Entscheidungsdatum
30.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I409 2159701-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Benin, vertreten durch die „Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH“ und „Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH“, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5. Mai 2017, Zl. „ XXXX “, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2020, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen seiner am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er unter der Rubrik „Fluchtgrund“ Folgendes an:
„Ich komme aus einer armen Familie. Mein Vater hat mich im Stich gelassen und ich wollte ein besseres Leben.“
Am 3. Mai 2017 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich von der belangten Behörde einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er Folgendes an:
„F (Anm.: Frage): Warum stellen Sie einen Asylantrag? Nennen Sie alle Ihre Fluchtgründe? Geben Sie bitte Ihre Fluchtgründe, die Sie zur Ausreise aus Benin veranlasst haben, bekannt.
A (Anm.: Antwort): Ich bin ein Waisenkind. Mein Vater ist verstorben. Er hat mich ohne Geld zurückgelassen. Meine Mutter hat mich auch verlassen. Ich habe kein Recht etwas zu essen. Ich habe keinen Platz zum Schlafen. Ich habe nichts zu essen. Ich habe keine Mittel. Ich habe niemanden, der mir in Zukunft helfen kann. Ich lebe in einer Problemsituation, die für mich sehr wichtig ist, das macht mir Angst, deswegen habe ich das Land verlassen.
F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?
A: Es gibt auch noch andere Gründe warum ich das Land verlassen habe. Befragt gebe ich an, in diesem Land arbeiten die Kinder wie Sklaven. Es ist ein kleines armes Land.
F: Konnten Sie alle Fluchtgründe Vorbringen?
A: Ich lebte im Norden des Landes. Dort suchen die Boko Haram die Leute für Soldaten. Sie wollen die Leute dazu zwingen, für sie zu kämpfen. Zwei meiner Freunde sind verschwunden. Deswegen hatte ich Angst und habe das Land verlassen. Befragt, sonst habe ich nichts mehr vorzubringen.
F: Hatten Sie persönlich mit Boko Haram Kontakt gehabt?
A: Nein.
F: Zusammengefasst kann man sagen, dass Sie aus wirtschaftlichen Gründen das Landverlassen haben. Was sagen Sie dazu?
A: Ja.“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten „gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten „gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG“ (Spruchpunkt II) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt. „Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung „gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen und „gemäß § 52 Absatz 9 FPG“ festgestellt, dass seine Abschiebung „gemäß § 46 FPG“ nach Benin zulässig ist (Spruchpunkt III). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde „gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG“ mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV).
Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2017 erhob der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid
A) 1. Feststellungen
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos, Staatsangehöriger von Benin, Angehöriger der Volksgruppe der Dendi und er bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.
Er leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Gesundheitsbeeinträchtigung die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegensteht; er ist erwerbsfähig.
Der Beschwerdeführer stammt aus Djougou, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Er hat in seinem Herkunftsstaat sechs Jahre die Schule besucht und eine Lehrstelle als Fahrer angetreten. Die Mutter sowie drei Schwestern des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Benin, wobei er in Österreich noch telefonischen Kontakt zu seiner Mutter hatte.
Er hält sich seit 30. Juli 2015 im Bundesgebiet auf. Er verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.
Er ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und bestreitet seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung.
Er hat diverse Sprach- und Integrationskurse als auch einen Informatik-Einführungskurs besucht und eine Deutsch-Prüfung für das Sprachniveau A1 abgelegt. Überdies ist er Mitglied in einem Leichtathletikverein und hat ehrenamtlich an Projekten eines Kulturvereins mitgewirkt.
Er ist strafgerichtlich unbescholten.
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird nicht festgestellt, dass er in Benin aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Benin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
A) 1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Benin:
Zur Lage in Benin werden folgende Feststellungen getroffen:
„Politische Lage
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Benin ist eine Republik und hat ein parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen und Parteienpluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Viele Elemente und Institutionen sind dem französischen Präsidialsystem entlehnt. Die als ein Resultat der Nationalkonferenz entwickelte und am 11.12.1990 verkündete Verfassung gilt als Kompromiss zwischen amerikanischer und französischer Verfassung (GIZ 3.2020a; vgl. AA 24.1.2020a). Die Achtung der Menschenrechte und Demokratie sind Kernelemente, auf denen die Verfassung beruht (AA 24.1.2020a). Benin bleibt eine der stabilsten Demokratien im subsaharischen Afrika nach der Durchführung mehrerer freier und fairer Wahlen seit dem Übergang zur Demokratie im Jahr 1991 (FH 2020; vgl. GIZ 3.2020a).
Benin ist Anfang der 1990er-Jahre ein friedlicher Übergang von diktatorischen zu demokratischen Verhältnissen gelungen (AA 24.1.2020a). Die autonome Wahlkommission (CENA - Commission Electorale Nationale Autonome) hatte am 5.3.2019, auf Grundlage eines 2018 in Kraft getretenen neuen Wahlgesetzes, für die Parlamentswahlen am 28.4.2019 nur zwei nahestehende Parteien (Union progressiste, Bloc républicain) des Präsidentenlagers von Patrice Talon zugelassen (BAMF 25.3.2019; vgl. DW 27.4.2019). Die Wahl wurde von einem großen Teil der Bevölkerung boykottiert. Die Wahlbeteiligung lag gemäß CENA bei 22,99% und nach Angaben des Verfassungsgerichts bei 27,12% (GIZ 3.2020a). Demonstrationen, zu denen die Oppositionsparteien für den 4.4.2019 aufgerufen hatten, wurden in Cotonou von der Polizei aufgelöst bzw. unterbunden (BAMF 8.4.2019).
Die Opposition kritisierte diese Vorgehensweise und befürchtet das Ende der einstigen Vorzeige-Demokratie (DW 27.4.2019). Darüber hinaus hat die Regierung am Wahlwochenende kurzerhand alle sozialen Netzwerke und Nachrichtendienste für 24 Stunden blockiert, um Proteste am Wahltag zu vermeiden. Die Wählerinnen und Wähler Benins protestierten schließlich leise, aber deutlich: Die meisten blieben ganz einfach zu Hause (NZZ 30.4.2019).
