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DienstrechtNorm
GehG 1956 §4 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Zach und Dr. Karlik als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesgerichtsrat Dr. Kremzow, über die Beschwerde des mj. GV, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Amtsvormund, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 9. Juni 1972, Zl. 402.044-23/72, betreffend Waisenversorgungsgenuß, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der minderjährige GV, geboren 1963, ist ein außereheliches Kind der KV. Am 26. September 1966 hat die Kindesmutter mit dem späteren Gendarmeriebeamten AV die Ehe geschlossen. Laut Mitteilung des Standesamtes Bregenz vom 19. Jänner 1970 hat AV dem unehelichen Kind GF gemäß § 165 Abs. 2 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch mit Wirkung vom 18. Dezember 1969 seinen Familiennamen „V“ gegeben. Der Beamte ist 1971 in B gestorben. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz beantragte nach dem Ableben des Beamten mit Schreiben vom 3. Juni 1971, Zl. IV b 10-29/67, als Amtsvormund des genannten Minderjährigen, „diesem nach seinem verstorbenen Stiefvater eine Waisenpension und den Kinderzuschuß zu gewähren. Der verstorbene Gendarmeriepatrouillenleiter AV habe selbst - so wurde weiter ausgeführt - den Kinderzuschlag für sein Stiefkind GV nie beantragt, obwohl er nach Meinung der Bezirkshauptmannschaft zum überwiegenden Teil für den Unterhalt des Kindes aufgekommen sei und damit Anspruch auf den Kinderzuschlag gehabt hätte. Die Auffassung, daß AV überwiegend für den Unterhalt des mj. Stiefsohnes GV aufgekommen ist, wurde dabei damit begründet, daß der ae. Kindesvater AS, Kaufmann, bis 31. Dezember 1969 monatlich S 400,-- und ab 1. Jänner 1970 monatlich S 500,-- an Unterhaltsbeiträgen zu leisten verpflichtet war. Für den Unterhalt und für die Pflege eines außerehelichen Kindes werde jedoch seitens des Bezirksfürsorgeverbandes Bregenz ein Betrag von S 900,-- vierzehnmal jährlich gezahlt, sodaß AV zum überwiegenden Teil für die Bedürfnisse seines Stiefkindes GV aufgekommen sei.
Das Zentralbesoldungsamt stellte mit Bescheid vom 28. Juni 1971 fest, daß GV nach seinem verstorbenen Stiefvater Gendarmeriepatrouillenleiter AV gemäß § 17 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 kein Waisenversorgungsgenuß und gemäß § 25 Abs. 3 dieses Gesetzes keine Zulage im Ausmaß der für ein Kind vorgesehenen Haushaltszulage gebühren, da AV zum Zeitpunkt seines Todes keinen Anspruch auf einen Steigerungsbetrag für sein Stiefkind hatte. Ob der Grund hiefür die Unterlassung einer Meldung gemäß § 5 Abs. 5 GG 1956 gewesen sei oder ob das Landesgendarmeriekommando für Vorarlberg als seine zuständige Dienstbehörde zu der Feststellung gelangte, daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch nicht gegeben waren, sei deshalb belanglos. Die Voraussetzungen gemäß § 17 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 zur Erlangung eines Waisenversorgungsgenusses seien damit nicht gegeben. Mangels eines Waisenversorgungsgenusses gebühre gemäß § 25 Abs. 3 Pensionsgesetz 1965 auch keine Zulage im Ausmaß der Haushaltszulage.
Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 1972 abgewiesen. Nach der beigegebenen Begründung sei Gendarmeriepatrouillenleiter AV seiner Meldepflicht gemäß § 5 Abs. 5 GG 1956 - dies werde auch in der Berufungsschrift nicht bestritten - nicht nachgekommen. Durch die Verletzung dieser Meldepflicht gebührte dem Stiefvater an seinem Sterbetag für dessen Stiefkind kein Steigerungsbetrag, wenngleich die sonstigen materiell-rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein mögen. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 17 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 könne auch durch die von KV nachträglich vorgelegte Meldung ein Anspruch auf Waisenversorgungsgenuß nicht entstehen.
Gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 9. Juni 1972 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die hiezu erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, gebührt dem Kind eines verstorbenen Beamten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein monatlicher Waisenversorgungsgenuß, wenn der Beamte am Sterbetag Anspruch auf Ruhegenuß gehabt hat oder im Fall der mit Ablauf dieses Tages erfolgten Versetzung in den Ruhestand gehabt hätte. Ein Wahl- oder Stiefkind hat nur dann Anspruch auf Waisenversorgungsgenuß, wenn es am Sterbetag des Beamten bei der Bemessung der Haushaltszulage zu berücksichtigen gewesen ist. Für ein Stiefkind gebührt einem Beamten gemäß § 4 Abs. 4 lit. e des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 20. GG-Novelle, ein Steigerungsbetrag von S 150,-- monatlich, wenn es dem Haushalt des Beamten angehört und der Beamte überwiegend für die Kosten des Unterhaltes aufkommt. Gemäß § 5 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 ist der Beamte verpflichtet, alle Tatsachen, die für den Anfall, die Änderung oder die Einstellung der Haushaltszulage von Bedeutung sind, binnen einem Monat nach dem Eintritt der Tatsache, wenn er aber nachweist, daß er von dieser Tatsache erst später Kenntnis erlangt hat, binnen einem Monat nach Kenntnis, seiner Dienstbehörde zu melden. Nach § 6 Abs. 4 GG 1956 in der Fassung der 19. GG-Novelle gebührt die Haushaltszulage oder die Erhöhung der Haushaltszulage schon ab dem Monat, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch eintreten, wenn der Beamte die Meldung nach § 5 Abs. 5 GG 1956 rechtzeitig erstattet hat. Nach § 6 Abs. 5 in der Fassung der 19. GG-Novelle gebührt die Haushaltszulage oder die Erhöhung der Haushaltszulage erst von dem der Meldung nächstfolgenden Monatsersten oder, wenn die Meldung an einem Monatsersten erstattet wurde, von diesem Tag an, wenn der Beamte die Meldung nach § 5 Abs. 5 nicht rechtzeitig erstattet hat.
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid damit, daß Gendarmeriepatrouillenleiter AV zum überwiegenden Teil für die Bedürfnisse seines Stiefkindes aufgekommen sei, so daß ein Anspruch auf den Steigerungsbetrag der Haushaltszulage gegeben und die materiell-rechtlichen Voraussetzungen nach § 17 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 für den Waisenversorgungsgenuß nach dem verstorbenen Stiefvater gegeben seien. Der Waisenversorgungsgenuß sei deshalb nicht zuerkannt worden, weil der Verstorbene angeblich seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Diese Begründung entspreche nicht den Tatsachen. AV habe in seinem Ansuchen vom 14. Mai 1967 um Aufnahme in die Bundesgendarmerie gegenüber den für dienst- wie auch für besoldungsrechtliche Angelegenheiten zuständigen Landesgendarmeriekommando für Vorarlberg - also seiner Dienstbehörde - mitgeteilt, daß das uneheliche Kind seiner Ehegattin, der obgenannte Minderjährige, in seinem Haushalt wohnt. Gleichzeitig habe er seiner Dienstbehörde auch eine Geburtsurkunde dieses Stiefkindes vorgelegt und schriftlich in dem von ihm am 19. April 1967 unterfertigten Fragebogen für die Bewerbung um die Aufnahme in die Bundesgendarmerie unter Punkt 14 angegeben, daß er für dieses Kind „zu sorgen“ habe. Der Verstorbene habe somit bereits in seinem Ansuchen um Aufnahme in die Bundesgendarmerie der Meldepflicht nach § 5 Abs. 5 GG 1956 entsprochen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, darüber hinaus noch einen Antrag auf Zuerkennung des Steigerungsbetrages für das genannte Stiefkind einzubringen, da die angeführte Rechtsvorschrift lediglich eine Meldung, nicht aber einen Antrag vorsieht. Dieser Verpflichtung zur Meldung sei sohin der Verstorbene rechtzeitig nachgekommen. Zwar habe dieser nie eine ausdrücklich auf § 5 Abs. 5 GG 1956 gestützte Meldung über seinen Stiefsohn GV an seine Dienstbehörde erstattet, dies werde vom Gesetz auch nicht gefordert. Maßgebend könne vielmehr nur sein, daß dieser Umstand auf irgend eine Art und Weise vom Beamten der Dienstbehörde zur Kenntnis gebracht wurde, was ja anläßlich seiner Aufnahme in die Bundesgendarmerie auch geschehen sei.
