs.1 Z 1 BFA-VG) konnte nicht durchgeführt werden, weil sich der BF an einer bekannten Adresse nicht aufgehalten hat. In weiterer Folge konnte der Aufenthalt des BF nicht ermittelt werden (keine ZMR-Adresse).

Am 19.05.2020 wurde durch eine Staatsanwaltschaft gegen den BF wegen §§ 223, 224 StGB Anklage erhoben.

Am 07.08.2020 wurde der BF – nach polizeilichem Aufgriff in Wien und zunächst versuchter Verschleierung seiner Identität - festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Der BF stellte im Stande der Anhaltung (Festnahme gem. § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG) einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz und behauptete das Vorliegen neuer Asylgründe.

In einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 07.08.2020 über die Aufrechterhaltung der Anhaltung gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG, wurde die Annahme festgehalten, dass der BF den Folgeantrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme gestellt habe. Dieser Aktenvermerk wurde dem BF zur Kenntnis gebracht und vom ihm unterschrieben.

Mit gegenständlichen Mandatsbescheid vom 08.08.2020 ordnete die belangte Behörde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch eine Rechtsberatung Beschwerde an das BVwG, in der er im Wesentlichen ausführte, dass er über ein soziales Netzwerk verfüge und bei einem Freund bis zur Abschiebung unentgeltlich wohnen und von ihm auch finanziell unterstützt werde könne. Weiters wurden ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und die Mangelhaftigkeit des Aktenvermerkes eingewendet. Der BF habe einen weiteren Asylantrag in Folge des Vorliegens neuer Asylgründe im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie gestellt. Es habe auch keine Fluchtgefahr bestanden, da sich der BF nicht durch Untertauchen dem Asylverfahren habe entziehen wollen.

Am 10.09.2020 wurde der BF von der belangten Behörde zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz durch einen Behördenvertreter einvernommen. Am selben Tag wurde durch mündlich verkündeten Beschluss der faktische Abschiebeschutz des BF aufgehoben.

Mit Beschluss des BVwG vom XXXX , Zl. XXXX , wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtmäßig erklärt. Weiters wurde ausdrücklich festgestellt, dass der BF bereits im Zuge seines anhängigen ersten Asylverfahrens die im nunmehrigen Verfahren geltend gemachten Ausreisegründe hätte vorbringen können. Es seien keine neuen, nach rechtskräftiger Entscheidung des ersten Asylverfahrens entstandenen Sachverhaltselemente dargetan worden.

Das Asylverfahren zum Nachfolgeantrag ist noch anhängig.

Der BF wurde am 17.09.2020 in sein Herkunftsland abgeschoben.

Die belangte Behörde legte dem BVwG am 30.10.2020 die Verfahrensakten vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Aufenthalt in Österreich

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Georgien, seine Identität steht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht.

Der BF ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Gegen den BF besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot.

Er hielt sich in Österreich illegal auf.

Der BF wurde von 08.08.2020 (16:55 Uhr) bis 17.09.2020 (10:11 Uhr) in Schubhaft angehalten.

Der BF ist gesund und gehört keiner COVID-19 Risikogruppe an, er war haftfähig.

Der BF war in Österreich weder beruflich noch sozial verankert und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Er verfügte über keinen ordentlichen Wohnsitz. Er hat seinen Aufenthalt in Österreich durch Schwarzarbeit finanziert und Verwaltungsübertretungen begangen (Gebrauch fremder gefälschter Ausweise, Sozialleistungsbetrug).

In Georgien leben seine Ehefrau, seine vier Kinder, seine Mutter und sein Bruder.

Er spricht nicht Deutsch und hat auch sonst keine Bindungen an Österreich. Er konnte keine Integrationsleistungen nachweisen.

Der BF gilt bis dato als strafrechtlich unbescholten.

Zur Verzögerungsannahme, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

Der BF stellte seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Stande einer Festnahme auf Grund seines unbekannten Aufenthaltes (§ 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG).

Der BF missachtete nach Abschluss des Asylverfahrens seine Ausreiseverpflichtung, die seit XXXX rechtskräftig bestand und hielt sich bis 17.09.2020 illegal in Österreich auf.

Der BF stellte seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Stande einer Festnahme wegen Anordnung der Abschiebung (§ 34 Abs.3 Z 3 BFA-VG).

Der zweite Antrag auf internationalen Schutz des BF erfolgte, um seine Abschiebung zu verzögern und seinen Aufenthalt in Österreich zu verlängern.

Der faktische Abschiebeschutz wurde rechtskräftig aberkannt, sodass eine Abschiebung möglich war.

Der BF verschleierte seine Identität durch Verwendung von gefälschten Dokumenten - obwohl er einen georgischen Reisepass besitzt - und finanzierte seinen Aufenthalt in Österreich durch „Schwarzarbeit“.

Er war vom 18.06.2018 bis 30.10.2019 behördlich gemeldet (ZMR). An der zuletzt bekannten, aber nicht behördlich gemeldeten Adresse hielt sich der BF nicht auf, er konnte keinen ordentlichen Wohnsitz nachweisen. Er hielt sich im Verborgenen auf.