Am 7.11.2019 unterzeichnete der Präsident eine Verfassungsänderung, u.a. hinsichtlich der Durchführung von Parlamentswahlen, der Finanzierung der politischen Parteien, der Einsetzung eines Oppositionsführers und der Schaffung der Position des Vizepräsidenten und ein Gesetz, das eine Amnestie für alle Straftaten vorsieht, die im Zusammenhang mit den die Parlamentswahlen vom 28.4.2019 begleitenden Protesten verübt wurden. Sie gilt sowohl für Demonstranten als auch für Sicherheitskräfte und bezieht sich auf den Zeitraum zwischen April und Juni 2019. Die Amnestie stößt angesichts der Tötung von mindestens vier Demonstranten mutmaßlich durch Sicherheitskräfte auf Kritik (BAMF 11.11.2019).
Die am 15.11.2019 vom Präsidenten unterzeichneten und vom Parlament verabschiedeten Gesetze über Wahlen und politischen Parteien, führten neben dem Posten eines Vizepräsidenten, auch die Erhöhung der Anzahl der Parlamentssitze von 83 auf 109, wovon 24 für Frauen reserviert sind (BAMF 18.11.2019).
Anfang März 2020 wurde bekannt, dass im Februar 2020 ein Putschversuch vereitelt wurde. 20 Personen, darunter sechs Mitglieder des Militärs, wurden festgenommen, da sie unter der Führung des ehemaligen Militärattachés Pascal Tawès geplant haben sollen, Präsident Patrice Talon zu stürzen (BAMF 9.3.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.1.2020a): Benin – Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/politisches-portraet/209036, Zugriff 23.4.2020
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (25.3.2019): Briefing Notes 25. März 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006124/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_25.03.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 21.10.2019
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (8.4.2019): Briefing Notes 8. April 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010660/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_08.04.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 21.10.2019
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland): Briefing Notes 11. November 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2020352/briefingnotes-kw46-2019.pdf, Zugriff 23.4.2020
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (18.11.2019): Briefing Notes 18. November 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2020354/briefingnotes-kw47-2019.pdf, Zugriff 23.4.2020
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (9.3.2020): Briefing Notes 09. März 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027817/briefingnotes-kw11-2020.pdf, Zugriff 23.4.2020
- DW - Deutsche Welle (27.4.2019): Benin: Wahlen ohne Opposition, https://www.dw.com/de/benin-wahlen-ohne-opposition/a-48499375?maca=de-rss-de-top-1016-rdf, Zugriff 21.10.2019
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 - Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 17.10.2019
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (30.4.2019): Wie Benin in nur drei Jahren vom demokratischen Musterstaat zur Scheindemokratie wurde, https://www.nzz.ch/international/benin-ein-einstiger-musterstaat-wird-zur-scheindemokratie-ld.1478415, Zugriff 21.10.2019
Sicherheitslage
Letzte Bearbeitung am 16.4.2020
Insbesondere in den größeren Städten kann es zu Protestaktionen und Demonstrationen, die auch gewaltsame Auseinandersetzungen und Verkehrsbehinderungen auslösen können, kommen. Im Zuge der Parlamentswahlen Ende April 2019 kam es in mehreren Städten zu Protesten und insbesondere in Cotonou zu Ausschreitungen, bei denen auch Schusswaffen eingesetzt wurden. Es ist nicht auszuschließen, dass es im Umfeld der Kommunalwahlen am 17.5.2020 erneut zu weiteren örtlichen Protesten kommt. 2018 kam es auch zu ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Viehzüchtern der Volksgruppe der Peulh und der sesshaften, ackerbautreibenden Bevölkerung (AA 16.4.2020).
Auf burkinischer, nigerianischer und nigrischer Seite der Landesgrenzen Benins sind weiterhin terroristische Aktivitäten zu verzeichnen. Zwei europäische Besucher wurden Anfang Mai 2019 aus dem Pendjari Park im Norden Benins nach Burkina Faso entführt, ihr lokaler Führer wurde in unmittelbarer Nähe zur Grenze tot aufgefunden (AA 16.4.2020). Für das gesamte Gebiet entlang der Grenze zu Burkina Faso besteht ein erhöhtes Entführungsrisiko (AA 16.4.2020; vgl. EDA 16.4.2020; FD 16.4.2020). Sicherheitskräfte sind weiterhin in Alarmbereitschaft. Es ist mit verstärkten Kontrollen zu rechnen (AA 16.4.2020).
Das französische Außenministerium markiert auf der Karte mit Gefährdungseinschätzungen die südlichen, westlichen und zentralen Regionen als gelb (erhöhte Aufmerksamkeit) sowie die nordöstliche Region (nördlicher Teil der Grenzgebiete zu Nigeria, die Grenze zu Niger, östlicher Teil der Grenzgebiete zu Burkina Faso) als orange bzw. rot (Reisen nur bei Vorliegen wichtiger Gründe bzw. formelle Reisewarnung) (FD 16.4.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2020): Benin - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/beninsicherheit/208984, Zugriff 16.4.2020
- EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten (16.4.2020): Reisehinweise für Benin, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/benin/reisehinweise-fuerbenin.html, Zugriff 16.4.2020
- FD - France Diplomatie (16.4.2020): Conseils aux Voyageurs - Benin, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/benin/, Zugriff 16.4.2020
Rechtsschutz/Justizwesen
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Die Verfassung und das Gesetz gewährleisten eine unabhängige Justiz (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Der Präsident übernimmt die Leitung des Hohen Rates für das Justizwesen, er ernennt die Richter und verhängt Sanktionen (USDOS 11.3.2020). Dem Verfahren zur Ernennung und Beförderung von Richtern mangelt es an Transparenz. Darüber hinaus wurde diese weiter untergraben, indem Präsident Talon 2018 seinen persönlichen Anwalt zum Präsidenten des Verfassungsgerichts ernannte. Weiters verstärkt die Entscheidung des Gerichts, ein früheres Urteil über Streiks des öffentlichen Sektors aufzuheben, die Besorgnis über dessen Autonomie. Ebenso wie die Entscheidung des Gremiums, von Parteien für die Teilnahme an den Parlamentswahlen von 2019 eine Konformitätsbescheinigung der Regierung zu verlangen (FH 2020).
Das Justizsystem ist für Korruption anfällig (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). In den vergangenen Jahren unternahm die Regierung jedoch Bemühungen im Kampf gegen die Korruption, u.a. mit der Schaffung einer Antikorruptionsbehörde, durch Amtsenthebungen und Verhaftungen von korrupten Beamten (USDOS 11.3.2020). Allerdings argumentieren Kritiker, dass es dem Court of Punishment of Economic Crimes and Terrorism (CRIET) an Unabhängigkeit fehle. Neben dem Vorwurf, das Antikorruptionsgericht sei zur Verfolgung der politischen Gegner des Präsidenten eingesetzt worden, wurden die Richter des Gerichts 2018 per Regierungsdekret anstelle eines transparenten Bestätigungsverfahrens ernannt (FH 2020).
Die Verfassung sieht das Recht auf einen fairen Prozess vor, aber Ineffizienz und Korruption behindern die Ausübung dieses Rechts. Das Rechtssystem basiert auf französischem Zivilrecht und auf lokalem Gewohnheitsrecht. Für jeden Angeklagten gilt das Recht der Unschuldsvermutung. Angeklagte haben das Recht, unverzüglich und detailliert über die Anklagepunkte informiert zu werden, auf ein faires, rechtzeitiges und öffentliches Verfahren, auf Anwesenheit bei der Verhandlung und auf die Vertretung durch einen Anwalt. Sämtliche Rechte der Beschuldigten in einem Gerichtsverfahren werden allen Bürgern seitens der Regierung ohne Diskriminierung gewährt (USDOS 11.3.2020).
Wichtige Organe der Judikative sind das Verfassungsgericht, der Oberste Gerichtshof und der Hohe Gerichtshof. Der Oberste Gerichtshof ist die höchste richterliche Instanz in allen Fragen des öffentlichen und privaten Rechts, während der Hohe Gerichtshof für Straftaten zuständig ist, die Präsident oder Minister im Rahmen ihrer Amtsführung begehen (GIZ 3.2020a).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 17.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 17.4.2020
Sicherheitsbehörden
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Die Streitkräfte Benins (The Beninese Armed Forces - FAB) sind für die äußere Sicherheit zuständig. 2018 wurden Polizei und Gendarmerie fusioniert - The Republican Police untersteht dem Innenministerium und ist in erster Linie für die Durchsetzung des Rechts und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung verantwortlich. Die zivilen Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch. Die Straffreiheit bleibt jedoch ein Problem. Es gibt glaubwürdige Berichte der Zivilgesellschaft, dass Polizei- und Militärangehörige unverhältnismäßige und tödliche Gewalt gegen Demonstranten anwenden (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 3.2020a). Polizei und Militär setzten Tränengas, Schlagstöcke, Wasserwerfer und Schüsse ein, um die Proteste der Opposition sowohl vor als auch nach den Wahlen im April 2019 aufzulösen, welche auch zu Todesopfern führte (FH 2020).
Im Juni 2019 kam es in Tchaourou und Save zu Zusammenstößen, nachdem die Polizei versucht hatte, Personen festzunehmen, die verdächtigt wurden, die öffentliche Ordnung während und nach den Parlamentswahlen gewaltsam gestört zu haben (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 17.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 17.4.2020
Folter und unmenschliche Behandlung
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Sowohl die Verfassung als auch Gesetze verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, jedoch kommt es zu Vorfällen dieser Art und Schläge in Haftanstalten sind verbreitet (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 2020).
Die Haftbedingungen sind oft hart und Gefangenen sind mit Überbelegung, fehlendem Zugang zu Nahrung und Wasser und gelegentlichem körperlichem Missbrauch konfrontiert Trotz Folterverbot kam es auch 2018 zu körperlichem Missbrauch durch die Polizei, einschließlich Schläge und Folter von Untersuchungshäftlingen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem (FH 2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 20.4.2020
Korruption
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Korruption ist in Benin nach wie vor ein weit verbreitetes Problem. Die Antikorruptionsbehörde der Regierung, die National Anti-Corruption Authority (ANLC) ist befugt, Fälle an die Gerichte weiterzuleiten, hat aber keine Durchsetzungsautorität (FH 2020). Im September 2019 warf der ANLC-Präsident der CENA Unregelmäßigkeiten bei der Disqualifizierung aller Parteien bis auf zwei für die Parlamentswahlen im April 2019 vor (FH 2020). Obwohl gesetzlich Strafen für behördliche Korruption vorgesehen sind, setzt die Regierung diese Gesetze nicht effektiv um, und Beamte bleiben korrupt und tragen zu einer Kultur der Straflosigkeit bei. Korruption existiert auf allen Ebenen des Justizsystems (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 2020). Bereits 2018 hat die Regierung im Rahmen ihrer Anti- Korruptionsbemühungen die Errichtung von Straßensperren verboten. 2019 gab es keinen illegalen Straßensperren (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027,473.html, Zugriff 20.4.2020
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Laut dem Ibrahim Governance Index von 2018 rangiert Benin auf dem 7. Platz von 54 afrikanischen Staaten (GIZ 3.2020a). Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind per Verfassung und auch in der Praxis weitgehend gewährleistet (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 3.2020a, FH 2020), allerdings berichten die staatlichen Fernseh- und Rundfunkmedien noch immer überwiegend aus Regierungssicht. Verleumdung ist nach wie vor ein Verbrechen, das mit Geldstrafen geahndet wird, und Medien, die der Regierung kritisch gegenüberstehen, haben in den letzten Jahren zunehmend eine Suspendierung riskiert. Bereits in den vergangenen Jahren kam es zu Verhaftungen von Journalisten, bzw. Schließungen von Rundfunkanstalten (FH 2020). Am Wahltag (28.4.2019) wurde der Zugang zum Internet gesperrt, Journalisten klagten über Einschüchterungen (FH 2020).
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ist per Verfassung wie auch in der Praxis üblicherweise gewährleistet (GIZ 3.2020a; vgl. USDOS 11.3.2020). Es kommt zu Selbstzensur (USDOS 11.3.2020). Versammlungen müssen genehmigt werden, die Genehmigungen werden üblicherweise erteilt. Veranstaltungen werden fallweise nicht genehmigt, wenn die öffentliche Ordnung gefährdet scheint (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Versammlungen wurden 2019 von der Regierung im Gegensatz zu 2018 häufig aus politischen Gründen eingeschränkt (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 20.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 20.4.2020
Haftbedingungen
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Die Haftbedingungen sind weiterhin hart und lebensbedrohlich (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 2020). Überbelegung stellt weiterhin ein Problem dar (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Gefangene haben keinen Zugang zu Nahrung und Wasser (FH 2020), ebenso besteht ein Mangel an angemessenen sanitären Anlagen und medizinischen Einrichtungen. Es gab Todesfälle aufgrund schlechter Belüftung und aufgrund des Mangels an medizinischer Versorgung (USDOS 11.3.2020).
Die Regierung erlaubt Gefängnisbesuche durch Menschenrechtsbeobachter. NGOs und religiöse Gruppen besuchen Gefängnisse. Manchmal wird NGOs der Zugang verweigert (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 20.4.2020
Todesstrafe
Letzte Bearbeitung am 27.4.2020
Obwohl das Verfassungsgericht die Todesstrafe 2016 abgeschafft hatte, erließ die Regierung keine Rechtsvorschriften zur Streichung der Todesstrafe aus dem Strafgesetzbuch. Sie nahm jedoch eine Empfehlung an, die der UN-Menschenrechtsrat im Rahmen der Allgemeinen regelmäßigen Überprüfung ausgesprochen hatte. Diese sah nicht nur die Umwandlung aller Todesurteile vor, sondern auch eine Beschleunigung beim Erlassen der Rechtsvorschriften zur Streichung der Todesstrafe aus dem neuen Strafgesetzbuch (AI 22.2.2018). Am 21.2.2018 hat die Regierung Benins Todesurteile gegen 14 Männer in lebenslange Haft umgewandelt. Die Umwandlungen folgten einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2016, wonach die Todesstrafe für alle Verbrechen wirksam abgeschafft wurde. Im Juni 2018 verabschiedete die Nationalversammlung ein neues Strafgesetzbuch, das die Todesstrafe nicht vorsah. Der Kodex wurde am 28.12.2018 veröffentlicht (AI 10.4.2019). Im aktuellen Jahresbericht von Amnesty International für 2019, gehört Benin zu den Ländern, deren Gesetze nicht die Todesstrafe für Verbrechen vorsehen (AI 21.4.2020).
Quellen:
- AI - Amnesty International (21.4.2020): Death Sentences and Executions 2019 – Benin, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5018472020ENGLISH.PDF, Zugriff 27.4.2020
- AI - Amnesty International (10.4.2019): Death Sentences and Executions 2018 – Benin, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006174/ACT5098702019ENGLISH.PDF, Zugriff 29.10.2019
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/1443787.html, Zugriff 29.10.2019
Religionsfreiheit
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Die Verfassung und die Gesetze gewährleisten Religionsfreiheit (FH 2020; vgl. USDOS 21.6.2019). Religiöse Gruppen müssen sich registrieren. Die drei größten Religionsgruppen sind Christen (48,5%), Moslems (27,7%) und Voudon (Voodoo) mit 11,6%. Der Rest gehört kleineren religiösen Gruppen an oder fühlt sich keiner Religion zugehörig (USDOS 21.6.2019).
Der Katholizismus ist heute die wichtigste christliche Konfession in Benin mit einem klaren Schwerpunkt im Süden. Die westafrikanische Ausprägung des Islam unterscheidet sich in vielen Dingen vom Islam in arabischen Ländern. Charakteristikum aller Religionen ist Synkretismus. Alle Beniner ordnen sich demnach einer "offiziellen" Religion zu, da ihnen bei Befragungen nur eine Auswahlmöglichkeit gegeben wird. Tatsächlich aber verfolgen viele traditionelle spirituelle und religiöse Praktiken und bezeichnen sich gleichzeitig als Christ oder Moslem. Wie auch in anderen Teilen Afrikas sind Hexereidiskurse im Alltag eines großen Teils der Bevölkerung Benins sehr präsent (GIZ 3.2020b).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 20.4.2020
- USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011045.html, Zugriff 30.10.2019
Vodoun/Vodun (Voodoo)
Benin wird auch oft als 'Wiege des Vodoun' bezeichnet. Die verschiedenen Vodoun-Kulte sind vor allem im südlichen Drittel des Landes beheimatet und haben einen festen Platz im Alltagsleben der Bevölkerung. Im Alltag trifft man fast überall auf Spuren der religiösen Praxis: Altäre, Schreine, Opferstätten, Legbas (anthropomorphe Lehmfiguren), Tempel und Wegweiser zu den Priesterinnen und spirituellen Heilern. Ein am Wegrand liegender rostiger Motorblock ist hier keine Umweltsünde, sondern ein Altar für Gu (Ogun), den Gott des Eisens und der Schmiede. In all den verschiedenen Vodoun-Kulten spielen initiierte Frauen eine dominierende Rolle und Männer sind eher in der Minderheit. Glaubensinhalte und Götter des Vodoun ändern sich ständig, seit sie mit den Sklaven ins Exil nach Amerika gingen und sich dort mit anderen Religionen (Christentum und Hinduismus) vermischten. Dieses Amalgam gelangte durch die zurückgekehrten 'Brasilianer' wieder an die westafrikanische Küste und vermengte sich erneut mit den alten afrikanischen Göttern und Kulten. Transatlantische Verbindungen zwischen Afrika, Amerika und Europa machten den Vodoun zu einer globalisierten Religion. Heute ist der Vodoun in Benin eine anerkannte Religion mit eigenem Feiertag, dem 10. Jänner, und das 1992 erstmals in Ouidah abgehaltene internationale Vodoun-Festival hat sich mittlerweile zu einer wichtigen gesellschaftlichen, auch internationale Besucher anziehenden, Institution etabliert (GIZ 3.2020b).
