Index
32/04 Steuern vom UmsatzNorm
UStG 1994 §1 Abs1 Z1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des V in S, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. Juni 2020, Zl. RV/1100395/2019, betreffend Umsatzsteuer 2016, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 15. Februar 2019 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer des revisionswerbenden Vereins für das Jahr 2016 fest. Es ging dabei von einem Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch in Höhe von 20.000 € aus und besteuerte diese mit dem Normalsteuersatz von 20%. Es berücksichtigte Vorsteuern in der Höhe von 2.000 €. In der Begründung führte das Finanzamt aus, die Besteuerungsgrundlagen seien wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen gemäß § 184 BAO geschätzt worden.
2 Der Revisionswerber erhob Beschwerde. Er machte insbesondere geltend, er habe im Jänner 2019 u.a. die Umsatzsteuererklärung für 2016 abgegeben. Das Objekt sei mangels Heizung schwer vermietbar. Daher habe sich ein Vorsteuerüberhang ergeben. Das Finanzamt hätte sich an den Inhalt der Steuererklärung zu halten gehabt.
3 Mit Ersuchen um Ergänzung forderte das Finanzamt den Revisionswerber auf, u.a. die Umsatzsteuererklärung 2016 nachzureichen.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. Juli 2019 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte das Finanzamt aus, eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2016 sei bis jetzt nicht nachgereicht worden.
5 Der Revisionswerber erhob gegen die Beschwerdevorentscheidung „Beschwerde“ und beantragte eine Entscheidung durch die „Abgabenbehörde 2. Instanz“.
6 Mit Eingabe vom 20. Oktober 2019 brachte der Revisionswerber vor, es habe mittlerweile geklärt werden können, dass die Umsatzsteuererklärung für 2016 beim Finanzamt nicht eingelangt sei. Diese sei nunmehr neuerlich erstellt worden und werde mit der Eingabe überreicht. Eine Schätzung der Umsätze gemäß § 184 BAO sei daher entbehrlich. In der Umsatzsteuererklärung wurden die Umsätze mit 10.200 € angegeben, die mit einem Steuersatz von 10% zu versteuern seien. Die Vorsteuern wurden mit 1.604,64 € ausgewiesen.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge. Der Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen wurde mit 10.020 € ausgewiesen; diese wurden mit dem Normalsteuersatz von 20% besteuert. Die Vorsteuern wurden mit 1.604,64 € angesetzt. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, eine Revision sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
8 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, dem Fall liege die Vermietung eines Wohnhauses in B zugrunde. Als Rechtsgrundlage für diese Vermietung nehme das Bundesfinanzgericht auch für das Streitjahr 2016 die zwischen dem Verein einerseits und dem Obmann des Vereins und dessen Ehefrau anderseits abgeschlossenen Pachtverträge vom 1. Juli 2015 an. Diese beiden Verträge seien auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Der Zweck der Pachtverträge habe darin bestanden, im verpachteten Haus ein Gästehaus zu betreiben. Das Gästehaus sei aber nicht vom Verein, sondern von der Ehefrau des Vereinsobmanns in den von ihr gepachteten Gebäudeteilen betrieben worden.
9 Im vorliegenden Fall habe für die Festsetzung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 2016 zunächst eine Schätzungsberechtigung bestanden. Diese Schätzungsberechtigung sei aber mit Vorlage der Steuererklärungen am 21. Oktober 2019 nachträglich weggefallen. Grundlage für die Festsetzung der Umsatzsteuer sei nunmehr die Steuererklärung 2016. Entsprechend der vom Finanzamt eingeholten Stellungnahme könnten die in der Steuererklärung angegebenen Zahlen betreffend Umsätze und Vorsteuern übernommen werden.
10 Nur bei der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes könne der Steuererklärung nicht gefolgt werden. Wie bereits in der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 2. Juni 2020 betreffend Umsatzsteuern für die Jahre 2014 und 2015 dargelegt worden sei und worauf verwiesen werde, sei in der Verpachtung des Hauses an die beiden Vereinsmitglieder weder eine Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke noch eine Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen vorgelegen. Beherbergungsleistungen seien zwar erbracht worden, aber nicht vom Verein, sondern von der Ehefrau des Vereinsobmanns; deren umsatzsteuerliche Behandlung sei aber hier nicht zu beurteilen. Die vom Verein ausgeführte Vermietungsleistung sei als grundsätzlich steuerfreie Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu qualifizieren, die aufgrund der Option des Vereins zur Steuerpflicht dem Normalsteuersatz unterliege.
11 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Zur Zulässigkeit wird in der Revision ausgeführt:
„Die Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinn des Artikel 133 B-VG zu beurteilen ist, der grundsätzlich Bedeutung zukommt. Mehrere tausend Vermieter in Österreich entrichten für die Vermietung von Wohnräumlichkeiten mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 a) UStG Umsatzsteuer.
Die gegenständliche Entscheidung weicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab bzw. fehlt es entsprechender Rechtsprechung. Zu der vorgenannten Gesetzesbestimmung ist im RIS keine Entscheidung vorhanden. Die Frage der Anwendung der Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 3 a) UStG war somit noch nie Inhalt einer Entscheidung des Höchstgericht.“
16 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
17 Es ist zwar zutreffend, dass zur Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Dies beruht darauf, dass mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, der ermäßigte Steuersatz für bestimmte Umsätze auf 13% erhöht wurde (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 684 BlgNR 25. GP 3). Damit kam es zu Umgliederungen in § 10 UStG 1994. Die bis dahin in § 10 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 enthaltenen Begünstigungen (Besteuerung mit 10%: Aufzucht, Mästen und Halten von Tieren; Vatertierhaltung usw.) finden sich nunmehr in § 10 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 (Besteuerung mit 13%). Die bis dahin in § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG enthaltene Regelung betreffend „die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke, ausgenommen eine als Nebenleistung erbrachte Lieferung von Wärme“, wurde in der Folge - im Wortlaut unverändert - um eine Ziffer nach vor gereiht (daher nunmehr in § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994). Die (im Verfahren ebenfalls angesprochenen) Leistungen aus „Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen und die regelmäßig damit verbundenen Nebenleistungen (einschließlich Beheizung)“, die bisher mit 10% besteuert waren (§ 10 Abs. 2 Z 4 lit. b UStG 1994), werden nunmehr - mit Wirksamkeit ab 1. Mai 2016 - mit 13% besteuert (§ 10 Abs. 3 Z 3 lit. a UStG 1994; zum Inkrafttreten vgl. § 28 Abs. 42 UStG 1994).
18 Der Wortlaut der Regelung betreffend Vermietung für Wohnzwecke hat sich nicht geändert. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber eine inhaltliche Änderung dieser Bestimmung - bei gleichbleibendem Wortlaut - beabsichtigt hätte. Es kann daher zu dieser Bestimmung weiterhin auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden (vgl. z.B. VwGH 20.3.2002, 99/15/0041, VwSlg. 7698/F; 21.3.2018, Ro 2015/13/0004; 28.5.2019, Ra 2018/15/0058); die Zulässigkeit der Revision kann sohin nicht auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung gestützt werden.
19 Es entspricht auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auf die das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis betreffend Umsatzsteuer 2014 und 2015 verwiesen hatte), dass für die umsatzsteuerliche Behandlung jeder Leistungsaustausch gesondert zu beurteilen ist. Überlässt - wie auch im vorliegenden Fall - ein (erster) Abgabepflichtiger Räumlichkeiten einem Vertragspartner, der diese wiederum dazu verwendet, Beherbergungsleistungen an Dritte zu erbringen, so handelt es sich bei der Leistung des ersten Abgabepflichtigen nicht um eine Vermietung zu Wohnzwecken oder um eine Beherbergung (vgl. VwGH 23.9.2010, 2007/15/0245, mwN). Das angefochtene Erkenntnis weicht sohin auch nicht von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
20 Wenn - allerdings schon außerhalb des Vorbringens zur Zulässigkeit der Revision - auch geltend gemacht wird, der Revisionswerber habe die Räumlichkeiten zu Wohnzwecken vermietet, so gehen diese Ausführungen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Dass diese Sachverhaltsannahmen mit Verfahrensmängeln belastet seien, kann die Revision nicht darlegen. Entgegen den Revisionsbehauptungen setzte sich das Bundesfinanzgericht - im verwiesenen Erkenntnis betreffend Umsatzsteuer 2014 und 2015 - eingehend mit den vorliegenden „Pachtverträgen“ auseinander. Wenn hiezu in der Revision gerügt wird, das Bundesfinanzgericht habe es unterlassen, die „Mietverträge“ einzuholen, so wird nicht dargelegt, dass im Streitzeitraum weitere (andere) Verträge vorgelegen wären; sie wurden auch mit der Revision nicht vorgelegt. Die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels wird damit in der Revision nicht dargetan. Dass eine „Untervermietung“ (aufgrund der Sachverhaltsannahmen als „Beherbergung“ zu beurteilen) nur während der Sommermonate erfolgte und die Objekte im übrigen Jahr leer gestanden seien, kann daran nichts ändern, dass die Leistung des Revisionswerbers nicht als Vermietung zu Wohnzwecken zu beurteilen ist.
21 Wenn der Revisionswerber schließlich darauf verweist, er sei durch die „Verrechnung der doppelten Steuerlast“ in seinem Recht auf Unversehrtheit des Eigentumsrechts verletzt, so ist zum einen der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung der Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht berufen (vgl. z.B. VwGH 24.4.2020, Ra 2020/16/0034, mwN), zum anderen resultiert die Steuerlast aber ausschließlich daraus, dass der Revisionswerber seine Leistung als steuerpflichtig (und damit mit dem Recht auf Vorsteuerabzug) behandelte (§ 6 Abs. 2 UStG 1994).
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020150069.L00Im RIS seit
28.05.2021Zuletzt aktualisiert am
28.05.2021