Es war davon auszugehen, dass der BF erneut untertauchen werde. Es bestand die Gefahr, dass der BF zur Erzielung eines Einkommens erneut „schwarz“ arbeiten werde.

Zudem hielt sich der BF 3 Monate in Italien auf.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den Gerichtsakten des BVwG zur Zahl XXXX bzw. XXXX , in die Einvernahmeprotokolle, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Aufenthalt in Österreich

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass der BF über einen Reisepass der Republik Georgien verfügt und damit seine Identität nachweisen konnte. Dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Da der erste Asylantrag in Österreich abgewiesen wurde, handelt es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um subsidiär Schutzberechtigten. Das Asylverfahren über den Folgeantrag ist anhängig, der faktische Abschiebeschutz wurde allerdings - wie dem Gerichtsakt zu entnehmen ist - rechtskräftig aufgehoben, daher war eine Abschiebung möglich.

Die Anhaltung in Schubhaft ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergeben sich aus der niederschriftlichen Einvernahme des BF bei der belangten Behörde.

Unstrittig ist das Fehlen von im Bundesgebiet bestehenden familiären Anknüpfungspunkten. Dass der Beschwerdeführer nicht legal beschäftigt gewesen ist ergibt sich aus der fehlenden Anmeldung bei der Sozialversicherung sowie seinem offenen Eingeständnis der Schwarzarbeit gegenüber der belangten Behörde (vgl. NSch. vom 08.08.2020).

Die mangelnde Integration des BF und seine mangelnden Deutschkenntnisse ergeben sich aus den Verfahrensakten und den Einvernahmeprotokollen.

Zur Verzögerungsannahme, Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

Dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bis zu seiner Abschiebung am 17.09.2020 nicht nachgekommen ist evident.

Dass der BF den zweiten Asylantrag stellte, um den Vollzug der Rückkehrentscheidung zu verzögern bzw. seinen Aufenthalt in Österreich zu verlängern, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Der BF stellte schon seinen ersten Asylantrag im Stande einer Festnahme, nachdem er im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle angehalten wurde und sich mit gefälschten Dokumenten auswies. Nach seinem negativen Asylverfahren hat der BF Österreich nicht verlassen, sondern seinen Aufenthalt weiter mit Schwarzarbeit finanziert und sich im Wesentlichen an unbekannten Orten aufgehalten. Der BF verhielt sich daher nicht rechtskonform, indem er gefälschte Dokumente gebrauchte, über keine Arbeitsbewilligung verfügte bzw. mit einer gefälschten griechischen Identität arbeitete und über keinen gemeldeten Wohnort verfügte. Dem BF war es außerdem jederzeit möglich, eine Wiederaufnahme seines Asylverfahrens unter Angabe neuer Asylgründe zu beantragen. Stattdessen riskierte er einen zufälligen polizeilichen Aufgriff, bei dem er abermals versuchte, seine Identität zu verschleiern. Erst im Rahmen der neuerlichen Festnahme stellte der BF den zweiten Asylantrag. Es ist daher der belangten Behörde zustimmen, wenn sie auf Grund des Verhaltens des BF den Verdacht hegte, dass der BF den Folgenantrag lediglich stellte, um den Vollzug der Rückkehrentscheidung zu verzögern. Im Übrigen stellte das BVwG im Verfahren über den faktischen Abschiebeschutz ausdrücklich fest, dass keine neuen Sachverhaltselemente dargetan worden seien, die nicht schon im ersten Asylverfahren hätten vorgebracht werden können. Auch allfällige Auswirkungen auf Grund der Covid-19 Pandemie waren nicht Gegenstand seines Folgenantrages und hätten schon vor dem 07.08.2020 vorgebracht werden können.

Dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz verfügte, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Er war lediglich vom 18.06.2018 bis 30.10.2019 behördlich gemeldet. Seit seiner rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung war der BF für die Behörden nicht gesichert greifbar und konnte sein Aufenthalt nicht ermittelt werden. Der BF gab in seiner Einvernahme am 08.08.2020 gegenüber der belangten Behörde an, dass er keine Adresse nennen könne (vgl. Nsch. S.3).

Insgesamt zeigte der BF durch sein Verhalten wenig Kooperationsbereitschaft, wie sich aus der Verschleierung seiner Identität und dem zunächst Nichtvorlegen identitätsbezeugender Dokumente und dem Umstand, dass er seiner behördlichen Meldeverpflichtung nicht nachgekommen ist, ergibt.

Im gesamten Verfahren hat es keine Hinweise auf gesundheitliche Problem des Beschwerdeführers gegeben. Vielmehr ging er bis zu seiner Festnahme einer illegalen Beschäftigung nach und war somit offenkundig arbeitsfähig. Eine fehlende Haftfähigkeit wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen. Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 idgF (FPG) können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG darf die Schubhaft nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Gemäß § 76 Abs. 2 letzter Satz gilt in den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA VG Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

Gemäß § 40 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) kann – wenn ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz stellt - diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß (§ 76 Abs. 6 FPG).

