TE Vwgh Beschluss 2020/12/21 Ra 2019/05/0111

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Veröffentlicht am 21.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §28

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/05/0112
Ra 2019/05/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Mag. M R und 2. der Mag. U S, beide in W, sowie 3. der T Gesellschaft mbH in M, alle vertreten durch die Stolitzka & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Kärntner Ring 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24. Mai 2019, VGW-111/V/067/12406/2017-46, VGW-111/V/067/12413/2017 (zum Erstrevisionswerber, hg. Ra 2019/05/0111), VGW-111/V/067/12409/2017, VGW-111/V/067/12415/2017, VGW-111/V/067/12420/2017 (zur Zweitrevisionswerberin, hg. Ra 2019/05/0112), VGW-111/V/067/12412/2017, VGW-111/V/067/12418/2017 und VGW-111/V/067/12423/2017 (zur Drittrevisionswerberin, hg. Ra 2019/05/0113), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: 1. Magistrat der Stadt Wien; 2. Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 13. Bezirk; mitbeteiligte Partei: Hgesellschaft mbH in W, vertreten durch die Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 und der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit Bescheid vom 14. März 2017 erteilte der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 13. Bezirk eine Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) dahingehend, dass der von der mitbeteiligten Partei beantragte Neubau vom Verbot zur Errichtung von unterirdischen Baulichkeiten auf gärtnerisch auszugestaltenden Flächen zum Zwecke einer Tiefgarage und deren Verbindung zur Nachbarliegenschaft im Ausmaß von 75,72 m² sowie einer Bohrpfahlwand als Baugrubensicherung von zusätzlich 2,5 m² abweichen dürfe.

5        Mit Bescheid vom 23. Juni 2017 erteilte der Magistrat der Stadt Wien die Baubewilligung für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft (Spruchpunkt I.) und gab die Breite, Höhenlage und Bauart des Gehsteiges (Spruchpunkt II.) sowie eine Gehsteigauf- und -überfahrt (Spruchpunkt III.) bekannt. Auf dem Bauplatz werde ein unterkellertes, dreigeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss errichtet. Das Wohnhaus beinhalte drei Wohnungen und einen Teil der gemeinsamen Tiefgarage mit der Nachbarliegenschaft für insgesamt sechs KFZ-Stellplätze. Weiters würden Geländeveränderungen durchgeführt und die hierfür notwendigen Stützmauern sowie eine aufgelöste Bohrpfahlwand zur Baugrubensicherung hergestellt.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden der Revisionswerber gegen den Bescheid vom 23. Juni 2017 (Baubewilligung) als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid mit der Maßgabe, dass er sich auf die zum Bestandteil des Erkenntnisses erklärten (modifizierten) Einreichpläne beziehe (Spruchpunkt 1.). Die Beschwerden gegen den Bescheid vom 14. März 2017 (Ausnahmebewilligung; Spruchpunkt 2.) und jene der Zweit- und Drittrevisionswerberinnen gegen den Bescheid vom 13. September 2012 (über die Bekanntgabe der maßgeblichen Bebauungsbestimmungen; Spruchpunkt 3.) wies es zurück. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 4.).

7        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher als Revisionspunkte die Verletzung in den Rechten auf „Unterbleiben der Errichtung gesetzwidriger Bauwerke auf der ihren Liegenschaften (mittel- oder unmittelbar) benachbarten Liegenschaft der mitbeteiligten Partei (soweit dadurch ihre eigenen Rechte berührt werden)“, auf „ Unterbleiben der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Abweichung von bestehenden Bauvorschriften an die mitbeteiligte Partei, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Ausnahmegenehmigung nicht gegeben sind (soweit dadurch ihre eigenen Rechte berührt werden)“, auf „Unterbleiben von unzulässigen Immissionen von der projektgegenständlichen Liegenschaft der mitbeteiligten Partei auf ihre eigenen Liegenschaften“ sowie auf „Durchführung eines gesetzeskonformen Verwaltungs(gerichts-)Verfahrens unter Wahrung ihrer gesetzlich gewährleisteten Rechte darin“ angeführt werden.

8        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt der Revisionspunkt den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fest und steckt den Rahmen ab, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Ist der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich. Die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses, aber auch der Zulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. VwGH 22.10.2015, Ro 2015/16/0029).

9        Zunächst ist hinsichtlich des Rechts auf „Unterbleiben der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung“ darauf hinzuweisen, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes u.a. die Beschwerden der Revisionswerber gegen den Bescheid des zuständigen Bauausschusses über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zurückgewiesen wurden. Diesbezüglich konnten die Revisionswerber demnach allenfalls in ihrem Recht auf Sachentscheidung, d.h. auf meritorische Erledigung der Beschwerde, verletzt worden sein, nicht aber in dem als Revisionspunkt geltend gemachten Recht auf Unterbleiben der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung (vgl. VwGH 26.9.2019, Ra 2019/10/0101 bis 0103; 25.9.2019, Ra 2018/06/0171, jeweils mwN).

10       Mit dem in der Revision genannten Recht auf „Unterbleiben der Errichtung gesetzwidriger Bauwerke, soweit dadurch ihre eigenen Rechte berührt werden“, wird nicht dargelegt, in welchen konkreten subjektiven, einem Nachbarn durch die Bauordnung für Wien - BO für Wien eingeräumten Rechten die Revisionswerber verletzt seien (vgl. etwa VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322; 29.1.2020, Ra 2019/05/0311; 25.7.2019, Ra 2018/05/0235 bis 0245).

11       Ebenso wenig wird mit dem Vorbringen der Verletzung der Revisionswerber im Recht auf Durchführung eines gesetzeskonformen Verfahrens unter Wahrung ihrer gesetzlich gewährleisteten Rechte ein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG angeführt. Nach ständiger hg. Judikatur gibt es kein abstraktes „Recht auf Durchführung eines mängelfreien / gesetzeskonformen Verfahrens“ (vgl. wiederum VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322; sowie 25.4.2018, Ra 2015/06/0134 und 0135).

12       Somit verbleibt als tauglicher Revisionspunkt das Recht auf Immissionsschutz, und die Revisionszulassungsbegründung ist nur insoweit zu prüfen (vgl. neuerlich VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322; vgl. auch VwGH 1.8.2019, Ra 2017/06/0192).

13       Es ist allerdings nicht ersichtlich, mit welcher in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Frage das Recht auf Immissionsschutz angesprochen werden sollte, weil eine solche Bezugnahme gänzlich fehlt. Da somit keine Rechtsfrage einen Zusammenhang mit dem Recht auf Immissionsschutz herstellt, liegt keine sich im Rahmen des Revisionspunktes bewegende Zulässigkeitsbegründung vor.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

15       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050111.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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