TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/11 W235 2233300-1

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Veröffentlicht am 11.11.2020
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Entscheidungsdatum

11.11.2020

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art12
FPG §61

Spruch


W235 2233300-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Angola, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2020, Zl. 1260597507-200169758, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I., zweiter Satz zu lauten hat:

„Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz ist gemäß Artikel 12 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Portugal zuständig.“

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Angola, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX .02.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Ein Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres hat ergeben, dass dem Beschwerdeführer von der portugiesischen Vertretungsbehörde in Angola am XXXX .02.2019 ein Schengen-Visum für 90 Tage im Zeitraum XXXX .03.2019 bis XXXX .08.2019 erteilt worden war.

1.2. Am 13.02.2020 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide und keine Angehörigen in Österreich sowie im Gebiet der Europäischen Union habe. Er sei am XXXX .01.2020 legal mit seinem eigenen Reisepass mit dem Flugzeug nach Portugal gereist. Dort habe er sich ca. sechs Stunden aufgehalten und sei dann weiter schlepperunterstützt über die Türkei und andere, ihm nicht bekannte Länder nach Österreich gelangt, wo er am XXXX .02.2020 angekommen sei. Seinen Reisepass habe der Beschwerdeführer in der Türkei dem Schlepper übergeben und nicht mehr zurückbekommen. Über Portugal könne er nicht viel sagen, da er dort lediglich zur Durchreise gewesen sei. Um Asyl habe er dort nicht angesucht. Der Beschwerdeführer wolle nicht zurück nach Portugal, weil die Angolaner dort viel Einfluss hätten. Insgesamt habe er zwei Visa für Portugal erhalten, die von der portugiesischen Botschaft in Angola ausgestellt worden seien. Eines sei im Jahr 2018 für ein Monat gültig gewesen und das zweite im Jahr 2019. Nunmehr wolle der Beschwerdeführer in Österreich bleiben.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er für eine der Töchter des Ex-Präsidenten XXXX gearbeitet habe und als ehemaliger Mitarbeiter viel über die Gelder wisse, die diese Familie veruntreut habe. Der Beschwerdeführer werde verfolgt, weil man ihn töten wolle.

Im Rahmen der Erstbefragung legte der Beschwerdeführer seinen nationalen Identitätsausweis und seinen nationalen Führerschein vor.

Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 13.02.2020 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Portugal die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 87).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.02.2020 ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Portugal.

Mit Schreiben vom 01.04.2020 stimmte die portugiesische Dublinbehörde der Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Portugal angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am 28.04.2020 nachweislich übergeben (vgl. AS 127).

1.4. Am 28.05.2020 fand nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren eine Einvernahme des Beschwerdeführers – aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen COVID-19 über Video - vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Eingangs der Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass die Verständigung gut sei und er alles verstehe. Er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren. Wegen seiner Augen sei der Beschwerdeführer beim Arzt gewesen und habe ein Rezept für andere Brillen bekommen. An Beweismittel habe er 23 Fotos aus seinem Heimatland. Darauf sehe man seinen ermordeten Bruder und sein niedergebranntes Haus. Dabei sei auch ein Foto, auf dem der Mann der Familie, die ihn verfolge, in Portugal sei. Das sei in Lissabon im Jahr 2018 gewesen. Der Beschwerdeführer habe weder in Österreich noch im Bereich der Europäischen Union Verwandte. In Österreich lebe er in Traiskirchen in der Betreuungsstelle.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundeamtes, ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Portugal zu auszuweisen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nach Österreich gekommen sei, um Schutz zu erlangen. Portugal wäre eine Bedrohung für ihn. Er habe für den Ehemann von Frau XXXX gearbeitet und für ihn Geld nach Portugal geschickt. Der Ehemann stehe derzeit in Portugal vor Gericht, weil er Geld nach Portugal geschickt habe. Im Feber 2018 sei der Beschwerdeführer zum ersten Mal für ein Monat in Lissabon gewesen und im Juli 2019 habe er sich zwei Tage in Portugal aufgehalten. Am XXXX .01.2020 sei er wieder in Portugal angekommen und habe sich ca. sechs Stunden im Transitbereich am Flughafen aufgehalten. Er habe Geld nach Lissabon gebracht. Beweise habe er weder dafür, dass er für diese Familie gearbeitet noch dafür, dass er Geld nach Portugal gebracht habe. Wie viel Geld dies gewesen sei, wisse er nicht; es sei viel Geld gewesen. Das Geld habe er in einem Koffer im Handgepäck gehabt. Aktuell befinde sich die Familie XXXX in Spanien, England, Dubai und Angola. Eine Tochter des Präsidenten, die jetzt in England lebe, habe er im Jahr 2019 in Lissabon gesehen. An die Behörden in Portugal habe sich der Beschwerdeführer nie gewandt. Zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes zu Portugal gab der Beschwerdeführer an, er wolle diese nicht erhalten. Er habe Angst um sein Leben in Portugal. Er habe Angst vor dieser Familie, da er Zeuge der illegalen Handlungen – Geld nach Portugal bringen – sei. Am Ende der Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass alles korrekt protokolliert worden sei und er alles über das Videosystem gut verstanden habe.