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Zur Verzögerungsannahme, Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

Im vorliegenden Fall besitzt der BF nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er hat einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz während seiner Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages gestellt. Die Schubhaft wurde daher zur Sicherung dieses Verfahrens und im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Wie beweiswürdigend dargelegt, ist die belangte Behörde zu Recht von der begründeten Annahme ausgegangen, dass der BF den Folgeantrag gestellt hat, um den Vollzug seiner rechtskräftigen Rückkehrmaßnahme zu verzögern.

Voraussetzung für die Anordnung einer Schubhaft gemäß der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 76 Abs. 2 Z 1 iVm § 40 Abs. 5 BFA-VG sind Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und das Nichtvorliegen eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG, nicht aber eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit.

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG gesetzlich definiert. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens sieht das Gericht in Übereinstimmung mit der Beurteilung der belangten Behörde Fluchtgefahr für gegeben an. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, befand sich der BF seit seiner rechtskräftigen Rückkehrentscheidung unbekannten Aufenthaltes und hat sich damit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen. Er war für die Behörden mangels eines behördlichen gemeldeten Wohnsitzes nicht greifbar und hat über seinen Aufenthalt nicht Bescheid gegeben. Er musste jederzeit damit rechnen, Österreich verlassen zu müssen. Er hat auch durch die wiederholte Verschleierung seiner Identität und die Nichtvorlage identitätsbezeugender bzw. durch die Vorlage gefälschter Dokumente den Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahme versucht zu vereiteln. Erst durch zufälliges Aufgreifen durch die Polizei konnte er einem Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zugeführt werden. Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, ist zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Gegen den BF bestand eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung, im Folgeverfahren wurde der faktische Abschiebeschutz aufgehoben, seine Abschiebung war daher ohne das Ergebnis des Asylverfahrens abzuwarten, zulässig.

Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt sind auch der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des BF Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist er auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. Ebenso zu berücksichtigen sind, ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme verletzt wurden. Der BF hat seine Meldepflicht verletzt und war ab 30.10.2019 nicht mehr behördlich gemeldet.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 4, 5, 8 und 9 FPG vor.

In Zusammenschau mit der offensichtlichen Unwilligkeit sich an gesetzliche Vorschriften zu halten, seinem Bemühen, durch unberechtigte Asylanträge Verfahren zu verschleppen und seinen Aufenthalt durch beharrlichen Verbleib im Bundesgebiet zu verlängern, seinen illegalen Aufenthalt durch Verwendung gefälschter Dokument zu verschleiern , seine fehlenden behördlichen Meldung seines Wohnsitzes, seine illegale Erwerbstätigkeit ist die belangte Behörde berechtigterweise von einer Fluchtgefahr, die die Verhängung einer Schubhaft rechtfertigt, ausgegangen.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben.

Der BF verschleierte seine Identität, legte gefälschte Dokumente vor, verletzte seine Meldeverpflichtung, verfügte über keinen gesicherten Wohnsitz und ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Der BF konnte keine familiären Bindungen und keine beruflichen und sozialen Kontakte vorweisen, die geeignet wären, im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen. Der BF weist zwar bis dato keine strafrechtliche Verurteilung auf, die Staatsanwaltschaft hat aber gegen ihn Anklage erhoben. Das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit ist bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung in die Interessensabwägung miteinzubeziehen und erhöht das Interesse der Öffentlichkeit an der Außerlandesbringung der BF. Im vorliegenden Fall bestand ein überwiegendes Interesse an der Außerlandesbringung der BF als am Schutz seiner persönlichen Freiheit.

Aufgrund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden. Der BF hat seit 30.10.2019 keine ZMR Adresse und sich an verschiedenen unbekannten Orten aufgehalten und dort genächtigt, obwohl ihm bewusst war, dass eine Abschiebung jederzeit möglich ist und eine Festnahme zum Zwecke der Abschiebung jederzeit bevorsteht. Erst im Zuge einer zufälligen polizeilichen Kontrolle konnte der BF aufgegriffen werden. Es war ihm jederzeit möglich neue Tatsachen zu seinem Asylverfahren vorzubringen und eine Wiederaufnahme zu beantragen. Auf Grund des bisherigen Verhaltens hat sich der BF auch für das erkennende Gericht als nicht vertrauenswürdig erwiesen und erscheint die Auferlegung gelinderer Mittel vor dem Hintergrund eines konkreten Risikos des Abtauchens kein geeignetes Sicherungsmittel zu sein, sodass die hier zu prüfende Schubhaft eine „ultima ratio“ darstellte, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorlagen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die belangte Behörde hat im gegenständlichen bekämpften Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation der BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt, gelangt die gerichtliche Überprüfung nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung der Schubhaft in der Zeit vom 08.08.2020 bis 17.09.2020. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die belangte Behörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den Bestimmungen des § 35 VwGVG dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf § 35 Abs. 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV.

Im vorliegenden Fall konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Identität illegale Beschäftigung Kooperation Kostenersatz Mandatsbescheid Meldeverpflichtung Mittellosigkeit Obsiegen öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Schwarzarbeit Sicherungsbedarf Untertauchen Vereitelung Verhältnismäßigkeit Verschleierung Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W155.2236456.1.00

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten