TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/2 W170 2151481-1

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Veröffentlicht am 02.11.2020
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Entscheidungsdatum

02.11.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2151481-1/37E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 27.02.2017, Zl. 1098770304 – 151982211/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei) stellte am 11.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, sie habe Syrien wegen des Krieges sowie wegen einer ihr drohenden Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee verlassen und legte einen auf diese lautenden, syrischen Reisepass sowie Personalausweis vor.

3. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der beschwerdeführenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 27.02.2017, erlassen am 01.03.2017, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen hinsichtlich der Fluchtgründe nicht glaubhaft sei.

4. Mit am 23.03.2017 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen auf die mangelhafte Beweiswürdigung im Bescheid verwiesen.

5. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 29.03.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und am 18.10.2019 nach einer entsprechenden Abnahme der Gerichtsabteilung W170 zugewiesen.

Am 04.06.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die beschwerdeführende Partei ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte und näher zu ihrem abgeleisteten Militärdienst befragt wurde. Zusätzlich brachte sie vor, währenddessen zum Panzermechaniker ausgebildet worden zu sein. Am 13.10.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung mit Beiziehung eines Sachverständigen für Wehrtechnik fortgesetzt.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört. Die Identität des XXXX steht fest. XXXX ist in Österreich unbescholten.

XXXX ist rechtswidrig nach Österreich eingereist und hat am 11.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Rahmen des diesbezüglichen Administrativverfahrens wurde XXXX mit im Spruch bezeichneten Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.2 XXXX stammt aus XXXX und lebte zuletzt in XXXX , Gouvernement Idlib. Sowohl in XXXX als auch in XXXX hat zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt das syrische Regime bzw. der syrische Staat die Macht in der Hand. XXXX ist illegal aus Syrien ausgereist.

1.3. XXXX hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2020 vorgebracht, in Syrien von April 2010 bis September 2011 den Wehrdienst abgeleistet zu haben. Er habe als Panzermechaniker in einer Panzereinheit gedient; er habe alle Reparaturen an russischen T-72-Panzern gemacht, etwa die Motoren oder wenn bei der Kette etwas kaputt war. Anfang 2012 sei er als Reservist einberufen worden.

XXXX hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.10.2020 vorgebracht, er habe die Panzer nur saubergemacht und die Kette geölt. Mit dem Motor habe er nichts zu tun gehabt, nur die Ketten repariert. Er habe zwar eine Ausbildung für die Reparatur des Motors, aber diese nie praktisch angewandt. Er habe dies zuvor angegeben, da dies in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen sei. Er sei nur dafür zuständig gewesen, für den Fall, dass etwas passiere, es sei jedoch nichts passiert. Einmal bzw. gar nicht habe er eine Kette geöffnet, im Grunde sei es nur Theorie gewesen und habe er nichts Praktisches gemacht. Schließlich gab XXXX an, die Ausbildung sei nicht als Mechaniker gewesen, er sei nur ein Helfer gewesen.

1.4. XXXX vermochte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.10.2020 weder Laufwerksarbeiten – Arbeiten an der Kette und den Rädern – darzustellen, noch sich an theoretische Spezifika russischer Motoren – wie, dass diese zwei Bleuel auf einem Kurbelzapfen haben – zu erinnern oder auch nur Grundkenntnisse des technischen Aufbaus eines Panzers zu vermitteln. Die Kette des T-72-Panzermodells muss grundsätzlich, wenn nichts kaputt wird, ca. alle 10.000 Kilometer getauscht werden. Allerdings muss man im täglichen Gebrauch regelmäßig die Kette spannen. Irgendwann hat sich die Kette so gedehnt, dass man ein Kettenglied entfernen muss. Hierzu wird der Kettenspanner neben dem Leitrad, der ein Schneckengetriebe beinhaltet, gelockert. Das Leitrad wird lockergelassen, die Kette wieder zusammengefügt und der Kettenspanner wieder gespannt. Dazu muss eine gewisse Kraft erreicht werden, die einen Verlängerungshebel in der Länge von mindestens 1 Meter voraussetzt, um die Sicherungsschraube anzuziehen. Da diese Arbeiten andauernd anfallen, müsste ein Panzermechaniker diesen Vorgang beschreiben können, auch zehn Jahre nach seinem Wehrdienst.

1.5. Das Vorbringen, XXXX habe Erfahrung oder eine Ausbildung als Panzermechaniker in der syrischen Armee, ist ebenso wenig glaubwürdig wie das Vorbringen, XXXX sei von der syrischen Armee als Reservist einberufen worden.

