TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/23 W108 2204716-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs3
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W108 2204716-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, vertreten durch Rechtsanwalts-Partnerschaft MARSCHALL & HEINZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.07.2018, Zl. 831617106-180587456/BMI-BFA_NOE_RD, betreffend insbesondere Aberkennung des Status der Asylberechtigten und Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt.

III. Hinsichtlich der Spruchpunkte III. - VI. wird der Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1. Die 67 Jahre alte, strafrechtlich unbescholtene, Beschwerdeführerin ist eine syrische Staatsangehörige, Christin und Witwe. Die lebte in Syrien im Ort XXXX auch XXXX (in der Folge Ort A.) in Südsyrien. Sie war mit dem im Jahr 2011 verstorbenen XXXX (geboren am XXXX ) verheiratet und hat mit ihm zwei volljährige Kinder, den Sohn XXXX , geb. XXXX , und die Tochter XXXX . Die Tochter der Beschwerdeführerin ist in Syrien verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann und den zwei behinderten (tauben) minderjährigen Kindern im Ort XXXX (in der Folge Ort B.) bei Damaskus. Der Sohn der Beschwerdeführerin ist mit XXXX , geb. XXXX verheiratet und hat mit ihr die zwei minderjährigen Kinder XXXX geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX .

Nach dem Tod des Ehemannes der Beschwerdeführerin bei einer Bombardierung floh die Beschwerdeführerin mit ihrem Sohn und dessen Familie (seiner genannten Ehefrau und den genannten gemeinsamen Kindern) aus Syrien in den Libanon.

2. Aufgrund der Erklärung vom 24.09.2013 verpflichtete sich die Republik Österreich völkerrechtlich dazu, die Beschwerdeführerin, ihren Sohn und dessen Familie als Asylberechtigte anzuerkennen.

In der Folge reisten die Beschwerdeführerin, ihr Sohn und dessen Familie nach Österreich, wo sie am 05.11.2013 Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Mit Bescheid vom 05.11.2013, Zahl: 831617106/1746183, erkannte die Asylbehörde (Bundesasylamt; nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 4 Asylgesetz (AsylG) von Amts wegen (und ohne weiteres Verfahren) den Status der Asylberechtigten zu und stellte gemäß § 3 Abs. 5 AsylG fest, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Auch dem Sohn der Beschwerdeführerin und dessen Familie wurde der Asylstatus in Österreich gemäß § 3 Abs. 4 AsylG zuerkannt.

Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrem Sohn, ihrer Schwiegertochter und ihren Enkelkindern in Österreich im gemeinsamen Haushalt.

3. Am 01.04.2018 reiste die Beschwerdeführerin mit einem von der syrischen Botschaft in Wien ausgestellten Reisepass Nummer XXXX legal über den Flughafen Damaskus nach Syrien zu ihrer Tochter in den Ort B. bei Damaskus, um ihre erkrankte Tochter, die sich einer Operation unterziehen musste, zu pflegen und ihre zwei behinderten Enkelkinder zu betreuen. Am 30.05.2018 verließ die Beschwerdeführerin Syrien wieder legal über den Grenzübergang Maasna in den Libanon. Am 31.05.2018 flog sie über den Flughafen Beirut/Libanon, wo die Reisebewegung von der Österreichischen Botschaft in Beirut festgestellt wurde, nach München und kehrte anschließend wieder nach Österreich zurück, wo sie seither wieder mit ihrem Sohn und dessen Familie im gemeinsamen Haushalt lebt.

4. Mit Schreiben vom 01.06.2018 teilte die Österreichische Botschaft in Beirut der belangten Behörde die oben angeführte Reisebewegung mit sowie auch den Umstand, dass die Beschwerdeführerin angegeben hätte, sich ca. zwei Monate in Syrien/Damaskus aufgehalten zu haben, um ihre Kinder zu sehen. Dem Schreiben waren Kopien u.a. des Konventionsreisepasses der Beschwerdeführerin, ihres von der syrischen Botschaft in Wien ausgestellten syrischen Reisepasses Nummer XXXX mit Einreise- und Ausreisestempel, ihrer syrischen Identitätskarte und ihres Boarding Passes vom 31.05.2018 angeschlossen.

Die belangte Behörde leitete daraufhin hinsichtlich der Beschwerdeführerin ein Aberkennungsverfahren bezüglich ihres Asylstatus ein.

Mit Schreiben vom 25.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin zur Frage der Aberkennung ihres Asylstatus, weil sie sich freiwillig unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt habe, und zu den Feststellungen der belangten Behörde zur Lage in Syrien gemäß dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien das Parteiengehör gewährt.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2018 wurde eine Stellungnahme dahingehend abgegeben, dass die Beschwerdeführerin starke Bindungen zu Österreich habe und aus gesundheitlichen Gründen auf ihren Sohn, ihre Schwiegertochter und ihre zwei Enkelkinder in Österreich angewiesen sei. Die Beschwerdeführerin sei krank (sie habe gesundheitliche Probleme mit dem Herzen, dem Blutdruck, den Ohren, sie sei zuckerkrank und habe rezidivierende Beinödeme) und ständig in Behandlung. Sie benötige monatlich ärztliche Kontrolle (ein Arztbrief und ein Befundbericht wurden vorgelegt). Ihr Sohn und dessen Familie kümmerten sich um die Beschwerdeführerin, die aus gesundheitlichen Gründen nicht allein bleiben bzw. sein dürfe. Die Beschwerdeführerin habe einen Freundeskreis mit Österreichern, mit dem sie laufend Kontakt habe (fünf Personen wurden namhaft gemacht). Die Beschwerdeführerin besuche regelmäßig die Frauengruppe in der Kirche und es gebe fast jeden Samstag gemeinsame Unternehmungen. Sie habe wiederholt den A1 Deutschkurs besucht. Danach sei sie im Krankenhaus gewesen und habe keinen Kurs mehr besuchen dürfen. Sie werde sich für einen weiteren Kurs anmelden und diesen besuchen. Sie habe auch einen Konversationskurs in der Kirche besucht. Sie gehe ab und zu am Sonntag in die Kirche, wobei sie auch Freunde und Bekannte treffe. In Syrien lebe die Tochter der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann und zwei behinderten Kindern (11 und neun Jahre alt) in einer kleinen Wohnung am Stadtrand von Damaskus, wobei es diesen finanziell schlecht gehe. In Syrien habe die Beschwerdeführerin keine Krankenversicherung, keine Wohnmöglichkeit und kein Einkommen.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.), der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), ein Aufenthalt aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Absatz 9 FPG die Feststellung getroffen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde traf nach Darstellung des Verfahrensganges und der Beweismittel Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, zu den Gründen für die Aberkennung des Status der Asylberechtigten, zu ihrem Privat- und Familienleben und ihrem Aufenthalt in Österreich, zu ihrer Situation im Fall ihrer Rückkehr und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat.

Dabei ging die belangte Behörde von dem unter Punkt 1. bis 4. dargestellten Verfahrensgang/Sachverhalt und insbesondere davon aus: Die Beschwerdeführerin leide an Bluthochdruck, habe eine Zuckerkrankheit, ein Problem mit den Ohren und Krampfadern an den Beinen. Sie nehme Medikamente ein. Bei den festgestellten Erkrankungen handle es sich um keine schwerwiegenden, lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankungen oder sonstigen Beeinträchtigungen. Sie halte sich zurzeit wieder in Österreich auf. Sie sei im Bundesgebiet aufrecht gemeldet und beziehe Leistungen aus der staatlichen Mindestsicherung. Sie sei illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Sie habe in Damaskus eine Tochter, die verheiratet sei und zwei Kinder habe. Mit dieser und deren Familie haben die Beschwerdeführerin bei ihrem Aufenthalt in Syrien in einer Wohnung zusammengelebt. Ebenso habe sie in Österreich einen Sohn, der verheiratet sei und zwei Kinder habe. Die Beschwerdeführerin lebe in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn und dessen Familie, es sei vom Bestehen eines Familienlebens auszugehen. Weitere Verwandte habe sie in Österreich nicht. Ein Privat- und Familienleben sei sowohl in Österreich als auch in Syrien gleichermaßen möglich, wobei die Beschwerdeführerin nach wie vor lediglich in der Kultur ihres Heimatlandes verwurzelt sei. Weiters sei anzuführen, dass die Beschwerdeführerin, obwohl sie sich bereits seit 05.11.2013 in Österreich befinde, kein einziges Zertifikat über einen Deutschkurs abgelegt habe. Es wäre wohl wenigstens zu erwarten gewesen, dass sie durch das Erlernen der deutschen Sprache einen gewissen Integrationswillen in Österreich unter Beweis stelle, davon sei sie jedoch weit entfernt. Sie sei nach wie vor lediglich mit der Sprache ihres Heimatlandes und ausschließlich mit der Kultur ihres Heimatlandes vertraut. Sie habe sich freiwillig erneut unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt. Sie sei in ihre Heimat zurückgereist; zuletzt habe sie für zwei Monate in Damaskus verweilt. Sie sei auf legalem Wege über den Flughafen Damaskus in ihr Heimatland gereist, weshalb eine Verfolgung ihrer Person offenbar nicht mehr vorliege. Eine Gefährdung der Beschwerdeführerin habe nicht mehr festgestellt werden können. Sie sei in Syrien keiner Verfolgung ausgesetzt und es gebe auch sonst keine erkennbare Gefährdungslage für sie. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in der Lage sei, erneut mit Hilfe ihrer in Damaskus lebenden Tochter ihren Lebensmittelpunkt in Syrien zu setzen.

Zur Lage im Herkunftsstaat traf die belangte Behörde auf der Grundlage der Zusammenstellung der Staatendokumentation (Länderinformationsblatt zu Syrien) Feststellungen u.a. zur politischen Lage, zur Sicherheitslage, zum Rechtsschutz/Justizwesen, zu den Sicherheitsbehörden, zur Folter und unmenschlicher Behandlung, zur Korruption, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur Todesstrafe, zur Religionsfreiheit, zu ethnischen Minderheiten, zu Frauen, zur Bewegungsfreiheit, zu IDPs und Flüchtlingen, zu Palästinensischen Flüchtlingen, zur Grundversorgung und Wirtschaft, zur medizinischen Versorgung und zur Rückkehr.

Zum Herkunftsort der Beschwerdeführerin A. in Südsyrien ergibt sich aus diesen Feststellungen und den im Bescheid eingefügten Karten, dass dieser unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte ist.

Die Feststellungen der Behörde lauten auszugsweise:

„Deeskalationszonen

Im Mai 2017 unterzeichneten Russland, der Iran und die Türkei im Rahmen der Gespräche in der kasachischen Hauptstadt Astana ein Abkommen, das die Einrichtung von sogenannten Deeskalationszonen vorsieht (BFA 8.2017). Die Deeskalationszonen sind jedoch keine vollkommen neue Strategie, sondern müssen als Fortsetzung der „Versöhnungsstrategie“, die das Assad-Regime im Angesicht mehrerer fehlgeschlagener Vereinbarungen zu Waffenruhen anwendet, gesehen werden. Das Ziel bleibt jedoch unverändert „unversöhnliche“ Bewaffnete Akteure und politische Gegner zu entfernen oder zu neutralisieren und die Gebiete wieder unter Regimekontrolle zu bringen (DS 23.9.2017).

Weder die syrische Regierung, noch die Opposition unterzeichneten das Abkommen von Astana. Die Gruppe Jabhat Fatah ash-Sham (ehemals Jabhat al-Nusra) ist von den Vereinbarungen ausgenommen. Also wird die Regierung Gebiete, in denen Jabhat Fatah ash-Sham aktiv ist, weiterhin bombardieren. Auch der IS ist von der Vereinbarung ausgenommen: Die syrische Regierung gab an, weiterhin gegen „Terroristen“ zu kämpfen, und auch die von den USA geleitete Kampagne wird weiterhin den IS mit Luftschlägen bekämpfen. Die Deeskalationszonen erlauben es der Regierung, ihre Truppen neu zu organisieren. Es gibt noch keinen klaren Mechanismus, um Konflikte zu lösen und auf Verletzungen des Deeskalationsabkommens zu reagieren (BFA 8.2017). Die Deeskalationszonen werden auch nicht unter einer gemeinsamen Richtlinie beschlossen, sondern jede Zone existiert unter individuellen Bedingungen (DS 23.9.2017). Im Rahmen der Astana-Gespräche und zusätzlich der „Amman-Diskussionen“, zwischen den USA, Russland und Jordanien, wurden vier Deeskalationszonen ausgehandelt: Eine Zone in der Provinz Idlib und Teilen der Provinzen Lattakia, Hama und Aleppo; eine Zone im Norden der Provinz Homs; eine Zone in Ost-Ghouta in Rif-Dimashq (Damaskus-Umland) und eine Zone in Teilen Südsyriens in den Provinzen Dara‘a und Quneitra (UNOCHA 11.2017; vgl. CRS 13.10.2017; vgl. NYT 18.11.2017; vgl. DS 23.9.2017).