Quellen:
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 20.4.2020
Ethnische Minderheiten
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Benin ist durch ethnische, regionale und linguistische Vielfalt geprägt. Wie in fast allen westafrikanischen Ländern leben, bedingt durch die willkürliche koloniale Grenzziehung, auch in Benin viele der Ethnien in zwei oder gar mehreren Staaten. In den Veröffentlichungen der Ergebnisse des Zensus 2002 (bei der Volkszählung 2013 wurden die ethnischen Gruppierungen nicht mehr ausgewiesen) wurden die 61 gezählten ethnischen Gruppen in folgende Großgruppen zusammengefasst:
? Fon und verwandte ethnische Gruppen: 39,2%
? Adja und verwandte Gruppen: 15,2%
? Yoruba und verwandte Gruppen: 12,3%
? Baatombu (Bariba) und verwandte Gruppen: 9,2%
? Fulbe und verwandte Gruppen: 7%
? Bètammaribè und verwandte Gruppen: 6,1%
? Yom, Lokpa und verwandte Gruppen: 4%
? Dendi und verwandte Gruppen: 2,5%
? Andere ethnische Gruppen (darunter auch Europäer, Libanesen): 1,6%
? Nicht weiter spezifiziert: 2,9% (GIZ 3.2020b).
Die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen sind im Allgemeinen freundschaftlich, trotz der jüngsten politischen Spannungen (FH 2020). Minderheitengruppen werden nicht an der Beteiligung am politischen Prozess gehindert (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Minderheitengruppen sind in Behörden, der Verwaltung und auch dem Militär gut vertreten. Ethnische Diskriminierung ist per Verfassung verboten (FH 2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 20.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 20.4.2020
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen, Kinder
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Laut Verfassung sind in Benin Frauen und Männer gleichberechtigt, jedoch sieht das in der Praxis anders aus (GIZ 3.2020b; vgl. USDOS 11.3.2020). Frauen sind vor allem gesellschaftlichen Benachteiligungen ausgesetzt (USDOS 13.3.2019). Die Verfassung sieht die Gleichstellung von Frauen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich vor (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Die Regierung setzt das Gesetz jedoch nicht wirksam durch (USDOS 11.3.2020). Frauen werden bei der Erlangung von Arbeitsplätzen, Krediten, gleichem Entgelt sowie bei der Führung oder Leitung von Unternehmen weitgehend diskriminiert. Frauen werden rechtlich nicht von der Teilnahme am politischen Prozess ausgeschlossen, aber kulturelle Faktoren schränken ihr politisches Engagement ein (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Die Polygamie wurde 2004 offiziell abgeschafft. Dennoch findet man vor allem auf dem Land Großfamilien, in denen Männer mehrere Frauen haben. Familienplanung ist nahezu unbekannt. Auch was Bildung betrifft, liegt die Zahl der Analphabeten bei Frauen sehr hoch. Aufgrund der ethnischen und kulturellen Vielfalt des Landes gibt es regionale Unterschiede. So sind im Norden des Landes Frauen insgesamt seltener in wichtigen Positionen und höheren Berufsklassen vertreten. Auch in der Nationalversammlung gibt es nur wenige weibliche Abgeordnete. Wichtig zum Verständnis der Geschlechterrollen ist außerdem die Tatsache, dass Frauen und Männer in praktisch allen Haushalten über getrennte Budgets verfügen und hochgradig individualisiert wirtschaften (GIZ 3.2020b).
Vergewaltigung ist verboten, aber die Durchsetzung des Gesetzes ist nicht effektiv. Opfer erstatten aufgrund des sozialen Stigmas nur selten Anzeige. Auch häusliche Gewalt ist bei Strafe verboten, kommt aber weiterhin häufig vor (USDOS 11.3.2020).
Das Gesetz verbietet Genitalverstümmelung (FGM/C) und sieht Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren und Geldstrafen von bis zu sechs Millionen CFA-Francs (10.187 USD) vor (USDOS 11.3.2020). Viele Frauen leiden unter den Folgen der Genitalverstümmelung (GIZ 3.2020b; vgl. AA 28.6.2019). Die Praxis beschränkt sich weitgehend auf abgelegene ländliche Gebiete im Norden. Laut UNICEF wurden 7% der Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren einer FGM/C unterzogen (USDOS 11.3.2020).
Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren zu allen Formen des Kinderhandels, einschließlich der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken, vor (USDOS 11.3.2020) Die Gesetze und Vorschriften in Bezug auf Kinderarbeit werden nicht wirksam durchgesetzt. Die Regierung arbeitet auch mit einem Netzwerk aus NGOs und Journalisten zusammen, um die Bevölkerung über Kinderarbeit und Kinderhandel aufzuklären. Im September 2019 verhaftete die Polizei sechs Frauen nahe der Grenze zu Nigeria, die elf Kinder im Alter von zehn bis 16 Jahren, bei sich hatten. Die Polizei gab an, dass die verhafteten Frauen Mitglieder eines Menschenhändlerrings aus dem Benin seien (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019b 3.2020b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 21.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 21.4.2020
Homosexuelle
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Es gibt keine Gesetze, die gleichgeschlechtliche Aktivitäten kriminalisieren (GIZ 3.2020a; vgl. USDOS 11.3.2020), allerdings können solche Tätigkeiten unter den öffentlichen Unzuchtsbestimmungen des Strafgesetzbuches strafrechtlich verfolgt werden. Es gibt keine Berichte über strafrechtliche oder zivilrechtliche Verfolgung von einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen. Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft berichten über Fälle von Diskriminierung und sozialer Stigmatisierung aufgrund der sexuellen Orientierung (USDOS 11.3.20202; vgl. FH 2020). Homosexuelle Frauen und Männer werden gesellschaftlich geächtet und stigmatisiert (GIZ 3.2020a; vgl. FH 2020), sodass sie gezwungen sind, ihre sexuelle Orientierung geheim zu halten (GIZ 3.2020a). LGBT-Beziehungen werden in der beninischen Gesellschaft zwar nicht wertgeschätzt, jedoch toleriert. Mit Einführung des neuen Strafgesetzbuches im Jahr 2019 stehen diese Beziehungen nicht mehr unter Strafe (AA 21.4.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.4.2020): Benin - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/beninsicherheit/208984 , Zugriff 21.4.2020
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 21.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 21.4.2020
Bewegungsfreiheit
Letzte Bearbeitung am 24.4.2020
Die Verfassung und Gesetze garantieren die Bewegungsfreiheit im Inland (FH 2020; vgl. USDOS 11.3.2020), Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Anders als in den Vorjahren gab es 2018 keine illegalen Straßensperren. Im Rahmen ihrer Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung verbot die Regierung Straßensperren im ganzen Land (USDOS 11.3.2020). Freedom House berichtet allerdings, dass Reisen durch die von der Polizei errichteten Straßensperren erschwert werden können und Polizisten gelegentlich Bestechungsgelder für die Durchreise verlangen (FH 2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Benin, https://freedomhouse.org/country/benin/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019- Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027473.html, Zugriff 21.4.2020
Grundversorgung und Wirtschaft
Letzte Bearbeitung am 21.4.2020
Benin, eines der ärmsten Länder der Welt (GIZ 3.2020c) und hatte 2017 ein statistisch erfasstes Pro-Kopf-Jahres-Einkommen von etwa 2.266 USD (2017). Das Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2017 etwa 9,2 Milliarden USD (3.2020c). Trotz intensiver Bemühungen der Geberländer ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, die Armut nennenswert zu reduzieren. Mit dem raschen Bevölkerungswachstum müsste ein Wirtschaftswachstum von über 7% einhergehen. Etwa ein Drittel bis 40% der knapp zehn Millionen Beniner lebt in extremer Armut (GIZ 3.2020c). Die Wirtschaft ist stark von Weltmarktpreisen für Baumwolle abhängig, Analphabetismus und Bildungsschwäche behindern die wirtschaftliche Entwicklung (GIZ 3.2020c).
Die Wirtschaft Benins ist vor allem von der Landwirtschaft und dem Handel mit den Nachbarländern abhängig. Im industriellen Sektor sind lediglich die Zementherstellung und die Entkernung der Baumwolle erwähnenswert. Die Herstellung einfacherer Gebrauchsgüter oder die Textilindustrie spielen eine untergeordnete Rolle. In den letzten Jahren konnte die industrielle Goldproduktion gesteigert werden und auch die Förderung von Erdöl steht kurz bevor. Rund zwei Drittel der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft und erwirtschaften etwa ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Baumwolle ist das Hauptexportgut und hat somit den wichtigsten Stellenwert in der Wirtschaft Benins. Als Transitland profitiert Benin hauptsächlich über den Hafen beim Handel von Waren. Schätzungen zufolge werden jedoch 90% des Wirtschaftsgeschehens dem informellen Sektor zugeschrieben. Der Handel am Straßenrand, Benzinschmuggel und andere Aktivitäten werden in keiner offiziellen Statistik erfasst. Dadurch entgehen dem Staat wichtige Einnahmen, allerdings sichert der informelle Sektor eine Art Grundversorgung. Die Regierung will jedoch den jährlichen Verlust von 120 Milliarden Francs CFA nicht mehr hinnehmen und sagte dem Benzinschmuggel den Kampf an, im Juni 2018 wurde dazu ein neues Gesetz (Loi 2018-15) verabschiedet (GIZ 3.2020c).
Quellen:
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020c): Benin - Wirtschaft, https://www.liportal.de/benin/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 21.4.2020
Medizinische Versorgung
Letzte Bearbeitung am 21.4.2020
Die medizinische Versorgung im Land entspricht sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor bei weitem nicht europäischen Standards. Die medizinische Notfallversorgung ist – auch in größeren Städten – nicht sichergestellt (AA 21.4.2020).
Zum Jahresende 2015 billigte das Parlament ein neues Gesetz einer allgemeinen Krankenversicherung. Bis 2019 möchte die Regierung qualifiziertes Personal im Gesundheitswesen einsetzen können. Im Februar 2016 verabschiedete die Regierung einen nationalen Plan zur Kommunikation im Kampf gegen AIDS (GIZ 3.2020b ).
In ländlichen Gebieten sind Mängel, wie der Zugang zu sauberem Trinkwasser oder das Fehlen von sanitären Einrichtungen, wie Latrinen, Ursache für viele Erkrankungen. Personen, die an psychischen Krankheiten leiden, werden häufig alleine gelassen und irren in den Straßen umher (GIZ 3.2020b).