XXXX ist im 38. Lebensjahr, hat den Wehrdienst bereits abgeleistet und dabei keine Spezialausbildung absolviert. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien droht XXXX keine Einberufung in die syrische Armee.

Im Falle einer Rückkehr besteht zwar die Möglichkeit, dass man XXXX wegen seiner illegalen Ausreise belangen würde; dass es zu einer Festnahme und einer mit Folter verbundenen Anhaltung kommt, ist zwar (naturgemäß) nicht gänzlich ausgeschlossen, ein reales Risiko besteht jedoch nicht.

Darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens wurden während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht und liegen auch nicht offensichtlich vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgten Beweisaufnahme aufgenommenen Beweise, insbesondere aus dem Eindruck des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung, aus den Aussagen der beschwerdeführenden Partei, aus den Aussagen des Sachverständigen und den Länderberichten.

2.1. Die Feststellungen zur Person der beschwerdeführenden Partei unter 1.1. gründen sich auf dessen Angaben sowie auf den vorgelegten Reisepass, zur Unbescholtenheit in Österreich auf die in das Verfahren eingeführte Strafregisterauskunft, zur Antragstellung und der behördlichen Erledigung auf die unstrittige Aktenlage.

2.2. Die Feststellungen unter 1.2. gründen sich bezüglich des Herkunftsgebiets der beschwerdeführenden Partei und deren illegale Ausreise aus Syrien auf ihre diesbezüglichen Angaben; diese sind glaubwürdig, weil sie im Laufe des Verfahrens im Wesentlichen gleichartig waren und keine Umstände hervorgetreten sind, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Die illegale Ausreise ergibt sich weiters daraus, dass der Reisepass der beschwerdeführenden Partei nur türkische, jedoch keine syrischen Ein- oder Ausreisestempel enthält. Bezüglich der Machtverhältnisse im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei gründen sich die Feststellungen auf einer am 18.05.2020 durchgeführten Nachschau auf https://syria.liveuamap.com/ und das Amtswissen. Das Ergebnis dieser Nachschau wurde den Parteien in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgehalten.

2.3. Die Feststellungen unter 1.3. ergeben sich hinsichtlich des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei aus den Niederschriften der Verhandlung vom 04.06.2020 und vom 13.10.2020.

2.4. Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei weder näher bezeichnete praktische noch theoretische Angaben im Zusammenhang mit ihrer zuvor angegebenen Erfahrung bzw. Ausbildung als Panzermechaniker in der syrischen Armee darzustellen vermochte, ergibt sich aus einer Zusammenschau der Aussagen der beschwerdeführenden Partei und des der Verhandlung am 13.10.2020 beigezogenen Sachverständigen für Fahrzeugtechnik (Fahrzeuge mit Kriegsmaterialeigenschaften), XXXX . Dieser ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für die Fachgebiete 17.11., Kfz-Reparaturen, Havarieschäden, Bewertung (nur für: Fahrzeuge mit Kriegsmaterialeigenschaften) und 17.47, Historische Fahrzeuge (Oldtimer), Restaurierung, Bewertung (nur für: Fahrzeuge mit Kriegsmaterialeigenschaften) sowie Bediensteter im Amt für Rüstung und Wehrtechnik des Bundesministeriums für Landesverteidigung und daher fachlich geeignet, in der mündlichen Verhandlung über (vom syrischen Regime eingesetzte) russische Panzer auszusagen und die beschwerdeführende Partei zu befragen. Gegen den Sachverständigen waren weder Gründe ersichtlich, die dessen Unbefangenheit zweifelhaft erscheinen lassen noch wurden solche vorgebracht. Daher lag und liegt kein Grund vor, den Sachverständigen nicht heranzuziehen, und sind gemäß § 52 Abs. 1 und 2 AVG primär Amtssachverständige vor einem anderen Sachverständigen beizuziehen; gemäß § 14 BVwGG stehen dem Bundesverwaltungsgericht die im Bereich der Vollziehung des Bundes tätigen Amtssachverständigen zur Verfügung und sind daher als solche gemäß § 52 Abs. 1 und 2 AVG, § 17 VwGVG primär heranzuziehen.

Der Sachverständige wurde in der mündlichen Verhandlung am 13.10.2020 vom erkennenden Richter ersucht, ein Gespräch mit der beschwerdeführenden Partei zu führen, um festzustellen, ob es nachvollziehbar ist, dass diese vor etwa neun Jahren Panzermechaniker war und dabei auch ersucht zu bedenken, dass inzwischen neun Jahre vergangen sind. Der Sachverständige befragte in der Folge die beschwerdeführende Partei und führte auch selbst Näheres zu den russischen T-72 Panzern, welche die beschwerdeführende Partei in der Verhandlung am 04.06.2020 repariert zu haben angegeben hat, aus.

2.5. Die Feststellung, dass das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, Erfahrung oder eine Ausbildung als Panzermechaniker in der syrischen Armee habe, nicht glaubwürdig ist, basiert auf der Einschätzung des Sachverständigen, nachdem dieser jene in der mündlichen Handlung befragte, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass jene bei der syrischen Armee als Panzermechaniker gearbeitet hat, weil sie weder praktische Laufwerksarbeiten kann, noch sich an theoretische Sachen erinnern kann, welche sie wissen müsste, hätte sie als Panzermechaniker gearbeitet. So ist etwa bei den betreffenden Panzern typisch, dass man im täglichen Gebrauch regelmäßig die Kette spannen muss, was andauernd anfällt und ein Panzermechaniker auch nach zehn Jahren diesen Vorgang beschreiben können müsste. Die beschwerdeführende Partei vermochte dies jedoch nicht einmal im Ansatz.

Auch schwächte die beschwerdeführende Partei selbst im Laufe der Verhandlung ihr Vorbringen schrittweise ab: So gab sie am 04.06.2020 an, sie sei Panzermechaniker in der syrischen Armee gewesen, sie habe das alles beim Militär gelernt. Zuerst habe sie sechs Monate lang einen Kurs dort gemacht für den Panzer. Sie habe an russischen T-72-Panzern gearbeitet, alle Reparaturen gemacht, etwa die Motoren oder wenn bei der Kette etwas kaputt war, auch wenn sie inzwischen viel vergessen habe. In der Verhandlung am 13.10.2020 gab sie hingegen zunächst an, sie habe zuerst eine Ausbildung als Panzermechaniker für sechs Monate gemacht und sei danach sechs Monate beim Militär im Einsatz gewesen. Falls irgendetwas passierte, seien die beschwerdeführende Partei und Kameraden vor Ort gewesen. Die beschwerdeführende Partei selbst habe nur saubergemacht, die Kette hätte sie auch geölt. Die beschwerdeführende Partei sei einer von drei Zuständigen pro Panzer gewesen, falls etwas passierte, seien die beschwerdeführende Partei und ihre Kameraden gerufen worden und hätten sich das angeschaut. Mit dem Motor hätten die beschwerdeführende Partei und ihre Kameraden nichts zu tun gehabt, nur die Ketten hätten sie repariert. Auf Vorhalt ihrer früheren Angaben hinsichtlich der Reparatur von Motoren gab sie an, sie sei nur dafür ausgebildet worden und dafür zuständig gewesen, habe es aber nicht tatsächlich durchgeführt. Vom Sachverständigen näher zu ihren Tätigkeiten an der Kette befragt, gab die beschwerdeführende Partei an, sie hätten nur Sachen ausgetauscht, die kaputtgehen. Nachgefragt, welche Sachen sie ausgetauscht hätten, gab sie an, sie hätten die Kette eingeölt, es sei eigentlich nichts passiert. Sie könne sich nicht erinnern, was sie gemacht hätten. Sie seien dort nur zuständig gewesen, falls etwas passiert, es sei aber nichts passiert. Sie sei von Oktober 2010 bis September 2011 (somit etwa ein Jahr) beim Panzer gewesen. Befragt, wie oft sie die Kette öffnen habe müssen, gab sie einmal bzw. keinmal an. Es sei nur Theorie gewesen, sie hätten nichts Praktisches gemacht. Abschließend gab die beschwerdeführende Partei an, die Ausbildung sei nicht als Mechaniker gewesen, sondern sei sie nur ein Helfer gewesen. Sie sei im Auto gesessen und habe dem Mechaniker geholfen, wenn er zu einem Panzer gerufen wurde.

Damit hat die beschwerdeführende Partei ihr Vorbringen graduell geändert, und zwar Fragen angepasst, die sie nicht zu beantworten vermochte, und zwar immer nur so weit, wie es nachweisbar war. Dies zerstört jedoch ihre Glaubwürdigkeit sowohl hinsichtlich ihres asylrelevanten Vorbringens als auch im Allgemeinen und lässt nicht nur hinsichtlich ihres Vorbringens, eine Erfahrung bzw. Ausbildung zum Panzermechaniker zu haben, sondern auch hinsichtlich ihres Vorbringens, einen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten zu haben, auf Schutzbehauptungen schließen, zumal sie in der Erstbefragung lediglich angegeben hatte, Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben, das Leben sei schlecht dort, sowie die Türkei verlassen zu haben, weil sie dort keine Arbeit bekommen habe und zu viele Schulden gehabt habe. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Erstbefragung nicht zur detaillierten Schilderung der Fluchtgründe dient (zu deren Beweiswert bzw. Verwertbarkeit vgl. etwa VfGH 20.02.2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, Punkt 6.3. der Erwägungen), aber wäre zu erwarten gewesen, dass die beschwerdeführende Partei ihre persönliche Betroffenheit hinsichtlich der drohenden Zwangsrekrutierung – die nach ihren Angaben in der Einvernahme und vor dem Bundesverwaltungsgericht (im Gegensatz zur Erstbefragung) besteht – als nunmehr einzig relevanten Fluchtgrund zumindest angedeutet hätte. Auch dieser grundlegende Widerspruch steht einer Glaubhaftmachung entgegen (siehe zum Beweiswert der Erstbefragung auch VwGH 25.06.2019, Ra 2018/19/0546).

Dass der beschwerdeführenden Partei im Falle einer Rückkehr nach Syrien keine Einberufung in die syrische Armee droht, ergibt sich vor allem aus ihrem Alter von 37 Jahren. Die beschwerdeführende Partei hat zwar erstmals beim Bundesverwaltungsgericht angegeben, in der syrischen Armee einen Unteroffiziersrang geführt und länger als Panzermechaniker gedient zu haben, aber ist dieses unbelegte Vorbringen wie bereits dargelegt auf Grund der persönlichen Unglaubwürdigkeit nicht glaubhaft, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die beschwerdeführende Partei eine Spezialausbildung in der syrischen Armee absolviert oder einen Unteroffiziersrang geführt hat, die ihren neuerlichen Einsatz für diese interessant machen würde. Sonstige besondere militärische Qualifikationen oder Ausbildungen hat die beschwerdeführende Partei nicht vorgebracht, daher besteht vor dem Hintergrund der Länderberichte und des Alters der beschwerdeführenden Partei kein reales Risiko, dass diese von der syrischen Armee eingezogen werden würde.

Die Feststellung hinsichtlich der Möglichkeit, nicht jedoch des realen Risikos, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nur wegen ihrer illegalen Ausreise festgenommen bzw. gefoltert würde, ergibt sich aus den aktuellen Länderberichten und der Lage des Falles. Nach den Länderberichten können zwar länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen. Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen aber frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Auf Grundlage des Gesetzes Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt sind. Dass es darüber hinaus aber zu einer Verfolgung, das heißt einer Festnahme und Anhaltung unter Folter, aus asylrelevanten Gründen kommen könnte, ist zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich, weil der Beschwerdeführer weder hinsichtlich oppositioneller Gesinnung noch Zugehörigkeit zu einer aufständischen Gruppe oder Familie aufgefallen ist. Zwar hat bereits im Jahr 2012 ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein, eine solche auch nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unterstellte oppositionelle politische Gesinnung ist aber beim Beschwerdeführer nicht zu sehen, insbesondere, da auch seine Flucht vor der Einberufung nicht glaubhaft gemacht wurde. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Schließlich übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass das syrische Gesetz auch Personen bestraft, welche versuchen in einem anderen Land Asyl zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden, eine solche Strafverfolgung ist aber ebenso wenig zu sehen, wie dass dem syrischen Regime die Antragstellung bekannt geworden ist oder bekannt werden wird.

Dass darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht wurden, ergibt sich aus der Aktenlage ebenso wie, dass solche auch nicht offensichtlich vorliegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 69/2020 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien, da die beschwerdeführende Partei syrischer Staatsangehöriger ist.

Es ist daher zu prüfen, ob der beschwerdeführenden Partei in Syrien vor deren Ausreise Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK gedroht hat oder im Falle einer Rückkehr drohen würde, wobei auf Grund der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten davon auszugehen ist, dass der beschwerdeführenden Partei mangels hinreichender Sachverhaltsänderung eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Die beschwerdeführende Partei hat kein glaubwürdiges Fluchtvorbringen erstattet und ist auch ansonsten nicht zu sehen, dass dieser in Syrien asylrelevante Verfolgung droht.

Daher ist die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen, zumal im Wesentlichen Tatsachenfragen entscheidungsrelevant waren.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2151481.1.00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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