TE Bvwg Beschluss 2020/12/9 G307 2237285-1

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Veröffentlicht am 09.12.2020
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Entscheidungsdatum

09.12.2020

Norm

BFA-VG §18
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §67
FPG §70

Spruch


G307 2237285-1/3Z

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Rechtsanwälte „grilc vouk škof“, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2020, Zl. XXXX , beschlossen:

A)             Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)              Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C)             Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) hält sich seit 07.07.2014 im Bundesgebiet auf und wurde ihm Zwecks eines Wirtschaftsstudiums an der Universität XXXX am XXXX .2015 ein – nach einmaliger Verlängerung – bis XXXX .2016 gültiger Aufenthaltstitel „Studierender“ erteilt.

Am XXXX .2016 ehelichte der BF die slowenische Staatsbürgerin, XXXX , geb. XXXX , und wurde dem BF am 15.02.2017 vom Magistrat der Stadt XXXX eine Aufenthaltskarte „Angehöriger einer EWR-Bürgerin“ ausgestellt. Am XXXX .2018 wurde die Scheidung der besagten Ehe eingereicht und diese am XXXX .2019 vom Kreisgericht XXXX geschieden. Die Scheidung wurde vom BF der zuständigen NAG-Behörde am 08.03.2019 mitgeteilt (siehe AS 1), welche das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) darüber in Kenntnis setzte.

Der BF betrieb ca. 1 Jahr lang ein Studium in Österreich, ging von 10.03.2016 bis 27.11.2016 einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Österreich nach und ist seit 13.03.2017 durchgehend erwerbstätig. In strafrechtlicher Hinsicht erweist sich der BF als unbescholten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hat mit oben im Spruch genannten Bescheid gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf ein Jahr befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des BF vom 18.11.2020 gegen den oben – im Spruch – genannten Bescheid vor, mit welcher auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde.

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Zwar werde dem BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine privaten Angelegenheiten zu regeln und zu ordnen. Allerdings sei ein weiterer Aufschub im Interesse der öffentlichen Ordnung nicht vertretbar. Begründend verweist das BFA auf die Erörterung unter Ziffer I. (Aufenthaltsverbot) des bekämpften Bescheides und führt aus, dass vom BF eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit, berühre, ausgehe, welche eine sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes gebiete.

In der Beschwerde dich sich nicht nur gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, sondern auch einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung enthält, bringt der BF unter anderem vor, dass er in Österreich gut integriert sei, einen wesentlichen Teil seines (Erwachsenen-) Lebens in Österreich zugebracht habe, an seiner Scheidung keine Schuld trage, wesentliche Änderungen (Scheidung) der NAG-Behörde mitgeteilt habe, über soziale und familiäre Kontakte in Österreich verfüge, einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachgehe und keine strafrechtlichen Verfehlungen aufweise. Sein Aufenthalt stelle zudem keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar weshalb durch die Entscheidung der belangten Behörde in seine Rechte gemäß Art 8 EMRK unzulässig eingegriffen werde und eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sich als unzulässig erweise.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Da die Prüfung der aufschiebenden Wirkung von Amtswegen vorzunehmen ist, war der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Die Aberkennung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (hier Aufenthaltsverbot) erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten sei. (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360)

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte und vom BVwG von Amts wegen zu erlassende (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Gründe, aus denen sich die Notwendigkeit einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ergibt, sind tunlichst bereits in der Beschwerde substanziiert darzulegen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer "Grobprüfung" – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den hier relevanten Schutzbereich reichen.

Der BF hält sich nachweislich seit Juli 2014 überwiegend rechtmäßig im Bundesgebiet auf, es bestehen familiäre Bezugspunkte in Österreich und geht der BF Erwerbstätigkeiten nach. Eine Verletzung von Art 8 EMRK durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne eingehendere Prüfung, ist nicht von der Hand zu weisen. Des Weiteren hat die belangte Behörde in ihrem bekämpften Bescheid sich nicht ausreichend mit den familiären und – unter Bezugnahme auf den mehrere Jahre andauernden Aufenthalt des BF – auch mit den sozialen Bezugspunkten/Verhältnissen des BF in Österreich auseinandergesetzt.

Die belangte Behörde hat in ihrem bekämpften Bescheid auch nicht dargelegt, warum trotz Zuerkennung eines Durchsetzungsaufschubes von einem Monat, und damit implizierter Annahme des Fehlens eines öffentlichen Interesses an einer sofortigen Ausreise des BF iSd. § 70 Abs. 3 letzter Satzteil FPG, dennoch ein öffentliches Interesse an einer sofortigen Ausreise iSd. § 18 Abs. 3 BFA-VG bestehen soll.

Im vorliegenden Fall kann sohin nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich beim Vorbringen des BF in der gegenständlichen Beschwerde hinsichtlich eines realen Risikos einer Verletzung der zu berücksichtigenden Bestimmungen um "vertretbare Behauptungen" handelt. Auch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der raschen Durchführung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme war unter Zugrundelegung des vorliegenden Sachverhaltes im Zusammenhalt mit dem Vorbringen in der Beschwerde nicht anzunehmen, zumal der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung eine hinreichende Begründung vermissen lässt.

Im Ergebnis ist der Beschwerde sohin gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil eine Einzelfallentscheidung vorliegt und das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2237285.1.00

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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