In Dara‘a im Süden Syriens kam es zu Beginn zu einer Deeskalation, jedoch gab es auch hier bereits zuvor einen Rückgang der Kampfhandlungen. Anfang Juni 2017 kam es in Dara‘a jedoch wieder zu schweren Kampfhandlungen zwischen regierungstreuen Kämpfern und Rebelleneinheiten (BFA 8.2017). Die Deeskalationszone im Süden birgt nichtsdestotrotz das größte Potential für die Verhandlung einer längerfristigen Lösung zum Großteil aufgrund des Interesses internationaler Akteure, die an den Verhandlungen beteiligt waren. Neben Iran, Türkei und Russland waren auch die USA und Jordanien beteiligt und auch Israel hat ein Interesse am Bestehen dieser Deeskalationszone (DS 23.9.2017). Seit August 2017 findet jedoch eine Welle an Attentaten gegen politische und bewaffnete Oppositionelle statt, wobei es Hinweise gibt, dass al-Qaida bzw. mit ihr verbündete Gruppierungen diese durchgeführt haben. Al-Qaida versucht so, die Opposition zu schwächen und sich in Südsyrien zu etablieren. Hierbei nutzt die Gruppierung auch die Entscheidung der Trump-Administration aus, laut welcher ein Programm zur Unterstützung von Oppositionskämpfern gestrichen werden soll, wodurch nicht-jihadistische Fraktionen geschwächt werden (ISW 22.11.2017). Im Mai 2017 entsandte al-Qaida etwa 30 hochrangige Funktionäre nach Südsyrien (ISW 3.8.2017). Weiteres Konfliktpotential besteht im Süden Syriens zudem mit Israel. Israel führte wiederholt Luftschläge auf syrisches Gebiet durch, damit soll gegen die Präsenz der libanesischen schiitischen Hisbollah auf syrischem Staatsgebiet nahe israelischem Staatsgebiet vorgegangen werden (Standard 3.11.2017; vgl. Spiegel 5.12.2017).

Nachdem die Zonen beschlossen wurden, begannen in Ost-Damaskus Deeskalationsmaßnahmen, jedoch wurde in dieser Gegend gleichzeitig ein Versöhnungsabkommen geschlossen (BFA 8.2017). Ost-Ghouta ist jedoch noch immer belagert, und die Regierung beschränkt die Lieferung von Hilfsgütern, Nahrungsmitteln und Medikamenten stark. Im Februar 2017 konnte die Regierung Tunnel schließen, durch welche die Bewohner Ost-Ghoutas zuvor noch Personen, Treibstoff, Medikamente, jedoch auch Zigaretten, Narkotika und Munition schmuggeln konnten (IRIN 19.12.2017). Im April-Mai 2016 und April 2017 kam es in Ost-Ghouta zu Zusammenstößen zwischen den beiden dominanten Gruppen Jaysh al-Islam und Failaq ar-Rahman. Nach Einrichtung der Deeskalationszone traf Russland im Juni 2017 Vereinbarungen mit den beiden Gruppierungen, die Situation scheint jetzt jedoch noch schlimmer als vor der Einrichtung der Deeskalationszone zu sein (IRIN 19.12.2017). Zwischenzeitlich kam es zu einem Rückgang der Kämpfe, die syrische Regierung hielt aber an der Belagerung fest und nahm Mitte November 2017 die Luftangriffe auf das Gebiet wieder auf (Standard 27.12.2017). Die Kampfhandlungen in Ost-Ghouta halten an, wobei sie sich in Gebieten, die von Jaysh al-Islam kontrolliert werden, relativ gesehen verringerten und sich der Konflikt in Gebieten, die von Failaq ar-Rahman kontrolliert werden, intensiviert hat (IRIN 19.12.2017).

Das Ausmaß der Kampfhandlungen in den Provinzen Hama, Homs und Idlib blieb vorerst gleich oder stieg sogar an (BFA 8.2017). Die Deeskalationszone im nördlichen Homs und südlichen Hama wurde im Rahmen der „Kairo-Diskussionen“ bekannt gegeben, jedoch wurde die Ankündigung von den Akteuren vor Ort abgelehnt, weil sie sich durch die Verhandlungspartner der Opposition nicht repräsentiert sahen. Insgesamt erscheint es nicht wahrscheinlich, dass die Zone längerfristig eine oppositionelle Enklave bleiben wird (DS 23.9.2017).

Die Deeskalationszone in Idlib soll von Russland, Türkei und Iran überwacht werden (DS 23.9.2017). Die mit al-Qaida in Verbindung stehende islamistische Gruppierung Hay‘at Tahrir ash-Sham ist die mächtigste Gruppe in dieser Deeskalationszone und dominiert vergleichsweise moderatere Gruppierungen die sich selbst als zur Freien Syrischen Armee gehörig bezeichnen (NYT 18.11.2017). Im September und Oktober 2017 intensivierte Russland die Anzahl der Luftschläge auf die Provinz Idlib, um Gruppen, die gegen das Regime eingestellt sind, dazu zu bewegen ein Waffenstillstandsabkommen oder die Deeskalationszone zu akzeptieren (ISW 16.10.2017). Von Russland unterstützte syrische Einheiten starteten Ende 2017 eine Offensive gegen Militanten und deren Verbündete in Idlib. UN OCHA berichtete im Januar 2018 von mehr als 200.000 Personen, die durch die Offensive vertrieben wurden (DS 16.1.2018).

Ost-Ghouta und die Provinz Idlib, die wie zuvor beschrieben, beide von Rebellen kontrolliert bzw. von radikal-islamischen Milizen dominiert werden, sind im Januar 2017 hart umkämpft. In Ost-Ghouta eskalierten zu diesem Zeitpunkt die Gefechte, nachdem Rebellen einen Stützpunkt der Armee einkreisen konnten (Zeit 7.1.2018).

Der „Islamische Staat“ (IS)

Im November 2017 brachte die syrische Armee Deir ez-Zour, das zuvor vom IS besetzt war, wieder unter seine Kontrolle (BBC 12.12.2017). Der IS verlor 2017 beinahe sein ganzes Territorium in Syrien und im Irak (Reuters 27.12.2017a).

Analysten gehen außerdem davon aus, dass der IS sich bereits auf eine neue Phase vorbereitet und sich zu der Art von Untergrundbewegung zurückentwickelt, die sie in ihren Anfängen war (NYT 17.10.2017).“

„Frauen

Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Von extremer Diskriminierung, sexueller Versklavung und erdrückenden Verhaltens- und Kleidungsvorschriften in Gebieten des IS, zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind und Frauen in der Politik und im Militärdienst gut vertreten sind (FH 1.2017).

Frauen in Syrien haben eine relativ lange Historie der Emanzipation und vor dem Konflikt war Syrien eines der vergleichsweise fortschrittlicheren Länder der Arabischen Welt in Bezug auf Frauenrechte. Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den andauernden Konflikt dramatisch, weil Frauen Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Aufgrund der Kampfhandlungen (orig. shelling) zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (BFA 8.2017).

In oppositionellen Gebieten, welche von radikalislamistischen Gruppen kontrolliert werden (z.B. in Idlib oder umkämpften Gebieten östlich von Damaskus), sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Außerdem ist es schwierig für sie zu arbeiten, weil sie unter Druck stehen, zu heiraten. Dies hängt jedoch von der Region ab (BFA 8.2017).

Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert(e), wurde ein Dokument veröffentlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Öffentlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017). In Raqqa gründete der IS die „al-Khansaa“-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei anderen Frauen durchsetzten soll (USDOS 3.3.2017). Familien werden auch gezwungen ihre Töchter an IS-Kämpfer zu verheiraten. Jabhat Fatah ash-Sham [Anm.: vormals Jabhat al-Nusra] ist Frauen gegenüber etwas weniger restriktiv, die Situation ist jedoch ähnlich. Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikalislamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet (BFA 8.2017).

Familienrecht, Personenstandsrecht, Ehe, Scheidung, Obsorge

Sexuelle Gewalt und deren Folgen

Vergewaltigungen sind weit verbreitet und die Regierung und deren Verbündete setzten Vergewaltigungen gegen Frauen, aber auch gegen Männer und Kinder ein, welche als der Opposition zugehörig wahrgenommen werden, um diese zu terrorisieren oder zu bestrafen. Das tatsächliche Ausmaß von sexueller Gewalt in Syrien lässt sich nur schwer einschätzen, weil viele Vergehen nicht angezeigt werden. Es passieren auch Vergewaltigungen durch Wächter und Sicherheitskräfte in Haftanstalten (USDOS 3.3.2017).

Frauen und Mädchen sind besonders im Kontext von Hausdurchsuchungen, an Checkpoints, in Haftanstalten, an Grenzübergängen und nach einer Entführung durch regierungstreue Einheiten von sexueller Gewalt betroffen, während Männer und Jungen vor allem während Verhören in Haftanstalten der Regierung von sexueller Gewalt betroffen sind (WILPF 11.2016 und BFA 8.2017).

Vergewaltigung außerhalb der Ehe ist zwar laut Gesetz strafbar, die Regierung vollstreckt dieses Gesetz jedoch nicht. Außerdem kann der Täter Straffreiheit erlangen, wenn er das Opfer heiratet, um so das soziale Stigma einer Vergewaltigung zu vermeiden (USDOS 3.3.2017). Die gesellschaftliche Tabuisierung von sexueller Gewalt führt zu einer Stigmatisierung von Frauen, die in Haft waren, zur Erniedrigung von Opfern, Familien und Gemeinschaften und zu einer hohen Dunkelziffer bezüglich der Fälle von sexueller Gewalt. Eltern oder Ehemänner verstoßen oftmals Frauen, die während der Haft vergewaltigt wurden oder eine Vergewaltigung auch nur vermutet wird. Es gibt Fälle von Frauen, die nach einer Vergewaltigung Opfer von Ehrenmorden werden. Berichten von NGOs zufolge kam es seit dem Ausbruch des Konfliktes zu einem starken Anstieg bei Ehrenmorden infolge weit verbreiteter Fälle von Vergewaltigungen durch Regierungseinheiten und Ausbeutung durch den IS (BFA 8.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).

Alleinstehende Frauen

Alleinstehende Frauen sind in Syrien aufgrund des Konfliktes einem besonderen Risiko von Gewalt oder Schikane ausgesetzt, jedoch hängt dies von der sozialen Schicht und der Position der Frau bzw. ihrer Familie ab. Man kann die gesellschaftliche Akzeptanz von alleinstehenden Frauen aber in keinem Fall mit europäischen Standards vergleichen, und Frauen sind potentiell Belästigungen ausgesetzt. In Syrien ist es fast undenkbar als Frau alleine zu leben, da eine Frau ohne Familie keine gesellschaftlichen und sozialen Schutzmechanismen besitzt. Beispielsweise würde nach einer Scheidung eine Frau in den meisten Fällen wieder zurück zu ihrer Familie ziehen. Vor dem Konflikt war es für Frauen unter bestimmten Umständen möglich alleine zu leben, z.B. für berufstätige Frauen in urbanen Gebieten (BFA 8.2017).

Der Zugang von alleinstehenden Frauen zu Dokumenten hängt von deren Bildungsgrad, individueller Situation und bisherigen Erfahrungen ab. Beispielsweise werden ältere Frauen, die immer zu Hause waren, mangels vorhandener Begleitperson und behördlicher Erfahrung nur schwer Zugang zu Dokumenten bekommen können (BFA 8.2017). Im Dezember 2017 hat das von Hay‘at Tahrir ash-Sham gestützte Syrian Salvation Government (SSG) in der Provinz Idlib, die großteils von islamistischen Oppositionsgruppen kontrolliert wird, eine Entscheidung verkündet, laut welcher alle Witwen in ihrem Kontrollgebiet mit einem Shari‘a-konformen männlichen Familienangehörigen wohnen müssen. Die Meldung warnt auch vor Bestrafung für „jeden der sich nicht nach dieser Regelung richtet“, es ist jedoch noch unklar wie die Entscheidung umgesetzt wird (Syria Direct 14.12.2017).

Frauen in von der PYD kontrollierten Gebieten

…“

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde u.a. aus: Aus der Mitteilung der Österreichischen Botschaft Beirut sei zweifelsfrei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin freiwillig aus dem Bundesgebiet nach Syrien eingereist und wieder legal über den Grenzübergang Maasna in den Libanon ausgereist sei. Da es bei der legalen Ein- und Ausreise nach bzw. aus Syrien eindeutig mehrfachen Behördenkontakt gegeben habe und sie zudem den langen Zeitraum von zwei Monaten im Herkunftsland bei ihrer Tochter in Damaskus verbracht habe, habe sie sich somit unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt. Sie habe bei ihrer Tochter in Damaskus und deren Familie in der Wohnung gelebt. Sie verfüge im Heimatland über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte. Die Erwähnungen in der Stellungnahme, dass die Beschwerdeführerin in Syrien keine Wohnmöglichkeit hätte, sei alleine dadurch widerlegt, dass sie für zwei Monate bei ihrer Tochter in Damaskus gewohnt habe. Demnach lägen keine Gründe vor, weshalb sie nicht erneut den Lebensmittelpunkt in Syrien setzen könnte. Dazu sei aus Berichten des BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) zu zitieren: „Bei Durchsicht der Länderinformationen ergibt sich, dass sich die Sicherheitslage für Damaskus unterschiedlich darstellt. Erhebliches Unruhepotential besteht weiterhin für das Umland Damaskus und kommt es dort wiederholt zu Feuergefechten, Bombenanschlägen und sonstigen Kampfhandlungen, von denen auch Zivilisten betroffen sind. Zur Sicherheitslage in der Hauptstadt Damaskus ist jedoch auszuführen, dass diese als relativ sicher gilt. Auch wenn es zu vereinzelten Anschlägen kommt, sind diese in der Stadt eher selten, weil die Stadt als von den Truppen Assads als gut gesichert gilt.“ Bezugnehmend auf die in Vorlage gebrachten diversen medizinischen Befunde sei zu erwähnen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine fünfundsechzigjährige Frau mit völlig altersgemäßen gesundheitlichen Beschwerden handle, die völlig alleine von Wien nach Damaskus und dann zwei Monate später völlig alleine über den Grenzübergang Maasna in den Libanon und dann wieder zurück nach Wien habe reisen können. Ihre altersgemäßen medizinischen Beschwerden (Bluthochdruck, eine Zuckerkrankheit, ein Problem mit den Ohren und Krampfadern an den Beinen) seien in Syrien gut behandelbar. Die Befürchtungen bezüglich ihrer Abhängigkeit von der ständigen Betreuung durch ihren Sohn in Wien hätten schon alleine durch ihre Reisen, die sie völlig alleine und ohne jede Begleitung gemeistert habe, widerlegt werden können. Mit ihren Familienangehörigen in Syrien stünde der Beschwerdeführerin ein familiäres Auffangnetz zur Verfügung und somit lägen Unterstützungsmöglichkeiten vor. Aufgrund dieser Tatsachen stehe fest, dass der Beschwerdeführerin im Heimatland keine Gefahr drohe und es ihr dort auch an nichts fehlen werde.

