TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/27 LVwG-VG-14/002-2020

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Veröffentlicht am 27.11.2020
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Entscheidungsdatum

27.11.2020

Norm

LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §6
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §16
BVergG 2018 §91
BVergG 2018 §141
BVergG 2018 §143

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Vergabesenat 3 unter dem Vorsitz von HR Mag. Dr. Schwarzmann und HR Mag.
Dr. Becksteiner und HR Mag. Dr. Wessely, LL.M. als weitere Berufsrichter sowie der fachkundigen Laienrichter Mag. Schrötter (Auftragnehmerseite) und Mag. Dr. Stief-Kótrnec (Auftraggeberseite) über den Nachprüfungsantrag (Antrag auf Nichtig-erklärung der Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020) der B GmbH (vertreten durch RA A in ***, ***) betreffend das Vergabeverfahren „Ausschreibung einer Lieferleistung der Stadtgemeinde *** – Lieferung von 1.282 Stück LED-Leuchten“ (öffentlicher Auftraggeber: Stadtgemeinde ***, ***, ***) zu Recht:

1.   Die Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020 wird für nichtig erklärt.

2.   Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 1, 4, 8, 16 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz, LGBl. 7200-3 idF LGBl. Nr. 54/2019

§§ 2, 20, 91, 103, 104, 142, 143 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

Mit Schriftsatz vom 16.10.2020 hat die antragstellende Nachprüfungswerberin beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nachfolgenden Nachprüfungsantrag eingebracht (Zitierung ohne Beilagen):

1. Bezeichnung der Auftraggeberin

Auftraggeberin der betroffenen Vergabe ist die Stadtgemeinde ***.

2. Zulässigkeit des Antrages

a. Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts

aa. lm gegenständlichen Fall handelt es sich um eine Auftraggeberin, die gemäß Art. 14 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) in den Vollziehungsbereich des Landes Niederösterreich fällt. Gemäß 54 Abs1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz (NÖ VNG) obliegt die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens für betreffende Auftraggeber dem LVwG NÖ.

ab. Gemäß § 4 Abs. 2 NÖ VNG ist bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf des Vergabeverfahrens das LVwG NÖ zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (Art 14b Abs 1 und 5 B-VG) oder von Verstößen gegen unmittelbares Unionsrecht zuständig.

b. Angefochtene Entscheidung und Rechtzeitigkeit des Antrags

ba. Die Antragstellerin bekämpft die Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020, die ihr per E-Mail übermittelt worden ist. Es handelt sich gemäß § 2 Z 15 lit a sublit aa Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) um eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

bb. Nachdem diese, wie oben erwähnt am 07.10.2020 per E-Mail übermittelt worden ist, endet die Antragsfrist gemäß § 12 Abs 1 NÖ VNG iVm § 33 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz1991 (AVG) mit Ablauf des 19.10.2020. Der gegenständliche Nachprüfungsantrag wird daher fristgerecht gestellt. Durch die Stellung des konkreten Antrags innerhalb der vorgegebenen Anfechtungsfrist bleibt auch die Zulässigkeit des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 15.10.2020 gewahrt.

3. Pauschalgebühr

Die Auftraggeberin führt ein Offenes Verfahren im Oberschwellenbereich über die Erbringung einer Lieferleistung aus. Der betreffende Pauschalgebührensatz beläuft sich gemäß § 1 Abs1 Z 12 NÖ Vergabe—Pauschalgebührenverordnung (NÖ Vergabe-PauschGebV) auf EUR 1600‚00. Der angeführte Betrag ist bereits entrichtet worden und der betreffende Einzahlungsbelegt liegt diesem Schriftsatz bei.

Beweis: Einzahlungsnachweis für die Pauschalgebühr, Beilage ./H.

4. Angaben über das Interesse und einen drohenden Schaden

a. Das Interesse der Antragstellerin ergibt sich daraus, dass die Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen in ihrer zentralen Geschäftstätigkeit liegt und ihr durch die rechtswidrige Zuschlagsentscheidung ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Dies geht einerseits mit dem Entgang des Gewinns und andererseits mit der Nicht-Erlangung einer wichtigen kommunalen Referenz einher. Nach der einschlägigen Judikatur ist. ein der Antragstellerin drohender Schaden iSd § 342 Abs 31 Z 2 BVergG bereits dann gegeben, wenn die Möglichkeit der Antragstellerin, den Auftrag zu erlangen, durch die behauptete Rechtsverletzung beeinträchtigt werden kann. Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird im Nachprüfungsantrag bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist (VwGH 22.6.2011, 2009/04/0128).

b. Aufgrund der bisherigen Anstrengungen der Antragstellerin zur Wahrung ihrer Rechtsposition sind Kosten in Höhe von zumindest EUR 11.600,- angefallen (Kosten für die Rechtsverfolgung und sonstige mit. der Verfahrensteilnahme verbundene Kosten). Diese werden vom Vertreter der Antragstellerin mit der Unterfertigung der gegenständlichen Eingabe bescheinigt. Durch die im Folgenden näher ausgeführte Rechtswidrigkeit ist daher zumindest ein Schaden in dieser Höhe entstanden. Bestandteil des Schadens sind auch die für diesen Antrag entrichteten Pauschalgebühren.

5. Beschwerdepunkte und Bezeichnung der verletzten Rechte

Die Antragstellerin erachtet sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens verletzt. Insbesondere ist die Antragstellerin verletzt in ihrem Recht.

o    auf Gleichbehandlung aller Bieter und der Nichtdiskriminierung,

o    auf Einhaltung eines fairen Wettbewerbs,

o    auf eine sachliche Angebotsprüfung und Anwendung der Zuschlagskriterien,

o    auf Transparenz im Vergabeverfahren,

o    auf Zuschlagserteilung sowie

o    auf Durchführung eines Vergabeverfahrens im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen.

6. Sachverhalt

a. Die Auftraggeberin hat ein Offenes Verfahren im Hinblick auf die Lieferung von insgesamt 1.282 Stück LED-Leuchten (zwei [2] unterschiedliche Leuchtentypen) eingeleitet. Aus den Verfahrensergebnissen ergibt sich, dass der Lieferauftrag im Oberschwellenbereich angesiedelt ist, da sämtliche Angebote den maßgeblichen Schwellenwert von EUR 214.000," (exkl. USt) überschreiten. Die elektronische Abwicklung des Verfahrens ist weitgehend mittels Lieferanzeiger erfolgt, wobei dieser für die wichtigste Entscheidung eines Vergabeverfahrens, die Zuschlagsentscheidung, gerade nicht verwendet worden ist.

b. Die (rechtlichen) Ausschreibungsunterlagen (Beilage ./B [bereits mit eV-Antrag vorgelegt) beschränken sich auf das Wesentliche. Im letzten Absatz des Dokuments wird unter der Überschrift „Bestbieter Berechnung" Folgendes festgehalten:

„Die Berechnung für den Bestbieter erfolgt in der Art, dass eine Gewichtung angesetzt wird. Diese setzen sich aus Preis, Anschlusswert und Anwenderfreundlichkeit zusammen.

1. Preis; hierzu wird der ermittelte Preis als Ausgangsbasis herangezogen

2. Anwenderfreundlichkeit max. 20% Abzug (Vergabe erfolgt durch die Elektroabteilung der Stadtgemeinde dokumentiert mittels Punktesystem (meiste Punkte 20%, der Zweite erhält 10% und der Dritte 5% Abzug auf den Gesamtpreis) Grund: es wurde errechnet, dass die Wartung und der somit benötigte Zeitaufwand auf die Betriebsjahre gerechnet einen nicht unwesentlichen Anteil an den Kosten verursacht, wodurch die Prüfung durch das Fachpersonal der Stadtgemeinde erfolgen wird.

3. Anschlusswert max. 5 Abzug% (der beste Anschlußwert 5%, der Zweite erhält 2% und der Dritte 7% Abzug auf den Gesamtpreis). Basis ist hier die Lichtberechnung und

Die Ermittlung erfolgt durch einen errechneten Abzug auf den abgegebenen Brutto Preis des LV. Es kann somit maximal 25% Abzug erfolgen. Der so errechnete niedrigste Betrag gilt als Bestbieter.“

c. Die Antragstellerin hat fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot mit einer Angebotssumme von EUR *** (exkl. USt) gelegt. Mit E-Mail vom 07.10.2020 (siehe Beilage ./C [bereits mit eV-Antrag vorgelegt]) hat die Antragstellerin die gegenständlich bekämpfte Zuschlagsentscheidung erhalten. Diese enthält nicht annähernd die Mindestinhalte gemäß § 143 Abs 1 BVergG. Weder werden der Zuschlagsempfänger noch die Vergabesumme noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots noch das Ende der Stillhaltefrist genannt. Erst auf Nachfrage der Antragstellerin ist ihr eine „Gewichtung der Zuschlagserteilung“ (Beilage ./D [bereits mit eV-Antrag vorgelegt) übermittelt worden.

Dieser lässt sich einerseits entnehmen, dass eine C präsumtive Zuschlagsempfängerin ist. Andererseits ergibt sich, dass die Antragstellerin den niedrigsten Angebotspreis angeboten und den niedrigsten Anschlusswert für sich beanspruchen kann. Lediglich bei der Anwenderfreundlichkeit ist die Antragstellerin an die zweite Stelle gereiht worden. Warum dies so ist, kann dem betreffenden Dokument nicht entnommen werden.

d. Aufgrund weiteren Nachfragens hat die Antragstellerin am 12.10.2020 ein weiteres E-Mail der Auftraggeberin (Beilage ./E [bereits mit eV-Antrag vorgelegt]) erhalten. Dieses enthält folgende Ausführungen:

„Hier unsere Infos bezüglich unserer Bewertung Wir haben uns alle Leuchten von jeden Hersteller ordentlich angesehen und einige Zeit dafür investiert.

***: aus unserer Sicht im Vergleich zum Mitbewerber Anschlusskabel tausch aufwendiger Glas tausch aufwendiger Verschluss verschmutzungsanfällig da obenliegend Blendung gegenüber Mitbewerber stärker

***: aus unserer Sicht im Vergleich zum Mitbewerber

Blendung gegenüber Mitbewerber stärker“

7. Vergabeverstöße

a. Die Zuschlagsentscheidung ist zunächst aus formaler Sicht rechtswidrig. In § 143 Abs 1 BVergG werden die Mindestinhalte einer Zuschlagsentscheidung abschließend angeführt. Demnach ist den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, (a) welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Weiters sind (b) das Ende der Stillhaltefrist, (c) die Gründe für die Ablehnung des konkreten Angebots, (d) der Gesamtpreis sowie (e) die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots bekannt zu geben. Dabei handelt es sich um eine Bringschuld des jeweiligen Auftraggebers. Diese kann auch nicht nachgereicht werden, da nach ständiger Rechtsprechung ein nicht zum Zuge gekommener Bieter nämlich schon am Beginn der Stillhaltefrist jene Informationen besitzen muss, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt (soweit zB BVwG 19.01.2015, ***, und BVwG 12.11.2014, ***).

