TE Bvwg Beschluss 2020/9/21 W245 2225526-1

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

AVG §38
BDG 1979 §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17

Spruch


W245 2225526-1/23E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHILDBERGER, LL.M. als Vorsitzenden und die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina PFAU sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Christoph PROKSCH, MBA. über die Beschwerde von XXXX vertreten durch STÖGERER PREISINGER RECHTSANWÄLTE OG, Mariahilfer Straße 76/2/23, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 25.04.2019, Zl. XXXX betreffend einer Versetzung gemäß § 38 BDG 1979, beschlossen:

A)

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur vollständigen rechtskräftigen Erledigung des gegen den Beschwerdeführer vor der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen zur GZ: XXXX geführten Disziplinarverfahrens ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang:

I.1.    Das Büro für Interne Angelegenheiten beim Bundesministerium für Finanzen (in der Folge auch „BIA“) wurde beauftragt, die Rechtmäßigkeit von Zugriffen auf die Steuerdaten von Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung inklusive Staats- und Generalsekretäre der gegenwärtigen Ressorts sowie von Führungskräften aus dem Bundesministerium für Finanzen (in der Folge auch „belangte Behörde“, kurz „bB“) zu prüfen. Durch das BIA wurde im Zuge dieser Prüfung festgestellt, dass zu den Datensätzen mehrerer Regierungsmitglieder und Führungskräfte Datenabfragen vorgenommen worden seien, deren dienstliche Veranlassung nicht evident gewesen sei.

I.2.    Mit E-Mail vom 19.06.2018 wandte sich XXXX (in der Folge auch „BF“) an XXXX um einen sensiblen dienstrechtlichen Sachverhalt – nämlich einen Zugriff auf die Steuerdaten von XXXX , im Abgabeinformationssystem des Bundes (in der Folge „AIS“) – bekannt zu geben. Am 24.08.2018 wurde das BIA von der Abteilung XXXX des Bundesministeriums für Finanzen um Durchführung einer Gesamtanalyse der vom BF getätigten Abfragen im AIS ersucht.

I.3.    Nach Wiedergabe des Sachverhaltes sowie der Analyse der BIA wurde am 06.02.2019 gemäß § 110 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 gegen den BF eine Disziplinaranzeige erstattet, da er verdächtig sei, gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft die von ihm wahrzunehmenden Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 1 und 47 BDG 1979 verletzt zu haben.

Begründend führte die bB aus, dass der Verdacht bestehe, dass der BF durch die vorgenommenen Abfragen im AIS, zu denen keine dienstliche Veranlassung bestanden habe, die Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen aus den Jahren 2000 und 2001 (GZ XXXX vom XXXX , XXXX vom XXXX und XXXX vom XXXX sowie aus dem Jahr 2004 (GZ XXXX vom XXXX ) missachtet habe und damit die von ihm wahrzunehmende Dienstpflicht gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 schuldhaft verletzt habe, wonach der Beamte verpflichtet sei, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt sei, zu befolgen, wobei Vorgesetzter jeder Organwalter sei, der mit der Dienst- und Fachaufsicht über den Beamten betraut sei.

Im Zusammenhang mit den Datenzugriffen auf Abgabepflichtige, die nicht dem Zuständigkeitsbereich des Finanzamtsbereichs XXXX ( XXXX ) zuzurechnen seien, werde vom BF in seinen Stellungnahmen regelmäßig die Rechtfertigung einer „bundesweiten Auskunft an einen Abgabepflichtigen“ ins Treffen geführt. Dazu habe der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt, dass eine dienstliche Veranlassung für Datenzugriffe im AIS ausschließlich im Rahmen der Erfüllung der Aufgaben des konkret zugewiesenen Arbeitsplatzes in der konkret sachlich und örtlich zuständigen Organisationseinheit rechtlich zulässig sein könne. Die dienstlichen Aufgaben seien alle mit dem Arbeitsplatz des Beamten (§ 36 BDG 1979) verbundenen Aufgaben. Ihre Festlegung erfolge in der Regel durch generelle bzw. durch individuelle Weisungen. Zur Festlegung der Aufgaben des BF als Vorstand des Finanzamtes XXXX werde auf die angeschlossene Arbeitsplatzbeschreibung hingewiesen. Datenzugriffe im AIS aufgrund von Bitten bzw. Ersuchen von Bekannten, Freunden oder Verwandten seien nicht den im Rahmen der Erfüllung seiner konkreten Aufgaben als Vorstand des Finanzamtes XXXX übertragenden Aufgaben zugehörig. Derartige Datenzugriffe im AIS stellen aus Sicht des VwGH Verstöße gegen die oben genannten Erlässe des BMF zur Nutzung des AIS dar.

