TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/13 95/19/1913

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Veröffentlicht am 13.06.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. November 1995, Zl. 303.872/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Mazedoniens, beantragte am 12. Juli 1995 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. August 1995 wurde dieser Antrag gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten.

Der erstinstanzliche Bescheid wurde nach der Aktenlage dem Beschwerdeführer am 13. September 1995 an einer Adresse im Inland durch Hinterlegung zugestellt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte vor, er habe den gegenständlichen Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß er vor der Antragstellung nach Österreich eingereist und dann wieder ausgereist sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. November 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei sichtvermerksfrei eingereist und habe sich vor, während und nach der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Dies ergebe sich aus seinen eigenen Angaben, zumal er in Wien seit 4. Mai 1995 aufrecht gemeldet sei und er in seinem Bewilligungsantrag als Ort der Unterfertigung desselben Wien angegeben habe. Ausgehend von diesen Feststellungen sei der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegeben. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 FrG lauten:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Bis 14. Mai 1995 wurde das Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, in vollem Umfang gegenüber der Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien pragmatisch weiter angewendet. Art. 1 und 3 dieses Abkommens lauten auszugsweise:

"Artikel 1

(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerk des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.

(2) Den Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten wollen, können die zuständigen Behörden dieses Vertragsstaates die Aufenthaltsberechtigung verlängern.

...

Artikel 3

...

(3) Der Grenzübertritt aufgrund dieses Abkommens ist jugoslawischen Staatsbürgern, die Inhaber eines der nachstehend angeführten gültigen Reiseausweise sind, gestattet:

a)

Reisepaß (persönlicher oder Familienreisepaß)

b)

Diplomatenpaß

..."

Mit Wirksamkeit vom 15. Mai 1995 wurde die Anwendung des Art. 3 Abs. 3 lit. a, c, d, e, f und g des im beiderseitigen Einverständnis zwischen der Republik Österreich und der Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien pragmatisch weiter angewendeten Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 bis auf weiteres ausgesetzt (BGBl. Nr. 322/1995).

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe sich vor der Antragstellung immer wieder für einige Tage in Wien zu Besuch aufgehalten. Einen Hauptwohnsitz habe er nicht begründet. Dies sei auch aufgrund der polizeilichen Meldung nicht anzunehmen. Jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung habe sich der Beschwerdeführer nicht in Österreich befunden. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, so wäre die Richtigkeit dieser Beschwerdebehauptungen hervorgekommen.

Mit diesem Vorbringen tritt der Beschwerdeführer der Annahme der belangten Behörde, er habe sich NACH seiner Antragstellung unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, nicht entgegen. Träfe das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung (12. Juli 1995) nicht im Bundesgebiet aufgehalten, zu, so folgte hieraus, daß er im Anschluß an seine Antragstellung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist wäre. Hiezu hätte er im Hinblick auf die Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung des Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 in Ansehung von mazedonischen Staatsangehörigen, die - wie der Beschwerdeführer - nicht Inhaber eines Diplomatenpasses sind, einer Bewilligung oder eines Sichtvermerkes bedurft. Daß er eine solche Berechtigung erlangt hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Eine Einreise nach Österreich ohne erforderlichen Sichtvermerk und der anschließende unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet verwirklichen den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0259). Eine - allenfalls unrichtige - Versagung der Aufenthaltsbewilligung unter Hinweis auf § 10 Abs. 1 Z. 6 statt richtig auf § 10 Abs. 1 Z. 4 vermag den Fremden in seinen Rechten nicht zu verletzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1758).

Eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden kommt im Falle einer unrechtmäßigen Einreise auch beim Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht in Betracht (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. November 1993).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191913.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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