b. Die bekämpfte Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020 enthält allenfalls durch den Hinweis auf die „Nicht-Bestbieterstellung“ einen Grund für die Ablehnung des Angebots der Antragstellerin. Die übrigen Mindestinhalte hat die Antragstellerin lediglich teilweise im weiteren Verlauf der Stillhaltefrist nur mit entsprechendem Nachdruck erhalten. Unverändert fehlt die konkret entscheidende Information in Form einer Gegenüberstellung der Merkmale des erfolgreichen Angebots mit dem Angebot der Antragstellerin beim Zuschlagskriterium „Anwenderfreundlichkeit", Angesichts der (nach wie vor) fehlenden Inhalte und der Unzulässigkeit, diese in der Stillhaltefrist nachzureichen, ist die Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020 bereits aus formaler Sicht rechtswidrig. Der Antragstellerin kann - auch in Kenntnis der Produkte des Mitbewerbs - unverändert nicht nachvollziehen, warum ihren angebotenen Leuchten eine schlechtere Anwenderfreundlichkeit attestiert wird!?

c. Die Zuschlagsentscheidung ist aber auch aus inhaltlicher Sicht rechtswidrig. Die Beurteilung hat alleine aufgrund der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen in sachlicher Weise zu erfolgen. Zur Anwenderfreundlichkeit wird zunächst ausgeführt, dass die „Vergabe [...] durch die Elektroabteilung der Stadtgemeinde dokumentiert mittels Punktesystem [erfolgt]“. Begründend wird fortgeführt, dass „errechnet [wurde], dass die Wartung und der somit benötigte Zeitaufwand auf die Betriebsjahre gerechnet einen nicht unwesentlichen Anteil an den Kosten verursacht“. Es ist nun zu hinterfragen, um welches Punktesystem es sich dabei handelt. Finden die einzelnen Punkte und deren Gewichtung Deckung unter dem Oberbegriff „Anwenderfreundlichkeit"? Wie ist bei der Punktevergabe vorgegangen worden? Hat es betreffende Teststellungen unter annähernd gleichen Bedingungen für alle Bieter gegeben? Haben einzelne Bieter aufgrund diverser Konstellationen Wettbewerbsvorteile genossen? Sind beide anzubietenden Leuchtentypen gleichermaßen geprüft worden und wie ist dies in die Beurteilung eingeflossen? Dem E-Mail vom 12.10.2020 lässt sich etwa entnehmen, dass die „Blendung gegenüber Mitbewerber stärker“ sei. Diese Feststellung ist jedenfalls unsachlich. Zunächst wird in den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen die Anwenderfreundlichkeit unmissverständlich mit der Wartung und dem damit verbundenen Zeitaufwand in Bezug gebracht. Die Frage einer allfälligen Blendung stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Weiters ist das von der Antragstellerin angebotene Produkt weit unter den maximalen betreffenden Normwerten angesiedelt. Wie kommt die Auftraggeberin zu dem Schluss, es wäre von einer stärkeren Blendung auszugehen? Ist dies an einer nicht montierten Leuchte beurteilt worden? Welcher messbaren Parameter hat sich dabei die Auftraggeberin bedient?

8. Anträge

Aus all diesen Gründen beantragt die Antragstellerin wie folgt:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge

o    die formal und inhaltlich vergaberechtswidrige Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020 für nichtig erklären;

o    der Antragstellerin Einsicht in den Vergabeakt der Auftraggeberin gewähren;

o    das Angebot der Antragstellerin sowie alle von ihr im Vergabeverfahren vorgelegten Unterlagen von der Akteneinsicht durch allfällige sonstige Verfahrensteilnehmer ausnehmen;

o    eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen;

o    die Auftraggeberin verpflichten, der Antragstellerin die für den Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühren binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen des Rechtsvertreters der Antragstellerin zu ersetzen.

In weiterer Folge hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Stadt-gemeinde *** als öffentlichen Auftraggeber unverzüglich vom eingelangten Nachprüfungsantrag in Kenntnis gesetzt und hat der öffentliche Auftraggeber am 19.10.2020 nachfolgende undatierte Stellungnahme beim erkennenden Verwaltungsgericht eingebracht:

„Vielen Dank für die Übermittlung der Einspruchsunterlagen. Es wurden alle Leuchten durch die Facharbeiter der Elektroabetleiung geprüft und bewertet. Die wichtigsten Kriterien für Anwenderfreudlickiet sind für die Stadtgemeinde eine Montagefreundlichkeit, eine geringe Belndung (wodurch die Akzeptanz der Bevölkerung besser gegeben ist- bzw. schnelle Montage eines außenliegenden Blendschutz) und eine saubere Verarbeitung des Gehäuse. Auf dieser Basis wurden hier die Reihung festgelegt.

Generelle Anmerkungen:

Bei B (*** und ***) wurden im Gegensatz zu C (***) für die technischen Leuchten (Nebenstraßen und Sonderanlagen) verschiedene Leuchtenfamilien angeboten. Jede Leuchtenfamilie hat eine andere Wartung zu Folge, was wiederum zu Problemen bei der Durchführung führen kann, bzw. zu einem Mehraufwand (Mehrkosten bei Instandhaltung)

Es konnten seitens der Stadtgemeinde nur Leuchten, welche bemustert wurden, beurteilt werden.