Weiters bestehe der Verdacht, dass der BF die von seinen Abfragen betroffenen Abgabepflichtigen in ihrem Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 Datenschutzgesetz (DSG) verletzt habe. Dieser Befugnismissbrauch impliziere den Verdacht, dass der BF den Tatbestand nach § 302 Abs. 1 StGB verwirklicht habe, weil das Ermitteln personenbezogener Daten ein Amtsgeschäft im Rahmen der Hoheitsverwaltung darstelle. Dahingehend sei der BF gemäß § 78 StPO bei der Staatsanwaltschaft XXXX angezeigt worden. Disziplinarrechtlich bestehe damit zusammenhängend der Verdacht, dass der BF durch diese Handlungen die von ihm wahrzunehmenden Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 verletzt habe, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen habe, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe.

Schließlich bestehe der Verdacht, dass der BF im Hinblick auf die Abgabepflichtigen XXXX und seiner Ehefrau XXXX , mit den von ihm getätigten Datenzugriffen zu diesen Personen dienstliche Veranlassungen getroffen habe und nicht beachtet habe, dass zu den genannten Personen ein persönliches Naheverhältnis bestehe, dass ihn dazu verpflichtet hätte, sich jeder Form der Ausübung seines Amtes zu enthalten. Es bestehe daher der Verdacht, dass der BF in diesem Zusammenhang die von ihm wahrzunehmenden Dienstpflichten nach § 47 BDG 1979 verletzt habe, da er es verabsäumt habe, sich gegenüber Frau XXXX und gegenüber seiner Ehefrau XXXX wegen Befangenheit jeglicher dienstlichen Tätigkeit zu enthalten.

Ebenso erfolgte am 06.02.2019 eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft XXXX gemäß § 78 StPO wegen des Verdachtes der Begehung von Straftaten nach § 302 StGB.

Begründend führte die bB aus, dass das Ermitteln personenbezogener Daten ein Amtsgeschäft im Rahmen der Hoheitsverwaltung darstelle. Die nur für dienstliche Belange bestehende rechtliche Erlaubnis, das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1DSG) zu durchbrechen, werde von einem Beamten dann missbräuchlich in Anspruch genommen, wenn eine Ermittlung personenbezogener Daten ohne dienstliche Rechtfertigung erfolge. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes führe der Befugnissmissbrauch bei deliktspezifischen Schädigungsvorsatz zu einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 302 Abs. 1 StGB, ohne dass ein tatsächlicher Schadenseintritt erforderlich wäre. Durch den Obersten Gerichtshof werde bereits in der Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz nach § 1 DSG durch eine missbräuchliche Datenermittlung die konkrete Schädigung des Betroffenen erblickt. Dies bedeute, dass gezieltes unbefugtes Beschaffen personenbezogener Daten auch dann Strafbarkeit nach § 302 Abs. 1 StGB bewirken könne, wenn dies bloß zur Befriedigung privater Neugier (somit ohne dienstliche Rechtfertigung) erfolge, sofern der Täter mit dem Vorsatz handle, den Privaten im Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG zu schädigen. Ein zumindest bedingter Vorsatz, dass Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Personen zu verletzen, werde mit der missbräuchlichen Datenbeschaffung im Regelfall verbunden sein.

Soweit die Datenzugriffe des BF mit der Funktion G01 durchgeführt wurde, werde darauf hingewiesen, dass auch diese Grunddaten wie Anschrift, Sozialversicherungsnummer, Steuernummer und Namen der Ehepartner bzw. der Partnerinnen und Partner aus einer Partnerschaft aus Sicht der bB dem Schutzbereich des § 1 DSG zuzuordnen seien, da auch mit diesen Daten ein missbräuchlicher Gebrauch möglich sei. Auch die Anschrift von Abgabenpflichtigen seien nach § 1 DSG zu schützende Daten. Dies umso mehr, als bei einigen, von den Abfragen des BF betroffenen Abgabepflichtigen, Politiker bzw. leitende Beamte der bB betroffen gewesen seien, deren Wohnsitzdaten unter Umständen im Melderegister gesperrt seien und durch Dritte nicht abgefragt werden können.

