TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/15 I419 2150908-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

I419 2150908-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , StA. SUDAN, vertreten durch VMÖ und MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.03.2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A) 1. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Sudan zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.

2. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

3. Spruchpunkte II, III und IV des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im Juli 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers betreffend die Status des Asyl- und des subsidiär Schutzberechtigten bezogen auf Sudan ab (Spruchpunkte I und II), erteilte keinen Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan zulässig sei (Spruchpunkt III) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe zwei Pflichtdienste absolviert, zunächst ein Training von 45 Tagen im „National Service Training Center“, dann nach seinem Universitätsabschluss einen „Zivildienst“ beim National Service für neun Monate als Wache bei einem Ministerium. Da er sich während seiner anschließenden zivilen Berufstätigkeit freiwillig beim Militär als Flugzeugelektriker beworben habe, sei eine 6-monatige unbezahlte allgemeine Militärausbildung als Basis dafür erforderlich gewesen. Nach dieser habe man ihn aber nicht als Elektriker eingeteilt, sondern in die „Sudan People’s Armed Forces“, und er hätte in Darfur kämpfen sollen.

Weil er den „Dienst an der Waffe“ verweigert habe, sei er geschlagen und in Einzelhaft genommen worden, worauf er vorgegeben habe, doch kämpfen zu wollen, und freigelassen worden sei, was ihm die Flucht ermöglicht habe. Auch wenn er in einen anderen Landesteil verzogen wäre, hätte ihn das Militär „jederzeit finden“ können.

3. Im Beschwerdeverfahren legte der Beschwerdeführer Medienberichte sowie Auszüge aus den Jahresberichten von Human Rights Watch 2017 und 2018, Medienberichte von BBC und Al Jazeera von 2019 sowie Integrationsunterlagen vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Mitte 30, Araber, Sunnit und kinderlos. Er ist Staatsangehöriger des Sudan, in Wad Medani (Madani) geboren und bei seiner Familie in Khartoum Bahri aufgewachsen („Khartoum North“ nördlich der Hauptstadt). Dort hat er im Viertel Yousif (El-Haj Yousif, Al Haj Yousif) gewohnt, in der Nachbarschaft Dar Al Salam, und ging in der Nachbarschaft Redmia ins Gymnasium. An der örtlichen Universität (Sudan University of Science and Technology) in Khartum hat er Physik studiert und 2007 ein Bakkalaureat in Naturwissenschaften erworben.

Nach dem Studium hat er bis 2012 in Khartum als Straßenverkäufer für Lebensmittel gearbeitet und eine Autorikscha gelenkt, wovon er sehr gut leben konnte. Sein Vater hat eine Landwirtschaft in Umm Dokhun (Um Dukhun) im Bezirk Habillah, in West-Darfur an der Grenze zum Tschad. Seine Eltern, ca. Mitte und Anfang 60, sind nach der Ausreise des Beschwerdeführers mit dessen sechs Brüdern, ca. 20 bis Ende 30, und seiner Schwester, Anfang 30, dorthin gezogen. Die Familie betreibt dort die Landwirtschaft mit einem Haus, Feld, Schafen und Kühen, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreitet.

Nach eigenen Angaben war der Beschwerdeführer von September 2010 bis Februar 2016 verheiratet und ist nun geschieden. Er hat ferner angegeben, dass er mit seiner Familie keinen Kontakt hat, auch nicht zur früheren Gattin.

Der strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, verfügt über eine Einstellungszusage einer gemeinnützigen GmbH und studiert seit dem Wintersemester 2015/16 an der Universität Innsbruck im Masterstudium Physik. Er spricht neben Arabisch auch Deutsch, dessen Beherrschung er 2015 auf Niveau A2 und 2016 auf Niveau B1 nachgewiesen hat.

Er hält sich seit 13.07.2014 im Inland auf, dem Tag seiner Antragstellung, an dem er nach illegaler Einreise in Kärnten aufgriffen wurde, hat keine Angehörigen in Österreich, aber zu seinen früheren privaten Unterkunftsgebern eine enge Bindung aufgebaut, nimmt öfters an deren Familienfesten wie zu Ostern, Weihnachten und Geburtstagen teil, verbringt mit ihnen Zeit an Wochenenden und Feiertagen und ist bei ihren Ausflügen dabei.

Weitere Freunde hat er im Rahmen der Deutschkurse und des Studiums gewonnen, mit denen er wandern und Rad fahren geht oder gemeinsam kocht. Er besucht einen Schwimmkurs und treibt in seiner Freizeit gerne Sport. Aus mehreren Empfehlungsschreiben ergibt sich, dass er ehrenamtliche Tätigkeiten in Wohnheimen und darüber hinaus für die Rechtsträgerin der Sozialdienste der Wohngemeinde verrichtet hat und weiter verrichtet.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Der in der Beschwerde zitierten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Sudan „Einberufung Militärdienst“ ist zu entnehmen:

Der VA [Vertrauensanwalt, Anm.] berichtet, dass Desertion mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren bestraft wird. Deserteure können auch mit einem Bußgeld belegt werden, Personen die sich ihrer Einberufung nicht stellen, oder versuchen[,] den Militärdienst „durch Täuschung, oder durch Selbstverletzung“ zu vermeiden[,] können mit zwei bis drei Jahren Haft bestraft werden. […]

Zu Strafen bei Umgehung des Wehrdienstes berichtet War Resisters International ebenso, dass dies mit einer Haft zwischen zwei und drei Jahren bestraft wird. War Resisters International berichtet weiters, dass in der Praxis Wehrdienstverweigerung und Desertion weitverbreitet zu sein scheinen.

Die Regierung hat unterschiedliche Methoden zur Beobachtung von Wehrdienstverweigerung und Desertion entwickelt. Laut dem Gesetz von 1992 dürfen Personen, die zum Militärdienst einberufen wurden[,] keiner Ausbildung nachgehen oder eine Arbeit aufnehmen. Männer im wehrpflichtigen Alter dürfen das Land nicht verlassen. Sie dürfen auch keine Abschlusszeugnisse von Schulen, Colleges oder Universitäten erhalten. (…) Die Regierung betreibt Zwangsrekrutierung. Davon dürften auch Wehrdienstverweigerer und Deserteure betroffen sein. Diese werden direkt zur Armee gesendet. Es ist wenig über die Bestrafung von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren in der Praxis bekannt. Laut einer Quelle riskieren Deserteure und Personen, die Deserteuren helfen[,] Inhaftierung, schlechte Behandlung und Folter. Personen, die das Land verlassen und den Wehrdienst umgangen haben, riskieren Verhöre und Inhaftierung bei einer Rückkehr. Eine mögliche Strafe für Wehrdienstverweigerer und Deserteure könnte sein, dass sie ins Kriegsgebiet in den Süden geschickt werden.

(www.ecoi.net/en/file/local/1358913/1729_1460705672_suda-sm-mil-einberufung-wehrdienst-2015-09-23-as.doc - S. 4 f)

Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zum Irak auf Stand 02.12.2016 zitiert. Aktuell steht ein am 04.09.2018 aktualisiertes zur Verfügung, dem 2019 Kurzinformationen hinzugefügt wurden. Im gegebenen Zusammenhang sind davon die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 18.9.2019: Neue Regierung vereidigt (betrifft: Abschnitt 2 – politische Lage)

[…] Der UN-Sicherheitsrat hat einstimmig beschlossen, die UN-Mission vorerst nicht aus der Region Darfur abzuziehen. Die Lage dort gilt weiterhin als instabil. Aktuelles Ziel ist die Beendigung der Mission im Jahr 2020. Die Afrikanische Union und die UN betreiben in der Region Darfur die gemeinsame Friedensmission Unamid, deren aktuelles Mandat bis zum 31.10.2019 verlängert wurde (ZO 28.7.2019). […]

KI vom 4.6.2019: Militär greift zivile Opposition an (betrifft: Abschnitt 2 – politische Lage; 3 – Sicherheitslage; 6 – Folter und unmenschliche Behandlung; 8 – Allgemeine Menschenrechtslage)

Die Lage im Sudan ist eskaliert. Zuerst kam es am 29.5.2019 zu landesweiten Streiks, um das Militär zu einem Einlenken zu bewegen (NZZ 4.6.2019). Nun wurden beim Vorgehen gegen Demonstranten mindestens 35 von ihnen getötet und über 200 verletzt (NZZ 4.6.2019; vgl. DS 4.6.2019, TS 4.6.2019) als Angehörige der Rapid Support Forces (RSF) sowie Bereitschaftspolizei am 3.6.2019 in Khartum das Feuer eröffneten (DS 3.6.2019). Auch in Omdurman und Gedaref ist es zu Angriffen auf Sitzblockaden gekommen (AP 4.6.2019; vgl. TS 4.6.2019).

Seit Wochen forderten Demonstranten in einem Sitzstreik vor dem Armeehauptquartier in Khartum die Auflösung der Militärregierung und den Übergang zu einer Zivilregierung (NZZ 4.6.2019). Dieser Sitzstreik wurde zum Ziel, Bewaffnete umstellten das Streikgelände. Nach Tränengas- und Blendgranaten kam auch scharfe Munition zum Einsatz. In den Wochen davor kam es zwischen militärischem Übergangsrat (TMC) und Opposition zu Verhandlungen über die Bildung einer Übergangsregierung. Allerdings kam es zu keiner Einigung (DS 3.6.2019).

Am 4.6.2019 hat der Vorsitzende des TMC, Abdelfattah al-Burhan, alle bisher mit der Opposition vereinbarten Punkte aufgekündigt. Er hat erklärt, dass binnen 7-9 Monaten Wahlen abgehalten werden sollen (DS 4.6.2019; vgl. TS 4.6.2019, NZZ 4.6.2019). Gleichzeitig hat Burhan die am 3.6.2019 Gestorbenen als „Märtyrer“ bezeichnet, deren Tod er bedauert. Burhan hat den Generalstaatsanwalt mit der Untersuchung der Vorkommnisse beauftragt (CNN 4.6.2019). Gleichzeitig erklärte er aber, dass die Demonstranten für die Eskalation mitverantwortlich seien (AJ 4.6.2019).