Zudem wurden Leuchten lt. Ausschreibungsbedingungen als Musterleuchten mit genauen Merkmalen gefordert, welche jedoch seitens B nicht gänzlich eingehalten wurden.

***

LED Schirmchenleuchte für Parks (Leistung lt. Lichtberechnung)

max. Systemleistung 15 bis 40 Watt

klassische Aufsatz Schirmchenleuchte, Leuchtengehäuse und Anbindung aus Aluminium-Druckguss, Abdeckung aus UV beständigem Polycarbonat, Rasteroptik (verringert den Rückstrahlungseffekt der Leuchte um bis zu 20 %.), Diffusor zur Reduzierung der Blendung, Lichtfarbe 3.000K, Lichtstromnachführung CLO, integrierter Überspannungsableiter 10kV, Schutzart IP66, IK10, Schutzklasse 1 oder 2 frei wählbar durch AG.

Leuchtenfarbe: DUNKELGRAU, strukturiert. Montage für Mastaufsatz Ø 60/76mm

Das Leuchtendach der *** ist nicht aus Aluminium-Druckguss (Ausschreibungskriterium! Siehe Auszug Ausschreibung in rot)) und wirkt dadurch nicht so stabil. Es kann durch äußere Einflüsse, da es auch über den Leuchtenkörper vorsteht, einfacher deformiert werden.

Die Blendung der bemusterten Leuchte war höher als bei vergleichbaren bemusterten Leuchten (vor allem die des Bestbieter).

***

technische LED Leuchte für Nebenstraßen (Leistung lt. Lichtberechnung)

max. Systemleistung 20 bis 80 Watt 11,8 Watt

Leuchtengehäuse und Anbindung aus Aluminium-Druckguss, Abdeckung aus Einscheibensicherheitsglas, Linsenoptik, Lichtfarbe 4.000K, Lichtstromnachführung CLO, integrierter Überspannungsableiter 10kV,Schutzart IP66, IK08, Schutzklasse 1 oder 2 frei wählbar durch AG.

Leuchtenfarbe: DUNKELGRAU, strukturiert. Montage für Mastaufsatz Ø 60/76mm oder Mastansatz Ø 42/60mm

Möglichkeit der nachträglichen Anbringung von Rastern ohne öffnen der Leuchte

Aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen (Montageanleitung, usw.) der *** konnte ein nachträgliches Anbringen von Abblendrastern (außen) nicht nachgewiesen werden. Diese sind bei dem gewählten Produkt standardmäßig bestell- und lieferbar.

***:

Die Blendung der bemusterten Leuchte war höher als bei vergleichbaren bemusterten Leuchten. Bei der Ausschreibung war eine Musterleuchte für das entsprechende Regelprofil gefordert. Bei der *** muss auch im Vorfeld der Mastzopf-Durchmesser (Adapter mit den verschieden Durchmessern) bei der Bestellung bekanntgegeben werden. Bei der Leuchte von C muss dieses nicht gemacht werden, da diese eine „Umsteuerklappe“ hat, in der alle Möglichkeiten (42 mm, 60 mm und 76 mm) inkludiert sind. Das wiederum vereinfacht die Bestellung und Lagerbewirtschaftung.

***:

Die Blendung der bemusterten Leuchte war höher als bei vergleichbaren bemusterten Leuchten. Bei der Ausschreibung war eine Musterleuchte für das entsprechende Regelprofil gefordert.

Bei der *** muss auch im Vorfeld der Mastzopf-Durchmesser (Adapter mit den verschieden Durchmessern) bei der Bestellung bekanntgegeben werden. Bei der Leuchte von C muss dieses nicht gemacht werden, da diese eine „Umsteuerklappe“ hat, in der alle Möglichkeiten (42 mm, 60 mm und 76 mm) inkludiert sind. Das wiederum vereinfacht die Bestellung und Lagerbewirtschaftung.

Bezüglich Wartung ist anzumerken, dass die *** von unten zu warten ist und somit über Kopf gearbeitet werden muss. Bei der Leuchte von C wird die Wartung von oben gemacht (einfacher). Der Geräteträger bei der ***, auf dem sich das Vorschaltgerät befindet ist mittels Werkzeug zu tauschen. Dadurch entsteht ein erhöhter Aufwand gegenüber dem gewählten Fabrikat.

***:

Der Geräteträger kann werkzeuglos über „Kniehebel-Verschlüsse“ getauscht werden.

Zusammenfassend:

All die oben angeführten Punkte waren für die Bewertung seitens der Stadtgemeinde ausschlaggebend und haben zur Entscheidung beigetragen.

Die oben angeführten Punkte sind für die Stadtgemeinde ein wesentlicher Punkt, welche sich in Arbeitszeit niederschlagen und somit in der besseren Anwenderfreundlichkeit des Bestbieters gegenüber dem Zweitplatzierten B.

Überdies hat der öffentliche Auftraggeber am 20.10.2020 weitere Unterlagen dem erkennenden Verwaltungsgericht übermittelt (Musterleuchtenbewertung zur Ausschreibung Leuchtenlieferung, Ausschreibung einer Lieferleistung der Stadt-gemeinde ***, Leistungsverzeichnis, Gewichtung und Vergabe-empfehlung).