Die belangte Behörde verweist hiezu in ihrer Gegenschrift darauf, daß die Bezirkshauptmannschaft Bregenz nicht nur in dem an das Zentralbesoldungsamt gerichteten Schreiben vom 3. Juni 1971, sondern auch in der Berufung vom 23. Juli 1971 darauf hingewiesen hat, daß es AV unterlassen habe, eine Meldung nach § 5 Abs. 5 GG 1956 zu erstatten, da er von der Möglichkeit des Haushaltszulagebezuges für Stiefkinder keine Kenntnis gehabt habe. Diese Meldung wollte die Bezirkshauptmannschaft. Bregenz mit einem Schreiben vom 21. Juli 1971 nachträglich erstattet haben. Da die im Antrag und in der Berufung gemachten Angaben mit dem Inhalt des Aktes des Zentralbesoldungsamtes voll in Einklang stünden, habe weder für daß Zentralbesoldungsamt noch für die belangte Behörde Veranlassung bestanden, weitere Erhebungen durchzuführen. AV sei vom 1. September 1965 bis 31. Mai 1967 prov. Justizwachmann gewesen, dieses Dienstverhältnis sei mit 31. Mai 1967 aufgelöst worden. Wenn den am 14. Mai 1967 bzw. 19. April 1967 gemachten Angaben daher überhaupt der Charakter einer Meldung nach § 5 Abs. 5 GG 1956 beigemessen werden könnte, so könnte keineswegs von einer an die zuständige Dienstbehörde erstatteten Meldung die Rede sein. Angaben in einem Ansuchen um Aufnahme in. die Bundesgendarmerie bzw. in einem Fragebogen für Bewerber um die Aufnahme in die Gendarmerie, die bei der gegebenenfalls künftigen Dienstbehörde gemacht werden, könnten nicht als ordnungsgemäße Meldung des Gendarmeriebeamten (als solcher wurde AV erst mit 1. Juni 1967 aufgenommen) gemäß § 5 Abs. 5 GG 1956 angesehen werden.
Der Anspruch auf Waisenversorgungsgenuß gebührt unmittelbar auf Grund des Gesetzes. Ob die Voraussetzungen hiefür vorliegen, hat die Behörde von Amts wegen festzustellen. Dabei hatte sie auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen, wozu vor allem der Personalakt des verstorbenen Beamten gehört, zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer am Sterbetag des Beamten, nn.nn.1971, nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage, bei der Bemessung der Haushaltszulage zu berücksichtigen war. Dies hängt seit dem Inkrafttreten der 19. GG-Novelle, BGBl. Nr. 199/1969, am 1. September 1969 sicherlich von einer Meldung nach § 5 Abs. 5 GG 1956 ab, doch ist dem Beschwerdeführer beizustimmen, daß vom Gesetz hiebei nicht eine ausdrückliche Bezugnahme auf diese Bestimmung in der Meldung gefordert wird. Maßgebend ist vielmehr, ob alle-Tatsachen, die für den. Anfall der Haushaltszulage von Bedeutung sind, der Dienstbehörde zur Kenntnis gebracht wurden. Dem Umstand, daß diese Tatsachen anläßlich einer Anstellung (§ 4 GÜG) unmittelbar vorher oder erst nach der Anstellung der Dienstbehörde zur Kenntnis gebracht werden, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Eine neuerliche Meldung erschien entbehrlich, sofern die maßgebenden Tatsachen der Dienstbehörde bereits gekannt waren.
Wenn der Beamte daher indem von ihm am 19. April 1967 unterfertigten Fragebogen für die Bewerbung um die Aufnahme in die Bundesgendarmerie unter Punkt 14 angegeben hat, daß er für den Beschwerdeführer zu sorgen hat, so liegt in dieser Angabe auch die Behauptung, daß er überwiegend für die Kosten des Unterhaltes aufkommt. Die Behörde hätte bei diesem Sacherhalt aber ergänzende Erhebungen darüber durchführen müssen, ob diese Behauptung auch den Tatsachen entsprach. Der Sachverhalt bedarf somit in diesem wesentlichen Punkt einer Ergänzung.
Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als begründet, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Zuspruch des Aufwandersatzes gründet sich auf § 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 und Art. I Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 427/1972.
Wien, am 25. Jänner 1973
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1973:1972001261.X00Im RIS seit
01.02.2021Zuletzt aktualisiert am
01.02.2021