Aufgrund der Eskalation hat die Opposition in Form der Sudanesische Berufsvereinigung (SDA) alle Gespräche mit dem TMC abgebrochen. Sie rief die Bevölkerung zum verstärkten Widerstand und zu zivilem Ungehorsam auf (DS 3.6.2019). Die führende Oppositionspartei Umma forderte dazu auf, landesweit Sitzblockaden einzurichten (Zeit 3.6.2019; vgl. TS 4.6.2019). Noch am selben Tag demonstrierten in mehreren Städten des Landes tausende Menschen (DS 3.6.2019). Zugleich errichteten Demonstranten in Khartum, Omdurman und in anderen Orten Straßensperren. Die Pilotenvereinigung und andere Berufsverbände haben mitgeteilt, sich dem Aufruf zum zivilen Ungehorsam anzuschließen (NZZ 4.6.2019).

KI vom 16.4.2019: Putsch gegen Bashir – aktuelle Lage (betrifft: Abschnitt 2 – politische Lage; 5 – Sicherheitsbehörden; 8 – Allgemeine Menschenrechtslage)

Im Sudan kam es seit Dezember 2018 zu Massenprotesten mit dutzenden Todesopfern (AJ 15.4.2019). Zunächst richteten sich die Proteste gegen Preiserhöhungen bei Benzin und Brot, später gegen die verfehlte Wirtschaftspolitik der Regierung und schließlich direkt gegen Präsident Bashir (WZ 15.4.2019; vgl. AJ 15.4.2019). Anfang April 2019 wurde Bashir dann nach 30 Jahren im Amt vom Militär gestürzt (BBC 15.4.2019), festgenommen und seither an einem unbekannten Ort festgehalten (WZ 15.4.2019; vgl. BBC 15.4.2019). Auch der Innenminister sowie der Chef der bis dahin regierenden National Congress Party (NCP) sind verhaftet worden (CNN 15.4.2019).

Die Putschisten haben einen Militärrat eingerichtet, der zwei Jahre lang regieren soll (CNN 15.4.2019; vgl. DW 15.4.2019, AJ 15.4.2019a), bevor Wahlen abgehalten werden (BBC 15.4.2019). Vorerst war der Rat von General Ibn Auf geführt worden; dieser wurde i.d.F. durch General Burhan ersetzt (BBC 15.4.2019; vgl. AJ 15.4.2019a). Ibn Auf verhängte einen dreimonatigen Ausnahmezustand (BBC 15.4.2019; vgl. AJ 15.4.2019a), die damit verbundene nächtliche Ausgangssperre ist allerdings wieder aufgehoben worden (AJ 15.4.2019b; vgl. TNYT 16.4.2019). Außerdem hat der Militärrat die Führung von Polizei, Armee und Geheimdienst ausgetauscht, Antikorruptionsmaßnahmen sowie die Freilassung politischer Gefangener angekündigt und Zensurmaßnahmen aufgehoben (BBC 15.4.2019).

Zuletzt hat die Armee vergeblich versucht, Teile der seit Tagen bestehenden Sitzblockade vor der Zentrale der Streitkräfte in der Hauptstadt Khartum zu räumen. Soldaten gaben angesichts des Widerstands der Menschen auf dem Platz auf (WZ 15.4.2019; vgl. CNN 15.4.2019, BBC 15.4.2019, TNYT 16.4.2019). Die Demonstranten wollen bleiben, bis es eine Garantie für eine Zivilregierung gibt (CNN 15.4.2019; vgl. BBC 15.4.2019, MEMO 16.4.2019). Die von der Sudanese Professionals‘ Association (SPA) angeführte Protestbewegung verlangt eine sofortige Machtübergabe an eine konsensual bestimmte Zivilregierung (MEMO 16.4.2019). Einige Demonstrantinnen haben ihr Kopftuch abgelegt – zuvor undenkbar (CNN 15.4.2019).

Die Generäle bemühen sich, in Gesprächen mit Vertretern der Opposition eine gemeinsame Übergangsregierung zu bilden. Das Militär hat zugestanden, dass der Ministerpräsident ein von den Parteien ausgesuchter Experte werden soll. Die NCP soll vom Prozess ausgeschlossen bleiben (WZ 15.4.2019; vgl. BBC 15.4.2019). Der Staatspräsident soll aus den Reihen der Streitkräfte kommen. Die SPA und andere Vertreter der Opposition fordern jedoch eine komplett zivile Regierung (WZ 15.4.2019; vgl. DW 15.4.2019) und die Auflösung des regierenden Militärrats (Welt 15.4.2019; vgl. DW 15.4.2019). Die Protestbewegung tritt für eine längere (zivile) Übergangsperiode ein, um übereilte Wahlen – wie in Libyen und Ägypten – und die damit verbundenen Probleme zu vermeiden (TNYT 16.4.2019).

Generell gibt es Befürchtungen, wonach den Sudan das Schicksal Libyens ereilen könnte (TNYT 16.4.2019). Insgesamt ist es jedoch geradezu unmöglich, die Entwicklungen der kommenden Wochen und Monate vorherzusagen. Regionale arabische Mächte werden versuchen, ihnen genehme Lösungen in Khartum zu unterstützen. Außerdem können Beobachter nicht glauben, dass das Militär tatsächlich die Macht an Zivilisten abtreten wird; die konzilianten Töne nach dem Putsch könnten der Armee dazu dienen, hinter dem Vorhang die eigene Macht abzusichern (TRT 16.4.2019). Es ist unwahrscheinlich, dass die Putschisten Interesse daran haben, dem Militär Macht zu entziehen (AJ 15.4.2019b).

1.2.2 Sicherheitslage

Die Lage ist in weiten Teilen des Landes angespannt (EDA 10.8.2018). Der Sudan ist seit Loslösung des Südens und dem Verlust eines Großteils seines Öleinkommens in einer schwierigen Situation, die wiederum zu inzwischen chronischen Phasen sozialer Unruhe führt (GIZ 8.2018a). Aufgrund sozialer Spannungen sind Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen daher immer wieder möglich (EDA 10.8.2018; vgl. FD 10.8.2018).

In einigen Landesteilen finden bewaffnete Konflikte statt. In mehreren Landesteilen besteht die Gefahr von Landminen und Blindgängern (EDA 10.8.2018). Es besteht weiterhin eine erhöhte Terrorismusgefahr im gesamten Sudan, auch wenn die letzten Anschlagsversuche einige Jahre zurückliegen. In verschiedenen Landesteilen wurden in den vergangenen Jahren vereinzelte Zellen, die Anschläge geplant hatten, durch sudanesische Behörden aufgedeckt (AA 10.8.2018). […]

Westen (Darfur): Die schwelenden Stammeskonflikte im Westen des Landes sind seit Ende 2003 zu schweren Kämpfen eskaliert (EDA 10.8.2018). Die Sicherheitslage ist noch immer prekär. Es besteht das Risiko von Entführungen. Von Reisen in alle fünf Darfur-Teilregionen - Nord-, West- und Süd-Darfur sowie nach Nordkordofan wird wegen militärischer Auseinandersetzungen und hoher Bandenkriminalität abgeraten (BMEIA 27.8.2018; vgl. EDA 27.8.2018, FD 27.8.2018). Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen sind wiederkehrend.
Außerdem kommt es zu einer Zunahme von Zusammenstößen zwischen den Gemeinschaften und der Zunahme krimineller Gewalttaten (FD 27.8.2018). Zwei Rebellengruppen (Justice and Equality Movement - JEM; Sudan Liberation Army - SLA), hervorgegangen aus schwarzafrikanischen Volksgruppen in Darfur, warfen der sudanesischen Regierung vor, die Region zu marginalisieren und die Bevölkerung zu unterdrücken. Die sudanesische Regierung reagierte, unterstützt von arabischen Milizen (den Janjaweed), auf diesen Angriff mit einem bewaffneten Feldzug (GIZ 8.2018a).

Zudem hat die Regierung sich zu einem Friedensschluss mit der bewaffneten Opposition in diesen Gebieten verpflichtet. Hierüber wird im Augenblick unter der Leitung des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Mbeki verhandelt (AA 6.11.2017).

Die an diesen Verhandlungen beteiligte bewaffnete Opposition besteht zurzeit aus „Sudanese People’s Liberation Movement-North“ (SPLM-N, aktiv in den „Two Areas“), „Justice and Equality Movement“ (JEM/in Dafur) und „Sudanese Liberation Army-Minni Minnawi“(SLA-MM, in Dafur). Zu größeren Kampfhandlungen ist es zuletzt Mitte 2016 in den Marra-Bergen in Dafur gekommen, bei denen noch einmal ca. 100.000 Menschen vertrieben wurden. Seit dieser Zeit kam es nur noch zu kleineren bewaffneten Auseinandersetzungen, da infolge der Kampfhandlungen in 2016 sowohl JEM und SLA-MM, als auch die sich jeder Verhandlung bis jetzt verweigernde Rebellengruppe von Abdul Wahid Nuer über nur noch unbedeutende militärische Präsenz in Dafur verfügen. Trotz der derzeit ruhigen militärischen Lage ist Dafur noch weit von Frieden und Sicherheit für die dortige Bevölkerung entfernt. Diese Landesteile sind keineswegs befriedet. Die von ihrem Land Vertriebenen haben noch keine Möglichkeit, in ihre Heimat zurückzukehren, da weite Teile Dafurs von Gesetzlosigkeit und der Herrschaft von lokalen Milizen geprägt sind. Die gemeinsame Friedensmission der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in Darfur (UNAMID) vermag nur in sehr begrenztem Umfang zur Verbesserung der Sicherheitslage beizutragen (AA 6.11.2017). Seit März 2018 haben erneute Kämpfe zwischen der sudanesischen Befreiungsarmee Abdul Wahid (SLA-AW) mit der sudanesischen Armee und den Rapid Support Forces (RSF) jedoch zu einer weiteren Vertreibung von Hunderttausenden von Menschen geführt, die sich in Jebel Marra in schweren humanitären und Menschenrechtskrisen befinden (AI 28.6.2018).

1.2.3 Allgemeine Menschenrechtslage

Die Verfassung gewährt allen Sudanesen die grundlegenden Menschenrechte. In jüngerer Vergangenheit kam es zu keiner nennenswerten Verbesserung der Menschenrechtslage im Sudan (AA 6.11.2017). Die Menschenrechtslage bleibt im ganzen Land weiterhin prekär (GIZ 8.2018a). Der Regierung und regierungsnahen Organisationen wird eine systematische Missachtung der grundlegendsten Menschenrechte vorgeworfen. Die Menschenrechtslage wird durch die im Land herrschenden bewaffneten Konflikte in Darfur und in den Grenzregionen zum Südsudan verschärft (GIZ 8.2018a). […]

