Entscheidungsdatum
27.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W122 2235303-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Thomas STOIBERER, gegen den Bescheid des Personalamtes Salzburg der Österreichischen Post AG vom 23.06.2020, GZ 0600-500187-2020, betreffend Einstellung eines Säumnisverfahrens und Jubiläumszuwendung:
A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid des Leiters des Personalamtes Salzburg der Österreichischen Post AG vom 23.06.2020, GZ 0600-500187-2020, wurden der Antrag des Beschwerdeführers vom 04.07.2016 und 27.03.2019 auf Zuerkennung einer Jubiläumszuwendung aus Anlass seines 25-jährigen Dienstverhältnisses gemäß § 20c Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 abgewiesen und das Säumnisverfahren eingestellt. Dieser Bescheid, adressiert an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, wurde am 29.07.2020 zugestellt.
Die vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 32 Abs. 2 AVG endete daher am 26.08.2020.
2. Die dagegen erhobene hier gegenständliche Beschwerde wurde am 27.08.2020 zur Post gegeben und langte am 28.08.2020 beim Personalamt Salzburg der Österreichischen Post AG ein.
Am 17.09.202017 wurde der bezughabende Verwaltungsakt (samt Beschwerde) seitens der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
3. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts erging mit Schreiben vom 29.09.2020 ein Verspätungsvorhalt, in welchem der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, zur mit 27.08.2020 nicht fristgerecht ergangenen Beschwerdeeibringung, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens, schriftlich Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2020, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht ebenfalls mit selbigem Tag, brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht eine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt und vorsichtshalber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde am Bundesverwaltungsgericht zu W122 2235303-2 protokolliert.
Der Beschwerdeführer führt in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt aus, dass am Rückschein zwar die Übernahme mit 29.07.2020 aufscheine, jedoch sich auf dem Originalkuvert kein Übernahmenachweis befinden würde, sondern lediglich ein Eingangsstempel der Kanzlei vom 30.07.2020. Daher sei in diesem Fall auch seitens der Sekretärin der 30.07.2020 als Fristbeginn eingetragen und das Ende der vierwöchigen Frist mit 27.08.2020 festgesetzt worden. Es würde auch keinen Zweifel geben, dass die Sekretärinnen gewissenhaft arbeiten, weshalb auf die Richtigkeit deren Eintragungen vertraut werden könne.
Ebenso sei rekonstruiert worden, dass zu dieser Zeit die Zusteller nicht in die Kanzlei gekommen wären, sondern einen Verständigungszettel in den Briefkasten geworfen hätten. Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 4 ZustG habe eine Zustellung ausschließlich an die Kanzlei zu erfolgen, weshalb eine Hinterlegung gesetzeswidrig sei. Die diesbezüglichen Missstände seien in einem Schreiben an den Präsidenten des LG Salzburg thematisiert worden.
Auf dem Rückschein sei ein Orts- und Tagesstempel, der zeigen würde, dass am 29.07.2020 hinterlegt worden sei, jedoch könne die Tageszeit auf diesem nicht mehr gelesen werden, weshalb dieses Schriftstück auch erst am 30.07.2020 von der Sekretärin abgeholt worden sein könnte. Die betreffende Mitarbeiterin könne sich noch an die Zustellung erinnern, weil sie von der Postfiliale verständigt worden sei, dass das Schriftstück zur Abholung bereitliegen würde. Ob dieses dann am 29.07.2020 nach Dienstschluss oder am 30.07.2020 vor Dienstbeginn geholt worden sei, sei ihr nicht mehr erinnerlich. Aufgrund der Urlaubszeit habe für sie damals ein starker Arbeitsanfall geherrscht, weshalb der Eingangsstempel auch fehlerhaft gewesen sei. Jedoch könnte es auch sein, dass beim Postamt ein Fehler gemacht worden sei und dort der Stempel nicht richtig umgestellt worden sei.
