TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/20 96/19/1003

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Veröffentlicht am 20.06.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §12;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §2 Abs3 Z4;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §4 Z4;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996;
AufGNov 1995;
B-VG Art140 Abs1;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1996, Zl. 302.661/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verfügte nach der Aktenlage über Wiedereinreisesichtvermerke für den Zeitraum vom 12. November 1992 bis 30. Mai 1993 und vom 2. Juni 1993 bis 30. November 1993. Sie beantragte am 4. November 1993 die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Mai 1994 abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem von einem Dritten am 17. März 1995 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg überreichten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Mai 1995 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus nicht erfüllt, zumal auch keinerlei Grund zur Annahme bestehe, daß sie sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland befunden habe. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie brachte vor, es sei ihr "von einer Beamtin" erklärt worden, der Antrag könne auch von einer dritten Person eingereicht werden. Daher habe sie auch ihren Arbeitgeber beauftragt, den Antrag für sie bei der österreichischen Botschaft in Preßburg zu stellen. Da sie Österreich als ihre neue Heimat betrachte, zu heiraten beabsichtige und die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben wolle, ersuche sie, ihr eine Bewilligung zu erteilen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. August 1995 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die erstinstanzliche Behörde zurückverwiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, aus der Aktenlage ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin in Österreich beschäftigt sei. Die erstinstanzliche Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin unter jene Fremden falle, die ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt seien. Es sei erforderlich, daß die erstinstanzliche Behörde im Rahmen einer mündlichen Verhandlung neuerlich prüfe, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AufG gegeben seien. Auch sei zu klären, ob der Lebensunterhalt und eine für Inländer ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG gesichert seien.

Die erstinstanzliche Behörde lud die Beschwerdeführerin für den 2. Oktober 1995. Die Beschwerdeführerin erschien nicht. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Dezember 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin nunmehr nach § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob neuerdings Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1996 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG - unter anderem - in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung dieses Versagungsgrundes aus, die Beschwerdeführerin habe den gegenständlichen Antrag nicht vor ihrer Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt. Ein Fall der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer Antragstellung im Inland liege bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Im Sinne eines geordneten Fremdenwesens überwögen die öffentlichen Interessen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (19. Februar 1996) hatte die belangte Behörde das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 sowie die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, anzuwenden.

§ 6 Abs. 2 lautet:

"(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. ..."

§ 4 Z. 4 der gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG ergangenen Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 lautete:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

Die Beschwerdeführerin tritt der Annahme der belangten Behörde, sie habe sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung durch einen Vertreter im Inland aufgehalten, nicht entgegen. Eine solche Vorgangsweise eines Fremden entspricht nicht der Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/1168). Bei dem dort normierten Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895).

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, daß sie zur Frage, ob ihre Antragstellung im Inland ausnahmsweise zulässig gewesen sei, nicht einvernommen worden sei. Wäre eine solche - nach Auffassung der Beschwerdeführerin ungeachtet ihrer Nichtbefolgung der Ladung vom 2. Oktober 1995 gebotene - Einvernahme durchgeführt worden, wäre die belangte Behörde zur Feststellung gelangt, daß ihre Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Inland zulässig gewesen sei.

Mit dieser bloßen Rechtsbehauptung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels darzulegen, weil sie nicht vorbringt, zu welchen KONKRETEN SACHVERHALTSBEZOGENEN Ergebnissen eine Einvernahme der Beschwerdeführerin in diese Richtung geführt hätte.

Auch auf Basis des Akteninhaltes bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß im Fall der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 4 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 vorlägen. Mit "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung ist die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im Aufenthaltsgesetz "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0965). Die Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund von Wiedereinreisesichtvermerken für die Dauer eines Jahres gehört nicht dazu.

Die Anwesenheit des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet begründet ungeachtet der beabsichtigten Eheschließung noch keine familiären Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK.

Insoweit sich die Beschwerdeführerin auf ihre durch ihre aufrechte Beschäftigung begründeten persönlichen Interessen im Inland beruft, ist ihr zu entgegnen, daß gemäß § 4 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 lediglich solche Fremde, für die eine Arbeitserlaubnis ausgestellt ist, zur Antragstellung im Inland berechtigt sind, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten. Diese Voraussetzung ist - wie oben ausgeführt - bei der Beschwerdeführerin nicht gegeben. Der Gesetzgeber der AufG-Novelle aus 1995 hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie der darin enthaltenen - von der Bundesregierung auch genutzten - Verordnungsermächtigung in Ansehung in Österreich beschäftigter Fremder bereits auf die durch Art. 8 MRK geschützten persönlichen Interessen Bedacht genommen. Gegen die Determinierung der Verordnungsermächtigung auf solche Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, bestehen im Fall der Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof ebensowenig Bedenken wie gegen die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Verordnung BGBl. Nr. 854/1995.

Der im angefochtenen Bescheid erfolgten Beurteilung der belangten Behörde in Richtung des § 6 Abs. 2 AufG stand keine verbindlich geäußerte, die auf § 66 Abs. 2 AVG gestützte Bescheidbehebung tragende Rechtsanschauung im Bescheid vom 17. August 1995 entgegen. Eine Mißachtung der Bindung an die für die Behebung maßgebende Rechtsansicht im Aufhebungsbescheid (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1982, Slg. 10.757/A) ist der belangten Behörde daher nicht vorzuwerfen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191003.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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