1.2.4 Haftbedingungen

Die Haftanstalten sind überfüllt und weisen landesweit menschenunwürdige Zustände auf (Überbelegung von Zellen, mangelhafte sanitäre Einrichtungen, unzureichende medizinische Versorgung, keine durchgängige Trennung von männlichen, weiblichen und jugendlichen Gefangenen) (AA 6.11.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). […]

1.2.5 Grundversorgung

Die Versorgungslage ist in großen Teilen des Landes kritisch. Lediglich in der Hauptstadt Khartum existiert ein recht gutes Warenangebot. Über den Mindestbedarf zum Leben hinausgehende Güter sind aber auch hier für den Großteil der Bevölkerung kaum erschwinglich. In der Krisenregion Darfur versorgt die internationale Gemeinschaft im Rahmen humanitärer Hilfe über zwei Millionen Personen mit dem Nötigsten. Die staatliche Daseinsvorsorge ist hier völlig zusammengebrochen (AA 6.11.2017). Die Wirtschaft des Sudan ist durch die Landwirtschaft und die Erdölförderung geprägt. Nach der Abspaltung des Südens musste der Sudan auf 75 % seiner Ölfelder verzichten und ist seitdem von einer tiefen wirtschaftlichen Krise erfasst, mit Inflationsraten von über 20 %. In der Landwirtschaft des Sudan sind ca. 70 % der erwerbsfähigen Bevölkerung, zumeist in Subsistenzwirtschaft, beschäftigt. Ackerbau wird im Land nur an den Ufern des Nils oder im Bewässerungsanbau betrieben. Nur in wenigen Gebieten der südlichen Landesteile ist Regenfeldbau möglich (GIZ 7.2018c). Wassermangel und Wüstenbildung sind charakteristisch für weite Landesteile des Sudan und hemmen die Entwicklung. Gleichzeitig verfügt das Land über reiche Bodenschätze, darunter Öl, Erze, Edelmetalle, insbesondere Gold, das Nilwasser und potenziell fruchtbares Ackerland (AA 12.2017).

Der Sudan gehört immer noch zu den ärmsten und höchst verschuldeten Ländern der Welt. Die Ernährungslage der Bevölkerung ist vielerorts besorgniserregend, insbesondere im Westen, Osten und Süden des Landes. Neben Konflikten führen auch Dürreperioden und Überschwemmungen immer wieder zu Hungerkatastrophen, die humanitäre Hilfe erfordern (AA 12.2017).

1.2.6 Rückkehr

Es gibt keine Kenntnis von einer etwaigen besonderen Behandlung der in den Sudan zurückgeführten sudanesischen Staatsangehörigen. Allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland hat bisher nicht zu staatlichen Repressionen geführt (AA 6.11.2017).

1.3 Zu den Fluchtmotiven und zur Rückkehrperspektive des Beschwerdeführers:

1.3.1 Erstbefragt hat der Beschwerdeführer angegeben, er wolle in Europa weiterstudieren, weil er im Herkunftsstaat keine Möglichkeit für eine Studienfortsetzung habe. Es gebe keine Arbeit, das Überleben sei schwierig. Er sei von einer kriminellen Vereinigung zur Mitarbeit angeworben worden. Weil er abgelehnt habe, sei er von dieser Organisation bedroht worden. Daher fürchte er, nach einer Rückkehr ermordet zu werden.

Er habe im April 2013 den Ausreiseentschluss gefasst und sei am 04.04.2014 mit einem türkischen Monatsvisum der Botschaft im Sudan und einem vom sudanesischen Passamt ausgestellten Reisepass legal in die Türkei geflogen. Mit einem Schlauchboot sei er dann Anfang Juli nach Griechenland gelangt, von wo er ca. am 06.07.2014 mit einem LKW über Italien nach Österreich gefahren und hier am Tag der Antragstellung, dem 13.07., angekommen sei.

1.3.2 Beim dem BFA erklärte er gut 2 ½ Jahre danach, dass er den Herkunftsstaat bereits am 04.04.2013 verlassen und danach 14 Monate in der Türkei als Feldarbeiter und Hirte gelebt habe. Den Sudan habe er mit einem gefälschten Reisepass verlassen, einen anderen habe er nie besessen. Dort werde er vom Militär gesucht.

Er habe sich im August 2012, nachdem er gelesen habe, dass das Militär Akademiker suche, dort für eine Ausbildung als Flugzeugelektriker beworben und diese absolviert. Man habe ihn dort als Unteroffizier ausgebildet, was bis Anfang März 2013 gedauert habe. Danach sei er dem „Luftwaffen-Ausbildungszentrum“ (Markaz Tadrib Al Quat Al Jawya) zugeteilt, dessen Kommandant ihnen erklärt habe, sie müssten sich an den Kämpfen in Darfur beteiligen. Er habe sich als Flugzeugelektriker beworben und nicht Soldat werden wollen.

Sein Vorgesetzter habe ihn deshalb geschlagen, wobei er bewusstlos geworden und erst in der Einzelhaft wieder zu sich gekommen sei, im Militärgefängnis von Omdurman, wo er insgesamt drei Tage verbracht habe. Ein Mitgefangener namens N. M. und er hätten dann einen Plan entwickelt, wie sie legal entkommen könnten. Der Mitgefangene habe ihm geraten, sich zum Kämpfen bereit zu erklären. Daher habe er, als sein Vorgesetzter gekommen sei und ihn gefragt habe, ob er mit nach Darfur käme, bejaht. Darauf habe man ihn entlassen und ihm drei Tage Zeit gegeben, sich von der Familie zu verabschieden. Stattdessen sei er aber geflohen, zunächst nach Sinnar (Sannar, Sennar), wo er ca. 20 Tage bei einem Freund geblieben sei.