Der während der gesamten Einvernahme anwesende Rechtsberater hat von der Möglichkeit Fragen anzuregen oder eine Stellungnahme abzugeben keinen Gebrauch gemacht.

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos wurden als Farbkopie zum Akt genommen. Auf dem Großteil dieser Fotos ist eine Brandruine zu erkennen, auf den andern sind - zumeist fröhliche – Menschen zu sehen. Hinweise darauf, wo bzw. wann die Fotos aufgenommen wurden bzw. was oder wer darauf zu sehen ist, finden sich nicht.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Portugal gemäß Artikel [12 Abs. 4] Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Portugal zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gesund sei. Er habe keine schweren psychischen Störungen oder schwere Krankheiten behauptet. Aufgrund des Visumsabgleichs vom 13.02.2020 sei ein Konsultationsverfahren mit Portugal eingeleitet worden und habe Portugal mit Schreiben vom 01.04.2020 der Übernahme des Beschwerdeführers zugestimmt. Er sei alleine in das österreichische Bundesgebiet eingereist und sei für niemanden sorgepflichtig. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Portugal systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese zu erwarten hätte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 11 bis 17 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zur aktuellen Lage aufgrund des Corona-Virus und zum portugiesischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Portugal.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich aus der dargestellten Konstellation die Zuständigkeit Portugals gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ergebe. Die weiteren Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus hätten sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen ergeben. Die Feststellungen zu Portugal würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu Portugal habe die Behörde weder als glaubhaft erachten können noch hätte eine aktuelle Gefahr für den Beschwerdeführer gemäß Art. 3 EMRK erkannt werden können. Der Beschwerdeführer habe keine glaubhaften Angaben über seine Tätigkeit als Schmuggler für die Familie XXXX machen können. Ferner sei Portugal als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls die Möglichkeit, sich in Portugal an die dortigen Polizeibehörden zu wenden, was er zu keinem Zeitpunkt getan habe. Dass dem Beschwerdeführer Versorgungsleistungen in Portugal in rechtswidriger Weise vorenthalten werden könnten, habe sich im Verfahren nicht ergeben. Portugal habe der Übernahme des Beschwerdeführers am 01.04.2020 gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zugestimmt. Dass ihm der Zugang zum Asylverfahren in Portugal verweigert werde, könne von der Behörde nicht festgestellt werden. Eine Schutzverweigerung in Portugal könne daher auch nicht erwartet werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Der Beschwerdeführer sei allein in das österreichische Bundesgebiet eingereist und sei für niemanden sorgepflichtig. Die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet vermöge kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. von Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Portugal sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen, Portugal treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Portugal mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus wurde ausgeführt, dass diese Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, aber nicht lebensbedrohlich verlaufe. Bei ca. 5% der Betroffenen verlaufe die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig seien. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe würden am häufigsten in der Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen auftreten. Dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leide, aufgrund der er im Hinblick auf COVID-19 zu einer vulnerablen Gruppe zählen würde, habe er nicht vorgebracht und sei dies auch nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer falle nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen. Ein bei der Überstellung nach Portugal vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK sei somit auch hieraus nicht zu erkennen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung am 20.07.2020 fristgerecht Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde ausgeführt, dass aus dem Spruch des Bescheides nicht hervorgehe, auf Grundlage welches Artikels der Dublin III-VO Portugal für das Verfahren des Beschwerdeführers zuständig sei. Dies werde erst im Rahmen der rechtlichen Würdigung ersichtlich. Der Beschwerdeführer habe in seiner Erstbefragung vorgebracht, dass er von Portugal in die Türkei ausgereist sei und sohin das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen habe, sodass Art. 12 Abs. 4 [Dublin III-VO] nicht mehr anwendbar sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Reiseroute habe die Behörde gänzlich ignoriert und habe diesbezüglich auch keine Ermittlungen angestellt.

Ferner könne der Beschwerdeführer nicht nach Portugal zurück, da die ehemalige Präsidentenfamilie, für die er tätig gewesen sei, großen Einfluss in Portugal habe und der Beschwerdeführer dort nicht sicher sei, da er von der Familie verfolgt werde. Die Behörde komme zwar zu dem Schluss, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei, was sich jedoch in keiner Weise nachvollziehen lasse, da eine diesbezügliche konkrete Begründung gänzlich fehle. Hätte die Behörde den Beschwerdeführer zu seinen Ängsten bzw. zu den Bedrohungen gegen ihn bei einer Rückkehr nach Portugal näher befragt, hätte er ergänzend vorgebracht, dass sich die XXXX Familie aktuell sowohl in Portugal als auch in Angola mit internationalen Strafverfahren konfrontiert sehe. Der Ehemann der Tochter der Familie, den der Beschwerdeführer erwähnt habe, lebe in Portugal und habe dort großen Einfluss. Vor seiner letzten Abreise aus Angola sei der Beschwerdeführer von der angolanischen Polizei gesucht und mehrmals telefonisch aufgefordert worden, als Zeuge im Prozess gegen die XXXX Familie auszusagen. Dieser Aufforderung habe er jedoch keine Folge geleistet, sondern habe sich versteckt gehalten, da er Angst gehabt habe, von der Familie getötet zu werden. Aus Angst sei er Anfang 2020 aus Angola nach Portugal, von dort aus in die Türkei und dann nach Österreich geflohen. Daraufhin sei in Angola sein Haus in Brand gesetzt worden, wobei sämtliche Beweismittel verbrannt seien. Bei diesem Brand sei sein Bruder ums Leben gekommen. Bei einer Abschiebung nach Portugal befürchte der Beschwerdeführer von der Familie XXXX getötet zu werden, was bereits dem Kontoverwalter der Tochter der Familie passiert sei. In der Folge wurden Internetartikel vom 23.01.2020 wiedergegeben, in welchem über den Tod des ehemaligen Kontoführers der Tochter des früheren angolanischen Präsidenten in Lissabon berichtet wurde. Diesem Bericht ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass gegen die frühere Präsidententochter, ihren nunmehr toten Mitarbeiter und weitere Personen von der Staatsanwaltschaft in Angola Anklage wegen Unterschlagung erhoben worden sei. Auch wenn betreffend den toten Mitarbeiter alles auf Freitod durch Erhängen hindeute, könne ein Tötungsdelikt nicht ausgeschlossen werden und seien Ermittlungen aufgenommen worden.

Der Beschwerdeführer wolle nicht dasselbe Schicksal erleiden wie dieser Mitarbeiter, der in Portugal tot aufgefunden worden sei. In Angola sei bereits sein Haus in Brand gesteckt und sein Bruder getötet worden. Der Beschwerdeführer befürchte, sich dem Einflussbereich der Familie XXXX in Portugal nicht entziehen zu können und könne daher nicht nach Portugal zurückkehren. Ferner habe er 23 Fotos vorgelegt, auf welchen das niedergebrannte Haus und die Leiche seines Bruders zu sehen seien. Die Behörde habe das Verfahren zusätzlich mit Mangelhaftigkeit belastet, da sie den Beschwerdeführer nicht zu den Fotos befragt habe. Im gegenständlichen Fall seien individuelle Umstände gegeben, die die Überstellung des Beschwerdeführers nach Portugal aufgrund der ihm drohenden Verfolgung durch die ehemalige Präsidentenfamilie XXXX unzulässig machen würden.

Neben der Vollmacht für die einschreitende Rechtsberaterorganisation wurden elf der 23 vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos neuerlich (diesmal in schlecht sichtbarer Schwarz-Weiß-Kopie) vorgelegt. Ein Vorbringen hierzu wurde nicht erstattet.

