TE Vfgh Erkenntnis 1995/9/26 V66/95

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Veröffentlicht am 26.09.1995
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Index

L3 Finanzrecht
L3706 Kurzparkzonenabgabe, Parkabgabe

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Allg
ParkgebührenV der Stadt Leoben vom 04.07.89
Stmk ParkgebührenG 1979 §1 Abs1
StVO 1960 §94f Abs1 litb

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer ParkgebührenV mangels Bestehens einer gesetzlichen Anhörungsverpflichtung hinsichtlich gesetzlicher beruflicher Interessenvertretungen im Stmk ParkgebührenG

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Mit dem auf Art129 a Abs3 iVm. Art89 Abs2 und Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark die Aufhebung der "Verordnung des Gemeinderates der Stadt Leoben vom 4.7.1989, mit der eine gebührenpflichtige Kurzparkzone in Leoben verordnet worden ist, in der Fassung der Verordnung vom 29.5.1990 bzw. vom 5.12.1990" (im folgenden: Parkgebührenverordnung).

1.2. Zur Begründung seiner Antragslegitimation führt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark aus, er habe diese Verordnung in einem bei ihm anhängigen Verfahren gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben anzuwenden, in dem dem Berufungswerber zur Last gelegt wird, er hätte am 19. Jänner 1994 sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne das Fahrzeug mit einem gültigen Parkschein zu versehen, und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen.

1.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark erblickt die Gesetzwidrigkeit der von ihm angefochtenen Verordnung in der Nichtwahrung der gemäß §94 f Abs1 litb StVO 1960 bei Erlassung einer Verkehrsbeschränkung vorgeschriebenen Anhörung der beruflichen Interessenvertretungen. Der räumliche Geltungsbereich der Parkgebührenverordnung beziehe sich auf ein Gebiet, in dessen unmittelbarer Nähe mehrere Behörden sowie auch das Landesgericht Leoben situiert seien. Es wären daher neben der Ärztekammer, der Notariatskammer, der Architektenkammer auch die Österreichische Rechtsanwaltskammer anzuhören gewesen. Die Nichtanhörung dieser Interessenvertretungen bewirke die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung.

2. Der Gemeinderat der Stadt Leoben hat eine Äußerung im Verfahren erstattet und die Verordnungsakten vorgelegt. Darin führt er aus, daß der Berufungswerber im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine Verwaltungsübertretung in einer mit "Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Leoben vom 30.12.1964, G.Zl.: 8 Sta 9/10 - 1964" eingerichteten Kurzparkzone begangen habe. Im Zeitpunkt der Erlassung der Kurzparkzone habe aber die StVO 1960 noch keine Anhörungsrechte für die beruflichen Interessenvertretungen vorgesehen. Diese seien erst mit der 3. StVO-Novelle, BGBl. 209/1969, eingeführt worden. Im Zeitpunkt der Erlassung der Kurzparkzone sei also ein Verfahren gemäß §94 f StVO 1960 noch nicht durchzuführen gewesen.

"Etwa 25 Jahre nachdem diese Kurzparkzone ordnungsgemäß errichtet wurde, (sei) aufgrund des ... Stmk.

Parkgebührengesetzes 1979 mit Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 4.7.1989 unter anderem für den südlichen Teil des Leobner Hauptplatzes das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen von der Entrichtung einer Parkgebühr abhängig gemacht" worden. Die "Gesetzeskonformität der Parkgebührenverordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 4.7.1989 i.d.F. der Verordnung vom 29.5.1990 bzw. vom 5.12.1990, welche als Durchführungsverordnung zum Stmk. Parkgebührengesetz 1979 ... anzusehen ist, (sei) ausschließlich nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmung zu beurteilen." §1 Abs1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979 sehe aber die Durchführung eines Anhörungsverfahrens, wie dies in der StVO 1960 gemäß deren §94 f erforderlich ist, nicht vor.

Der Gemeinderat der Stadt Leoben begehrt daher die Abweisung des Antrags.