Rechtlich erwog die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. (Aberkennung des Status der Asylberechtigten) Folgendes:

§ 7 Abs. 1 AsylG sieht die zwingende Aberkennung des Status des Asylberechtigten bei Vorliegen eines der in Z 1 bis 3 genannten Tatbestände vor:

In Ihrem Fall trifft § 7 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG zu, da einer der in Artikel 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist, nachdem Sie sich durch Ihre Reise nach Syrien unter den Schutz Ihres Heimatlandes gestellt haben.

Mit Bescheid vom 05.11.2013 wurde Ihnen der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Es lag kein Ausschlussgrund vor.

Sie sind jedoch am 31.05.2018 freiwillig aus dem Bundesgebiet nach Syrien eingereist und sind erst zwei Monate später wieder legal aus Syrien ausgereist. Sie haben sich somit erneut unter den Schutz Ihres Heimatlandes gestellt.

Ihnen war daher gem. § 7 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten abzuerkennen.“

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten) führte die belangte Behörde aus:

„Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in sein Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Für Ihren Fall bedeutet dies:

Eine Gefährdungslage liegt offenbar in Bezug auf Damaskus nicht mehr vor, sonst wären Sie andernfalls nicht dorthin zurückgekehrt und dies für den langen Zeitraum von zwei Monaten. Es konnten seitens der Behörde in Bezug auf Syrien auch keine derart exzeptionellen Umstände festgestellt werden, die der Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK gleichzuhalten wären. Sie hatten sowohl bei Ihrer offiziellen Einreise nach Syrien, als auch bei Ihrer offiziellen Ausreise aus Syrien Behördenkontakt. Es kann nicht angenommen werden, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sind, wären Sie andernfalls nicht freiwillig dorthin zurückgekehrt.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass Ihnen in Syrien etwa die Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), da Sie ja für zwei Monate bei Ihrer Tochter in Damaskus gewohnt haben.

Aus der allgemeinen Lage in Damaskus lässt sich nicht ableiten, dass die Versorgung der Zivilbevölkerung etwa nicht gewährleistet wäre.

In einer Gesamtheit kann nicht angenommen werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Herkunftsland in eine lebensbedrohliche Notlage geraten würden.

Hinsichtlich Ihres Gesundheitszustanden ist auszuführen, dass Ihre gesundheitlichen Beschwerden nicht jene besondere Schwere aufweisen, welche nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Syrien als eine unmenschliche Behandlung erscheinen lassen würde.

Im Hinblick auf die Judikatur des EGMR im Zusammenhang mit Krankheitsgründen, ist eine Abschiebung grundsätzlich nur bei einer existenzbedrohenden Erkrankung und bei Fehlen jeglicher Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat im Sinne des Art. 3 EMRK unzulässig. Nach der Rechtsprechung von EGMR, VfGH und VwGH zu Art. 3 EMRK in Bezug auf die Abschiebung Kranker, hat im Allgemeinen kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil desselben gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK (EGMR 02.05.1997, 30240/96, D./Vereinigtes Königreich; 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia/Schweden; 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich; 03.05.2007, 31246/06, Goncharova und Alekseytsev/Schweden; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh/Schweden; 04.07.2006, 24171/05, Karim/Schweden; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy/Niederlande; VfGH 21.09.2009, U 591/09; 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 31.03.2010, 2008/01/0312; 23.09.2009, 2007/01/0515).

Solche außergewöhnlichen Umstände liegen in Ihrem Fall nicht vor.

Da in Ihrem Fall die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen, war der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen.“

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und führte aus, die Feststellungen der Behörde, dass die Beschwerdeführerin in Syrien keiner Verfolgung ausgesetzt sei und auch keine Gefährdungslage für sie zu erkennen sei, und die Beweiswürdigung seien nicht nachvollziehbar. Das Ermittlungsverfahren der Behörde sei grob mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde habe jegliche Feststellung über die Gefährdungslage in der Ortschaft A., wo die Beschwerdeführerin zuletzt gelebt habe und wo die Lage noch immer schlecht sei, unterlassen. Die Behörde habe auch Feststellungen darüber unterlassen, dass die Beschwerdeführerin in Syrien keine Krankenversicherung habe und in Syrien nicht die notwendige medizinische Hilfe erhalten könne. Die Feststellung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin in der Lage sei, mit Hilfe ihrer in Damaskus lebenden Tochter ihren Lebensmittelpunkt zu setzen, sei nicht nachvollziehbar. Die Tochter der Beschwerdeführerin in Syrien habe zwei behinderte Kinder und wohne in einer kleinen Wohnung, wo die Beschwerdeführerin keinen Platz haben würde. Der Sohn der Beschwerdeführerin und seine Familie kümmerten sich in Österreich um die Beschwerdeführerin, da diese aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes jede Hilfe benötige. Die Beschwerdeführerin habe starke familiäre Bindungen in Österreich und die Lage in ihrem Heimatland Syrien, vor allem in A., sei nicht stabil. Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin nicht vernommen. Die Beschwerdeführerin habe dadurch nicht die Möglichkeit gehabt, der Behörde ihre Situation zu schildern. Aufgrund des grob mangelhaft geführten Ermittlungsverfahrens sei es der belangten Behörde nicht möglich gewesen, die gegenständliche Rechtssache abschließend rechtlich zu beurteilen. Die belangte Behörde hätte insbesondere aufgrund des tatsächlich vorliegenden Sachverhaltes zur rechtlichen Erkenntnis kommen müssen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland mit ihrem gesundheitlichen Zustand und ohne Krankenversicherung bzw. Unterkunft und Unterhalt nicht überleben könne. Vor allem, weil die Lage in der Ortschaft, wo die Beschwerdeführerin die Möglichkeit habe, zu wohnen, unsicher sei.

7. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache der Beschwerdeführerin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der sich die Beschwerdeführerin und eine Vertreterin der belangten Behörde beteiligten.

Die Beschwerdeführerin sagte aus, sie sei nach Syrien zurückgefahren, da ihre Tochter sehr schwer krank gewesen sei. Ihre Tochter habe zwei behinderte Kinder und ihr Mann sei beim Militär. Es habe niemand auf ihre Enkelkinder, die taub seien, aufpassen können. Sie habe sich zur Rückkehr entschieden, da sie sich Sorgen um ihre Tochter gemacht habe. Ihre Tochter habe sich in Syrien einer Operation unterziehen müssen und niemanden gehabt, der sich in dieser Zeit um sie hätte kümmern können. Sie sei nach Syrien mit der Absicht zurückgekehrt, ihrer Tochter eine kurze Zeit zu helfen, und habe nicht vorgehabt, dort zu bleiben. Die Tochter sei drei Wochen im Krankenhaus gewesen, sie sei bei ihr geblieben, bis ihre Tochter „wieder auf die Beine“ gekommen sei und habe auf deren Kinder aufgepasst. Danach sei sie nach Österreich zurückgekehrt. Sie sei mit ihrem syrischen Reisepass nach Syrien eingereist, dort sei sie von den syrischen Behörden am Flughafen befragt worden, wo sie gewesen sei. Sie habe geantwortet, dass sie in Österreich gewesen sei und jetzt ihrer Tochter in Syrien helfen wolle. Es sei ihr die Einreise erlaubt worden. Bei der Ausreise aus Syrien in den Libanon mit einem Taxi hätten ihr Freunde, die in Deutschland lebten, geholfen. Sie sei in Syrien als Christin durch Islamisten bedroht gewesen. Die Bedrohungen in Syrien seien weniger geworden. Die Gründe, warum sie nicht nach Syrien zurückkehren wolle, seien, dass sie niemanden mehr in Syrien habe und sie sich manchmal auch krank fühle. Ihr Mann sei verstorben. In Österreich gebe es eine Gesundheitsversorgung, sie müsse jeden Monat zum Arzt gehen. Der Arzt hätte zusätzlich darauf hingewiesen, dass in Zukunft ein Bypass vielleicht notwendig wäre. Sie treffe sich in Österreich mit österreichischen Frauen in der Kirche. Sie habe einen Deutschkurs besucht, habe aber kein Diplom, weil sie ständig krank gewesen sei und immer wieder ins Krankenhaus habe gehen müssen. Sie habe in Österreich einen Deutschkurs besucht, als Pensionistin habe sie danach keinen Deutschkurs mehr bekommen und sie habe daher auch keinen Kurs mehr besuchen können. Trotzdem sei sie ab und zu in die Kirche gegangen, um Deutsch zu lernen. Ihr Sohn spreche Deutsch. Sie sei nicht alleine nach Syrien gereist, sondern mit einer in Deutschland lebenden befreundeten syrischen Familie. Diese Familie sei ständig um sie gewesen und auch nach Österreich mitgekommen. Sie sei wegen ihrer gesundheitlichen Situation auf ihre Familie in Österreich angewiesen. Während der zwei Monate sei sie in Syrien im Ort B. im Umland von Damaskus gewesen. Dort wohne ihre Tochter. Dieser Ort sei vor 2013 schwer umkämpft gewesen. Es gebe aber immer noch Kämpfe. Es würden Schulen und Gebäude beschossen. Sie selbst habe in Syrien im Ort. A. gelebt, dieser Ort sei etwa eine Autostunde vom Ort B. entfernt. Kein Mensch traue sich nach A., dort sei es auch aktuell sehr gefährlich. Leute würden dort umgebracht. Der IS befinde sich noch immer dort. Sie sei die ganze Zeit bei ihrer Tochter im Krankenhaus gewesen. Nach ihrer Entlassung habe sie ihre Tochter und deren Kinder betreut. Sonst habe sie dort nichts gemacht. Sie habe nicht allein auf die Straße gehen können, aus Angst sei sie immer zu Hause geblieben. Als sie in Syrien gewesen sei, sei die Situation nicht so gewesen, dass ein „normales Leben“ möglich gewesen wäre. Die Situation habe sich zwar verbessert, aber mit Bombardierungen sei immer zu rechnen. Sicherheit gebe es in Syrien nicht. Sie habe kein Geld, sich in Syrien behandeln zu lassen. Ihre Tochter habe einen Mann, der beim Militär sei. Sie habe sonst niemanden in Syrien. Bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn in Syrien könne sie nicht leben. Ihr Schwiegersohn habe keine Familie, er arbeite seit ca. neun Jahren als Soldat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von den Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) bzw. Sachverhalt ausgegangen. Damit steht insbesondere fest:

Nach Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.11.2013 ließ sich die Beschwerdeführerin in syrischen Botschaft in Wien einen Reisepass mit der Nummer XXXX ausstellen. Mit diesem Reisepass reiste sie am 01.04.2018 legal und mit Erlaubnis/Kontakt der syrischen Behörden über den Flughafen Damaskus nach Syrien zu ihrer erkrankten Tochter in den Ort B. bei Damaskus, um diese zu pflegen und deren zwei behinderte Kinder zu betreuen. Am 30.05.2018 verließ die Beschwerdeführerin Syrien wieder legal über den Grenzübergang Maasna in den Libanon. Weder bei der Einreise nach Syrien und bei Ausreise aus Syrien noch während des Aufenthaltes in Syrien hatte die Beschwerdeführerin Probleme mit den syrischen Behörden. Am 31.05.2018 flog sie über den Flughafen Beirut/Libanon nach München und kehrte anschließend nach Österreich zurück. Es kann nicht festgestellt werden, dass eine (österreichische) Behörde von der Beschwerdeführerin die Ausstellung eines syrischen Reisepasses durch die syrische Botschaft in Wien oder ihre Rückreise nach Syrien verlangt hat und dass die Beschwerdeführerin dazu gezwungen war.

Die Beschwerdeführerin ist 67 Jahre alt und strafrechtlich unbescholten. Sie ist verwitwet und lebt in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn, dessen Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern. Sie hat gesundheitliche Probleme (Herz- Kreislauferkrankungen, Ohrenerkrankung, Zuckerkrankheit, rezidivierende Beinödeme) und bedarf ständiger bzw. regelmäßiger ärztlicher Kontrolle und Behandlung. In Syrien hat die Beschwerdeführerin Angehörige (ihre Tochter, deren Ehemann und behinderte Kinder) nur mehr im Ort B. bei Damaskus, wo sie auf Dauer nicht wohnen und unterstützt werden kann. Vor der Anerkennung als Asylberechtige in Österreich lebte die Beschwerdeführerin im Ort A. in Südsyrien, wo sie keine (männlichen) Angehörigen mehr hat.