I.4.    Am 04.03.2019 hat die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen entschieden, gegen den BF gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

I.5.     Mit Schreiben vom 20.03.2019 erfolgte gemäß § 9 Abs. 3 lit. a PVG eine Mitteilung über die beabsichtigte Abberufung des BF gemäß § 38 iVm § 40 Abs. 2 BDG.

I.6.    Mit Schreiben vom 02.04.2019 kündigte die bB gemäß § 38 Abs. 6 BDG 1979 gegenüber dem BF die Abberufung als XXXX und die Versetzung in XXXX , an.

I.7.    Mit Schreiben vom 15.04.2019 erhob der BF Einwendungen gemäß § 38 Abs. 6 BDG 1979.

I.8.    Mit Bescheid vom 25.04.2019 der bB wurde der BF gemäß § 40 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 BDG von Amts wegen mit Wirksamkeit vom 01.05.2019 von seiner Funktion als XXXX abberufen und gemäß § 38 Abs. 1 und 2 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 01.05.2019 zur XXXX , versetzt und auf Dauer mit der Funktion eines Fachexperten (Arbeitsplatzwertigkeit A1/2) betraut. Gleichzeitig wurde gemäß § 38 Abs. 7 BDG 1979 festgesellt, dass der BF die für die Versetzung (Abberufung) maßgebenden Gründe gemäß § 141a BDG 1979 zu vertreten habe.

In der Begründung listete die bB zunächst 323 Datenzugriffe von 38 abgabeverpflichteten Personen detailliert auf. Aus dieser Auflistung ist zu entnehmen, dass der BF im Zeitraum von Mai 2013 bis Juni 2018 die Zugriffe durchgeführt habe. In der Folge stellte die bB die Begründung des BF für die Datenzugriffe ihren eigenen Erhebungen gegenüber, und stellte fest, dass die Abfragen des BF außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des XXXX und ohne dienstliche Veranlassung durchgeführt worden seien.

Ferner führte die bB wie in der Mitteilung über die beabsichtigte Versetzung (siehe oben Punkt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.) aus, dass von den Datenzugriffen des BF im AIS Personen betroffen gewesen seien, welche aus dem sportlichen/beruflichen Umfeld seines Sohnes stammen würden. Ferner seien von den Datenzugriffen des BF Personen betroffen gewesen, welche im Bundesministerium für Finanzen und den nachgeordneten Dienststellen beschäftigt sind. Zudem habe der BF auch auf eigene Daten sowie auf Daten seiner Ehefrau zugegriffen.

In rechtlicher Hinsicht führte die bB aus, dass der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen habe, dass eine dienstliche Veranlassung für Datenzugriffe im AIS ausschließlich im Rahmen der Erfüllung der Aufgaben des konkret zugewiesenen Arbeitsplatzes in der konkret sachlich und örtlich zuständigen Organisationseinheit rechtlich zulässig sein könne. In diesem Zusammenhang seien mit der Erfüllung der Aufgaben als Vorstand des XXXX Datenzugriffe im AIS aufgrund von Bitten bzw. Ersuche von Bekannten, Freunden oder Verwandten nicht erfasst.

Zu den Zugriffen auf die Abgabedaten der Ehefrau des BF sei festzuhalten, dass der BF zu ihr als befangenes Organ nach § 47 BDG 1979 anzusehen sei und er sich daher jeder amtlichen Tätigkeit zu enthalten habe. Hinsichtlich der Zugriffe auf die eigenen Daten sei festzuhalten, dass eine dienstliche Veranlassung im Hinblick auf die gesetzlichen Anordnungen nach § 47 BDG 1979 iVm § 76 BAO ausgeschlossen sei.

