TE Vwgh Beschluss 2020/12/28 Ra 2020/09/0068

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Veröffentlicht am 28.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der stellvertretenden Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Inneres in 1010 Wien, Herrengasse 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. September 2020, Zl. W116 2220954-1/7E, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (mitbeteiligte Partei: A B, vertreten durch Beck & Dörnhöfer & Partner Rechtsanwälte in 7000 Eisenstadt, Colmarplatz 1), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der im Jahr 1970 geborene Mitbeteiligte steht als Exekutivorgan in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2        Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesminister für Inneres vom 3. Juni 2019 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) dadurch begangen zu haben, dass er „über einen längeren Zeitraum (jedenfalls ab 29. November 2018 bis 21. Jänner 2019) während der Ausübung des Dienstes und öfters auch kurz vor Dienstantritt (er sei immer ca. 30 Minuten vor Dienstbeginn auf die Dienststelle gekommen)“ wiederholt aus der Getränkekasse der Polizeiinspektion K je nach Zugriff Kleinstbeträge bzw. auch Beträge bis über 20,-- Euro gestohlen habe, wobei der Gesamtschaden ca. 600,-- Euro betragen habe. Über den Mitbeteiligten wurde hierfür gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Weiters wurde beschlossen, den Beschuldigten gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 vom Dienst zu suspendieren.

3        In Stattgebung der vom Mitbeteiligten gegen den Strafausspruch erhobenen Beschwerde änderte das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem gegenständlichen Erkenntnis den angefochtenen Bescheid insofern ab, als es über den Mitbeteiligten an Stelle der Entlassung die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen verhängte. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen - soweit hier von Relevanz - aus, dass der Mitbeteiligte in objektiver Hinsicht über einen Zeitraum von rund zwei Monaten wiederholt sehr schwere Dienstverletzungen begangen habe, wobei ihm auch subjektiv noch immer ein beträchtlicher Grad an Verschulden vorzuwerfen sei. Im Hinblick auf die zu treffende Zukunftsprognose habe der Mitbeteiligte das Verwaltungsgericht mit seinem Auftreten aber jedenfalls davon überzeugen können, dass eine neuerliche Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen auch im Fall seiner Weiterverwendung als Polizist nicht zu befürchten wäre. Es sei auch von einem erheblichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen, weshalb von einer Entlassung abgesehen werden könne. Die höchstmögliche Geldstrafe sei auch ausreichend, um die in solchen Fällen notwendige generalpräventive Wirkung im Bereich der Exekutive zu erzielen.

5        Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Disziplinaranwältin.

6        Die Revision erweist sich als unzulässig:

7        Gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 2.7.2020, Ra 2019/09/0094).

10       Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision zunächst vor, dass das angefochtene Erkenntnis „im Zusammenhang mit der Beurteilung (beim Abwägen von Milderungs- und Erschwerungsumständen)“ bei der Bemessung des Strafausmaßes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei.

11       Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen zeigt die Revisionswerberin nicht konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen auf, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte, oder von welcher konkreten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen worden sein soll (vgl. VwGH 26.2.2020, Ra 2020/09/0004).

12       Soweit im Zulässigkeitsvorbringen darüber hinaus behauptet wird, dass die angefochtene Entscheidung „den Vorgaben im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.9.2019, Ra 2019/09/0062 (Zukunftsprognose)“, nicht nachkomme, ist der Revisionswerberin zu entgegnen, dass es nicht ausreicht Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes der Zahl nach zu zitieren, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 19.5.2014, Ra 2014/09/0001). Schon deshalb zeigt die Revisionswerberin auch diesbezüglich nicht auf, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorlägen.

13       Die Strafbemessung unterliegt als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Soweit weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, geht die Ausübung des Ermessens über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. VwGH 15.7.2020, Ra 2020/09/0028).

14       Im Revisionsfall hat sich das Verwaltungsgericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Mitbeteiligten verschafft. Auf Basis dieses persönlichen Eindrucks hat das Verwaltungsgericht eine nachvollziehbare Abwägung der Strafbemessungsgründe vorgenommen und dargelegt, aus welchen Gründen es - auch unter Berücksichtigung der berechtigten Annahme des Vorliegens schwerer Dienstpflichtverletzungen - eine Entlassung für nicht erforderlich erachtet und die (höchste) Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen als ausreichend ansieht (vgl. hierzu auch VwGH 28.6.2017, Ra 2017/09/0016).

15       Im Zulässigkeitsvorbringen wird auch nicht dargetan, warum das Verwaltungsgericht durch die Außerachtlassung einer nicht einschlägigen Vorstrafe aus dem Jahr 2010 seinen Ermessensspielraum bei der Strafbemessung überschritten hätte. Eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn eines Ermessensmissbrauchs oder eine Ausübung des Ermessens auf gesetzwidrige Weise zeigt die Revision damit nicht auf.

16       Die Revision war daher mangels Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 28. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090068.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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