Zur Lage in Syrien, speziell im Ort A. bzw. in Südsyrien, wird ergänzend festgestellt:

Syrien befindet sich noch immer im Bürgerkrieg. Der im März 2011 begonnene Aufstand gegen das Regime ist in eine komplexe militärische Auseinandersetzung umgeschlagen, die grundsätzlich alle Städte und Regionen betrifft. Weite Teile Syriens sind nach wie vor umkämpft und umstritten. Nahezu täglich werden landesweit Tote und Verletzte gemeldet. Die staatlichen Strukturen sind in zahlreichen Orten zerfallen und das allgemeine Gewaltrisiko ist sehr hoch. Seit Mai 2018 hat sich die allgemeine Sicherheitslage in manchen von der Regierung kontrollierten Gebieten Syriens, darunter finden sich auch die wichtigsten Städte wie Lattakia, Homs, Hama, Tartous und Damaskus, deutlich verbessert, aber in einigen Gegenden, die von der syrischen Regierung kontrolliert werden, ist die Situation weiter angespannt, wie im Osten der Provinz Lattakia, im Westen der Provinz Aleppo und im Norden der Provinz Hama. Die Gebiete, die von der Regierung 2018 im Rahmen ihrer Militäroffensiven und Belagerungstaktik zurückerobert wurden, haben sich relativ stabilisiert, da die Belagerungen aufgehoben und Luftangriffe und Artilleriebeschuss eingestellt wurden. In Südsyrien ist die de-facto-Kontrolle im Einklang mit „Versöhnungsabkommen“, die unter der Schirmherrschaft von Russland ausgehandelt wurden, zwischen den Regierungstruppen und bewaffneten oppositionellen Gruppen aufgeteilt. Zu den Landesteilen, die derzeit tatsächlich von der Regierung und ihren Sicherheitskräften kontrolliert werden, zählen Gebiete, die die Regierung durch militärische Operationen (und nicht durch „Versöhnungsabkommen“) zurückgewonnen hat. Darunter fallen ca. 80 Prozent des östlichen und nordöstlichen ländlichen A. (z. B. XXXX ), Gebiete im westlichen ländlichen A. (z. B. das früher unter der Kontrolle von ISIL stehende Gebiet des XXXX -Tals) und Teile der Stadt A. wie A. al-Mahatta, das seit 2011 unter der Kontrolle der Regierung gestanden hatte. Die verbleibenden Gebiete in A. sind weiterhin der tatsächlichen Kontrolle ehemaliger bewaffneter nichtstaatlicher Gruppen unterstellt, einschließlich Gruppen, die den „Versöhnungsabkommen“ zugestimmt hatten. Im Süden ist die Sicherheitslage weiterhin prekär. Dies belegen von der Regierung durchgeführte Festnahmewellen in Gebieten, in denen Regierungstruppen die Kontrolle ausüben, einschließlich an Kontrollstellen, die die Zufahrt in Gebiete regeln, die de facto weiterhin von bewaffneten oppositionellen Gruppen kontrolliert werden, bzw. die Ausfahrt aus solchen Gebieten, Ermordungen tatsächlicher oder vermeintlicher Verbündeter der Regierung sowie Angriffe gegen Regierungstruppen. Im Mai 2019 stellte das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte fest, dass in Gebieten, die de facto weiterhin von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, „die tatsächliche Gefahr besteht, dass es künftig zu Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und ehemaligen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen kommt“. In den ländlichen Gebieten in Nordost-, Zentral- und Südsyrien kämpfen die Regierungstruppen noch immer gegen ISIS. Die Städte und Ortschaften, die früher von bewaffneten oppositionellen Gruppen oder ISIS kontrolliert wurden und anschließend von Regierungstruppen zurückerobert worden sind, einschließlich in den Provinzen A., Damaskus-Umgebung, Ost-Aleppo und Deir Ez-Zour, sind stark mit Blindgängern kontaminiert. Regelmäßig fordern Explosionen zivile Opfer. Infolge des erheblichen Ausmaßes der Zerstörungen und Schäden, Unterversorgung, Angst vor Festnahmen und Rückkehrbeschränkungen sind nur wenige Menschen zurückgekehrt, und in einigen Gebieten sind so gut wie keine ehemaligen Bewohner mehr zu finden.

Laut UNHCR bestehen nachstehende Risikoprofile, die gegebenenfalls auch für Familienangehörige und sonstige Personen gelten, die Menschen mit diesen Risikoprofilen nahestehen:

?        Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, insbesondere, jedoch nicht ausschließlich Mitglieder politischer Oppositionsparteien; Demonstranten, Aktivisten und sonstige Personen, die als Sympathisanten der Opposition angesehen werden; Personen, die als Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen angesehen werden; hochrangige Mitglieder der Regierung und der Baath-Partei, die ihre Ämter niedergelegt haben; Zivilpersonen, die in vermeintlich regierungsfeindlichen städtischen Bezirken, Dörfern und Gemeinden leben.

?        Wehrdienstentzieher und Deserteure der Streitkräfte.

?        Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen, insbesondere, jedoch nicht ausschließlich Regierungsbeamte und Mitglieder von Parteien, die der Regierung verbunden sind; tatsächliche und vermeintliche Mitglieder von Streitkräften der Regierung und Zivilbürger, von denen angenommen wird, dass sie mit Streitkräften der Regierung zusammenarbeiten; Zivilpersonen, die in vermeintlich regierungsnahen städtischen Bezirken, Dörfern und Gemeinden leben.

?        Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von ISIS sind und sich in Gebieten aufhalten, die de facto unter der Kontrolle oder dem Einfluss von ISIS stehen.

?        Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner bewaffneter oppositioneller Gruppen sind und sich in Gebieten aufhalten, die de facto unter der Kontrolle oder dem Einfluss dieser Gruppen stehen.

?        Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von PYD/YPG sind und sich in Gebieten aufhalten, in denen PYD/YPG de facto die Kontrolle ausüben.

?        Bestimmte Berufsgruppen, insbesondere Journalisten und andere in der Medienbranche tätige Personen sowie Bürgerjournalisten; Dozenten und Lehrer; Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Personen; Menschenrechtsaktivisten; Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen; Künstler.

?        Mitglieder religiöser und ethnischer Minderheiten.

?        Personen, denen Verstöße gegen die Scharia vorgeworfen werden und die in Gebieten leben, die unter der Kontrolle oder dem Einfluss extremistisch-islamistischer bewaffneter Gruppen stehen.

?        Frauen und Mädchen mit bestimmten Profilen oder in besonderen Situationen, insbesondere Frauen ohne männlichen Schutz; Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt, Kinder- und Zwangsheirat, häuslicher Gewalt, Verbrechen zur Verteidigung der Familienehre („Ehrendelikt“) und Menschenhandel wurden oder bei denen ein entsprechendes Risiko besteht.