Aufgrund sämtlicher vorliegender Vergabeunterlagen geht das Landesverwaltungs-gericht Niederösterreich von folgendem Sachverhalt aus:

Die Stadtgemeinde *** ist öffentlicher Auftraggeber betreffend die Lieferung von insgesamt 1.282 Stück LED-Leuchten (245 Stück technische LED-Leuchten inklusive Scheinwerfer, Schutzwegleuchten und Seilüberspannungen sowie 1.037 Stück LED-Schirmchenleuchten). Überdies ist Gegenstand des ausgeschriebenen Auftrages die Lieferung von diversen Auslegern und Reduzierstücken. Seitens des öffentlichen Auftraggebers wurde das „offene Verfahren“ im Oberschwellenbereich zur Abwicklung des Vergabeverfahrens gewählt. Spätester Angebotsabgabetermin war der 04.06.2020, 10.00 Uhr.

Die antragstellende B GmbH (***, ***) hat fristgerecht ein Angebot gelegt, ebenso die C GmbH.

Die Ausschreibungsunterlagen sehen die Bestbieterermittlung nach folgendem Modus vor:

„Bestbieter Berechnung

Die Berechnung für den Bestbieter erfolgt in der Art, dass eine Gewichtung angesetzt wird. Diese setzen sich aus Preis, Anschlusswert und Anwenderfreundlichkeit zusammen.

1.    Preis: Hierzu wird der ermittelte Preis als Ausgangsbasis herangezogen.

2.   Anwenderfreundlichkeit max. 20 % Abzug (Vergabe erfolgt durch die Elektroabteilung der Stadtgemeinde dokumentiert mittels Punktesystem (meiste Punkte 20 %, der Zweite erhält 10 % und der Dritte 5 % Abzug auf den Gesamtpreis) Grund: Es wurde errechnet, dass die Wartung und der somit benötigte Zeitaufwand auf die Betriebsjahre gerechnet einen nicht unwesentlichen Anteil an den Kosten verursacht, wodurch die Prüfung durch das Fachpersonal der Stadtgemeinde erfolgen wird.

3.   Anschlusswert max. 5 % Abzug (der beste Anschlusswert 5 %, der Zweite erhält 2 % und der Dritte 1 % Abzug auf den Gesamtpreis). Basis ist hier die Lichtberechnung und

Die Ermittlung erfolgt durch einen errechneten Abzug auf den abgegebenen Brutto Preis des LV. Es kann somit maximal 25 % Abzug erfolgen. Der so errechnete niedrigste Betrag gilt als Bestbieter.“

Die Ausschreibung selbst wurde nicht bekämpft und ist daher bestandfest geworden.

Nach Prüfung der Angebote hat der öffentliche Auftraggeber mit Schreiben vom 07.10.2020 der antragstellenden Nachprüfungswerberin Folgendes mitgeteilt:

„Betreff: Zuschlagsentscheidung – Absage – Leuchtenlieferung

Sehr geehrte Damen und Herren

Vielen Dank für Ihr Engagement und Ihr Angebot zur Ausschreibung „Lieferleistung Leuchtenlieferung – Stadtgemeinde ***“.

Leider ist Ihr Angebot nicht das Bestbieterangebot (oder/und es wurden Anforderungen nicht zur Gänze eingehalten).

Für Auskünfte zur Gewichtung stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.

Wir bedanken uns für Ihre Mühen und würden uns freuen, Sie in Zukunft für andere Beleuchtungsprojekte wieder einladen zu dürfen.“

Mit Datum 16.10.2020 hat die Nachprüfungswerberin den bereits dargelegten Nachprüfungsantrag eingebracht.

Seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wurde mit Datum 22.10.2020 eine einstweilige Verfügung dahingehend erlassen, dass dem öffentlichen Auftraggeber bis zur Entscheidung im gegenständlichen Nach-prüfungsverfahren die Zuschlagserteilung untersagt wird. Die Zuschlagserteilung ist bis dato auch noch nicht erfolgt.

Dieser Sachverhalt stützt sich auf die von der antragstellenden Nachprüfungs-werberin und dem öffentlichen Auftraggeber vorgelegten Vergabeunterlagen und sind im Übrigen unbestritten. Es besteht auch nicht der geringste Grund an der Richtigkeit der vorgelegten Vergabeunterlagen zu zweifeln, eine weitere Beweiswürdigung erübrigt sich daher.

In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich gemäß §§ 1 und 4 Abs. 2 NÖ VG-NG ist einerseits offenkundig und andererseits unbestritten, weshalb sich gesonderte Ausführungen hierüber erübrigen. Gleiches gilt für die formalen Antragsvoraussetzungen gemäß §§ 6 und 10 leg.cit.

Weiters ist darauf zu verweisen, dass die Ausschreibung nicht bekämpft wurde und daher bestandfest geworden ist. Der vorliegende Ausschreibungstext ist daher in Verbindung mit den relevanten Rechtsvorschriften Beurteilungsmaßstab. Ausge-

nommen ist nur die Fallkonstellation, dass auf Grund der Mangelhaftigkeit der Ausschreibung eine Bestbieterermittlung nicht möglich ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 NÖ VG-NG hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Ent-scheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn

1.   sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und

2.   die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

In Ergänzung dazu bestimmt § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018, dass vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung der öffentliche Auftraggeber den Ausschreibungsbedingungen widersprechende Angebote auszuscheiden hat.

