TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/3 W136 2227687-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.11.2020
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Entscheidungsdatum

03.11.2020

Norm

ÄrzteG 1998 §27 Abs4
ÄrzteG 1998 §27 Abs9
ÄrzteG 1998 §4 Abs2 Z3
ÄrzteG 1998 §59 Abs1 Z3
ÄrzteG 1998 §59 Abs2
ÄrzteG 1998 §59 Abs3 Z3
ÄrzteG 1998 §59 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W136 2227687-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 21.11.2019, Zl. BÄL 241/2019/21112019-Mag.Sch/mg, betreffend Eintragung in die Ärzteliste zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Die belangte Behörde hat XXXX nach Vorlage eines aktuellen, seine gesundheitliche Eignung bescheinigenden ärztlichen Zeugnisses im Sinne des § 27 Abs. 4 ÄrzteG 1998 gemäß § 27 Abs. 9 ÄrzteG 1998 in die Ärzteliste einzutragen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020, nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand und Gang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens:

Verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob die durch den im Spruch bezeichneten Bescheid erfolgte Feststellung, dass XXXX die für die Berufsausübung erforderliche Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung nach § 4 Abs. 2 Z 3 ÄrzteG 1998 nicht erfüllt, rechtmäßig ist oder nicht.

Mit Schreiben des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 13.01.2020 wurden die Beschwerde des XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer) und die bezugnehmenden Verwaltungsakte am 21.1.2020 dem Bundesverwaltungsgericht ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen, vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Sachverhalt und Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, geboren am XXXX , war nach Abschluss seines Medizinstudiums im Jahr 1994 als Turnusarzt tätig, seit 31.05.1998 ist er Arzt für Allgemeinmedizin. Bis 30.09.2007 war der Beschwerdeführer als Allgemeinmediziner an (drei) verschiedenen Krankenhäusern tätig, danach führte er bis 22.08.2011 eine Ordination als Allgemeinmediziner. Mit Note vom 12.06.2012 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer über seine Streichung aus der Ärzteliste wegen Nichtausübung der ärztlichen Tätigkeit.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 25.02.2013, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs Unmündiger nach § 207 Abs. 1 Z 1 StGB und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (Spruchpunkte I. und II.) sowie des Vergehens der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 2. Fall StGB (Spruchpunkt III.) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Aufgrund der überlangen vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Verfahrensdauer wurde an Stelle des unbedingten Strafteils eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen verhängt. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 220b StGB ein Tätigkeitsverbot in einem Verein oder einer anderen Einrichtung, welche die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger oder sonst intensiven Kontakte mit Minderjährigen einschließt, für fünf Jahre ausgesprochen.

Aus dem vorgenannten Urteil ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im August 2009 in einem von ihm geleiteten Ferienlager an einer unmündigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, eine geschlechtliche Handlung vornahm, indem er in zwei Angriffen unter deren Pyjamahose griff und am Penis berührte. Weiters hat der Beschwerdeführer von 2004 bis 15.06.2011 in zahlreichen Angriffen pornographische Darstellungen Minderjähriger hergestellt und besessen.

1.3. Von 10.09.2012 bis 31.07.2014 und von 01.12.2014 bis 28.02.2015 war der Beschwerdeführer bei der Bezirksärztekammer XXXX und von 01.08.2014 bis 30.11.2014 bei der Ärztekammer XXXX gemeldet und arbeitete als Allgemeinmediziner an unterschiedlichen Einrichtungen - vorwiegend Reha-Kliniken. Nach Mitteilung dieser Ärztekammern ist der Beschwerdeführer dort nicht berufsrechtlich in Erscheinung getreten bzw. wurde „nicht Nachteiliges“ bekannt.

Im Jahr 2015 kehrte der Beschwerdeführer nach Österreich zurück. Der Beschwerdeführer bezieht Sozialhilfe, arbeitet geringfügig auf Werkvertragsbasis und wird von seiner Familie unterstützt.

1.4. Der Beschwerdeführer stellte am 24.07.2018 einen Antrag auf Wiedereintragung in die Ärzteliste, welchen er zurückzog, weil nach seinen Angaben zu diesem Zeitpunkt das gegen ihn verhängte Tätigkeitsverbot in Einrichtungen mit Jugendkontakt gemäß § 220b StGB noch nicht abgelaufen war und der Ehrenrat der Ärztekammer eine negative Bescheinigung in Aussicht gestellt habe, solange das gerichtliche Tätigkeitsverbot aufrecht sei. Am 15.02.2019 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag auf Wiedereintragung in die Ärzteliste, der nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit dem bekämpften Bescheid insofern negativ beschieden wurde, als festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer die gesundheitliche Eignung für die Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besitzt. Unter einem wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf Vorsprache vor dem Ehrenrat der Ärztekammer zurückgewiesen, sowie auf Einvernahme seines Psychotherapeuten, der insbesondere auf dem Gebiet der Sozial- und Psychotherapie von Sexualstraftätern tätig ist, abgewiesen.

1.5. Aus psychiatrisch-fachärztlicher Sicht besteht beim Beschwerdeführer eine Sexualstörung in Form einer nicht exklusiven Pädophilie und eines Voyeurismus (ICD-10: F65.3, F65.4), mit welcher dieser nach langjähriger psychotherapeutischer Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung insofern umzugehen gelernt hat, als es ihm keine größere Schwierigkeit bereitet, von verbotenen Handlungen Abstand zu nehmen. Das forensisch-prognostische Rückfallrisiko des Beschwerdeführers liegt weit unter der statistischen (Anm. BVwG: deliktspezifischen) Basisrate.

Aus psychiatrisch fachärztlicher Sicht stellt die angeführte psychische Störung keine Einschränkung oder einen Ausschlussgrund für eine ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers dar. Der Beschwerdeführer weist aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht die für die Erfüllung der Berufspflichten eines Arztes erforderliche gesundheitliche Eignung auf.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Punkten 1.1 bis 1.4 ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie dem oben unter Punkt 1.2. genannten Gerichtsurteil.

2.2. Die Feststellungen zu Punkten 1.5. ergeben sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten psychiatrischen Gutachten des Prim DI Dr. med. Brosch, Gerichtssachverständiger für Psychiatrie und Neurologie, vom 30.08.2019. Das Gutachten ist schlüssig und wurde von der belangten Behörde der bekämpften Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die anzuwendenden Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 86/2020 lauten (auszugsweise):

„Erfordernisse zur Berufsausübung

§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.

(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
1.         die Handlungsfähigkeit in allen Belangen im Hinblick auf die Berufsausübung,
2.         die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,
3.         die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung,
4.         ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, sowie
5.         ein rechtmäßiger Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet, mit dem das Recht auf Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist.

(3) …..

(4) Zur unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt bedarf es des Nachweises der Erfüllung
1.         der allgemeinen Erfordernisse gemäß Abs. 2 und
2.         des besonderen Erfordernisses
a)         eines an einer Universität in der Republik Österreich erworbenen Doktorats der gesamten Heilkunde oder eines gleichwertigen, im Ausland erworbenen und in Österreich als Doktorat der gesamten Heilkunde nostrifizierten akademischen Grads oder
b)         einer Berufsqualifikation gemäß § 5 Z 1 oder gemäß § 5a sowie
3.         der Eintragung in die Ärzteliste.

(5) …..

Ärzteliste und Eintragungsverfahren

§ 27. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat die Anmeldungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes entgegenzunehmen und eine elektronische Liste der zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Gruppenpraxen (Ärzteliste) jedenfalls mit folgenden Daten zu führen:
1….
….

(2) Personen, die den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt oder Turnusarzt auszuüben beabsichtigen, haben sich vor Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Ärztekammer zur Eintragung in die Ärzteliste anzumelden und im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht alle erforderlichen Unterlagen (Personal- und Ausbildungsnachweise sowie sonstige Urkunden) zum Nachweis der entsprechenden allgemeinen und besonderen Erfordernisse für die selbständige oder unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 4 vorzulegen. Erforderlichenfalls haben diese Personen auf Verlangen der Österreichischen Ärztekammer den Ausbildungsnachweisen eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates, aus der hervorgeht, dass die vorgelegten Ausbildungsnachweise den in der Richtlinie 2005/36/EG vorgeschriebenen Nachweisen entsprechen, sowie eine Bescheinigung des Herkunftsstaats, dass die Berufsausübung nicht vorübergehend oder endgültig untersagt wurde, vorzulegen. Für Verfahren zur Anerkennung von EWR-Berufsqualifikationen ist § 28 anzuwenden. Die für die Eintragung in die Ärzteliste erforderlichen Unterlagen sind im Original oder in beglaubigter Abschrift und fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorzulegen. Im Übrigen ist die Anmeldung zur Eintragung in die Ärzteliste in deutscher Sprache einzubringen. Vor Aufnahme einer unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes ist vom Dienstgeber auf dieses Erfordernis hinzuweisen.

(3) ……

(4) Der Nachweis der gesundheitlichen Eignung ist vom Eintragungswerber durch ein ärztliches Zeugnis zu erbringen, aus dem hervorgeht, dass er an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, die die Erfüllung der Berufspflichten nicht erwarten lassen. Das ärztliche Zeugnis darf zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.

(5) Der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist vom Eintragungswerber durch
1.         eine Strafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis des Heimat- oder Herkunftsstaates und
2.         sofern dies die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Heimat- oder Herkunftsstaates vorsehen, durch eine Disziplinarstrafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis

zu erbringen. In der Bescheinigung (den Bescheinigungen) darf keine Verurteilung enthalten sein, die eine verlässliche Berufsausübung nicht erwarten lässt. Die Bescheinigung (Bescheinigungen) darf (dürfen) zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.

(6) ..

(Anm.: Abs. 7 und 8 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 9/2016)

(9) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse, so hat ihn die Österreichische Ärztekammer in die Ärzteliste einzutragen und ihm einen mit seinem Lichtbild versehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen. Wenn die Erfüllung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung zeitlich befristet ist, hat auch die Eintragung in die Ärzteliste entsprechend zeitlich befristet zu erfolgen. Dies ist der Person anlässlich der Eintragung in die Ärzteliste unter dem Hinweis, dass ihre ärztliche Berufsberechtigung nach Fristablauf von Gesetzes wegen erlischt, schriftlich mitzuteilen. In diesem Fall kann von der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 59 Abs. 3 abgesehen werden.

(10) Erfüllt die Eintragungswerberin/der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse nicht, so hat die Präsidentin/der Präsident der Österreichischen Ärztekammer dies mit Bescheid festzustellen.

[….]“

Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung, Streichung aus der Ärzteliste

§ 59. (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:
1.         durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,
2.         wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,
3.         auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei
a)         eine krankheitsbedingte Nichtausübung,
b)         ein Beschäftigungsverbot gemäß Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979,
c)         eine Karenz gemäß MSchG, Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl. Nr. 651/1989, oder anderer gleichartiger landes- oder bundesgesetzlicher Vorschriften,
d)         Zeiten, in denen Leistungen gemäß Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2002, bezogen werden sowie
e)         auslandsbedingte Studienaufenthalte für die Dauer von maximal einem Jahr, in begründeten Ausnahmefällen von maximal zwei Jahren,

keine Einstellung der Berufsausübung darstellen.
4.         auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,
5.         auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder
6.         auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.

(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs. 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.

(3) Die Präsidentin/Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hat
1.         in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 5 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
2.         im Fall des Abs. 1 Z 2 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht bestanden hat und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
3.         in den Fällen des Abs. 1 Z 3 und 6 die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen und den Arzt von der Streichung zu verständigen;
4.         im Fall des Abs. 1 Z 4, sofern die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen.

(4) Sofern Verfahren gemäß Abs. 3 die Erfordernisse des Abs. 1 Z 1 und 2 betreffen, ist bei Ärzten für Allgemeinmedizin, approbierten Ärzten sowie Fachärzten, die ihren Beruf im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechts ausüben, auch die vorgesetzte Dienststelle zu hören.

(5) Wer die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr besitzt, kann, sobald er die Erfordernisse gemäß § 4 neuerlich nachzuweisen in der Lage ist, die Wiederaufnahme der Berufsausübung unter Einhaltung des § 27 anmelden.

(6) Das Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes hat auch das Erlöschen der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zur Folge.

(7) In den Fällen des Abs. 1 Z 3 bis 6 bleibt der Arzt zur Ausübung der Medizin bezüglich seiner eigenen Person und seines Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten, der Familienmitglieder in auf- und absteigender Linie samt ihren Ehegatten oder eingetragenen Partnern oder Lebensgefährten sowie der sonstigen Familienmitglieder samt deren Ehegatten oder eingetragenen Partnern oder Lebensgefährten, sofern sie im gemeinsamen Haushalt leben, befugt.“

3.2. Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf der Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens nicht vollumfänglich gesundheitlich zur Ausübung des ärztlichen Berufes geeignet sei, weil der Sachverständige ausgeführt habe, dass dem Beschwerdeführer eine auf Kinder bezogene ärztliche Tätigkeit zu verwehren sei, um keine einschlägige Versuchungssituation herbei zu führen. Eine auf eine bestimmte Tätigkeit eingeschränkte Eintragung in die Ärzteliste sei nicht möglich, weil die mit Bescheid gemäß § 59 Abs. 2 ÄrzteG 1998 vorgesehen Möglichkeit einer bescheidmäßigen Auflagenerteilung nur bei bereits in der Ärzteliste eingetragenen Ärzten vorgesehen sei, eine Auflagenerteilung bei Eintragung sei jedoch nicht vorgesehen.

3.3. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Gutachter zum Ergebnis käme, dass keine Einschränkung des Beschwerdeführers bei seiner Fähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes vorliege. Der Sachverständige habe lediglich ausgeführt, dass „theoretisch [dem Beschwerdeführer] der – in Wirklichkeit nicht vorhandene – Wunsch einer einschlägigen kinderbezogenen Tätigkeit aus psychiatrischer Sicht zu verwehren [wäre], um keine einschlägigen Versuchungssituationen herbeizuführen“.

Unrichtigerweise habe die belangte Behörde zudem die Tätigkeit eines Allgemeinmediziners als Tätigkeit, die mit dem verstärkten Umgang mit Kindern führt, eingeordnet. Schließlich sei auch unberücksichtigt geblieben, dass der Beschwerdeführer bisher als Arzt tadellos gearbeitet habe. Der Beschwerdeführer wolle am ehestens in therapeutischen Einrichtungen tätig werden, aufgrund seiner Kontakte zu Reha-Zentren, werde ihm eine derartige Anstellung möglich sein.

Auf die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften, insbesondere die von der belangten Behörde verwehrte Anhörung vor dem Ehrenrat sowie die Verwehrung der vom Beschwerdeführer beantragte Anhörung seines auf dem Fachgebiet spezialisierten Psychotherapeuten wurde hingewiesen.

3.4. Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:

3.4.1. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Antrag auf Eintragung in die Ärzteliste ein ärztliches Zeugnis nach § 27 Abs. 9 ÄrzteG 1998 zum Nachweis seiner zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen gesundheitlichen Eignung gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 leg. cit. beigebracht. Dessen ungeachtet hat die belangte Behörde - offenkundig aufgrund der dargestellten gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers - den oben unter Punkt 2.2. genannten Arzt als Sachverständigen mit der Überprüfung, Befundung und Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers beauftragt. Der Sachverständige, dessen Gutachten von der belangten Behörde als schlüssig und vollständig beurteilt und der bekämpften Entscheidung zugrunde gelegt wurde, leitet allerdings aus der von ihm diagnostizierten Sexualstörung des Beschwerdeführers mit näherer Begründung ausdrücklich keine grundsätzliche Einschränkung seiner Fähigkeit zur Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit ab. Die Ausführungen der belangten Behörde wonach „auf Grundlage dieses Gutachtens die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des ärztlichen Berufes bei XXXX derzeit nicht vollumfänglich gegeben [ist]“ erweisen sich daher als aktenwidrig und belasten den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH vom 24.07.2019, Ra 2018/02/0195).

3.4.2. Der Sachverständige hat aufgrund der von ihm gestellten Diagnose festgehalten, dass zur Vermeidung einschlägiger Versuchungssituationen dem Beschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht ein – ohnehin nicht vorhandener Wunsch – nach einer einschlägigen kinderbezogenen ärztlichen Tätigkeit zu verwehren wäre. Zwar ist das erkennende Gericht der Ansicht, dass unter einer „einschlägigen kinderbezogenen ärztlichen Tätigkeit“ wohl die Tätigkeit als Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde zu verstehen ist, allerdings erscheint die von der belangten Behörde offenkundig vertretene Ansicht, dass dem Beschwerdeführer zur Vermeidung von Versuchungssituationen grundsätzlich jede ärztliche Tätigkeit in Bezug auf Minderjährige verwehrt werden sollte, zumindest als rechtlich zulässig. Allerdings erweisen sich die von der belangten Behörde damit im Zusammenhang stehenden Ausführungen, wonach eine entsprechende Auflagenerteilung im Sinne des § 59 Abs. 2 ÄrzteG 1998 bei Eintragung in die Ärzteliste nicht möglich wäre, als unzutreffend.

Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer in die Ärzteliste eingetragen und ist sein Recht zur Berufsausübung auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung kraft Gesetzes gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG 1998 erloschen, weshalb ihn die belangte Behörde im Jahr 2012 gemäß § 59 Abs. 3 Z 3 ÄrzteG 1998 aus der Ärzteliste strich und ihn darüber verständigte. Gemäß § 59 Abs. 5 ÄrzteG 1998 ist die Anmeldung der Wiederaufnahme der Berufsausübung unter Einhaltung der Bestimmungen des § 27 ÄrzteG 1998 vorgesehen und der Wiederaufnahmewerber bei Erfüllung der Erfordernisse nach § 4 ÄrzteG 1998 gemäß § 27 Abs. 9 ÄrzteG 1998 in die Ärzteliste einzutragen. Aus welchem Grund anlässlich einer (formlosen) Wiedereintragung in die Ärzteliste die Erlassung eines Auflagenbescheides nach § 59 Abs. 2 ÄrzteG 1998 nicht zulässig sein sollte, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht und wurde von der belangten Behörde auch nicht begründet.

Dies bedeutet für das weitere Verfahren, dass die belangte Behörde – sofern sie dies für notwendig erachtet, einen Bescheid nach § 59 Abs. 2 ÄrzteG 1998 erlassen kann.

3.5.1. Das ÄrzteG enthält – wie auch weitere Gesetze, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Vertrauenswürdigkeit normieren (vgl. etwa § 5 Abs 2 RAO hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit; § 34 Abs 2 FSG 1997 hinsichtlich der Tätigkeit als Sachverständiger zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; § 57a Abs 2 KFG 1967 hinsichtlich der Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen; §2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG hinsichtlich der Tätigkeit als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger; § 11 Z 4 PsychotherapieG hinsichtlich der Tätigkeit als Psychotherapeut) – keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Hiezu hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass Vertrauenswürdigkeit im Sinne des ÄrzteG bedeutet, dass sich Patienten darauf verlassen können, dass ein Arzt bei Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspricht. Es sind demnach insbesondere strafbare Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes, aber auch sonstige Straftaten geeignet, die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes zu erschüttern, sofern sich darin ein Charakter manifestiert, der auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes befürchten lässt (VwGH 20.07.2006, 2004/11/0202; VwGH 24.07.2013, 2010/11/0075; VwGH 15.12.2016, Ra 2016/11/0111).

3.5.2. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde aufgrund der von ihr angenommenen fehlenden gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers eine Prüfung des Vorliegens der Vertrauenswürdigkeit unterlassen.

Unter Beachtung der vorzitierten Judikatur ist die oben unter Punkt 1.2. dargestellte Verurteilung des Beschwerdeführers durchaus geeignet, seine Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG 1998 zu beeinträchtigen.

Mit Erkenntnis vom 15.12.2016, Ra 2016/11/0111, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass zwecks Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen das Gewicht eines Fehlverhaltens unter Bedachtnahme auf die seither verstrichene Zeit zu beurteilen ist, wobei ein bereits länger zurückliegendes Verhalten im Hinblick auf zwischenzeitiges Wohlverhalten weniger schwer wiegt als "aktuelle" Verstöße.

Im vorliegenden Fall endete der Tatzeitraum des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs.1 StGB im August 2009, und liegt somit mehr als zehn Jahre zurück. Auch das Ende des Tatzeitraums der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a StGB liegt nunmehr bereits mehr als acht Jahre zurück. Der Beschwerdeführer wurde zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe wurde in eine Geldstrafe umgewandelt. Das vom Gericht verhängte Tätigkeitsverbot gemäß § 220b StGB ist abgelaufen.

Der Beschwerdeführer unterzog sich langjährig psychotherapeutischer Behandlung und war auch nach seiner strafrechtlichen Verurteilung, allerdings in XXXX , als Arzt tätig. Der Beschwerdeführer hat sich in seiner ärztlichen Berufstätigkeit nichts zu Schulden kommen lassen, er ist disziplinarrechtlich unbescholten.

Im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer seither gezeigte Wohlverhalten kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass der Beschwerdeführer trotz seiner gerichtlichen Verurteilungen und der ihr zugrundeliegenden Geisteshaltung und Sinnesart die für die Ausübung des ärztlichen Berufes notwendige Vertrauenswürdigkeit aufweist.

3.6. Nachdem der Beschwerdeführer sowohl die gesundheitliche Eignung als auch die Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § Abs. 2 ÄrzteG 1998 aufweist, ist seinem Antrag auf (Wieder)Eintragung in die Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer stattzugeben, da er gemäß § 27 Abs. 9 ÄrzteG 1998 einen Rechtsanspruch auf Eintragung bei Erfüllung der vorgeschriebenen Erfordernisse hat.

Nach dem Gesagten erweist sich der bekämpfte Bescheid als rechtswidrig und war aufzuheben. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer nach Vorlage eines aktuellen, seine gesundheitliche Eignung bescheinigenden ärztlichen Zeugnisses im Sinne des § 27 Abs. 4 ÄrzteG 1998, gemäß § 27 ÄrzteG 1998 in die Ärzteliste einzutragen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; Auf die unter A) zitierte Judikatur wird verwiesen.

Schlagworte

Ärztekammer Ärzteliste Auflage Auftrag an die belangte Behörde Berufsausübung Eintragung Eintragungsvoraussetzungen gesundheitliche Eignung psychische Störung Sachverständigengutachten Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Vertrauenswürdigkeit Wohlverhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2227687.1.00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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