?        Kinder mit bestimmten Profilen oder in besonderen Situationen, insbesondere Kinder, die Zwangsrekrutierung als Kindersoldaten, sexueller und häuslicher Gewalt, Kinderarbeit, Menschenhandel und systematischer Verweigerung des Zugangs zu Bildungsangeboten zum Opfer fielen oder bei denen ein entsprechendes Risiko besteht.

?        Personen mit sexueller Orientierung und/oder geschlechtlicher Identität, die nicht den traditionellen Vorstellungen entsprechen.

?        Palästinensische Flüchtlinge.

2. Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgeschehen und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten bzw. beigeschafften Asylverfahrensakten betreffend die Beschwerdeführerin, insbesondere aus dem Schreiben der Österreichischen Botschaft in Beirut vom 01.06.2018, aus dem Bescheid, der Beschwerde sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere in der Beschwerdeverhandlung. Überdies wurde in die Asylverfahrensakten des Sohnes und der Schwiegertochter der Beschwerdeführerin Einsicht genommen.

Dass sich die Beschwerdeführerin nachdem sie in Österreich als Asylberechtigte anerkannt worden war, von der syrischen Botschaft in Wien einen Reisepass mit der Nummer XXXX ausstellen ließ, mit dem sie legal, mit Erlaubnis und Kontakt der syrischen Behörden, über den Flughafen Damaskus nach Syrien zurückkehrte, wo sie sich in der Folge zwei Monate im Ort B. bei Damaskus aufhielt, und dass sie in der Folge wieder legal aus Syrien über den Grenzübergang Maasna in den Libanon ausreiste, über den Flughafen Beirut/Libanon nach München flog und nach Österreich zurückkehrte, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt der Behörde einliegenden Schreiben der Österreichischen Botschaft in Beirut vom 01.06.2018 (AS 37ff) und aus den Kopien des der Beschwerdeführerin von der syrischen Botschaft in Wien ausgestellten Reisepasses Nr. XXXX , in dem sich diesen Sachverhalt bestätigende Einreise- und Ausreisestempel befinden. Im Schreiben der Österreichischen Botschaft in Beirut vom 01.06.2018 wird ergänzend angegeben: „Gegenständliche Reisebewegung wurde vom österreichischen Dokumentenberater am 31.05.2018 am Flughafen in Beirut anlässlich des Check in am Abfertigungsschalter des Luftfahrtunternehmens XXXX festgestellt. Im Konventionsreisepass konnten keine libanesischen Einreisestempel festgestellt werden. Auf Nachfrage konnte der syrische Reisepass vorgelegt werden. Die Reisende gab an, sich lediglich im Libanon aufgehalten zu haben. Mit der Stempellage im syrischen Reisepass konfrontiert gab die Reisende an, sich ca. 2 Monate in Syrien/Damaskus aufgehalten zu haben, um ihre Kinder zu sehen. Die Einreise nach Damaskus erfolgte über den Luftweg. Die Rückreise nach Beirut erfolgte über den Grenzübergang Masnaa auf dem Landweg (siehe Stempel Reisepass Syrien).“ Die Beschwerdeführerin gab diesen Sachverhalt, insbesondere die ihr von den syrischen Behörden gestattete Rückreise unter Verwendung eines ihr von der syrischen Botschaft in Wien ausgestellten syrischen Reisepasses, bereits gegenüber der Österreichischen Botschaft zu und stellte dies auch weder in der Beschwerde noch in der Beschwerdeverhandlung in Abrede. Dass die Beschwerdeführerin zur Erwirkung der Ausstellung eines syrischen Reisepasses durch die syrische Botschaft Wien und zur Rückreise nach Syrien gezwungen war oder dass eine (österreichische) Behörde die Ausstellung eines syrischen Reisepass durch die syrische Auslandsvertretung oder die Rückreise nach Syrien von der Beschwerdeführerin ausdrücklich verlangt hat, wurde von der Beschwerdeführerin – auch in der Beschwerdeverhandlung - nicht behauptet und ist (gerade) nicht ersichtlich. Dass es bei der legalen Einreise nach Syrien bzw. der Wiederausreise aus Syrien und während ihres Aufenthaltes in Syrien zu Problemen mit den syrischen Behörden gekommen wäre, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Der Aufenthalt in Syrien im Ort B. bei Damaskus und der Grund für die Rückreise der Beschwerdeführerin nach Syrien, nämlich um ihre erkrankte Tochter zu pflegen und ihre Enkelkinder zu betreuen, ist aufgrund der gleichbleibenden und schlüssigen Angaben der Beschwerdeführerin, insbesondere auch in der Beschwerdeverhandlung, glaubwürdig.

Ebenso entspringen die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen der Beschwerdeführerin in Österreich und in Syrien sowie ihre gesundheitliche Situation dem glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführerin und den vorgelegten Unterlagen (etwa Arztbrief und Befundbericht). Gleiches gilt für die Angabe der Beschwerdeführerin, dass sie in Syrien im Ort A. in Südsyrien gelebt hat. Es sind keine Umstände ersichtlich, weshalb an der Richtigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin zu zweifeln wäre; auch die belangte Behörde hat keine solchen Umstände dargelegt.

Die Feststellungen zur Lage in Syrien, speziell auch im Ort A. bzw. in Südsyrien, ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, das bereits von der belangten Behörde zur Sachverhaltsfeststellung herangezogen wurde, sowie aus der Position des UNHCR „Erwägungen zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (Aktualisierung V)“ vom November 2017, die laut dem InterimsIeitfaden des UNHCR zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, vom Februar 2020, weiterhin gültig ist, sowie aus dem genannten UNHCR - InterimsIeitfaden. Es handelt sich um Berichte anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der entscheidungswesentlichen Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben bzw. der Situationsdarstellung, zu zweifeln. Auch bei Bedachtnahme auf die instabilen und sich rasch ändernden Verhältnisse in Syrien bestehen keine Anhaltspunkte, dass die herangezogenen Berichte bzw. die Situationsdarstellung ihre Aktualität bereits verloren haben bzw. hat. Ausgehend davon ist angesichts der Feststellungen im Bescheid die aktuelle Lage in Syrien, insbesondere die Lage in A. bzw. in Südsyrien, als seit der behördlichen Entscheidung im Wesentlichen unverändert anzusehen, zumal auch den behördlichen Feststellungen keine Stabilität und „Normalisierung“ der Lage in Syrien zu entnehmen ist. Aus den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen ergibt sich ebenso, dass in Syrien (islamistische) Rebelleneinheiten präsent sind, etwa in A. bzw. in Südsyrien, und dass in Syrien schwere Kampfhandlungen, etwa zwischen regierungstreuen Kämpfern und Rebelleneinheiten, stattfinden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 idgF (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 idgF (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Zur Frage der Aberkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status eines Asylberechtigten abzuerkennen, wenn

-        ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt (Z 1);

-        einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist (Z 2) oder

-        der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 3).

Gemäß § 7 Abs. 3 erster Satz AsylG kann das Bundesam

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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