1.3.3 Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im März 2013 oder zu einem anderen Zeitpunkt im Herkunftsstaat vom Militär desertiert wäre oder sich geweigert hätte, einem Befehl zu folgen, und auch nicht, dass er wegen Ablehnung des Dienstes mit der Waffe oder aus anderen Gründen im Herkunftsstaat gesucht wird.

1.3.4 Der Beschwerdeführer war vor seiner Ausreise ohne Arbeit. Er hat den Herkunftsstaat jedenfalls auch deshalb verlassen. Es kann nicht festgestellt werden, aus welchem anderen Grund der Beschwerdeführer den Herkunftsstaat verlassen hat. Er ist nach Österreich gekommen, um sein Studium fortzusetzen.

1.3.5 Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aus, sei es auch unterstellten, Gründen der politischen Gesinnung, Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Herkunftsstaat staatliche Verfolgung oder eine private Verfolgung drohen würde, gegen die der Staat keinen Schutz bieten könnte oder wollte.

1.3.6 Für seine Rückkehr kommt angesichts seiner mehrjährigen Abwesenheit und seines früheren langjährigen Wohnsitzes ein Niederlassen neuerlich im Bereich der Hauptstadt oder – in der nunmehrigen Umgebung seiner Familie – in West-Darfur infrage. Da sich dort sonst nirgends Angehörige mit festgestelltem Wohnort befinden, ist eine Alternative in einem anderen Teil des Herkunftsstaats nicht feststellbar, wo es dem Beschwerdeführer möglich wäre, sich niederzulassen.

1.3.7 Allerdings hat sich die Situation im Sudan nach dem Sturz von Präsident Baschir im April 2019 und der Bildung einer Übergangsregierung im September 2019 zwar verbessert, doch kann noch nicht von einer andauernden und nachhaltigen Stabilisierung der Sicherheitssituation ausgegangen werden.

Unter Beachtung der derzeitigen Lage im Sudan kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückführung einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Zudem die derzeit im Sudan vorherrschende Sicherheitslage mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Beschwerdeführers führen oder ihn in seiner Existenz bedrohen. Die maßgebliche Wahrscheinlichkeit, in Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt zu werden, ist derzeit für das gesamte Staatsgebiet des Sudans zu erwarten, also sowohl für die Hauptstadt Khartum als auch für West-Darfur, weshalb für den Beschwerdeführer aufgrund der herrschenden Lage auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Sudan erweist sich deshalb als derzeit nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers, ferner in die vom Beschwerdeführer beim BFA und im Beschwerdeverfahren aktuell ergänzend vorgelegten Urkunden. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden zusätzlich eingeholt.

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt des Aktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsakts.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Arbeitsfähigkeit und dem Gesundheitszustand, seiner Herkunft, seiner Glaubenszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und im Beschwerdeverfahren.

Betreffend die Familie hat er zwar im Beschwerdeverfahren angegeben, dass er seit seiner Flucht keinen Kontakt zu dieser mehr habe (S. 8 in ON 10), wogegen aber spricht, dass er beim BFA anzugeben wusste (AS 184), dass er sich vor der Flucht nicht verabschiedet, seine Mutter ihm aber (demnach nach der Flucht) verraten habe, dass Sicherheitskräfte in Zivil zweimal bei ihm zuhause nach ihm gesucht hätten (in Khartum), während er sich in Sinnar versteckt habe, und ferner, dass die Familie nun in Um Dukhun lebe, wo es ihr gut gehe, aber wegen des schlechten Empfangs weder Telefon noch Internet funktionierten (AS 180, 182). Ohne jeden Kontakt hätte er aber diese Angaben nicht machen können. Daher war eine genauere Feststellung nicht möglich.

2.3 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf der angeführten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation sowie dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Sudan samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie z. B. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstands, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer hat zu den Länderfeststellungen auf die „katastrophale Menschenrechtslage“ hingewiesen, welche durch die bewaffneten Konflikte in Darfur und den Grenzregionen verschärft werde (ON 10), ferner vorgebracht, dass sich die Lage auch nach Absetzung von Omar Al Bashir nicht gebessert habe, weil das Militär immer noch die ganze Macht habe und die Demokratiebewegung bekämpfe (ON 13), sowie die Kontrolle weiterhin in den Händen des alten Regimes liege (ON 16).

Damit hat er die Länderfeststellungen teils bestätigt, teils ergänzt und interpretiert, ist ihnen jedoch nicht qualifiziert entgegengetreten.

2.4 Zum Fluchtvorbringen und zur Rückkehrperspektive:

2.4.1 Der Beschwerdeführer vermochte kein plausibles Verfolgungsszenario seine Person betreffend darzulegen, das ihn zur Flucht veranlasste.

Wie das BFA hervorhebt (S. 35, AS 243), hat dieser sein Vorbringen zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme gleichsam ausgetauscht, zuerst eine Bedrohung wegen der abgelehnten Mitarbeit bei einer kriminellen Vereinigung behauptet (AS 13), dann 2017 seine Weigerung, als Unteroffizier vom Militär in Darfur eingesetzt zu werden (AS 184). Der unerklärt späte Zeitpunkt des Vorbringens belastet auch dessen Glaubhaftigkeit. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass kein Asylwerber eine Gelegenheit ungenützt ließe, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten.