   3. Mit Schriftsatz vom 5. September 1995 zog der Unabhängige

Verwaltungssenat für die Steiermark "unter der Voraussetzung",

daß "die Kurzparkzone in Leoben ... tatsächlich bereits mit

Verordnung vom 30.12.1964 gemäß §25 StVO verordnet und mit der

nunmehr angefochtenen Verordnung ... nur die Gebührenpflicht in

dieser bereits bestehenden Kurzparkzone eingeführt worden (sei), ohne daß diesbezüglich ein Anhörungsverfahren gemäß §94 f StVO durchzuführen gewesen wäre", den "Verordnungsprüfungsantrag" zurück.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache zu entscheiden. Konstitutive Prozeßhandlungen, also Handlungen, die unmittelbare Rechtswirkungen hervorrufen, sind generell bedingungsfeindlich (vgl. VfSlg. 10196/1984, 12722/1991; Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2 (1990), RZ 758). Die mit Schriftsatz des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 5. September 1995 ausgesprochene Zurückziehung des Antrages unter einer Bedingung stellt daher eine unwirksame Prozeßhandlung dar.

2. Es ist offenkundig, daß der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark bei seiner Entscheidung über die bei ihm anhängige Berufung die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Leoben vom 4. Juli 1989 idgF, mit der in bestimmten Kurzparkzonen die Gebührenpflicht eingeführt wurde, anzuwenden hat. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist sohin insoweit gemäß Art129 a Abs3 iVm. Art89 Abs2 und 3 sowie Art139 Abs1 B-VG zulässig.

3. Gemäß §1 Abs1 des Gesetzes vom 20. Februar 1979 über die Einhebung einer Gemeindeabgabe für das Parken von Kraftfahrzeugen, LGBl. 21/1979 idF LGBl. 3/1989, (im folgenden: Steiermärkisches Parkgebührengesetz 1979), sind die Gemeinden des Landes Steiermark ermächtigt,

"durch Beschluß des Gemeinderates eine Abgabe (Parkgebühr) für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§25 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 616/1977) oder in Teilen von solchen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auszuschreiben. Bundesstraßen dürfen in dieses Gebiet nicht einbezogen werden".

Auf Grund dieser Verordnungsermächtigung des §1 Abs1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979 hat der Gemeinderat der Stadt Leoben für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in bestimmten "mit gesonderter Verordnung festgelegten Kurzparkzonen (vgl. §1 Abs1 der Parkgebührenverordnung)" die Einhebung einer Parkgebühr verordnet.

4. Gegen diese Verordnung wendet sich der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark mit der Begründung, daß die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungspflicht unterlassen worden sei.

Weder eine Bestimmung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979 noch eine andere Norm sehen aber für Verordnungen auf Grund des §1 Abs1 Steiermärkisches Parkgebührengesetz 1979 eine Verpflichtung zur Anhörung gesetzlicher beruflicher Interessenvertretungen vor.

Selbst wenn der Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark dahin zu verstehen sein sollte, daß er die der Parkgebührenverordnung zugrundeliegende, gemäß den Bestimmungen der StVO 1960 erlassene Kurzparkzone anfechten wollte, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Leoben vom 30. Dezember 1964 - über die Errichtung der Kurzparkzonenverordnung - zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, zu dem die erst mit der 3. StVO-Novelle, BGBl. 209/1969, eingeführten Anhörungsverpflichtungen bei Erlassung straßenpolizeilicher Verordnungen noch nicht bestanden.

Da die von seiten des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark aufgeworfenen Bedenken wie oben dargestellt nicht zutreffen, war der Antrag abzuweisen.

5. Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Verfahren, VfGH / Zurücknahme, Straßenpolizei, Kurzparkzone, Parkometerabgabe, Verordnungserlassung, Anhörungsrecht (bei Verordnungserlassung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:V66.1995

Dokumentnummer

JFT_10049074_95V00066_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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