Auch der Hinweis des BF auf die Planungstätigkeiten des BF zur Modernisierung der Finanzverwaltung und einer möglichen Zusammenfassung von 40 Finanzämtern zu einem „Finanzamt Österreich“ sei nicht geeignet, eine rechtfertigende Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Datenzugriffe zu begründen. Die Strukturreform der Finanzverwaltung könne frühestens am 01.01.2020 rechtlich wirksam werden. Rechtliche Anordnungen mit Wirksamkeit ab dem Jahr 2020 können nie die Grundlage für die Beurteilung von Datenzugriffen und Pflichtverletzungen darstellen, die in den Jahren 2013 bis 2018 gesetzt worden seien.

Aus Sicht der bB habe der BF mit den 323 Datenabfragen im AIS, welche nicht dienstlich veranlasst gewesen seien, die von sich aus wahrnehmende Dienstpflicht gemäß § 44 Abs.1 BDG 1979, Weisungen von Vorgesetzten zu befolgen, verletzt. Als erschwerend ist anzusehen, dass der BF die Verletzung über einen Zeitraum von fünf Jahren begangen habe.

Ferner sei zu beachten, dass aufgrund der Einleitung des Disziplinarverfahrens das Ansehen des BF als Leiter einer Dienstbehörde und seine Autorität als Führungskraft geschmälert worden sei.

Die Schwere der dienstbehördlich festgestellten und erwiesenen Pflichtverletzung schließe auch aus, dass die bB mit einer Abberufung und Versetzung bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens zuwarte. Wegen der Dienstpflichtverletzungen sei das Vertrauen in die Wahrnehmung des BF in seine Aufgaben als Amtsvorstand gemäß § 45 Abs. 1 BDG 1979 in einem erheblichen Ausmaß beeinträchtigt. Durch eine Weiterverwendung des BF als Vorstand einer Abgaben- und Dienstbehörde würde sich die bB den berechtigten Vorwurf aussetzen, Aufsichtspflichten als oberste Dienstbehörde zu verletzen. Die dokumentierten Pflichtverletzungen seien als erhebliches Compliance-Defizit zu beurteilen, sodass die bB die Abberufung des BF von der Funktion des Vorstandes des XXXX sowie die Versetzung in die XXXX , zu veranlassen gehabt habe. Aufgrund des wichtigen dienstlichen Interessen an der Abberufung und Versetzung erübrige sich eine Prüfung der persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse gemäß § 38 Abs. 4 BDG 1979. Gemäß § 38 Abs. 7 iVm § 141a BDG 1979 habe der BF die Gründe für die Abberufung und Versetzung selbst zu vertreten, da diese Gründe ursächlich mit den von ihm zu vertretenden Pflichtverletzungen verbunden seien.

I.9.    Gegen den Bescheid der bB richtete sich die am 23.05.2019 fristgerecht erhobene Beschwerde.

I.10.   Am 24.05.2019 langte eine weitere Beschwerdeschrift des BF bei der bB ein, welche inhaltlich der Beschwerde vom 23.05.2019 entspricht.

I.11.   Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge auch „BVwG“) vom XXXX , XXXX wurde eine Beschwerde gegen den Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom XXXX , XXXX (siehe Punkt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.), betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens abgewiesen.

I.12.   Am 05.11.2019 gab die XXXX eine vom BF erteilte Vollmacht bekannt und ersuchte, dass weitere Zustellungen ausschließlich nur mehr zu ihren Handen vorzunehmen seien.

I.13.   Mit Schreiben vom 07.11.2019 erfolgte vom BF eine ergänzende Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen sowie das Ersuchen um Weiterleitung der Beschwerdesache an das zuständige Verwaltungsgericht.

I.14.   Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch „BVwG“) am 18.11.2019 von der bB vorgelegt.

I.15.   Am 23.12.2019 wurde vom BF der Beweisantrag gestellt, die Personen XXXX , XXXX und XXXX zeugenschaftlich einzuvernehmen.

I.16.   Mit Eingabe vom 07.05.2020 gab der BF bekannt, die XXXX mit der rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt zu haben. Das Vollmachtsverhältnis zur Rechtsanwaltskanzlei XXXX sei aufgelöst worden.

I.17.   Mit Schreiben vom 06.07.2020 stellte der BF im Wege seiner bevollmächtigten Vertretung einen Fristsetzungsantrag an den VwGH und erwog dem BVwG eine angemessene Frist zur Entscheidung über die vom BF gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 25.04.2019, welche dem BVwG vom 18.11.2019 übergeben worden sei, zu setzen und den Rechtsträger der belangten Behörde (hier: BVwG) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu verpflichten, dem Antragsteller die gesetzlichen Kosten zu ersetzen, zumal das BVwG nicht binnen sechs Monaten nach Vorlage der Beschwerde über diese entschieden habe.

