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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §67 Abs10;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):AW 97/08/0044 B 10. Juni 1997 AW 97/08/0020 B 17. Juni 1997Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des V in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in B, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 24. Jänner 1997, Zl. VIII/1-N-442/8-1996, betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessensabwägung durchführen zu können, ist es überdies erforderlich, daß der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete Nachteil ergibt, es sei denn, daß sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.
Betrifft der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie hier - einen Bescheid mit dem der Beschwerdeführer zu einer Geldleistung verpflichtet wurde, so genügt die antragstellende Partei dem Konkretisierungsgebot nur dann, wenn sie einerseits ihre im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie ihre Vermögensverhältnisse (unter Einschluß ihrer Schulden, aufgeschlüsselt nach Art und Ausmaß) und andererseits, soweit es sich um eine physische Person handelt, ihre gesetzlichen Sorgepflichten durch KONKRETE, TUNLICHST ZIFFERNMÄßIGE Angaben glaubhaft dartut (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10381/A). Eine solche Konkretisierung hat die antragstellende Partei vorgenommen.
Der Vollzug des Bescheides an sich ist noch kein Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG, sofern dadurch nicht der Rechtsschutz der Partei dauernd wesentlich beeinträchtigt wird. Ein bloßer Vermögensnachteil, der im Falle des Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen wieder ausgeglichen werden kann, muß daher für sich allein genommen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG sein, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten.
Ob eine finanzielle Situation, die auf eine Gefährdung des Unterhaltes hinausliefe, ein solcher Umstand ist, kann nicht ganz allgemein und ohne Berücksichtigung anderer Interessen, gesagt werden. Bei der - im Falle der Vollstreckung einer Geldleistung allein drohenden - zwangsweisen Einbringung der Forderung kommt der antragstellenden Partei, soweit sich die Vollstreckungshandlungen auf laufende Einkünfte (Arbeitslohn, Pensionszahlungen, Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung) beziehen, ohnehin der Vollstreckungsschutz der §§ 290 ff EO, insbesondere auch jener der §§ 291 ff EO zugute. Es kann dem Konzept der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, wie es § 30 Abs. 2 VwGG zugrunde liegt, kein weiterreichender Schutzgedanke entnommen werden.
Eine beengte finanzielle Situation kann aber umso weniger zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führen, wenn gegengerichtete Interessen mitbeteiligter Parteien mitzuberücksichtigen sind und eine Abwägung dieser Interessen - unter Einbeziehung der vorstehenden Gesichtspunkte - zulasten der beschwerdeführenden Partei ausschlägt. Ein solches gegengerichtetes Interesse liegt hier vor: es liegt - gerade angesichts der schlechten Vermögenslage der beschwerdeführenden Partei - im Interesse des mitbeteiligten Sozialversicherungsträgers (und damit im öffentlichen Interesse), die ihm aufgetragene Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge (die ihrerseits wieder zu einem klaglosen Funktionieren des Systems der sozialen Sicherheit benötigt werden) - so gut es geht - baldmöglichst zumindest sicherzustellen. Würde die aufschiebende Wirkung in solchen Angelegenheiten bei schlechter Einkommens- und Vermögenslage der Partei stets gewährt, so bliebe das Vollzugsinteresse dabei vollkommen außer Ansatz und der Sozialversicherungsträger hätte im Beschwerdefall keine Möglichkeit zumindest den Versuch einer Sicherstellung seiner Forderung (z.B. durch zwangsweise Pfandrechtsbegründungen) zu unternehmen. Die Berücksichtigung dieses Vollzugsinteresses bei der vorzunehmenden Abwägung ist umsomehr geboten, als die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG nicht davon abhängt, daß eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides auch nur wahrscheinlich ist.
Das Vollzugsinteresse des Versicherungsträgers überwiegt daher jedenfalls dann, wenn der angefochtene Bescheid nicht im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG offenkundig rechtswidrig ist und seine vorläufige Vollstreckung nicht bei der antragstellenden Partei zu unwiederbringlichen Vermögensnachteilen führt, wie dies etwa im Falle der exekutiven Betreibung einer Versteigerung von Vermögensgegenständen des Beschwerdeführers und dem damit verbundenen - nicht wieder auszugleichenden - Wertverlust der Fall wäre. Ein derartiger Vermögensnachteil droht aber nicht unmittelbar (nach dem Vorbringen der antragstellenden Partei wurde mit der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse - wie diese in ihrer Gegenschrift ausdrücklich bestätigt - eine Ratenvereinbarung geschlossen); für den Fall einer diesbezüglichen Änderung der Sachlage könnte überdies ein neuer Antrag gestellt werden.
Da auch die im Falle des Beschwerdeerfolges allenfalls erforderliche Rückabwicklung nicht gefährdet ist, liegt daher bei Abwägung aller berührten Interessen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG vor. Der Antrag war daher abzuweisen.
Schlagworte
InteressenabwägungUnverhältnismäßiger NachteilEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:AW1997080018.A00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
05.01.2011