Entscheidungsdatum
23.11.2020Norm
AVG §53bSpruch
W195 2235782-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 28.05.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit
€ 287,30 (inkl. USt.)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 27.04.2020, GZ. XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 28.05.2020 an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen und in dessen Rahmen er auch als Dolmetscher fungierte.
2. Am 28.05.2020 langte im Wege des webERV nachstehende Honorarnote beim Bundesverwaltungsgericht ein:
Honorarnote-Nr./Rechnungs-Nr. 31 vom 28.05.2020
Datum der Verhandlung/Beweisaufnahme: 28.05.2020
Verhandlungsort: WIEN (Wien/Linz/Graz/Innsbruck)
Geschäftszahl/en: XXXX
Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
€
3 (Verkehr) & Cororna-Check: 20-30 Min. begonnene Stunde(n) à € 22,70
68,10
Reisekosten §§ 27, 28 GebAG
45 km à € 0,42
18,90
Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG
für die erste halbe Stunde € 24,50
24,50
für weitere 9 halbe Stunde(n) à € 12,40
111,60
Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG
für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00
20,00
Sonstige Kosten § 31 GebAG: Parkgebühr laut Beilage
7,00
Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG
12,00
Zwischensumme
262,10
20 % Umsatzsteuer
52,42
Gesamtsumme
314,52
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent
314,60
3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 23.10.2020, nachweislich zugestellt am 28.10.2020, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass sich auch unter Berücksichtigung eines (großzügigen) Zeitpolsters von 30 Minuten lediglich eine Zeitversäumnis von zwei begonnenen Stunden ergibt.
4. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder korrigierte Honorarnote seitens des Antragstellers ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27.04.2020, GZ. XXXX , zu der für den 28.05.2020 anberaumten Verhandlung als Dolmetscher geladen wurde und in dessen Rahmen auch als Dolmetscher fungierte. Die für ein pünktliches Erscheinen am Verhandlungsort (Bundesverwaltungsgericht Hauptsitz Wien) erforderliche Reisezeit beträgt inklusive einem Security- und Corona-Check sowie zuzüglich einem großzügig bemessenen Zeitpolster von 30 Minuten maximal 90 Minuten.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren GZ. XXXX , beinhaltend insbesondere die Ladung des Dolmetschers zur Verhandlung vom 28.05.2020 und die Niederschrift derselben, der vom Antragsteller im Wege des ERV übermittelten Honorarnote, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.10.2020 sowie dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.
Zu A)
Zu der Gebühr für Zeitversäumnis gemäß §§ 32 und 33 GebAG
Gemäß § 32 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 1 GebAG hat der Dolmetscher für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.
Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. OGH EvBl 1969/388 = RZ 1969, 167; KG Korneuburg 9a Bl 44/80; im Ergebnis ebenso OLG Linz 3b R 46/85; OLG Wien 11 R 108/86 REDOK 9617; LG Salzburg 21 R 416/05 f EFSlg 112.699; LGZ Wien 48 R 68/08 t EFSlg 121.620; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG4 E 72 zu § 32).
Laut Protokoll der Verhandlung vom 28.05.2020, GZ. XXXX , hat die Verhandlung um 9:15 Uhr begonnen und um 14:15 Uhr geendet.
Wegzeiten für die Hin- und Rückreise des Dolmetschers (SV) zur und von der Verhandlung sind zusammenzurechnen (vgl. LG Wels 21 R 585/96 w; OLG Innsbruck 5 R 11/12 z SV 2012/3, 154; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG4 E 72 zu § 32).
Die Wegzeit vom Ladungsort in XXXX , zum Verhandlungsort in 1030 Wien, Erdbergstraße 192-196, beträgt laut Auskunft von www.google.com/maps rund 25 Minuten pro Strecke.
Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrtzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster“ hinzuzufügen ist (OGH 15 Os 74/08 h; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG4 E 63 zu § 32).
Wegen allfälliger Verkehrsprobleme in Innsbruck ist für das rechtzeitige Erscheinen zum Verhandlungstermin ein Zeitpolster von 20 Minuten einzuplanen. Für die Rückfahrt ist dieser Zeitpolster nicht notwendig. Hin- und Rückfahrt sind zusammenzurechnen. Konkrete Umstände sind gemäß § 38 Abs. 2 GebAG zu behaupten und zu bescheinigen (OLG Innsbruck 5 R 11/12 z SV 2012/13, 154; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG4 E 64 zu § 32).
In analoger Anwendung dieser Judikatur und in Zusammenschau mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, welche für die pünktliche Anreise zum Gericht vom Hinzufügen eines nicht unerheblichen „Zeitpolsters“ ausgeht, ist dieser in Anbetracht von Verkehrsbehinderungen im Frühverkehr, wie sie in einer Großstadt wie Wien vorkommen, mit maximal 30 Minuten anzunehmen.
Ausgehend von einer Fahrtzeit von ca. 25 Minuten pro Strecke sowie der Miteinbeziehung des nicht unerheblichen Zeitpolsters von 30 Minuten, beträgt die maximale Fahrtzeit vom Ladungsort in XXXX , zum Verhandlungsort in 1030 Wien, Erdbergstraße 192-196, ca. 80 Minuten.
In Bezug auf den vom Antragsteller in seiner Honorarnote angeführten „Corona-Check“ ist darauf hinzuweisen, dass Erhebungen der Sicherheitsbeauftragten, welche die Abläufe des Sicherheitsdienstes am Bundesverwaltungsgericht bzw. des Corona-Checks koordiniert, ergeben haben, dass der „Corona-Check“ lediglich aus der Messung der Körpertemperatur besteht, wobei hiefür ein Fieberthermometer an die Stirn gehalten wird. Dieser Vorgang dauert maximal eine Minute.
Selbst unter Berücksichtigung einer Wartezeit von einigen Minuten ergibt sich für die Anreise und den Security- und Corona-Check eine maximale Gesamtzeitversäumnis von rund 90 Minuten und sind damit lediglich zwei begonnene ganze Stunden Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG zu honorieren.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
€
2 begonnene Stunde(n) à € 22,70
45,40
Reisekosten §§ 27, 28 GebAG
45 km à € 0,42
18,90
Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG
für die erste halbe Stunde € 24,50
24,50
für weitere 9 halbe Stunde(n) à € 12,40
111,60
Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG
für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00
20,00
Sonstige Kosten § 31 GebAG: Parkgebühr laut Beilage
7,00
Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG
12,00
Zwischensumme
239,40
20 % Umsatzsteuer
47,88
Gesamtsumme
287,28
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent
287,30
Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 287,30 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.
Schlagworte
Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren mündliche Verhandlung Reisedauer Teilstattgebung ZeitversäumnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2235782.1.00Im RIS seit
01.02.2021Zuletzt aktualisiert am
01.02.2021