4. Mit Schreiben vom 02.09.2020 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der portugiesischen Dublinbehörde bekannt, dass das Verfahren des Beschwerdeführers ausgesetzt wurde und sich die Überstellungsfrist sohin auf 18 Monate verlängert hat, da er untergetaucht bzw. flüchtig ist (vgl. OZ 2).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Angola, wurde von der portugiesischen Vertretungsbehörde in Angola am XXXX .02.2019 ein Schengen-Visum für 90 Tage im Zeitraum XXXX .03.2019 bis XXXX .08.2019 erteilt. In Besitz dieses Visums reiste der Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX .02.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung in Besitz eines portugiesischen Visums war, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.02.2020 ein Aufnahmegesuch an Portugal, welches von der portugiesischen Dublinbehörde am 01.04.2020 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Portugals wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer nach seiner Einreise in Portugal das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen hat. Weiters hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da der Beschwerdeführer flüchtig ist. Dieser Umstand wurde der portugiesischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 02.09.2020 mitgeteilt.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Portugal sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Portugal Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

In Österreich hat der Beschwerdeführer einmal einen Arzt für Augenheilkunde aufgesucht, der ihm ein Rezept für eine neue Brille ausgestellt hat. Eine darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit kann nicht festgestellt werden. Sohin wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Portugal aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer über keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet verfügt.

1.2. Zum portugiesischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Portugal:

Zum portugiesischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Portugal wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 12 bis 17 Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

In erster Instanz für das Asylverfahren in Portugal zuständig ist der Immigration and Borders Service (Servico de Estrangeiros e Fronteiras, SEF). Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten.

[…] (AIDA 4.2019).

b). Dublin-Rückkehrer:

Wenn ein Asylwerber seinen Antrag implizit zurückzieht, indem er sich dem Verfahren ohne Mitteilung für mehr als 90 Tage entzieht, kann sein Verfahren von SEF eingestellt werden. Der Betreffende kann sein Verfahren auf Antrag bei SEF wieder eröffnen lassen. Dieses ist genau an jener Stelle weiterzuführen, an der es eingestellt wurde. Es ist nicht bekannt, dass es dabei in der Praxis Probleme gäbe. Betroffene Rückkehrer werden nicht als Folgeantragsteller behandelt. In der Praxis sehen sich take charge-Rückkehrer keinen relevanten oder systematischen Hindernissen beim Zugang zum Asylverfahren gegenüber. Die Behörde informiert die NGO Portuguese Refugee Council (CPR) im Vorhinein von der Ankunft von Rückkehrern, gegebenenfalls werden medizinische Informationen weitergegeben. Bei der Ankunft am Flughafen erhalten die Asylwerber eine Aufforderung sich am Folgetag bzw. in den folgenden Tagen bei der Behörde einzufinden, und werden in das Refugee Reception Centre (CAR) des CPR in Bobadela untergebracht (AIDA 4.2019; vgl. IM 6.2.2019).

c). Non-Refoulement:

Die portugiesischen Behörden sind verpflichtet, Asylwerber und Schutzberechtigte vor Refoulement zu schützen. Es gibt keine Berichte über Verletzungen dieser Bestimmungen (AIDA 4.2019).

d). Versorgung:

Die Versorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren obliegt dem Innenministerium, bei AW im inhaltlichen Verfahren, obliegt sie dem Ministerium für Arbeit und Soziales. Die Behörden können bei der Bereitstellung dieser Leistungen mit privaten Organisationen zusammenarbeiten und tun dies auch. So gibt es drei NGOs, die für Antragsteller in verschiedenen Verfahrensstadien verantwortlich sind (das Institute for Social Security (ISS) für das ordentliche Verfahren; Santa Casa da Misericórdia de Lisboa (SCML) für bestimmte Beschwerdeverfahren sowie Vulnerable im ordentlichen Verfahren; Portuguese Refugee Council (CPR) für Zulassungs- und Dublinverfahren und Vulnerable in Beschwerdeverfahren), während SEF die Versorgung im Grenzverfahren und in der Schubhaft übernimmt. Bedürftige Asylwerber haben ab Antragstellung bis zur endgültigen Entscheidung ein Recht auf Versorgung, egal in welcher Art von Verfahren sie sich befinden (außer diese wurde ausdrücklich reduziert oder zurückgezogen bzw. im Falle von unzulässigen Folgeanträgen). Bedürftigkeit liegt vor, wenn der AW monatlich weniger Mittel zur Verfügung hat als die Höhe der Sozialpension ausmacht (2018: EUR 207,01). In der Praxis wird dies aber offenbar nicht geprüft. Längere Versorgung über die endgültige Entscheidung hinaus ist im Einzelfall möglich, wenn nötig. Es bestehen keine Hindernisse für Antragsteller beim Zugang zu Versorgung (AIDA 4.2019.).

Die Versorgung für Asylwerber umfasst Unterkunft, Verpflegung, eine monatliche finanzielle Zulage für Essen, Kleidung, Transport und Hygiene; eine monatliche finanzielle Zulage für Unterbringung; eine monatliche finanzielle Zulage für persönliche Ausgaben und Transport. Es gibt in Portugal derzeit drei Unterbringungszentren, das Refugee Reception Centre (CAR) in Bobadela und das nur für UM zur Verfügung stehende Refugee Children Reception Centre (CACR), beide betrieben von CPR. Das CAR umfasst 52 Plätze und war 2018 meist überbelegt. Meist werden Antragsteller daher in privaten Strukturen (Wohnungen, etc.) oder Hotels usw. untergebracht. Einige wohnen unabhängig davon auch bei Familienangehörigen oder Freunden (AIDA 4.2019). CPR hat mit dem CAR II Ende 2018 noch ein drittes Zentrum mit 90 Plätzen eröffnet (CPR o.D.; vgl. DN 18.12.2018).

Das CAR ist stark frequentiert und daher werden im Zentrum direkt hauptsächlich Familien und Vulnerable untergebracht. Alleinstehenden Männern werden meist Plätze in Hotels usw. besorgt. Sie müssen sich regelmäßig im CAR einfinden um Termine wahrzunehmen, etwa Jobberatung, Sprachtraining etc. (IM 6.2.2019).

[…]

Asylwerber und ihre Familienmitglieder haben ab dem Moment der Antragstellung ein gesetzlich festgelegtes Recht auf medizinische Versorgung durch den Nationalen Gesundheitsdienst. Der Zugang zu medizinischer Grund- und Notversorgung erfolgt zu denselben Bedingungen wie für portugiesische Bürger und ist kostenfrei gegeben. Spezielle Bedürfnisse, etwa Bedarf an psychologischer Betreuung, sind dabei zu berücksichtigen. In der Praxis werden diese Bestimmungen auch generell umgesetzt, es kommt jedoch zu Einschränkungen durch die Sprachbarriere, bürokratisch erschwerten Zugang zu übernommenen diagnostischen Mitteln und Medikamenten oder eingeschränkten Zugang zu psychologischer und anderer Spezialversorgung (z.B. Zahnmedizin) (AIDA 4.2019).

Unbegleitete Minderjährige und Asylwerber im Zulassungs- oder beschleunigten Verfahren werden bei diagnostischen Mitteln und Medikamentenkosten von CPR gelegentlich finanziell unterstützt. Wenn die Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder zurückgezogen werden sollte, bleibt der Zugang zu medizinischer Versorgung trotzdem erhalten (AIDA 4.2019).

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus wurde festgestellt:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. […]

In Österreich gibt es mit Stand 03.07.2020, 09:33 Uhr, 17.941 bestätigte Fälle mit dem Corona-Virus infizierten Personen und rund 705 Todesfälle; in Portugal wurden zu diesem Zeitpunkt 42.782 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 1.587 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Portugal auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen – darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO – samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das portugiesische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Portugal den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.

Dass dem Beschwerdeführer von der portugiesischen Vertretungsbehörde in Angola am XXXX .02.2019 ein Schengen-Visum für 90 Tage im Zeitraum XXXX .03.2019 bis XXXX .08.2019 erteilt wurde, dieser sohin im Zeitpunkt der Antragstellung in Besitz eines portugiesischen Visums war, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, ergibt sich ebenso aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus dem Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres. Ebenso gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung an, dass er zwei Visa für Portugal – eines im Jahr 2018 und eines im Jahr 2019 – erhalten habe. Auch in der Beschwerde wurde die Ausstellung eines portugiesischen Visums nicht bestritten. Ferner wurde die Erteilung des Visums für den Beschwerdeführer durch die portugiesische Dublinbehörde bestätigt, die ihre Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO stützt.

Die Feststellungen zum Aufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers durch Portugal ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Die Feststellung, dass kein Sachverhalt vorliegt, der die Zuständigkeit Portugals wieder beendet hätte, sowie die (Negativ)feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer nach seiner Einreise nach Portugal das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen hat, gründen auf dem Umstand, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei in der Türkei gewesen, nicht glaubhaft ist. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass sich der Beschwerdeführer nicht zum ersten Mal in Europa befindet; so gab er in der Einvernahme vom 28.05.2020 an, er sei im Feber 2018 das erste Mal für ein Monat in Lissabon gewesen und habe sich im Juli 2019 erneut zwei Tage in Portugal aufgehalten (vgl. AS 145), sodass ihm die Bedeutung von Reisedokumenten im Gebiet der Europäischen Union bewusst sein müsste, zumal er in seiner Erstbefragung betonte, dass er legal mit seinem eigenen Reisepass mit dem Flugzeug nach Portugal gereist sei (vgl. AS 61). Dass der Beschwerdeführer in weiterer Folge das einzige Dokument – nämlich seinen Reisepass –, das sowohl seine Einreise in Portugal als auch seine (behauptete) Weiterreise in die Türkei belegen könnte, in der Türkei dem Schlepper übergeben haben will (vgl. AS 61), ist vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer zwar vorbrachte, in der Türkei gewesen zu sein, jedoch keine näheren Angaben zu seinem weiteren Reiseweg tätigte. So gab er an, dass er – nach seinem behaupteten Aufenthalt in der Türkei – über andere, ihm nicht bekannte Länder nach Österreich gelangt sei (vgl. AS 63). Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung zwar die Türkei erwähnte, jedoch keine anderen Länder am Weg nach Österreich genannt hat, was die Vermutung nahelegt, dass ihm dazu geraten worden war, einen Aufenthalt in der Türkei anzugeben, um eine Ausreise aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten behaupten zu können. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer während seiner gesamten Einvernahme vor dem Bundesamt seinen Aufenthalt in der Türkei nicht mehr erwähnte. Auch der während der gesamten Einvernahme anwesende Rechtsberater stellte diesbezüglich weder Fragen noch gab er eine Stellungnahme ab, sodass davon auszugehen ist, dass auch die Rechtsberatung nicht annimmt, der Beschwerdeführer könnte das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten tatsächlich verlassen haben. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist sohin als Schutzbehauptung zu werten, wobei an dieser Stelle ergänzend darauf zu verweisen ist, dass der Beschwerdeführer keine Beweismittel für seinen behaupteten Aufenthalt in der Türkei vorgelegt hat; seinen Reisepass – der zumindest die Einreise in die Türkei hätte belegen können – hat er seinem Vorbringen zufolge nicht mehr. Letztlich ist an dieser Stelle noch zu erwähnen, dass die portugiesische Dublinbehörde der Aufnahme des Beschwerdeführers zugestimmt hat, obwohl sie von seiner Behauptung, in der Türkei gewesen zu sein, vom Bundesamt in Kenntnis gesetzt wurde (vgl. hierzu das Aufnahmegesuch vom 18.02.2020; AS 105). Aus all diesen Gründen geht das Bundesverwaltungsgericht nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nach seiner Einreise in Portugal tatsächlich verlassen hat und war daher die diesbezügliche (Negativ)feststellung zu treffen. Die Bekanntgabe der Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate gründet auf dem Schreiben der österreichischen Dublinbehörde an Portugal vom 02.09.2020.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Portugal wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht, da sich das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers – Angst vor der ehemaligen angolanischen Präsidentenfamilie in Portugal – nicht auf Ereignisse in Portugal bezieht. Grundsätzlich ist anzuführen, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers bzw. seine Ausreisegründe aus Angola nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Vorliegend handelt es sich um ein Verfahren gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO, in welchem ermittelt wird, welcher Mitgliedstaat zur Führung des inhaltlichen Verfahrens – sohin betreffend die Fluchtgründe des Beschwerdeführers aus Angola – des Beschwerdeführers zuständig ist. Aus diesem Grund können gegenständlich beweiswürdigende Erwägungen betreffend die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers dahingestellt bleiben; diese sind von den portugiesischen Asylbehörden in dem dort zu führenden inhaltlichen Asylverfahren vorzunehmen. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Befürchtungen betreffend Portugal erweisen sich als unsubstanziiert und spekulativ. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt gab er diesbezüglich an, dass der Mann der Familie, die ihn verfolge, im Jahr 2018 in Lissabon gewesen sei (vgl. AS 144). Ein Vorbringen dahingehend, dass er von diesem Mann in Lissabon bzw. in Portugal verfolgt oder bedroht worden sei, erstattete der Beschwerdeführer nicht; seinen Angaben ist auch nicht eindeutig zu entnehmen, dass er diesen Mann tatsächlich auch persönlich gesehen hat. Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass sich aktuell (d.h. im Zeitpunkt der Einvernahme am 28.05.2020) die Familie des ehemaligen angolanischen Präsidenten in Spanien, England, Dubai und Angola befinde. Eine Tochter des Präsidenten, die nunmehr in England lebe, habe er im Jahr 2019 in Lissabon gesehen (vgl. AS 146). Auch aus diesem Teil des Vorbringens ist eine dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung bzw. konkrete Bedrohung nicht zu entnehmen. Weder halten sich die Familienangehörigen des ehemaligen Präsidenten in Portugal auf noch hatte das „Sehen“ bzw. das Treffen der Tochter des Präsidenten für den Beschwerdeführer bedrohliche Konsequenzen in irgendeiner Art und Weise. Ferner ist noch darauf zu verweisen, dass sich der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge nie an die portugiesischen Behörden gewandt hat, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass er sich tatsächlich in Portugal – weder 2018 noch 2019 – bedroht gefühlt hat. Sollte sich der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Portugal tatsächlich bedroht oder verfolgt fühlen, hat er jedenfalls die Möglichkeit, sich jederzeit an die portugiesischen Behörden bzw. die portugiesische Polizei zu wenden, die dazu willens und in der Lage sind, dem Beschwerdeführer Schutz vor Verfolgung zu bieten. Wenn der Beschwerdeführer allerdings aufgrund seiner Tätigkeit für die ehemalige angolanische Präsidentenfamilie in Portugal Strafverfolgung befürchtet – seinen Angaben zufolge steht der Ehemann einer Tochter des Ex-Präsidenten in Portugal vor Gericht -, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Dublin III-VO nicht dazu dient, Antragsteller vor einer Strafverfolgung in einem anderen Mitgliedstaat zu schützen.

Dass der Beschwerdeführer einmal einen Arzt für Augenheilkunde aufgesucht hat, der ihm ein Rezept für eine Brille ausgestellt hat, gründet auf seinem eigenen Vorbringen vor dem Bundesamt am 28.05.2020 (vgl. AS 144). Die (Negativ)feststellung, dass eine darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit nicht festgestellt werden kann, basiert auf dem Umstand, dass im gesamten Verfahren (auch nicht im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht) keine medizinischen Unterlagen und/oder ärztliche Atteste vorgelegt wurden, die auf eine Behandlungsbedürftigkeit hinweisen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer seit Anfang September 2020 untergetaucht ist, was er wohl nicht getan hätte, würde er tatsächlich medizinische Hilfe benötigen.

Ferner ergibt sich die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich aus seinen eigenen Angaben im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer dezidiert an, keine Angehörigen bzw. Verwandte in Österreich sowie im Gebiet der Europäischen Union zu haben (vgl. AS 59 bzw. AS 144). Dass der Beschwerdeführer über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügt, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.2. Die Feststellungen zum portugiesischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Portugal beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Portugal ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material, welches auch die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in Bezug auf Portugal berücksichtigt. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Portugal ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab er an, dass er die Länderfeststellungen zu Portugal nicht erhalten wolle (vgl. AS 146). Ebenso wenig gab der während der gesamten Einvernahme anwesende Rechtsberater eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen ab. Auch in der Beschwerde wurde weder den diesbezüglichen Länderfeststellungen entgegengetreten noch wurde ein substanziiertes Vorbringen zum portugiesischen Asylsystem erstattet.

Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell und nehmen auch auf die aktuelle Situation in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie Bezug. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr sowie auch die teilweise Zurücknahmen von bereits erfolgten Lockerungen), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Portugal nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass nur dann Überstellungen durchgeführt werden, wenn Portugal für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um keine besonders vulnerable Person handelt und keine Anzeichen dafür vorliegen, dass er zu den Personengruppen mit einem erhöhten Risiko an COVID-19 zu erkranken – wie ältere und/oder immungeschwächte Personen – zählt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 BFA-VG dürfen in einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesamtes neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,

1.       wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung des Bundesamtes maßgeblich geändert hat;

2.       wenn das Verfahren vor dem Bundesamt mangelhaft war;

3.       wenn diese dem Fremden bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes nicht zugänglich waren oder

4.       wenn der Fremde nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) […]

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a)       der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b)       der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c)       bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) […]

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a)       einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b)       einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c)       einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d)       einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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