Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. April 1997, Zl. 306.346/4-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. April 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.
In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, daß § 5 des Aufenthaltsgesetzes zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliegt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG sei die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn gegen den Sichtvermerkswerber ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht. Das gegen den Beschwerdeführer am 2. November 1992 erlassene Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land sei am 29. November 1992 in Rechtskraft erwachsen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. Februar 1997 rechtskräftig abgewiesen worden.
Damit liege ein Sichtvermerksversagungsgrund vor. Auf die weiteren Einwendungen - auch im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers - sei angesichts dieses Sachverhaltes nicht weiter einzugehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt, weil in seine gesetzlich normierte Verpflichtung eingegriffen werde, seiner Mutter, seinen beiden Schwestern sowie seiner Schwägerin und deren Kindern den existentiell erforderlichen Unterhalt durch eine legale Berufstätigkeit zu beschaffen. Er sei Staatsbürger der Republik Bosnien-Herzegowina und habe sich ungeachtet des über ihn verhängten fünfjährigen Aufenthaltsverbotes bemüht, seinen Aufenthalt in Österreich - trotz aller Schwierigkeiten - fortzusetzen, weil er nur hier im Rahmen seiner rechtmäßigen Beschäftigung ein Einkommen erzielen könne, welches ihm bei größter Sparsamkeit die Erfüllung seiner erheblichen Sorgepflichten ermögliche. Er gelte bei seinem Arbeitgeber als tüchtiger Arbeiter, der sich auch extremen Belastungen aussetze, um die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Diese hohen Anforderungen, zusammen mit der Nachricht vom Tod seines Vaters und der Zerstörung seines Heimatdorfes, hätten bei ihm eine schwere seelische Krise ausgelöst, welche mitursächlich für das dem Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zugrundeliegende deliktische Verhalten gewesen sei. Seit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes am 2. November 1992 habe er jedoch nur ein einziges weiteres Mal bestraft werden müssen, und zwar wegen eines von ihm verschuldeten Verkehrsunfalles am 16. April 1993 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 StGB. Gemäß § 36 Abs. 2 FrG sei seine Abschiebung von der Bundespolizeidirektion Wels bis zum 2. November 1997 aufgeschoben worden.
Der österreichische Gesetzgeber stehe, wie z.B. § 3 Abs. 4 AufG zeige, seinen gesetzlich normierten Sorgepflichten gegenüber seinen in Bosnien-Herzegowina verbliebenen Familienangehörigen keinesfalls indifferent gegenüber, woraus der Schluß zu ziehen sei, daß die Existenz von unterhaltsberechtigten Personen grundsätzlich bei der Würdigung des Sachverhaltes im Zusammenhang mit den §§ 19 und 20 FrG zu berücksichtigen sei. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt an den Abwägungskriterien der §§ 19 und 20 FrG aber nicht ausreichend gemessen und insbesondere außer Acht gelassen, daß dem Beschwerdeführer der derzeitige Wegzug aus Österreich jede Möglichkeit nehmen würde, für seine Familienmitglieder in wirtschaftlicher Hinsicht ordnungsgemäß zu sorgen. Sein Bemühen um legale Arbeit entspringe seiner gesetzlichen Verpflichtung für seine mittellose Mutter, seine Schwestern, für die Ehefrau seines gefallenen Bruders und deren Nachkommen und nicht nur seiner Vorliebe für Österreich. Während in Österreich regelmäßige finanzielle Leistungen von Kindern an die Eltern und deren Nachkommen die Ausnahme darstellten, seien derartige Unterhaltsleistungen in ärmeren Gegenden der Welt, wie z.B. in den von Moslems besiedelten Teilen von Bosnien-Herzegowina, die Regel und stellten eine unter allen Umständen zu erfüllende Maxime dar. Eine Würdigung der potentiellen Gefährlichkeit seiner Person mit den Konsequenzen der Versagung der Aufenthaltsbewilligung, die nicht nur den Beschwerdeführer, sondern vor allem seine Familienangehörigen in überaus empfindlicher Weise beträfen, könne aber nur dazu führen, daß ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt. Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG zu versagen, wenn gegen den Sichtvermerkswerber ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Wiedereinreisebewilligung (§ 23) vorliegen.
Der Beschwerdeführer räumt selbst ausdrücklich ein, daß gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land bestehe. Im Hinblick darauf ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Solange nämlich ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht, darf eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden, weil ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gemäß § 5 Abs. 1 AufG einen Ausschließungsgrund für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung darstellt. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides. Im Verfahren nach dem AufG hat die Behörde weder zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 FrG erfüllt sind, noch, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung eines bestehenden Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG vorliegen.
Das Schwergewicht der Ausführungen des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof liegt aber darin, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Erforderlichkeitsprüfung im Sinne des Art. 8 MRK unzutreffend sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1697, und vom 24. März 1997, Zl. 96/19/1295) vom Gesetz im Rahmen einer auf § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf das Privat- und Familienleben nicht vorgesehen ist. Die Beschwerdeausführungen geben keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal gemäß § 20 Abs. 1 FrG im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine Interessenabwägung im genannten Sinn zwingend vorgeschrieben ist. Eine nochmalige Interessenabwägung im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - deren Versagung ohnedies nicht in gleicher Weise intensiv in den durch Art. 8 MRK geschützten Bereich eingreift wie die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes - erscheint daher auch unter dem Gesichtspunkt verfassungskonformer Interpretation entbehrlich (vgl. das. hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/19/1467).
Das Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheid zu erweisen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997190983.X00Im RIS seit
02.05.2001