Jedenfalls sei die Zustellung durch Hinterlegung rechtswidrig gewesen. Dieser Zustellmangel würde geheilt werden, wenn das Schriftstück tatsächlich dem Anwalt zugehe. Auch wenn das Schriftstück bereits am 29.07.2020 übernommen worden sei, sei dieses erst einen Tag später dem Anwalt zugegangen. Die Zustellung sei auch fehlerhaft gewesen, weil der Rückschein schon vom Originalkuvert abgenommen worden sei, bevor dieses abgestempelt worden sei, zumal dieses nicht abgestempelt worden sei. Dieser Mangel würde erst durch tatsächliches Zugehen an den Anwalt heilen. Dass die Post verwirrend arbeite sei dem Rückschein zu entnehmen, der auch in Hall in Tirol abgestempelt wurde. Aufgrund der nicht gesetzeskonformen Zustellung und der Situation betreffend den Arbeitsanfall in der Kanzlei sei gegenständlich von einem unvorhergesehen und unabwendbaren Ereignis auszugehen, wobei das stressbedingt fehlerhafte Abstempeln durch die sonst zuverlässige Sekretärin einen minderen Grad des Versehens darstellen würde.
Daher sei der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch begründet und, da der gefertigte Rechtsanwalt erst durch den Verspätungsvorhalt von der Fristversäumung Kenntnis erlangt hatte, fristgerecht eingebracht.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurden eine eidesstattliche Erklärung der Sekretärin, ein Schreiben an den Gerichtspräsidenten des LG Salzburg, das Originalkuvert und der Originalbescheid angeschlossen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Bescheid vom 23.06.2020, GZ 0600-500187-2020 wurde am 29.07.2020 hinterlegt und von einem Bevollmächtigten des anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers übernommen. Die Beschwerde wurde am 27.08.2020 – also mehr als 4 Wochen nach Zustellung des Bescheides - zur Post gebracht. Der vollumfänglich bevollmächtigte Anwalt des Beschwerdeführers war im Zeitpunkt der Zustellung nicht ortsabwesend.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Erkenntnis des W122 2235303-2/2E am 25.11.2020 abgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Der im Verwaltungsakt erliegende Rückschein hat als Zustellversuch den 27.07.2020 vermerkt. Als Beginn der Abholfrist ist der 29.07.2020 vermerkt. Die Einbringung der Beschwerde am 27.08.2020 ergibt sich aus dem Datum des Poststempels des Kuverts der Beschwerde.
Sämtliche Elemente, die zur Beurteilung notwendig sind, waren zweifelsfrei und ohne weitere Ermittlungsnotwendigkeit dem vollständigen Verwaltungsakt zu entnehmen.
Der 27.08.2020 findet sich sowohl auf der Beschwerde als auch am Poststempel des Kuverts, mit dem die Beschwerde eingebracht wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) lautet auszugsweise:
„Beschwerde
Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§7 …
(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1.in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, …“
Das Zustellgesetz lautet auszugsweise:
„Hinterlegung
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 33 Abs. 1 AVG durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
I. Zustellung durch Hinterlegung:
Gemäß § 22 Abs. 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
Bei dem vorliegenden maßgeblichen Rückschein (Formular 4/1 zu § 22 des Zustellgesetzes (Rückschein bei gewöhnlicher Zustellung), vgl. § 1 der Zustellformularverordnung) handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen; als öffentliche Urkunde begründet aber nur ein "unbedenklicher" - dh die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges (vgl. VwGH 30.01.2014, 2012/03/0018 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung etwa VwGH 28.10.2008, 2007/05/0205, mwH; VwGH 03.09.2002, 2002/03/0156; vgl auch VwGH 06.11.2013, 2013/05/0033).
Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung (vgl. etwa VwGH 30.3.2017, Fr 2015/07/0001, mwN). Als öffentliche Urkunde begründet eine "unbedenkliche" - d.h. die gehörige äußere Form aufweisende - Hinterlegungsanzeige die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Der Hinweis auf einen internen Vermerk eines Postmitarbeiters auf dem hinterlegten Schriftstück stellt für sich allein keinen Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit der Hinterlegungsanzeige dar (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/06/0262).
Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG. Unterbleibt die Hinterlegungsanzeige, so tritt eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG nicht ein. Zwar macht ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung; allerdings ist der Gegenbeweis (etwa, dass der in der Urkunde bezeugte Vorgang unrichtig ist; vgl. § 292 Abs. 2 ZPO) möglich (vgl. VwGH 19.10.2017, Ra 2017/20/0290 unter Hinweis auf VwGH 24.02.2009, 2008/06/0233).
II. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Der § 33 Abs. 1 VwGVG lautet: “Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.“
Zum Wiedereinsetzungsantrag hat der VwGH ausgeführt:
Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfasst jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (Hinweis E 27.6.1985, 85/16/0032; E 24.11.1986, 86/10/0169 bis 0171). Von einem minderen Grad des Versehens kann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Wiedereinsetzungswerber die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht lässt (Hinweis E 25.9.1991, 91/16/0046) (VwGH vom 15.09.2005, 2004/07/0135).
Zwar kann ein "Ereignis" iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG auch in einem Rechtsirrtum bestehen. Dieser kann darüber in Betracht kommen, dass bereits die Hinterlegung eines Zustellstücks und nicht erst dessen Behebung die Wirkung der Zustellung begründet. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt ist dieser Irrtum allerdings durch entsprechendes Nachfragen zu beseitigen (VwGH vom 17.07.2008, 2007/21/0227).
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist auch, dass der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden bzw. ohne das Verschulden seines Vertreters, das ebenfalls dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, gehindert war eine Frist einzuhalten.
Das Versehen eines Kanzleibediensteten ist für einen Rechtsanwalt (und damit für die von ihm vertretene Partei) nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ohne sein Verschulden die Einhaltung der Frist verhinderte, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleibediensteten nachgekommen ist (VwGH vom 31.01.1990, 89/03/0254).
Der bevollmächtigte Rechtsanwalt muss die Aufgaben, die aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit erfüllen, als er sich zu ihrer Wahrnehmung seiner Kanzlei als seines Hilfsapparates bedient. Er muss gegenüber diesem Apparat alle Vorsorgen treffen, die die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben gewährleisten, die ihm nach dem Bevollmächtigungsvertrag obliegen. Insoweit der Rechtsanwalt diese Vorsorgen nicht in der Art und in dem Maß getroffen hat, wie es von ihm je nach der gegebenen Situation zu erwarten war, kommt ein Verschulden an einer späteren Fristversäumung in Betracht. Insbesondere muss der bevollmächtigte Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dabei wird durch entsprechende Kontrollen unter anderem dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Ein Rechtsanwalt verstößt danach auch dann gegen eine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (VwGH vom 29.04.2011, 2009/02/0281).
Der Vorgang, wonach die gesamte Eingangspost einer Rechtsanwalt-Kanzlei geöffnet wird, die den Kuverts entnommenen Schriftstücke auf einem Stapel - und getrennt davon - die leeren Kuverts auf einem weiteren Stapel gesammelt und in der Folge, nachdem alle Schriftstücke in der Postmappe abgelegt wurden, die leeren Kuverts weggeworfen werden, stellt einen groben Organisationsmangel dar, der, wenn dies in der Kanzlei des Rechtsanwaltes üblich war, auch nicht mehr als minderes Versehen eingestuft werden kann. Bei der geschilderten "Überlastung" des Schreibtisches ist bei der gewählten Methode von zwei Stapeln auf einem Schreibtisch, von denen einer unbesehen weggeworfen wird, das Eintreten eines Umstandes, nämlich dass ein ungeöffnetes Poststück mit dem Kuvert weggeworfen wird, geradezu vorprogrammiert, wenn nicht vor dem Wegwerfen die geleerten Kuverts dahin überprüft werden, ob sich in ihnen noch Schriftstücke (oder Beilagen) befinden (VwGH vom 14.04.1994, 93/06/0159).
Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist ist grundsätzlich immer der Rechtsanwalt selbst verantwortlich (vgl. E 28. Jänner 2004, 2003/12/0166). Im Hinblick auf die Bedeutung für die Wahrung der Rechtsmittelfrist besteht in Bezug auf das Zustelldatum eine besondere Prüfpflicht (vgl. B 27. April 2016, Ra 2016/05/0015), (VwGH vom 31.05.2017, 2017/22/0064).
Das Zustelldatum unterliegt einer besonderen Prüfungspflicht, zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Der RA hat daher die eingehende Post täglich der erforderlichen Kontrolle zu unterstellen, um Unzukömmlichkeiten bei der Anmerkung des Zustelldatums zu vermeiden. Wenn er einen ganzen Tag dienstlich abwesend ist, so hat er, sofern er nicht einen Vertreter betraut hat, am darauffolgenden Arbeitstag die Fristen betreffenden Poststücke einer besonders sorgfältigen Prüfung hinsichtlich des Tages des Einlaufes zu unterziehen. Mit der Behauptung, es habe sich bei den Angestellten des RA um langjährige erfahrene Kräfte gehandelt, ist für den Wiedereinsetzungswerber nichts gewonnen, weil den RA eine besondere Überwachungspflicht trifft, mit diesem Vorbringen aber nicht dargelegt ist, dass der RA dieser Pflicht konkret nachgekommen ist (VwGH vom 08.07.1992, 92/03/0093).
Der Fristenkontrolle ist vom Rechtsvertreter ein besonderes Augenmerk zu widmen. Daher hat er auch durch entsprechende Kontrollmaßnahmen sicherzustellen, dass ihm tatsächlich die gesamte eingehende Post täglich vorgelegt wird. Die Weisung allein, dass ihm die Schriftstücke vorzulegen sind, ohne entsprechende Kontrolle ist nicht ausreichend (Hinweis E 8.7.1992, 92/03/0093). Kommt der Rechtsvertreter des Antragstellers der ihn treffenden Überwachungspflicht allgemein oder im besonderen Falle nicht nach, kann von einem bloß minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs 1 VwGG keine Rede sein (VwGH vom 18.11.1992, 92/03/0104).
Im Zusammenhang mit der von einem Rechtsanwalt vorzunehmenden Kontrolle bei der Fristeintragung geht es nicht darum, dass man dem Rechtsanwalt zusinnt, in jedem einzelnen Fall die Eintragung seiner Kanzleiangestellten im Terminkalender zu überprüfen, sondern darum, dass man von einem Rechtanwalt wohl erwarten kann, sich bei der Abfassung der Rechtmittelschrift selbst über deren Rechtzeitigkeit oder Verspätung schlüssig zu werden (VwGH vom 20.02.2003, 2000/07/0287).
Beurteilung des konkreten Sachverhaltes:
Dass der Beschwerdeführer bzw. die ihm zuzurechnende Rechtsvertretung die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Personalamtes Salzburg der Österreichischen Post AG vom 23.06.2020, GZ 0600-500187-2020, versäumte, ist der im Verfahrensakt beiliegenden Kopie des Rückscheins zu entnehmen.
In gegenständlichem Fall ist von einer ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung auszugehen, zumal auf dem Rückschein sowohl das Datum des Zustellversuchs, als auch das Datum der Hinterlegung befinden und beides einwandfrei zu erkennen ist. Wird in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt geltend gemacht, dass im am Rückschein befindlichen Orts- und Tagesstempel als Hinterlegungsdatum zwar der 29.07.2020 ersichtlich ist, jedoch man die Uhrzeit der Hinterlegung nicht einwandfrei erkennen könne, weil daraus der Rückschluss gezogen werde können, dass das Schriftstück erst nach den Bürozeiten zur Abholung bereitgestanden sei, weshalb dieses erst einen Tag später in die Sphäre der Anwaltskanzlei gekommen sei, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass dem Gesetzeswortlaut in § 17 Abs. 3 ZustG zu entnehmen ist, dass der Lauf dieser Frist mit dem Tag beginnt, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Dies ist aufgrund des Poststempels einwandfrei der 29.07.2020. Dass die Hinterlegung während der Bürozeiten zu erfolgen habe ist weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung zu entnehmen. Vielmehr wurde auch die Übernahme mit dem 29.07.2020 unterschriftlich bestätigt.
Aufgrund der auf dem Rückschein ersichtlichen Daten, ist von einer ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung auszugehen. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen. Dies war mit der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt samt beigefügter Schriftstücke jedoch nicht der Fall. Das Schreiben an den Gerichtspräsidenten des LG Salzburg führt einen Missstand an, dass eingeschriebene Schriftstücke ohne Einholung einer Unterschrift in den Briefkasten geworfen werden würden, wodurch keine rechtmäßige Zustellung erfolgt wäre. Dies treffe aber auf den gegenständlichen Fall nicht zu, zumal eine Hinterlegungsanzeige im Briefkasten zurückgelassen wurde. Dass der Zusteller sich nur einen Weg ersparen habe wollen, weil er sich den Weg zur Kanzlei ersparen habe wollen, ist lediglich eine nicht ausreichend begründete Vermutung. Für das erkennende Gericht ist anhand dieser Vermutung keine ausreichende Begründung für eine Rechtswidrigkeit der Zustellung zu sehen, zumal einerseits der Zustellversuch auf dem Rückschein vermerkt wurde und die Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle, wo der Zusteller auch vermuten hat können, dass keine Ortsabwesenheit vorliegt. Bezüglich der Beweiskraft dieses Schriftstücks hält das erkennende Gericht fest, dass diesem Schreiben auch keine Sendebestätigung oder ein etwaiges Antwortschreiben des Landesgerichts Salzburg beigefügt wurde.
Schriftstücke gelten lediglich als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Dies liegt allerdings hier nicht vor, denn aus den Angaben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers geht eindeutig hervor, dass die Kanzlei nicht geschlossen war und somit keine Ortsabwesenheit vorliegt.
Ebenfalls waren es nicht ausreichend begründet, die Rechtmäßigkeit der Zustellung zu widerlegen, weil ein Stempel auf dem Originalkuvert gefehlt habe, denn die Ordnungsgemäßheit der Zustellung hat, zumal der Rückschein einen rechtmäßigen Zustellvorgang bescheinigt und den 29.07.2020 als Hinterlegungsdatum aufweist.
Dass der Orts-Tages-Stempel seitens der Mitarbeiter der Postfiliale nicht rechtzeitig umgestellt wurde, konnte nicht ausreichend begründet werden. Vielmehr muss dies als Versuch gewertet werden, von den eigenen, der Kanzlei zuzurechnenden Fehlern ablenken zu wollen, zumal das Datum des Poststempels den 29.07.2020 aufweist und das Datum der Übernahmebestätigung auch mit 29.07.2020 ausgewiesen ist. Es ist daher wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass das Schriftstück am 30.07.2020 hinterlegt und abgeholt wurde. Für den Beginn des Fristenlaufs ist bei der Zustellung durch Hinterlegung ausschließlich das Datum der Hinterlegung beim Postamt, wo das Schriftstück zur Abholung bereitgehalten wird.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar war, warum die angeführte Angestellte nicht das Poststück abholen hätte dürfen. Dem seitens des Rechtsanwalt zitierten § 13 Abs. 4 ZustG ist zu entnehmen, dass durch Organe eines Zustelldienstes an bestimmte Angestellte nicht oder nur an bestimmte Angestellte zugestellt werden darf, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat. Einerseits hat der Rechtsvertreter nicht in Schriftform beim Zustelldienst bekannt gegeben hat, dass die genannte Kanzleikraft von der Zustellung ausgeschlossen wäre, anderseits hat die genannte Kanzleikraft auch keinen Einfluss auf die Zustellung, die bereits durch Hinterlegung erfolgt ist. Die Abholung an sich ändert nichts am Zustellungsdatum. Es ist unerheblich, wann dieses Schriftstück dem Rechtsvertreter tatsächlich zugegangen ist, zumal die Zustellung durch Hinterlegung rechtmäßig war und daher dieses Datum für den Beginn des Fristenlaufs entscheidend war.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers moniert in seiner Stellungnahme ebenfalls, dass er eine Kanzleikraft zur Abholung der Schriftstücke schicke und er diese für diesen Weg zu bezahlen habe, jedoch habe er nicht darlegen können, warum die Zustellung durch Hinterlegung rechtswidrig gewesen sein sollte.
Es konnte sohin nicht aufgezeigt werden, dass die Zustellung nicht rechtmäßig erfolgt sei.
Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. Dieses Fristerfordernis hat der Beschwerdeführer erfüllt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt:
Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein Verschulden an der Versäumung hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein Ereignis ist unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis jedenfalls dann, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann (VwGH 31.03.2005, 2005/07/0020). Die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit ist dann noch gewahrt, wenn der Partei (oder ihrem Vertreter) in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein minderer Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB) unterläuft (VwGH 01.06.2017, Ra 2017/06/0040), wobei auch unvertretene Parteien bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft (VwGH 25.09.2018, Ra 2016/05/0018). Ein minderer Grad des Versehens liegt nur dann vor, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht (VwGH 22.11.1996, 95/17/0112; 23.05.2001, 99/06/0039; 01.06.2006, 2005/07/0044).
Jegliches Geschehen (also auch sogenannte psychologische Vorgänge wie Vergessen, Verschreiben, sich irren usw.) kann als "Ereignis" iSd § 33 VwGVG gewertet werden (vgl zu § 71 Abs 1 AVG VwGH 31.03.2005, 2005/07/0020). Auch ein Rechtsirrtum oder die Unkenntnis von Rechtsvorschriften kann einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, wenn die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes oder nur leichtes Verschulden, vorliegen (VwGH 11.05.2017, Ra 2017/04/0045). Wird ein solcher Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht, ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Partei (oder ihren Vertreter) an der Unkenntnis der Rechtslage bzw. am Rechtsirrtum ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden trifft (VwGH 16.09.1999, 99/20/364; 30.04.2001, 2001/03/0183; 25.05.2007, 2006/12/0219). Eine der Wiedereinsetzung entgegenstehende auffallende Sorglosigkeit nahm der VwGH beispielsweise an, wenn die Rechtsunkenntnis bzw. der Rechtsirrtum hätte vermieden werden können durch die aufmerksame Lektüre des Bescheids (VwGH 31.07.2007, 2006/05/0089), und zwar nicht nur des Spruchs, sondern insbesondere auch der Rechtsmittelbelehrung (VwGH 26.02.2003, 2002/17/0279; 09.06.2004, 2004/16/0096).
Es bedarf von Seiten des Rechtsanwaltes im Rahmen der Ausübung seiner anwaltlichen Sorgepflichten eines Kontrollsystems, welches geeignet ist, im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers besteht das Kontrollsystem darin, dass das Schriftstück abgestempelt wird und die Frist in ein Terminbuch eingetragen wird. Abgesehen von stichprobenweisen Kontrollen und Nachfragen von Unklarheiten durch den Rechtsanwalt, basiert das Kontrollsystem in der Kanzlei ausschließlich auf der Vertrauensbasis zwischen dem Rechtanwalt und seinen Sekretärinnen. Sohin fehlt aber ein entsprechendes Kontrollsystem über die Überprüfbarkeit des richtigen Datums des Eingangsstempels (wie zum Beispiel die Anweisung, jedes Kuvert an die eingegangenen Schriftstücke zu hängen, um eine Überprüfbarkeit der Eingangsstempel durch den Rechtsanwalt zu gewährleisten) Das Fehlen eines wirksamen Kontrollsystems begründet bereits ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Fristversäumung.
In der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt wurde dazu entgegnet, dass es einen klar strukturierten Ablauf, welcher sämtlichen Mitarbeiterinnen wohl bekannt und ausnahmslos einzuhalten sei, gebe. Damit wird nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aber lediglich ein Kontrollmechanismus dargetan, nämlich die nachprüfende Kontrolle des Beginns der Hinterlegungsfrist bzw. des Fristenlaufs durch einen Rechtsanwalt, der nur stichprobenartig durchgeführt wird. Die anderen Ausführungen beziehen sich lediglich auf manipulative Kanzleiabläufe im Zusammenhang mit eingelangten und hinterlegten Schriftstücken. Wie sich anhand des gegenständlichen Falles zeigt, ist dieser Kontrollmechanismus aber nicht geeignet, Fehler der Mitarbeiter im Zusammenhang mit Fristberechnungen hintanzuhalten, obwohl es nicht von der Hand zu weisen ist, dass bei diesen Tätigkeiten Fehler unterlaufen können, wie zB das Entsorgen oder Verwechseln von Kuverts oder Fehler bei der richtigen Einstellung von Eingangsstempeln.
Das erkennende Gericht kann im gegenständlichen Fall ein besonderes Augenmerk der Rechtsvertreter bei der Fristenkontrolle – wie von der Rechtsprechung gefordert - nicht erkennen. Offenbar werden von den Kanzleimitarbeitern nach dem Öffnen der Kuverts die Schriftstücke mit einem Datumsstempel zur Protokollierung des Eingangs versehen. Dann vermerken die Mitarbeiter handschriftlich auf den Schriftstücken Fristen; wie im gegenständlichen Fall den 27.07.2020. Auf das Anführen einer Vorfrist, durch die ein etwaiger Berechnungsfehler bei der Frist noch zeitgerecht hätte erkannt werden können, wurde ebenfalls verzichtet. Eine tägliche Kontrolle der eingehenden Post durch den Rechtsanwalt im Allgemeinen und am 30.07.2020 durch diesen im Speziellen wird mit diesen Ausführungen aber nicht dargetan.
Wie dem o.a. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.07.1992, Zl. 92/03/0093, zu entnehmen ist, unterliegt das Zustelldatum einer besonderen Prüfungspflicht, zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Der Rechtsanwalt hat daher die eingehende Post täglich der erforderlichen Kontrolle zu unterstellen, um Unzukömmlichkeiten bei der Anmerkung des Zustelldatums zu vermeiden. Aus den geschilderten Abläufen in der Kanzlei der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ist eine solche Überprüfung nicht erkennbar.
Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers bringt im Wiedereinsetzungsantrag vor, dass die an diesen Tagen zuständige Sekretärin, aufgrund von Urlaubsabwesenheiten, beauftragt worden sei, am 29.07.2020 und am 30.07.2020 die Poststücke in der Kanzlei abzustempeln und deren Fristende zu vermerken. Dies sei eigentlich nicht ihre Aufgabe gewesen und sie habe sich durch den erhöhten Arbeitsanfall in einer Stresssituation befunden. Sie habe das Schriftstück wohl bereits am 29.07.2020 vom Postamt übernommen und diesen am folgenden Tag mit 30.07.2020 in der Kanzlei abgestempelt und fälschlicherweise von diesem Datum auch das Fristende mit 28.07.2020 berechnet.
Sowohl in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt, als auch in der dieser beigefügten Eidesstaatlichen Erklärung der Mitarbeiterin wird ausgeführt, dass es sich bei der Mitarbeiterin der Rechtsanwaltskanzlei, deren Handeln dem Rechtsanwalt zugerechnet wird, um eine äußerst gewissenhafte Mitarbeiterin mit langjähriger Erfahrung, der ein derartiger Fehler noch nicht unterlaufen sei, handle. Die irrtümlich fehlerhafte Berechnung der Beschwerdefrist sei auf eine Stresssituation zurückzuführe gewesen, die durch den überdurchschnittlich hohen Arbeitsanfall für die besagte Mitarbeiterin zurückzuführen gewesen sei, weshalb von einem unvorhergesehen und unabwendbaren Ereignis ausgegangen werden müsse, zumal dies auch jeder noch so gut ausgebildeten Sekretärin passieren könne.
Hiezu ist zu erwähnen, dass der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits in seinem Erkenntnis vom 15.09.1994, Zahl 93/09/0452 hervorgehoben hat, die Behauptung beruflicher Überlastung stelle keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Nun wurde im Wiedereinsetzungsantrag selbst vorgebracht, dass es sich bei der für den in diesem Beschwerdeverfahren zuständigen Rechtsvertreters tätigen Mitarbeiterin, um eine sehr gewissenhafte Person handle. Gerade dann kann von ihr ein besonders hoher Sorgfaltsmaßstab erwartet werden und ist die irrtümlich fehlerhafte Berechnung der Beschwerdefrist wohl als eines der wichtigsten, wenn nicht als das wesentlichste Moment für die Einbringung eines Rechtsmittels zu werten.
Zudem wird von der Judikatur an die Sorgfaltspflichten bei "beruflichen" rechtskundigen Parteienvertretern ein strengerer Maßstab angelegt als bei anderen, (rechtsunkundigen) Personen (VwGH 19.09.1991, 91/06/0067; 01.06.2006, 2005/07/0044; 23.06.2008, 2008/05/0529, vgl. auch Hengstschläger Rz 606, Kunnert 193, Thienel 323). Unabhängig davon, dass das Handeln der hier tätigen Mitarbeiterin des eingeschrittenen Rechtsvertreters, dem das Fehlverhalten seiner Mitarbeiter zuzurechnen ist, ist aufgrund ihrer jahrelangen Berufserfahrung als jedoch als rechtskundig anzusehen. Daher kann sie sich demnach nicht einmal selbst auf die "herabgesetzte" Sorgfaltspflicht einer rechtsunkundigen Person berufen. In Anbetracht der Bedeutsamkeit der Wahrung von Rechtsmittelfristen trifft dem Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung sohin ein Verschulden, das den minderen Grad des Versehens übersteigt (VwGH vom 11. September 2013, 2013/02/0152; VwGH vom 16. September 2011, 2008/02/0104).
Schließlich muss ich der Beschwerdeführer das Verschulden seines Vertreters auch zurechnen lassen (VwSlG 7671 A/1969, VwGH, 24.01.1996, 95/21/1238; 31.07.2007, 2006/05/089; Helbling 474; Hengstschläger, Rz 606, Mannlicher/Quell § 71 Anm 5; Thienel 323, Walter ÖJZ 1961, 23; Walter/Mayer Rz 618).
Es liegt im Übrigen kein minderer Grad des Versehens vor, weil. eine für den Rechtsvertreter aufgrund eines Dienstverhältnis tätig werdende Person bzw. der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers selbst bei gehöriger und zumutbarer Sorgfalt diesen Irrtum der fehlerhaften Berechnung der Beschwerdefrist - spätestens nach erfolgter "Nachkontrolle" - erkennen hätten müssen und dieser so abwendbar gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer hat somit keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht, weil das Einbringen der Beschwerde zu einem falschen (verspäteten) Zeitpunkt bei gehöriger Aufmerksamkeit und der ihm zumutbaren Sorgfalt verhindert hätte werden können. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist sind daher nicht erfüllt, sodass der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abzuweisen ist.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich unzweifelhaft, dass der im Spruch genannte Bescheid dem Beschwerdeführer am 29.07.2020 durch Hinterlegung zugestellt wurde und sohin rechtswirksam erlassen worden war. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete sohin mit Ablauf des 26.08.2020. Die am 27.08.2020 eingebrachte Beschwerde ist daher verspätet eingebracht worden. Der Beschwerdeführer nahm auf den Verspätungsvorhalt durch das Bundesverwaltungsgericht Stellung und brachte mit dieser am 09.10.2020 in eventu einen Antrag auf Wiedereinsetzung ein. Hierbei wies er auch darauf hin, dass eine versäumte Verfahrenshandlung nicht vorliege, weil die Beschwerdeerhebung zeitgerecht erfolgte. Die Verspätung der Beschwerde ist aber offensichtlich.
Da der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2020, W122 2235303-2/2E, als unbegründet abgewiesen wurde, war die Beschwerde vom 27.07.2020 verspätet und daher zurückzuweisen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Die Aktenlage lässt erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wobei dem auch die Grundrechte nach Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegenstehen, weil dafür im Fall von Wiedereinsetzungsanträgen darauf abzustellen ist, ob es nach dem innerstaatlichen Recht für die Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrags in rechtlicher Hinsicht auf eine im Einzelfall strittige Beweislage ankommt [vgl. etwa den Fall EGMR 08.06.2010, Motion Pictures Guarantor Ltd gg. Serbien, Beschw. Nr. 28.353/06, Rz. 33-35], was im vorliegenden Beschwerdefall nicht der Fall ist.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.
Die Frage der Fristberechnung ist weder rechtlich noch sachlich unklar oder besonders kompliziert.
Schlagworte
Fristenlauf Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung durch HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2235303.1.00Im RIS seit
01.02.2021Zuletzt aktualisiert am
01.02.2021