2.4.2 Dazu kommen die vom BFA aufgezeigten (S. 34 f, AS 242 f) Widersprüche innerhalb der dortigen Vernehmung. Gab der Beschwerdeführer eingangs an, er habe von September 2012 bis März 2013 im Ausbildungszentrum der Luftwaffe eine Ausbildung als Elektriker gemacht, wobei er Unteroffizier geworden sei (AS 181, 184), erklärte er später, dabei hätten sie 2012/13 Sport und Märsche gehabt und hätte man ihnen zunächst Disziplin und dann den Umgang mit der Waffe beigebracht – „zusammenbauen, reinigen etc.“ – sowie am Ende jeden fünf Schüsse abgeben lassen. Er habe „zuerst als einfacher Soldat die Grundausbildung gemacht“, dann sei er Unteroffizier geworden, und bevor er die Elektriker-Ausbildung machen habe können, hätte er in den Krieg sollen (AS 186), und – wiederum im Gegensatz dazu – drittens, er hätte bereits 2008 bis 2009 seinen Militärdienst geleistet, und zwar als „Zivildiener-Torposten“ (AS 181) bzw. „Zivildiener-Wache“ (AS 186) „beim Ministerium“, wo er Autos und Personen am Tor kontrolliert habe.

Die vom BFA aufgezeigten Ungereimtheiten kann die Beschwerde mitnichten als Missverständnisse erklären, wenn sie – als vierte Version – vorbringt, der Beschwerdeführer habe vor dem Universitätsabschluss (demnach: 2007 oder früher) im „National Service Training Center“ seinen „Militärdienst“ in der Dauer von 45 Tagen geleistet, wo man Sport mache und lerne „wie man schießt und wie man marschiert usw.“. Anschließend habe er das Studium abgeschlossen und das abgeleistet, was er „Zivildienst“ nenne, „9 Monate lang als Wache bei einem Ministerium“. 2012 habe er dagegen eine „allgemeine Militärausbildung“ machen müssen, na deren Abschluss er „in die Einheit ‚Markaz Tadrib Al Quat al Jawya‘ (arabischer Name für „Sudan People’s Armed Forces“) eingeteilt“ worden sei. (AS 309 f)

2.4.3 Das Gericht kommt daher - wie auch schon die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Daher schließt sich das Gericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Die weiteren Widersprüche, die das BFA anführt, vermögen dieses Ergebnis naturgemäß nicht zu ändern, etwa betreffend die Inhaftierung und die Person des M. N. („insgesamt drei Tage lang in Einzelhaft. Ein Mitgefangener M. N. erzählte mir […] Ich habe mit ihm zusammen geplant, wie wir das Gefängnis legal verlassen können“ versus – auf die Frage, wann M. N. zu ihm gekommen sei – „Am zweiten Tag. Der Beamte, M. N., der dort gearbeitet hat, […]“).

Ebenso braucht angesichts dessen nicht mehr erörtert werden, dass der Sudan nach der in der Beschwerde zitierten Anfragebeantwortung bei Desertation mit Haftstrafen vorgeht, und nicht mit Hinrichtungen, was einem Deserteur bekannt sein müsste, dass „Markaz Tadrib Al Quat al Jawya“ übersetzt nicht „Sudan People’s Armed Forces“ heißt, sondern „Ausbildungszentrum der Luftwaffe“ (google translate), und „Sudan [People’s] Armed Forces“, [Volks]armee von Sudan (al-Quww?t al-musalla?a [alshaebiat] as-s?d?niyya), keine „Einheit“ ist, sondern die Bezeichnung für das Militär des Sudan.

2.4.4 Da der Beschwerdeführer damit in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der vom BFA getroffenen Feststellungen und seiner Beweiswürdigung.

2.4.5 Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr in den Sudan (1.3.6), ergaben sich aus den folgenden Überlegungen:

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Länderfeststellungen, dass sich die Lage im Herkunftsstaat auch nach Absetzung von Omar Al Bashir nicht gebessert habe, findet seine Bestätigung im aktuellen, der Staatendokumentation des BFA zu entnehmenden, „Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan“ des Auswärtigen Amts vom 28.06.2020, in dem es unter anderem heißt: „Weiterhin ist das Gelingen des Transitionsprozesses von der politischen und finanziellen Unterstützung durch die internationalen Partner abhängig, die Machtbalance in Khartum zwischen zivilen und militärischen Teilen der Übergangsregierung fragil und durch die Pandemie zusätzlich belastet. […] Nach dem 03.06.2019 war die Polizei, bis auf die Verkehrspolizei, zwischenzeitlich fast vollständig aus dem Khartumer Stadtbild verschwunden. In den vergangenen Wochen wurde von Angriffen auf Krankenhäuser berichtet, sodass in einem Fall das Krankenhaus den Betrieb einstellen musste. Die Hintergründe solcher Angriffe sind unklar.“ (S. 6, 9)