I.18.   Am 15.07.2020 und am 14.08.2020 langten weitere Stellungnahmen des BF ein, mit welchen er u.a. die Aufnahme weiterer Beweise, insbesondere die Einvernahme von elf Zeugen, beantragte. Zudem übermittelte er weitere Urkunden.

I.19.   Am 09.09.2020 langte ein Erkenntnis der Disziplinarkommission beim BMF , Senat I, vom XXXX , GZ XXXX ein. In diesem Erkenntnis entschied die Disziplinarkommission über Datenzugriffe des BF im Abgabesystem der Finanzverwaltung (AIS) auf seine Ehegattin und seine eigene Steuernummer. Die umfangreichen weiteren disziplinarrechtlichen Vorwürfe, die vom Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim BMF erfasst sind, sind derzeit noch Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwalt XXXX .

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1.   Feststellungen:

Der unter Punkt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der BF steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Am 06.02.2019 wurde gegen den BF eine Disziplinaranzeige unter der GZ: XXXX erstattet (Pkt. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

Ebenso erfolgte am 06.02.2019 eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft XXXX gemäß § 78 StPO wegen des Verdachtes der Begehung von Straftaten nach § 302 StGB durch den BF (Pkt. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

Am 04.03.2019 leitete die Disziplinarkommission des Bundesministeriums für Finanzen, gegen den BF gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren ein (GZ: XXXX )(Pkt. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge auch „BVwG“) vom XXXX wurde die Beschwerde gegen den Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom XXXX (siehe Punkt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.), betreffend Einleitung des Disziplinarverfahrens abgewiesen (Pkt. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

Mit Bescheid vom 25.04.2019 der bB wurde der BF gemäß § 40 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 BDG von Amts wegen mit Wirksamkeit vom 01.05.2019 von seiner Funktion als XXXX abberufen und gemäß § 38 Abs. 1 und 2 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 01.05.2019 zur XXXX , versetzt und auf Dauer mit der Funktion eines Fachexperten (Arbeitsplatzwertigkeit A1/2) betraut. Gleichzeitig wurde gemäß § 38 Abs. 7 BDG 1979 festgesellt, dass der BF die für die Versetzung (Abberufung) maßgebenden Gründe gemäß § 141a BDG 1979 zu vertreten habe (Pkt. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

Das im oben angeführten Disziplinarverfahren gegenständliche Verhalten des BF wurde der Bescheidbegründung als wichtiges dienstliches Interesse zu Grunde gelegt.

Mit Erkenntnis der Disziplinarkommission beim BMF, Senat I vom XXXX , GZ XXXX wurden über die Datenzugriffe im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) auf die Ehegattin des BF sowie auf seine eigene Steuernummer entschieden. Über dem BF wurde eine Disziplinarstrafe in der Höhe von € 6.700,- verhängt. Hinsichtlich der wesentlich umfangreicheren weiteren disziplinarrechtlichen Vorwürfe (u.a. Datenzugriffe im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) auf die Personen XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX ) die vom Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim BMF erfasst sind, sind sowohl das Disziplinarverfahren als auch das Strafverfahren (Ermittlungen durch die XXXX ) noch anhängig und nicht rechtskräftig abgeschlossen.

II.2.   Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der bB und des BVwG.

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der bB und des Gerichtsaktes des BVwG.

Die Feststellung, dass der BF in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund steht, ergibt sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt.

Die weiteren Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts. Aus dem gegenständlichen Bescheid in Zusammenschau mit dem angeführten Disziplinarverfahren geht zweifelsfrei hervor, dass sich die bekämpfte Entscheidung auf ein Verhalten des BF stützt, das zugleich Gegenstand des noch nicht rechtskräftig entschiedenen Disziplinarverfahrens vor der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen zur GZ: XXXX ist. Somit konnten die entsprechenden Feststellungen getroffen werden.

Mit dem Erkenntnis der Disziplinarkommission beim BMF, Senat I vom 21.08.2020, GZ XXXX wurden über die Datenzugriffe im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) auf die Ehegattin des BF sowie auf seine eigene Steuernummer entschieden. Die weiteren Datenzugriffe im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung des BF auf weitere 36 Personen waren nicht Gegenstand der Entscheidung der Disziplinarkommission. Diese weiteren Datenzugriffe sind Gegenstand in den noch anhängigen Disziplinarverfahren und Strafverfahren (Ermittlungen durch die XXXX ), welche noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Sohin war dies festzustellen.

II.3.   Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Dem angefochtenen Bescheid liegt eine Entscheidung der bB gemäß § 38 BDG 1979 zugrunde. Diese Angelegenheit ist gemäß § 135a BDG 1979 von Senatsentscheidungen erfasst.

Gemäß § 135b BDG 1979 wirken bei Senatsentscheidungen gemäß § 135a je eine Vertreterin oder ein Vertreter des Dienstgebers und je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer als fachkundige Laienrichterinnen oder Laienrichter mit.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfolgt eine Aussetzungsentscheidung gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG nicht durch verfahrensleitenden Beschluss, gegen den eine abgesonderte Revision nach § 25a Abs. 3 VwGG nicht zulässig ist (siehe VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0119), sodass vor dem Hintergrund der Möglichkeit der Ergreifung eines Rechtsmittels die Aussetzungsentscheidung durch einen Senat zu erfolgen hat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

II.3.1.1. Zur Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:

§ 38 AVG (Allgemeines Verfahrensgesetz) lautet:

Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

§ 38 BDG 1979 (Beamtendienstrechtsgesetz 1979) – Versetzung – lautet (auszugsweise):
(1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

bei Änderungen der Verwaltungsorganisation,

2.

bei der Auflassung von Arbeitsplätzen,

3.

bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber vorhanden sind,

4.

wenn die Beamtin oder der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder

5.

wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

[…]

II.3.1.2. Es ergibt sich für die Beschwerdesache Folgendes:

Die Regelungen der §§ 38 ff BDG 1979 bezwecken, Beamte vor sachlich nicht gerechtfertigten Versetzungen bzw. qualifizierten Verwendungsänderungen zu schützen. Der Begriff "wichtiges dienstliches Interesse" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung sich an normativen Inhalten zu orientieren hat.

Nach § 38 Abs. 2 BDG ist "die Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht.". Die in Abs. 3 vom Gesetzgeber vorgenommene Aufzählung von Gründen, die ein wichtiges dienstliches Interesse darstellen können, ist von exemplarischem Charakter und nicht abschließend zu verstehen (arg. "insbesondere").

Das für eine Versetzung erforderliche "wichtige dienstliche Interesse" ist ausschließlich nach objektiven Kriterien und nicht danach zu beurteilen, inwieweit ein Beamter diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat. Ein konkretes Verhalten eines Beamten vermag unbeschadet seiner disziplinären Verfolgung oder Ahndung auch ein wichtiges dienstliches Interesse an seiner Versetzung zu begründen (VwGH 13.09.2002, 99/12/0139; 28.01.2010, 2006/12/0195). Auch ein disziplinär nicht zu ahndendes Verhalten kann ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung begründen (VfSlg 8450; VfGH 29.02.2000, B 1422/98).

Im Falle einer Versetzung ist die Dienstbehörde wie auch das Bundesverwaltungsgericht befugt, unter dem Gesichtspunkt der wichtigen dienstlichen Interessen die Frage zu beurteilen, ob ein Verhalten eines Beamten gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat (VfGH 11.12.1978, B 294/77 und B 462/77, GZ 78/10-BK/01).

Die Dienstbehörde ist nur im Falle eines rechtskräftigen Schuldspruches durch die Disziplinarkommission an die Feststellung des im Spruch des Disziplinarerkenntnisses umschriebenen Fehlverhaltens und der dadurch bewirkten schuldhaften Verletzung von Dienstpflichten gebunden.

Das Disziplinarverfahren und das eingeleitete Strafverfahren gegen den BF sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Die belangte Behörde begründet das wichtige dienstliche Interesse an der Abberufung des BF von seiner bisherigen Funktion im Wesentlichen mit dem durch das dem BF vorgeworfene Verhalten eingetretenen Vertrauensverlust. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 13.09.2002, 99/12/0139) Folgendes ausgeführt:

"Ein wichtiges dienstliches Interesse wird jedenfalls dann berührt, wenn eingetretene, objektiv festgestellte Tatsachen den Schluss rechtfertigen, dass der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgaben nicht oder nicht mehr gegeben sind (Hinweis E 27.11.1975, 1014/75). Vertrauensentzug kann ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung nicht begründen, wenn es an Feststellungen im obigen Sinn fehlt. Andernfalls wäre nämlich der Beamte Entschlüssen, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen seiner Vorgesetzten in der Frage seiner Versetzung ausgeliefert, selbst wenn diese Entschlüsse, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen durch nur in der subjektiven Sphäre der Vorgesetzten eingetretene und daher der Rechtskontrolle unzugängliche Momente bewirkt wären (Hinweis E 9.11.1981, 2525/77)."

Demnach kann ein relevanter Vertrauensverlust nur dann vorliegen, wenn er sich auf Grund eindeutiger Sachverhaltsdarstellungen ergibt. Der bloße Entzug des Vertrauens ist hiefür nicht ausreichend.

Nun beruhen aber gerade die für den Vertrauensverlust ins Treffen geführten Gründe überwiegend auf den im Raum stehenden, disziplinarrechtlich und strafrechtlich noch nicht endgültig abgeklärten Vorwürfen gegen den BF. Bezüglich dieser Vorwürfe ist ein Disziplinarverfahren und ein Strafverfahren anhängig und liegt somit eine Vorfrage nach § 38 AVG vor.

Für eine selbstständige Beurteilung dieser Vorfrage durch das Bundesverwaltungsgericht könnte sprechen, dass dadurch das Versetzungsverfahren rascher abgeschlossen würde. Allerdings müsste auch vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Beweisverfahren, unter Umständen mit Durchführung der vom BF begehrten mündlichen Verhandlung unter Einvernahme von elf Zeugen durchgeführt werden.

Darüber hinaus kommt im Falle des Verdachts von Dienstpflichtverletzungen die primäre Klärung der Sachverhalte den Disziplinarbehörden und den Strafgerichten zu. Wie sich aus den Bestimmungen des BDG im Zusammenhang mit dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung und dem Prinzip der Verfahrensökonomie ergibt, soll ein und derselbe Sachverhalt tunlichst nicht unabhängig voneinander gleichzeitig in mehreren Verfahren geprüft werden. Dieser Gedanke liegt auch der Bestimmung des § 114 BDG zu Grunde, welche die ex-lege-Unterbrechung des Disziplinarverfahrens bei einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO oder einem verwaltungsbehördlichen Strafverfahren normiert. Damit werden auch die Gefahr von Divergenzen bei der Sachverhaltsfeststellung und die damit verbundenen Rechtsfolgen (Wiederaufnahme etc.) hintan gehalten. Gleichfalls wird das Entstehen zusätzlicher Kosten, die durch jeweils gesonderte Beweisaufnahmen der einzelnen Verwaltungsbehörden oder Gerichte verursacht werden, vermieden.

Vorrangig erscheint demnach die Abklärung der angelasteten Dienstpflichtverletzungen in einem Disziplinarverfahren bzw. im Strafverfahren. In diesem Zusammenhang hat die Disziplinarkommission bisher nur über die Datenzugriffe des BF im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) auf seine Ehegattin sowie auf seine eigene Steuernummer entschieden. Über die zahlreichen weiteren Datenzugriffe im Abgabensystem der Finanzverwaltung des BF (36 weitere Personen) sind sowohl das Disziplinarverfahren als auch das Strafverfahren (Ermittlungen durch die XXXX ) noch anhängig und nicht rechtskräftig abgeschlossen. D.h., es wurde bisher in einem Disziplinarverfahren nur die Datenzugriffe des BF im AIS auf seine Ehegattin und seine eigene Steuernummer verifiziert. Die weiteren, wesentlich umfangreichen Dienstpflichtverletzungen (u.a. Datenzugriffe im AIS auf weitere 36 Personen) wurden sowohl im Disziplinarverfahren bzw. Strafverfahren noch nicht abschließend geprüft bzw. rechtskräftig entschieden. Insgesamt sind daher ein wesentlich umfangreicher Teil der angelasteten Dienstpflichtverletzungen bzw. der Vorfrage im Disziplinar- bzw. im Strafverfahren noch nicht abgeklärt.

Bei Verfahren nach den §§ 38 und 40 BDG haben zwar die dienstlichen Interessen im Vordergrund zu stehen und ist die Verschuldensfrage nicht zu klären. Allerdings soll mit einer Versetzung lediglich die Behebung eines den rechtmäßigen, reibungslosen und effizienten Dienstbetrieb behindernden Missstandes erreicht werden. Gründet sich der Missstand nicht auf einen offensichtlich unbestrittenen Sachverhalt, sondern auf einen klärungsbedürftigen Sachverhalt, der gleichzeitig den Verdacht des Tatbestandes einer Dienstpflichtverletzung begründet, wird in der Regel im Sinne der Verfahrensökonomie, insbesondere auch um die Gefahr von Divergenzen bei der Sachverhaltsfeststellung und zusätzliche Kosten zu vermeiden, der Ausgang des entsprechenden Straf- oder Disziplinarverfahrens abzuwarten sein (vgl. dazu zu einer ähnlichen Konstellation BerK 22.08.2007, GZ 87/15-BK/07).

Bei dem in die Interessensabwägung einfließenden erwähnten dienstlichen Interesse am reibungslosen Dienstbetrieb sind auch andere dienstrechtliche Maßnahmen sowie die schutzwürdigen Interessen des betroffenen Beamten zu berücksichtigen. Die §§ 38 und 40 BDG sollen einen Ausgleich zwischen der als schützenswert anerkannten Rechtssphäre des betroffenen Beamten und den qualifizierten dienstlichen Notwendigkeiten schaffen, wobei zu beachten ist, dass der Versetzung keine pönale Bedeutung zukommt und der Dienstbehörde ein Gestaltungsspielraum im Rahmen der dienstrechtlichen Möglichkeiten eingeräumt ist.

Ein dienstliches Interesse an einem Abschluss des Versetzungsverfahrens vor dem Disziplinarverfahren kann somit nur darin liegen, dass allein auf Grund der Abberufung der Arbeitsplatz des abberufenen Beamten nicht auf Dauer neu besetzt werden kann. Dies erfordert eine rechtskräftige Abberufung. § 38 Abs. 7 BDG sieht nämlich vor, dass bis zur Rechtskraft des Versetzungs- oder Verwendungsänderungsbescheides (somit für die Dauer des Berufungsverfahrens) der bisherige Arbeitsplatz nicht auf Dauer nachbesetzt werden darf.

Untersagt ist durch § 38 Abs. 7 BDG lediglich die Nachbesetzung des nicht besetzten Arbeitsplatzes durch dauernde Betrauung, nicht aber die Setzung anderer Maßnahmen. Das Dienst- und Besoldungsrecht hat auf diesen Fall Bedacht genommen und sieht die Möglichkeit einer vorläufigen Betrauung vor (vgl. hiezu auch § 77a GehG).

Das im konkreten Fall allenfalls verbleibende dienstliche Interesse am Bestehen einer endgültigen Funktionsbetrauung steht somit schwerwiegenden dagegen sprechenden Rechtsgütern (Einheit der Rechtsordnung, Verfahrensökonomie) gegenüber, die letztlich eine Aussetzung des Verfahrens rechtfertigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Fristsetzungsverfahren wird angemerkt, dass gemäß Rechtsprechung des VwGH das Verfahren über einen Fristsetzungsantrag gemäß § 38 Abs. 4 VwGG einzustellen ist, wenn das säumige Verwaltungsgericht nach Einbringung eines Fristsetzungsantrages einen Beschluss fasst, womit das bei ihm anhängige Verfahren gemäß § 38 AVG (iVm § 17 VwGVG 2014) ausgesetzt wird. Ein solcher - allenfalls auch erst während des Fristsetzungsverfahrens erlassener - Beschluss beendet nämlich die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts (vgl. VwGH 22.04.2020, Fr 2020/14/0003).

Der maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aussetzung Dienstpflichtverletzung Disziplinaranzeige Disziplinarverfahren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Strafverfahren Versetzung Vertrauensverlust Vorfrage wichtiges dienstliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W245.2225526.1.00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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