Im gegenständlichen Fall wird die Zuschlagsentscheidung vom 07.10.2020 bekämpft. Eine derartige Entscheidung stellt gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. aa BVergG 2018 unter Berücksichtigung der gewählten Vergabeverfahrensart (in concreto: offenes Verfahren im Oberschwellenbereich) eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

Die Antragstellerin erachtet sich im Recht auf Gleichbehandlung aller Bieter und Nichtdiskriminierung, Einhaltung eines fairen Wettbewerbs, sachliche Angebots-prüfung und Anwendung der Zuschlagskriterien, Transparenz im Vergabeverfahren, Zuschlagserteilung sowie Durchführung eines Vergabeverfahrens im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt.

Darüber hinaus wird vorgebracht, dass die bekämpfte Zuschlagsentscheidung nicht einmal annähernd die Mindestinhalte gemäß § 143 Abs. 1 BVergG 2018 enthalten würde, so würden z.B. weder der Zuschlagsempfänger, die Vergabesumme noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes noch das Ende der Stillhaltefrist genannt. Erst auf Nachfrage sei eine Gewichtung der Zuschlagserteilung übermittelt worden.

Des Weiteren bringt die Antragstellerin vor, dass die Zuschlagsentscheidung alleine aufgrund der bestandfesten Ausschreibungsunterlagen in sachlicher Weise zu erfolgen habe. Es sei zu hinterfragen, um welches Punktesystem beim Kriterium „Anwenderfreundlichkeit“ es sich handle und ob die einzelnen Punkte und deren Gewichtung Deckung unter dem Oberbegriff „Anwenderfreundlichkeit“ fänden. Auch sei nicht klar, wie bei der Punktevergabe vorgegangen worden sei.

Die dazu relevanten gesetzlichen Bestimmungen lauten wie folgt:

Gemäß § 2 Z 22 lit. d sublit. aa BVergG 2018 sind Zuschlagskriterien bei der Wahl des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes die niedrigsten Kosten oder die vom Auftraggeber im Verhältnis oder ausnahmsweise in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegten, nicht diskriminierenden und mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehenden Kriterien, nach welchen das für den Auftraggeber technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird; die Zuschlagskriterien dürfen dem Auftraggeber keine uneingeschränkte Wahlfreiheit übertragen und müssen die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbes gewährleisten und mit Spezifikationen einhergehen, die eine wirksame Überprüfung der von den Bietern übermittelten Informationen gestatten, damit bewertet werden kann, wie gut die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.

Gemäß § 91 Abs. 7 Z 2 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber zur Ermittlung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung. Diese Angabe kann auch im Wege der Festlegung einer Marge, deren größte Bandbreite angemessen sein muss, erfolgen. Ist die Festlegung der Zuschlagskriterien im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung aus objektiven Gründen nicht möglich, so hat der öffentliche Auftraggeber alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben.

Die Zuschlagskriterien sind so klar und eindeutig zu formulieren, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können.

Die Antragstellerin bezieht sich in ihrem Nachprüfungsantrag konkret auf das Zuschlagskriterium Nr. 2 „Anwenderfreundlichkeit“. Diesbezüglich legt der öffentliche Auftraggeber fest: „Max. 20 % Abzug (Vergabe erfolgt durch die Elektroabteilung der Stadtgemeinde dokumentiert mittels Punktesystem (meiste Punkte 20 %, der Zweite erhält 10 % und der Dritte 5 % Abzug auf den Gesamtpreis) Grund: Es wurde errechnet, dass die Wartung und der somit benötigte Zeitaufwand auf die Betriebs-jahre gerechnet einen nicht unwesentlichen Anteil an den Kosten verursacht, wodurch die Prüfung durch das Fachpersonal der Stadtgemeinde erfolgen wird.“

Grundsätzlich ist die Verwendung von sogenannten unbestimmten Begriffen („weiche Kriterien“) als Zuschlagskriterien zulässig, sofern der öffentliche Auftraggeber bereits in der Ausschreibung (!) eine ausreichende Konkretisierung dahingehend vornimmt, welche Gesichtspunkte er unter den verwendeten Begriffen versteht, wie die Beurteilung hinsichtlich des Ausmaßes der Erfüllung dieser Zuschlagskriterien erfolgt und letztendlich in welcher Form die Punktevergabe dazu vorgenommen wird.

Im gegenständlichen Fall unterlässt es der öffentliche Auftraggeber nicht nur zur Gänze, den Begriff „Anwenderfreundlichkeit“ bereits in der Ausschreibung in der oben näher beschriebenen Form zu definieren und darzulegen, sondern erklärt in den zeitlich später entstandenen Prüfunterlagen und der Stellungnahme an das erkennende Gericht diesen Begriff zumindest teilweise in verschiedener Art. In der Ausschreibung findet sich lediglich der Grund für die Heranziehung dieses Zuschlagskriteriums. Dargelegt wird, dass errechnet worden sei, dass die Wartung und der somit benötigte Zeitaufwand für die Betriebsjahre gerechnet einen nicht unwesentlichen Anteil an den Kosten verursachen, weshalb die Prüfung durch das Fachpersonal der Stadtgemeinde erfolgen werde.

Mit der Darlegung des Motivs für die Heranziehung des Zuschlagskriteriums „Anwenderfreundlichkeit“ liegt somit die Vermutung nahe, dass damit jedenfalls der Bereich „Wartung“ gemeint ist. Die Formulierung lässt es aber offen, ob darüber hinaus noch weitere Gesichtspunkte zur Beurteilung herangezogen werden, offen bleibt nach wie vor, nach welchen Gesichtspunkten der Begriff „Wartung“ geprüft werden soll.