Zu Darfur ist diesem Bericht zu entnehmen: „Die Lage in Darfur bleibt angespannt, wie Zusammenstöße in West-Darfur Anfang Januar 2020 mit dutzenden Todesopfern und zehntausenden Vertriebenen gezeigt haben: Bewaffnete griffen ein Flüchtlingslager an und brannten es nieder, ohne dass Sicherheitskräfte schützend eingriffen. Ebenfalls Anfang Januar 2020 wurde ein ehemaliges UNAMID-Lager in Süd-Darfur geplündert. Am 01./02.06.2020 kam es erstmals seit dem Sturz des Bashir-Regimes im April 2019 zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Rebellen und der sudanesischen Armee in Darfur. Im Marra-Massiv (Darfur) wird immer wieder gekämpft, wenn auch auf niedrigem Niveau. Den Vereinten Nationen wird mittlerweile Zugang ins Marra-Massiv gewährt.“ (S. 19)

In den seit dem Erscheinen des Berichts vergangenen 5 ½ Monaten kann eine maßgebliche nachhaltige Verbesserung der Lage im Sudan mangels nicht festgestellt werden, weil weder Information in dieser Richtung vorliegt noch in dieser kurzen Zeit Nachhaltigkeit der Änderung feststellbar wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Teilstattgebung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass das Geschilderte soweit es die Bedrohung des Beschwerdeführers vor der Ausreise und die Fluchtgründe betrifft - wie es bereits das BFA sah - als unglaubwürdig, wenig wahrscheinlich und damit in seiner Gesamtheit als konstruiertes Vorbringen erscheint, das im Laufe des Verwaltungsverfahrens auch noch variiert wurde.

Wie die Feststellungen zeigen, hat der Beschwerdeführer damit also keine Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft gemacht, die asylrelevante Intensität erreicht. Da auf eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers auch sonst nichts hinweist, ist davon auszugehen, dass ihm keine Verfolgung aus in den in der GFK genannten Gründen droht.

Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, sind ebenso wie persönliche und wirtschaftliche Gründe keine Verfolgung im Sinne der GFK.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.2.2 Nach der Rechtsprechung des VwGH ist bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, wobei konkrete und nachvollziehbare Feststellungen dazu zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann Art. 3 EMRK verletzen, wenn er dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung nötig, dass der Betroffene detailliert und konkret darlegt, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (27.05.2019, Ra 2019/14/0153 mwN).

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (VwGH, 27.05.2019, Ra 2019/14/0153 mwN).

3.2.3 Die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person liegt grundsätzlich bei dieser. Gleichzeitig sind aber die Schwierigkeiten in Betracht zu ziehen, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert ist, und bei einem entsprechend substantiierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von der anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheide, ist im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden.

Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat geht, ist jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich haben die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liegt an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen. (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153 mwN)

3.2.4 Die getroffenen Feststellungen sprechen schon unter den Aspekten der augenblicklich labilen innenpolitischen Situation und der prekären Versorgungsverhältnisse für ein landesweites Sicherheitsproblem, das ausdrücklich auch Khartum und Darfur betrifft, jedoch auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat kennzeichnet, sodass also die schlechten, von Gewalt gegen unbeteiligte Zivilisten geprägten Sicherheitsverhältnisse, deren Entwicklung nicht absehbar ist, gegenwärtig eine reale Gefahr für die körperliche Unversehrtheit des Beschwerdeführers im Rückkehrfall bedeuten, der er nicht durch eine innerstaatliche Ortswahl entgehen kann.

3.2.5 Im Ergebnis ist dem mit Blick auf dieses momentane Risiko des Beschwerdeführers, schon wegen der allgemeinen Sicherheitslage in Khartum und Darfur in seiner körperlichen Unversehrtheit ernstlich beeinträchtigt zu werden, jedenfalls soweit Rechnung zu tragen, als dieses Risiko wegen der ihm fehlenden innerstaatlichen Fluchtalternative aktuell für die Annahme spricht, die Rückführung würde ihn der realen Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK aussetzen.

Folglich war ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sudan zuzuerkennen. Dementsprechend war der bekämpfte Spruchpunkt II formell aufzuheben.

3.3 Befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter:

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. Diese gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über den Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert.

Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, sodass ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zu erteilen war.

3.4 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

Im ersten Satz des Spruchpunkts III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt werde. Damit war nach der Bescheidbegründung (S. 55, AS 253) das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemeint.

Die amtswegige Entscheidung über einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 findet nach § 58 in mehreren Fällen statt, nicht aber bei einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird, sofern kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Da dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung (Anordnung zur Außerlandesbringung) und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nicht (mehr) vor.

Demgemäß war der bekämpfte Spruchpunkt III in allen Teilen ersatzlos zu beheben.

3.5 Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

Mit Spruchpunkt III entfällt auch die Basis für den auf die Ausreisepflicht aufbauenden Ausspruch über die Frist zur freiwilligen Ausreise, weshalb auch Spruchpunkt IV aufzuheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Frage der Zuerkennung subsidiären Schutzes aus Gründen des Art. 3 EMRK.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren mehrfach Stellungnahmen und anlassbezogen Integrationsvorbringen erstattet hat - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwN).

Schlagworte

befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Bürgerkrieg Drohungen ersatzlose Behebung Glaubwürdigkeit innerstaatliche Fluchtalternative mangelnde Asylrelevanz private Verfolgung Sicherheitslage subsidiärer Schutz Teilstattgebung Versorgungslage Wehrdienstverweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2150908.1.00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten