Entscheidungsdatum
29.10.2020Norm
AVG §57 Abs1Spruch
I409 1201041-5/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Sierra Leone alias Nigeria, vertreten durch den Verein „Legal Focus“, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12. Juni 2020, Zl. „ XXXX “, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reiste am 22. Oktober 1997 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 4. November 1997 unter der Behauptung, Staatsangehöriger von Sierra Leone zu sein, einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. November 1997 als unbegründet abgewiesen wurde.
Dagegen erhob er fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat.
Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von XXXX vom 13. November 1997 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 2 Fremdengesetz 1992 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Mit Urteil des Jugendgerichtshofes XXXX vom 9. März 1999 wurde der Beschwerdeführer wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren, verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 Z 2 und Z 3 SMG sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren verurteilt.
Mit rechtskräftigem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 7. April 2000 wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. November 1997 als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 2. August 2001 wurde gegen den zu diesem Zeitpunkt in Strafhaft angehaltenen Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, wobei die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wurde. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 8. August 2001 in einer Justizanstalt ausgefolgt und war ab diesem Zeitpunkt durchsetzbar.
Am 21. Juni 2007 wurde der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Strafhaft durch das Fremdenamt eines Magistrats hinsichtlich seiner Identitätsdaten zur Erlangung eines Heimreisezertifikates einvernommen. Er verweigerte hierbei ohne Angabe von Gründen, seine Personsdaten, die für die Beantragung eines Reisedokuments bei der Botschaft von Sierra Leone erforderlich sind, bekannt zu geben.
Nach Korrespondenz des Magistrats mit der Botschaft der Republik Sierra Leone vom 25. Juni 2007 erging von der Botschaft eine Mitteilung an die Justizanstalt, in der der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt aufhältig war, wonach beabsichtigt werde, mit ihm ein telefonisches Interview durchzuführen, um festzustellen, ob es sich bei ihm tatsächlich um einen Staatsangehörigen der Republik Sierra Leone handle. Der Beschwerdeführer verweigerte in weiterer Folge seine Mitwirkung.
Am 12. Juli 2007 stellte der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Strafhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Am 12. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt XXXX einvernommen, jedoch teilte die Botschaft von Sierra Leone in Bonn mit, dass er aufgrund seiner Angaben kein Staatsangehöriger von Sierra Leone sein könne.
Ein mit dem Beschwerdeführer im Rahmen seines zweiten Asylverfahrens durchgeführtes Sprachanalysegutachten des skandinavischen Sprachanalyseinstituts „Sprakab“ vom 13. September 2007 gelangte zum Ergebnis, dass er eine Variante des Englischen spreche, die sich offensichtlich nicht Sierra Leone zuordnen lasse. Vielmehr spreche er eine Variante des Englischen, die sich sehr wahrscheinlich Nigeria zuordnen lasse. Er spreche kein Krio und lasse im Englischen keine Mende-Wörter einfließen, die englischsprachige Personen aus Sierra Leone typischerweise verwenden würden. Zudem habe er äußerst mangelhafte allgemeine Ortskenntnisse zu Sierra Leone.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. September 2007 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und ihm weder der Status eines Asylberechtigten noch eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria zuerkannt. Zudem wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen und einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 verhängte der zuständige Magistrat XXXX über den Beschwerdeführer die Schubhaft, der er sich in weiterer Folge entzog, indem er in den Hungerstreik trat und am 31. Oktober 2007 als haftunfähig entlassen werden musste.
Mit rechtskräftigem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 21. März 2008 wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. September 2007 als unbegründet abgewiesen und die Ausweisungsentscheidung nach Nigeria bestätigt.
Am 3. Juli 2008 wurde seitens der Bundespolizeidirektion XXXX bei der Botschaft der Republik Nigeria ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer beantragt.
Am 20. November 2008 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 21. April 2009 wurde der Beschwerdeführer wegen des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Am 19. November 2010 wurde der Beschwerdeführer einer nigerianischen Delegation zur Feststellung seiner Identität vorgeführt, wobei er abermals angab, Staatsangehöriger von Sierra Leone zu sein.
Am 28. April 2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, der im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Jänner 2016 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde.
Am 26. April 2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete, der im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. März 2017 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit Ladungsbescheid der belangten Behörde vom 9. Oktober 2018 wurde der Beschwerdeführer zu einem Interviewtermin mit Vertretern der Botschaft der Republik Sierra Leone zwecks Feststellung seiner Identität geladen. Diesem Termin blieb der Beschwerdeführer fern und übermittelte der belangten Behörde eine Krankmeldung.
Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 25. Oktober 2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß „§ 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG“ aufgetragen, binnen drei Tagen in einer näher bezeichneten Bundesbetreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen. Der Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 28. Oktober 2019 persönlich auf einer Polizeiinspektion ausgefolgt.
Am 4. November 2019 wurde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, dass der Beschwerdeführer in der betreffenden Bundesbetreuungseinrichtung nicht eingetroffen ist und der behördlichen Anordnung somit keine Folge geleistet hat.
Am 11. November 2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den Mandatsbescheid das Rechtsmittel der Beschwerde (gemeint wohl: Vorstellung).
Am 27. Dezember 2019 erfolgte eine Nachschau von Beamten der Landespolizeidirektion XXXX an der Meldeadresse des Beschwerdeführers, wo dieser jedoch nicht angetroffen werden konnte. Die in der Wohnung anwesende Unterkunftgeberin gab den Beamten gegenüber an, dass der Beschwerdeführer vor etwa drei Wochen ausgezogen sei und sie seinen Aufenthaltsort nicht kenne. In weiterer Folge wurde die amtliche Abmeldung des Beschwerdeführers veranlasst.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß „§ 57 Abs. 1 FPG“ aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig in einer näher bezeichneten Bundesbetreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen. Dieser Verpflichtung habe der Beschwerdeführer unverzüglich nachzukommen (Spruchpunkt I). Darüber hinaus wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß „§ 13 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF“ ausgeschlossen (Spruchpunkt II).
Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8. Juli 2020 das Rechtsmittel Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird – um Wiederholungen zu vermeiden –als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest und er versuchte, die österreichischen Behörden über seinen Herkunftsstaat zu täuschen.
Der Beschwerdeführer hält sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. In Gestalt des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 21. März 2008 besteht gegen ihn eine rechtskräftige Ausweisung. Seiner Ausreiseverpflichtung ist er dennoch bislang nicht nachgekommen.
Der Beschwerdeführer kam der mit Mandatsbescheid vom 25. Oktober 2019 verfügten Auflage zur Unterkunftnahme in einer näher bestimmten Betreuungseinrichtung nicht nach.
Er hat zudem hat keinen Nachweis darüber erbracht, dass er seiner Verpflichtung, aus eigenem ein Reisedokument bei der für ihn zuständigen Vertretungsbehörde einzuholen, entsprochen oder sich darum bemüht hat.
Im Bundesgebiet verfügt der Beschwerdeführer über keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen und ging er zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über keine aufrechte Kranken- und Unfallversicherung. Seit 10. März 2020 ist er nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet, nachdem seine amtliche Abmeldung veranlasst wurde.
Er hat das Bundesamt nicht von seinem aktuellen Aufenthaltsort in Kenntnis gesetzt, indem er seine Meldeadresse zu einem unbekannten Zeitpunkt verlassen hat und seitdem behördlich nicht mehr greifbar ist. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt.
2. Beweiswürdigung
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.
Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Er behauptet, Staatsangehöriger von Sierra Leone zu sein, während ein im Rahmen seines zweiten Asylverfahrens durchgeführtes, im Akt enthaltenes Sprachanalysegutachten des skandinavischen Sprachanalyseinstituts „Sprakab“ vom 13. September 2007 zum Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer eine Variante des Englischen spreche, die sich offensichtlich nicht Sierra Leone zuordnen lasse. Vielmehr spreche er eine Variante des Englischen, die sich sehr wahrscheinlich Nigeria zuordnen lasse. Er spreche kein Krio und lasse im Englischen keine Mende-Wörter einfließen, welche englischsprachige Personen aus Sierra Leone typischerweise verwenden würden. Zudem habe er äußerst mangelhafte allgemeine Ortskenntnisse zu Sierra Leone. Es ist sohin davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die österreichischen Behörden über seinen Herkunftsstaat zu täuschen versucht.
Dass der Beschwerdeführer keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen in Österreich hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nachging und über keine aufrechte Kranken- und Unfallversicherung verfügt, ergibt sich aus einer Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Die Feststellung, wonach er seit 10. März 2020 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet ist, ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister.
3. Rechtliche Beurteilung
A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
1. § 46a Abs. 1 und Abs. 3 sowie § 57 Abs. 1, 2 und 6 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 27/2020, lauten:
„Duldung
§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;
2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;
3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;
es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
(2) …
(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
(4) …
Wohnsitzauflage
§ 57 (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn
1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder
2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.
(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige
1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;
2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;
3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;
4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;
5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.
(3) …
(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.“
2. § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:
„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 13 (1) …
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides … wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
(3) …“.
A) 3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:
A) 3.2.1. Zur Wohnsitzauflage (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides):
Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 21. März 2008 rechtskräftig im Berufungswege eine Ausweisung erlassen, wobei gemäß § 125 Abs. 14 Fremdenpolizeigesetz 2005 idgF BGBl. I Nr. 27/2020 vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiterhin gelten, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist. Die gegen den Beschwerdeführer erlassene Ausweisung gilt sohin als rechtskräftig vorliegende Rückkehrentscheidung, sodass diese Voraussetzung insoweit erfüllt ist.
Angesichts des Umstandes, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht gemäß § 46a Fremdenpolizeigesetz 2005 geduldet ist, gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt wurde und darüber hinaus – ausgehend von den unter Punkt A) 1. getroffenen Feststellungen – die gerechtfertigte Annahme besteht, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird, ist der Tatbestand des § 57 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erfüllt, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.
A) 3.2.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides):
Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.
Da der mehrfach vorbestrafte Beschwerdeführer offensichtlich nicht ausreisewillig ist und damit nach der Erlassung einer rechtskräftigen Ausweisung und eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gegen ihn den Ausreisebefehl nicht befolgte und unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb, kann der Annahme der belangten Behörde, dass die Vorbereitung seiner Außerlandesbringung zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist, nicht entgegengetreten werden. Schließlich ist die Neigung des Beschwerdeführers, sich dem Zugriff der Behörden durch Untertauchen zu entziehen, aktenkundig.
Es lag für die belangte Behörde somit – vor dem Hintergrund der unter A) 1. getroffenen Feststellungen – auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung vom Ausschluss der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen, sodass die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes II des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen waren.
A) 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt [vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter Punkt A) 3.1.], sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Duldung illegaler Aufenthalt Mandatsbescheid Reisedokument unbekannter Aufenthalt Unterkunft Untertauchen WohnsitzauflageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I409.1201041.5.00Im RIS seit
01.02.2021Zuletzt aktualisiert am
01.02.2021