Tatsächlich finden sich in den vom öffentlichen Auftraggeber vorgelegten Prüfunterlagen „Musterleuchtenbewertung zur Ausschreibung Leuchtenlieferung“ zum Angebot der Antragstellerin folgende Anmerkungen:

„B ***

-Anschlusskabeltausch kompliziert

-Glastausch kompliziert

-Verschluss ist anfällig für Verschmutzung

-Blendung seitlich befriedigend

-Treiber leicht zu ersetzen

-Dach nicht aus Alu-Guss (nicht gewünscht)“ und

„B ***

- Auf/Ansatz leicht verstellbar

- ohne Werkzeug zu öffnen

- Komponenten leicht und Großteils werkzeuglos zu tauschen

- von unten zu öffnen – Material kann hinunterfallen

- Blendung seitlich befriedigend

- Ampere für höhere Leistungen – daher zwei Produkte!“

Des Weiteren findet sich in den Vergabeunterlagen unter der Überschrift „Vergabeempfehlung“ u.a. die Formulierung: „Zudem wurden Musterleuchten angefordert um diese einer eingehenden Prüfung durch die Elektroabteilung auf Blendung, Montagefreundlichkeit, usw. zu unterziehen“. Diese Formulierung deutet unmissverständlich darauf hin, dass der öffentliche Auftraggeber offensichtlich unter dem Begriff „Anwenderfreundlichkeit“ auch Begriffe wie „Blendung“, „Montagefreund-lichkeit“ verstanden wissen möchte. Derartige Hinweise sowie deren Beurteilung finden sich jedoch in den Ausschreibungsunterlagen nicht. Völlig offen bleibt auch, was der öffentliche Auftraggeber unter dem Begriff „usw.“ verstanden wissen möchte.

Hinsichtlich der Montagefreundlichkeit findet sich in den Vergabeunterlagen (erstellt nach Prüfung der Angebote) folgende Formulierung:

„Auswertung der Montagefreundlichkeit und Qualität der Leuchten

In der Ausschreibung wurde definiert, dass alle Bieter zwei Musterleuchten mit gleichen Vorgaben an die Stadtgemeinde zu liefern haben. Dieser Punkt ist für die Nachhaltigkeit von großer Bedeutung und wird seitens der Stadtgemeinde mit 20 % gewichtet.

Seitens Elektroabteilung wurden die Leuchten einerseits am Bauhof zerlegt und auf Verarbeitung, sowie Montagefreundlichkeit geprüft. Zusätzlich erfolgte die Montage auf Lichtmasten um das Aussehen, aber vor allem die Blendung und Qualität aller Faktoren unter realen Bedingungen zu kontrollieren und zu bewerten.“

Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass in der Beurteilung auch weitere Begriffe wie „Verarbeitung“ und „Montagefreundlichkeit“ geprüft wurden. Darüber hinaus wurden auch Faktoren wie „Aussehen“, „Blendung“ und „Qualität aller Faktoren unter realen Bedingungen“ kontrolliert und bewertet. Die Heranziehung dieser Faktoren, deren nachvollziehbare Erklärung sowie die Art der Überprüfung und Beurteilung sind ebenfalls in den Ausschreibungsbedingungen nicht enthalten.

Letzten Endes teilt der öffentliche Auftraggeber in seiner undatierten und am 19.11.2020 beim erkennenden Verwaltungsgericht eingelangten Stellungnahme mit, dass die „wichtigsten“ Kriterien für die Anwenderfreundlichkeit eine „Montagefreund-lichkeit“, eine „geringe Blendung“ und eine „saubere Verarbeitung des Gehäuses“ sind. Auf dieser Basis sei hier die Reihung vorgenommen worden. Auch hier unterlässt es der öffentliche Auftraggeber darzulegen, was konkret er unter diesen drei Begriffen verstanden wissen möchte und nach welcher nachvollziehbaren Methode er die einzelnen Angebote auf diese Begriffe hin beurteilt hat. Obendrein hätten diese Angaben zwingend in den Ausschreibungstext aufgenommen werden müssen. Auffällig ist überdies, dass es sich bei diesen Kriterien nach Ansicht des öffentlichen Auftraggebers um die "wichtigsten" Kriterien handelt, offensichtlich gibt es noch weitere „weniger wichtige“ Kriterien, die aber weder in der Ausschreibung noch in der nunmehrigen Stellungnahme bekanntgegeben werden.

Nicht nachvollziehbar ist auch die vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommene „Reihenfolge der Bewertung“. Diese Reihenfolge unterscheidet zwischen technischen LED-Leuchten und Schirmaufsatzleuchten. Bei den technischen LED-Leuchten belegt beispielsweise die Antragstellerin mit ihrem Produkt den zweiten Platz und ein konkret genannter weiterer Bieter den dritten Platz. Bei den Schirmaufsatzleuchten nimmt die Antragstellerin mit ihrem Produkt den vierten Platz ein und der konkret genannte weitere Bieter den zweiten Platz. Die „Zusammenführung“ der beiden Einzelreihungen zur „Reihenfolge bei der Gesamtbewertung“ ist zwar unter Anwendung der angegebenen prozentuellen Abzüge erklärbar, nicht erklärbar ist jedoch das Zustandekommen der beiden Einzelreihungen. Sollte nämlich bei der Festlegung der beiden Einzelreihungen ebenfalls das prozentuelle Punkteabzug-system auf Basis der drei Zuschlagskriterien herangezogen worden sein, so würde dieses System doppelte Anwendung finden, dies ist jedoch in den Ausschreibungs-unterlagen wiederum nicht vorgesehen.