Traditionelle Medizin und Heilungsverfahren spielen eine große Rolle. Gerade im ländlichen Raum sind Ärzte oder Krankenhäuser oft überhaupt nicht erreichbar oder einfach zu teuer. Es gibt eine große Bandbreite alternativer Heilverfahren, die von lokaler Biomedizin bis zu verschiedenen Formen spiritueller oder religiöser Heilverfahren reicht. Oft werden die Ursachen der Krankheit nicht einem Erreger, sondern einem Hexer zugesprochen, der aufgrund von Eifersucht eines Nachbarn hinzugezogen wurde. Beniner nehmen unterschiedliche Therapieeinrichtungen wahr, je nachdem, welches Verfahren für den besonderen Krankheitsfall den meisten Erfolg zu versprechen scheint. In den letzten ca. zehn Jahren kamen auch mehr und mehr chinesische Medikamente und traditionelle chinesische Heilverfahren auf den Markt und bereichern das Angebot. Ein großes Problem sind Medikamente, deren Haltbarkeitsdatum schon längst abgelaufen ist oder die schlichtweg gefälscht wurden. Auf den Märkten werden diese Medikamente ohne Verpackung und Beipackzettel einzeln verkauft. So wurden allein in den Jahren von 2011 bis heute über 1.000 Tonnen illegaler pharmazeutischer Produkte beschlagnahmt und zerstört (GIZ 3.2020b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.4.2020): Benin - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/beninsicherheit/208984, Zugriff 21.4.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2020b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 21.4.2020
Rückkehr
Es konnten keine spezifischen für die Rückkehr relevanten Quellen gefunden werden.“
A) 2. Beweiswürdigung
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.
Überdies fand am 27. August 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen die Beschwerdesache im Beisein des Beschwerdeführers erörtert wurde.
A) 2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seiner Herkunft, seiner Schulbildung und Berufserfahrung, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, „unter Kopfschmerzen, Brustschmerzen, Bauchschmerzen und unter Schmerzen an beiden Knien“ zu leiden „und am rechten Ohr höre ich gar nichts“. In Vorlage brachte er einen Röntgenbefund vom 11. März 2019, dem zu entnehmen ist, dass der erhobene Befund für Muskelfasereinrisse am rechten Oberschenkel spreche. Die Quadrizepssehne sei intakt und es gebe keinen Nachweis für ein größeres Hämatom. Überdies legte er eine Leihvereinbarung hinsichtlich eines Hörgeräts vom Februar 2016 vor, wobei er in der angab, seit seiner Kindheit Probleme mit seinem rechten Ohr zu haben, was insofern bemerkenswert ist, als er im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 3. Mai 2017 ausdrücklich zu Protokoll gab, keine gesundheitlichen Probleme zu haben und auch im Beschwerdeschriftsatz keine wie auch immer geartete Gesundheitsbeeinträchtigung geltend gemacht wurde. Darüber hinaus legte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht noch den Befund einer Notfallambulanz eines Spitals vom 28. Jänner 2020 vor, wonach er aufgrund thorakaler Schmerzen einer EKG-Untersuchung unterzogen worden sei, welche jedoch keine Hinweise auf ein ACS (Anm.: akutes Koronarsyndrom) oder eine Myokarditis ergeben habe und der Beschwerdeführer ohne stationäre Aufnahme wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Aus keinem dieser Befunde ergibt sich eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Auch angesichts seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach er sich in Österreich um eine Ausbildungsstelle bemühen werde, er hier viele Leichtathletik-Wettkämpfe absolviert habe und mit Freunden Fußball spiele, spazieren gehe und Konzerte besuche, ist auch keine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit ersichtlich.
Dass der Beschwerdeführer in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus einer Anfrage beim Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger.
Die Feststellung, wonach er seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung bestreitet, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation „Betreuungsinformation (Grundversorgung)“.
Seine Teilnahme an diversen Sprach- und Integrationskursen sowie an einem Informatik-Einführungskurs, seine Mitgliedschaft in einem Leichtathletikverein und seine ehrenamtliche Beteiligung an Projekten eines Kulturvereins ergeben sich aus diesbezüglich in Vorlage gebrachter Bestätigungsschreiben. Seine Deutschkenntnisse auf A1-Sprachniveau ergeben sich aus einem vorgelegten ÖSD-Zertifikat vom 28. April 2017.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
A) 2.2. Zu den vorgebrachten Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag auf internationalen Schutz in seiner Erstbefragung ausschließlich mit wirtschaftlichen Erwägungen. Er komme aus einer armen Familie, sein Vater habe ihn „im Stich gelassen“ und wolle er ein besseres Leben (AS 3). Sofern in der Beschwerde vorgebracht wird, es handle sich hinsichtlich seines Vaters um keinen Widerspruch zu seinen Angaben im weiteren Verlauf des Verfahrens, wonach dieser verstorben sei, da der Beschwerdeführer durch die Verwendung des französischen Wortes „abandonne“ zum Ausdruck habe bringen wollen, sein Vater habe ihn durch sein Ableben verlassen, wohingegen in „deutsch-französisch“ das Wort auch „im Stich gelassen“ bedeuten könne (AS 214), so erachtet das Bundesverwaltungsgericht dies als schlüssig. Nicht nachvollziehbar ist hingegen der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein in der Beschwerde erstattetes Fluchtvorbringen, wonach er in Benin eine Zwangsrekrutierung durch die Boko Haram befürchte, die überdies auch zwei Freunde von ihm entführt habe, in der Erstbefragung nicht einmal erwähnte. Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass die polizeiliche Erstbefragung eines Asylwerbers im Sinne des § 19 Asylgesetz 2005 insbesondere der Ermittlung seiner Identität und Reiseroute dient und sich nicht – wie auch in der Beschwerde zutreffend aufgezeigt – auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, können offenkundige Abweichungen grundsätzlich zuungunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt werden. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es nicht generell unzulässig ist, sich etwa auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. zuletzt der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 2019, Ra 2019/14/0429, mwN).
In seiner Einvernahme vor der belangten Behörde verwies der Beschwerdeführer zunächst abermals auf rein wirtschaftliche Fluchtgründe, ehe er auf konkrete Nachfrage des Einvernahmeleiters, ob er nunmehr alles vorgebracht habe, ergänzend erklärte, dass er im Norden des Landes gelebt habe und „dort“ die Boko Haram Leute zwangsrekrutieren würde. Zwei Freunde von ihm seien verschwunden und habe er aufgrund dessen Angst und das Land verlassen. Die Frage, ob er denn je persönlich Kontakt mit Boko Haram gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer ausdrücklich und gab in weiterer Folge im Hinblick auf eine Rückkehrgefährdung abermals nur an, seine Situation sei „zu schlecht“ gewesen, er habe Niemanden im Land, wisse nicht, wo er wohnen könne und sei ein Waisenkind (AS 62ff). In einer schriftlichen Ergänzung zu seiner Einvernahme sowie in der Beschwerde steigerte er sein Fluchtvorbringen schlussendlich dahingehend, dass die Boko Haram in seine Heimatstadt Djougou eingedrungen sei, um potentielle Soldaten zu Kampfzwecken zu rekrutieren. Zwei seiner Freunde seien gegen ihren Willen mitgenommen worden, während es dem Beschwerdeführer gelungen sei, sich zu verstecken. Aus Angst vor einer „erneuten Zwangsrekrutierung“ habe er keinen anderen Ausweg gesehen, als die Flucht nach Europa anzutreten (AS 210f).
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt insbesondere aufgrund des unmittelbaren und persönlichen Eindrucks, der vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen werden konnte, zum Schluss, dass sein Fluchtvorbringen hinsichtlich der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Boko Haram nicht glaubhaft ist.
Eingangs ist festzuhalten, dass ein verspätet erstattetes oder gesteigertes Vorbringen deswegen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann, weil grundsätzlich erwartet werden kann, dass ein Asylwerber sein Fluchtvorbringen rechtzeitig und vollständig erstattet, sobald er dazu von den Behörden Gelegenheit erhält. Daran ändert auch im vorliegenden Beschwerdefall der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erstbefragung noch (knapp) minderjährig war und lediglich eine sechsjährige Schulbildung in seinem Herkunftsstaat durchlaufen hat.
Auch schilderte er seine angebliche Begegnung mit der Boko Haram in der mündlichen Verhandlung anders als im Beschwerdeschriftsatz. Während im Beschwerdeschriftsatz behauptet wurde, er habe sich versteckt, während zwei seiner Freunde mitgenommen worden seien (AS 210f), so gab er in der mündlichen Verhandlung plötzlich an, er und zwei Freunde seien abends unterwegs gewesen, als sie von Mitgliedern der Boko Haram mit Messern und Pistolen überfallen worden seien. Der Beschwerdeführer sei entkommen und habe es geschafft zu fliehen, die Angreifer hätten ihm jedoch nachgeschrien „Wir wissen, wer du bist, wir werden dich finden und töten“. Im Widerspruch zu seinem Vorbringen im Administrativverfahren, wonach er persönlich niemals Kontakt mit der Boko Haram gehabt habe, gab er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich an, dieser konkrete Vorfall habe ihn dazu veranlasst, sein Heimatland zu verlassen, nachdem man ihm hinterhergeschrien habe, dass man ihn kennen und finden werde (Verhandlungsniederschrift, Seite 6).
Nicht zuletzt findet das Vorbringen des Beschwerdeführers auch in den einschlägigen Länderberichten – selbst in jenen, die er von sich aus in das Verfahren eingebracht hat – keine Deckung. Sofern er konsistent behauptete, in Djougou geboren und aufgewachsen zu sein und dort bis zu seiner Ausreise gelebt zu haben, ist festzuhalten, dass sich Djougou im mittleren Westen Benins befindet, hunderte Kilometer fernab der burkinischen, nigerianischen und nigrischen Seite der Landesgrenzen Benins, wo nach wie vor terroristische Aktivitäten (u.a. der Boko Haram) zu verzeichnen sind (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt A) 1.2.). Das unsubstantiierte Vorbringen, wonach er im Norden des Landes gelebt habe und „dort“ die Boko Haram Leute zwangsrekrutieren würden (AS 63), steht somit im Widerspruch zu seinen biographischen Angaben im Verfahren und es wurde im Beschwerdeschriftsatz zudem ausdrücklich behauptet, die Boko Haram sei in Djougou, die Heimatstadt des Beschwerdeführers, „eingedrungen“ (AS 210). Landesweite Aktivitäten der Boko Haram existieren in Benin jedoch nicht und Benin gilt gemäß § 1 Z 15 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung – HStV), als sicherer Herkunftsstaat. Hinsichtlich der drei seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung vorgelegten Länderberichte ist festzuhalten, dass Benin in zwei davon (DW 2. Juli 2018: „Afrika: Die Bedrohung durch Extremisten wächst“, https://www.dw.com/de/afrika-die-bedrohung-durch-extremisten-w%C3%A4chst/a-44495101, Zugriff 23. Oktober 2020; Der Standard 27 August 2020: „Nach Putsch in Mali: Heikles Spiel für Frankreich im Pulverfass der Sahelzone“, https://www.derstandard.at/story/2000119615457/nach-putsch-in-mali-heikles-spiel-fuer-frankreich-im-pulverfass, Zugriff 23. Oktober 2020) nicht einmal Erwähnung findet, während der Staat im dritten Artikel (ISS 5. Juni 2019: „Hard counter-terrorism lessons from the Sahel for West Africa’s coastal states”, https://issafrica.org/iss-today/hard-counter-terrorism-lessons-from-the-sahel-for-west-africas-coastal-states, Zugriff 23. Oktober 2020) ebenfalls eine eher untergeordnete Rolle spielt und sich die relevanten Teile im Wesentlichen mit den Ausführungen zur Sicherheitslage im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation decken (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt A) 1.2.).
Sofern der Beschwerdeführer überdies wiederholt im Verfahren auf die Problematik von Kinderarbeit in Benin hingewiesen hat (AS 63, AS 217, Verhandlungsniederschrift, Seite 8), ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich, welche konkrete Rückkehrgefährdung sich für ihn als erwachsenen Mann, der im Jänner 2021 sein 23. Lebensjahr vollendet, daraus ergeben sollte.
Angesichts des unmittelbaren und