Neben den völlig unzureichenden Ausführungen in der Ausschreibung zum 2. Zuschlagskriterium ist auch auf eine Mangelhaftigkeit zum 3. Kriterium „Anschlusswert“ zu verweisen. Der zweite Satz der Formulierung dieses Kriteriums lautet: „Basis ist hier die Lichtberechnung und“. Offen bleibt, worum es sich bei „und“ handelt und wie die konkrete Beurteilung beabsichtigt war.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass aus den vorgelegten Vergabe-unterlagen, insbesondere den Ausschreibungsunterlagen, jedenfalls zum Zuschlagskriterium „Anwenderfreundlichkeit“ nicht im mindesten mit ausreichender Klarheit und Nachvollziehbarkeit ersichtlich ist, welche konkreten Gesichtspunkte der öffentliche Auftraggeber darunter verstanden wissen möchte und wie die Erfüllung dieses Kriteriums bei den einzelnen Angeboten geprüft wurde. Im gegenständlichen Fall hat es der öffentliche Auftraggeber in der Hand, unter Heranziehung von beliebigen Gesichtspunkten und deren ebenso beliebigen Gewichtung eine Punktevergabe zumindest zu einem Zuschlagskriterium vorzunehmen. Die Vorgehensweise des öffentlichen Auftraggebers stellt somit einen Verstoß gegen die vergaberechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung aller Bieter, Verbot der Diskriminierung und Transparenz dar (VwGH 1.10.2008, 2004/04/0237, 0238; BVA 31.8.2006, N/0062-BVA/12/2006-22 = ZVB 2006, 303).

Zutreffend sind auch die Ausführungen der Antragstellerin zur Mangelhaftigkeit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Gemäß § 143 Abs. 1 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.

Der öffentliche Auftraggeber hat zunächst nicht bekanntgegeben, welcher Bieter den Zuschlag erhalten soll, ebenso wenig die Vorteile und Merkmale des erfolgreichen Angebotes. Er hat aber seine Mitteilung als „Zuschlagsentscheidung“ tituliert und der Antragstellerin auch mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht das Bestbieterangebot ist. Erst über Nachfragen der nunmehrigen Antragstellerin hat der öffentliche Auftraggeber die Gewichtung bekanntgegeben, aus der sich sinngemäß jener Bieter ergibt, dem der Zuschlag erteilt werden soll (C GmbH). Damit ist diese Mitteilung zumindest sinngemäß als Zuschlagsentscheidung zu werten, dies alleine schon aus Gründen der Rechtssicherheit. Durch die Bekanntgabe an die Antragstellerin, dass ihr Angebot nicht das Bestbieterangebot ist, ergibt sich zwingend, dass für den öffentlichen Auftraggeber zu diesem Zeitpunkt schon feststand, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll, da er ansonsten nicht die Aussage treffen hätte können, dass ein anderes Angebot nicht das Bestbieterangebot ist. Wenn aber der Bestbieter feststand, so ist die als „Zuschlagsentscheidung“ bezeichnete Mitteilung an einen anderen Bieter, sein Angebot sei nicht das Bestbieterangebot, jedenfalls sinngemäß eine wirksame Zuschlagsentscheidung, spätestens jedoch mit der Übermittlung der angeforderten Gewichtung und dem daraus ersichtlichen Bestbieter. Daran kann auch die Mangelhaftigkeit unter dem Gesichtspunkt von § 143 Abs. 1 BVergG 2018 nichts ändern.

Da die festgestellten Rechtswidrigkeiten einen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens haben können und durch die Verwendung eines untauglichen Zuschlagskriteriums auch haben, war daher die bekämpfte Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass die Ausschreibung für sich nicht bekämpft wurde und daher bestandfest geworden ist. Da aber im gegenständlichen Fall zumindest ein Zuschlagskriterium so unpräzise gehalten ist, dass nach diesem Kriterium eine Punktevergabe nicht möglich ist, kann auch eine bestandfest gewordene Ausschreibung die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung nicht verhindern.

Die Durchführung einer mündlichen Nachprüfungsverhandlung vor dem erkennenden Verwaltungsgericht konnte nach § 15 Abs. 2 Z 3 NÖ VG-NG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben ist.

Mit der Erlassung (Zustellung) dieses Erkenntnisses im Nachprüfungsverfahren tritt die eingangs erwähnte einstweilige Verfügung vom 22.10.2020 außer Kraft, eine gesonderte Aufhebung mittels Beschluss ist nicht erforderlich.

Hinsichtlich des gestellten Antrages auf Gebührenersatz (Pauschalgebühren) hat gem. § 4 Abs. 8 NÖ VG-NG ein Einzelrichter zu entscheiden, weshalb in diesem Umfang eine gesonderte Entscheidung ergehen wird.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. Somit ist nur die außerordentliche Revision zulässig.

Schlagworte

Vergabe; Nachprüfung; Nichtigerklärung; Ausscheidung; Zuschlagsentscheidung; Zuschlagskriterien; Nachvollziehbarkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.VG.14.002.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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