TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/3 I419 2132088-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.11.2020
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Entscheidungsdatum

03.11.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2132088-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 05.07.2016, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte Anfang 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend den Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I) und zuerkannte ihm jenen des subsidiär Schutzberechtigten. Die dagegen erhobene Beschwerde richtet sich nur gegen die Nichtzuerkennung des Asylstatus, also Spruchpunkt I des Bescheids.

2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe in einem Hotel als Musiker gearbeitet, weshalb er zweimal mit dem Tod bedroht worden sei. Ferner habe ihn nun der Vater informiert, dass die Tante und der Onkel des Beschwerdeführers samt deren Sohn von „Asa‘ib Milizen“ getötet worden seien. Als Sunnit und Musiker sei er religiöser Verfolgung ausgesetzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Anfang 30, Sunnit und Araber, gesund und arbeitsfähig. Er spricht Arabisch und nach seinen Angaben schlecht Englisch. Er ist ledig, wohnt allein und hat nach eigenen Angaben eine österreichische Freundin, die auch ledig ist. Seine Religion übt er nicht aus. Er hat weder Kinder, noch erwartet er, Vater zu werden. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten und betreibt ein Gastgewerbe, wodurch er als Selbständiger sozialversichert ist. Er hat eine derzeit mit 05.07.2021 befristete Aufenthaltsbewilligung.

Im Herkunftsstaat hat er in Bagdad gewohnt, die Wohngegend kann nicht festgestellt werden. Er hat nach der Reifeprüfung eine Musikausbildung besucht und ein Schlaginstrument spielen gelernt. Hauptberuflich half er bei Transporten mit dem familieneigenen LKW mit. Es kann nicht festgestellt werden, dass er als Musiker oder Musiklehrer regelmäßig Geld verdiente.

Erwachsene Verwandte des Beschwerdeführers leben im Herkunftsstaat, darunter zumindest mehrere Onkel und ein Cousin. Im November oder Dezember 2015 ist er von dort in die Türkei ausgereist, Anfang Jänner dann illegal weiter in die EU, und am 24.01.2016 nach Österreich gelangt.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zum Irak auf Stand 08.04.2016 zitiert. Aktuell steht ein am 17.03.2020 erschienenes zur Verfügung. Im gegebenen Zusammenhang sind davon die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Volksmobilisierungskräfte (PMF) / al-Hashd ash-Sha‘bi

Der Name „Volksmobilisierungskräfte“ (al-hashd al-sha‘bi, engl.: popular mobilization forces bzw. popular mobilization front, PMF oder popular mobilization units, PMU), bezeichnet eine Dachorganisation für etwa 40 bis 70 Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen (Süß 21.8.2017; vgl. FPRI 19.8.2019; Clingendael 6.2018; Wilson Center 27.4.2018). Die PMF wurden vom schiitischen Groß-Ayatollah Ali As-Sistani per Fatwa für den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) ins Leben gerufen (GIZ 1.2020a; vgl. FPRI 19.8.2019; Wilson Center 27.4.2018) und werden vorwiegend vom Iran unterstützt (GS 18.7.2019). PMF spielten eine Schlüsselrolle bei der Niederschlagung des IS (Reuters 29.8.2019). Die Niederlage des IS trug zur Popularität der vom Iran unterstützten Milizen bei (Wilson Center 27.4.2018).

Die verschiedenen unter den PMF zusammengefassten Milizen sind sehr heterogen und haben unterschiedliche Organisationsformen, Einfluss und Haltungen zum irakischen Staat. Sie werden grob in drei Gruppen eingeteilt: Die pro-iranischen schiitischen Milizen, die nationalistisch-schiitischen Milizen, die den iranischen Einfluss ablehnen, und die nicht schiitischen Milizen, die üblicherweise nicht auf einem nationalen Level operieren, sondern lokal aktiv sind. Zu letzteren zählen beispielsweise die mehrheitlich sunnitischen Stammesmilizen und die kurdisch-jesidischen „Widerstandseinheiten Schingal“. Letztere haben Verbindungen zur Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in der Türkei und zu den Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien (Clingendael 6.2018). Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere „Minderheiten-Einheiten“ der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig (USDOS 11.3.2020; vgl. Clingendael 6.2018). In einigen Städten, vor allem in Gebieten, die früher vom IS besetzt waren, dominieren PMF die lokale Sicherheit. In Ninewa stellen sie die Hauptmacht dar, während die reguläre Armee zu einer sekundären Kraft geworden ist (Reuters 29.8.2019).

Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten, wie dem Iran oder Saudi-Arabien, unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mossul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt (AA 12.1.2019). Vertreter und Verbündete der PMF haben Parlamentssitze inne und üben Einfluss auf die Regierung aus (Reuters 29.8.2019).

Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten, dessen tatsächliche Einflussmöglichkeiten aber weiterhin als begrenzt gelten (AA 12.1.2019; vgl. FPRI 19.8.2019). Leiter der PMF-Dachorganisation, der al-Hashd ash-Sha‘bi-Kommission, ist Falah al-Fayyad, dessen Stellvertreter Abu Mahdi al-Mohandis eng mit dem Iran verbunden war (Al-Tamini 31.10.2017). Viele PMF-Brigaden nehmen Befehle von bestimmten Parteien oder konkurrierenden Regierungsbeamten entgegen, von denen der mächtigste Hadi Al-Amiri ist, Kommandant der Badr Organisation (FPRI 19.8.2019). Obwohl die PMF laut Gesetz auf Einsätze im Irak beschränkt sind, sollen sie, ohne Befugnis durch die irakische Regierung, in einigen Fällen Einheiten des Assad-Regimes in Syrien unterstützt haben. Die irakische Regierung erkennt diese Kämpfer nicht als Mitglieder der PMF an, obwohl ihre Organisationen Teil der PMF sind (USDOS 13.3.2019).

Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. In der Praxis gehorchen aber mehrere Einheiten auch dem Iran und den iranischen Revolutionsgarden. Es ist keine einheitliche Führung und Kontrolle der PMF durch den Premierminister und die ISF feststellbar, insbesondere nicht der mit dem Iran verbundenen Einheiten. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderung in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes (USDOS 13.3.2019).

In vielen der irakischen Sicherheitsoperationen übernahm die PMF eine Führungsrolle. Als Schnittstelle zwischen dem Iran und der irakischen Regierung gewannen sie mit der Zeit zunehmend an Einfluss (GS 18.7.2019).

Am 1.7.2019 hat der irakische Premierminister Adel Abdul Mahdi verordnet, dass sich die PMF bis zum 31.7.2019 in das irakische Militär integrieren müssen (FPRI 19.8.2019; vgl. TDP 3.7.2019; GS 18.7.2019), oder entwaffnet werden müssen (TDP 3.7.2019; vgl GS 18.7.2019). Es wird angenommen, dass diese Änderung nichts an den Loyalitäten ändern wird, dass aber die Milizen aufgrund ihrer nun von Bagdad bereitgestellte Uniformen nicht mehr erkennbar sein werden (GS 18.7.2019). Einige Fraktionen werden sich widersetzen und versuchen, ihre Unabhängigkeit von der irakischen Regierung oder ihre Loyalität gegenüber dem Iran zu bewahren (FPRI 19.8.2019). Die Weigerung von Milizen, wie der 30. Brigade bei Mossul, ihre Posten zu verlassen, weisen auf das Autoritätsproblem Bagdads über diese Milizen hin (Reuters 29.8.2019).

Die Schwäche der ISF hat es vornehmlich schiitischen Milizen, wie den vom Iran unterstützten Badr-Brigaden, den Asa‘ib Ahl al-Haqq und den Kata’ib Hisbollah, erlaubt, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen. Die PMF waren und sind ein integraler Bestandteil der Anti-IS-Operationen, wurden jedoch zuletzt in Kämpfen um sensible sunnitische Ortschaften nicht an vorderster Front eingesetzt. Es gab eine Vielzahl an Vorwürfen bezüglich Plünderungen und Gewalttaten durch die PMF (AA 12.1.2019).

Die PMF gehen primär gegen Personen vor, denen eine Verbindung zum IS nachgesagt wird, bzw. auch gegen deren Familienangehörigen. Betroffen sind meist junge sunnitische Araber und in einer Form der kollektiven Bestrafung sunnitische Araber im Allgemeinen. Es kann zu Diskriminierung, Misshandlungen und auch Tötungen kommen (DIS/Landinfo 5.11.2018; vgl. USDOS 21.6.2019). Einige PMF gehen jedoch auch gegen ethnische und religiöse Minderheiten vor (USDOS 11.3.2020).

Die PMF sollen, aufgrund guter nachrichtendienstlicher Möglichkeiten, die Fähigkeit haben jede von ihnen gesuchte Person aufspüren zu können. Politische und wirtschaftliche Gegner werden unabhängig von ihrem konfessionellen oder ethnischen Hintergrund ins Visier genommen. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass die PMF über die Fähigkeit verfügen, in der Kurdischen Region im Irak (KRI) zu operieren. Dementsprechend gehen sie nicht gegen Personen in der KRI vor. Nach dem Oktober 2017 gab es jedoch Berichte über Verstöße von PMF-Angehörigen gegen die kurdischen Einwohner in Kirkuk und Tuz Khurmatu, wobei es sich bei den angegriffenen zumeist um Mitglieder der politischen Partei KDP und der Asayish gehandelt haben soll (DIS/Landinfo 5.11.2018).

Geleitet wurden die PMF von Jamal Jaafar Mohammad, besser bekannt unter seinem Nom de Guerre Abu Mahdi al-Mohandis, einem ehemaligen Badr-Kommandanten, der als rechte Hand von General Qasem Soleimani, dem Chef der iranischen Quds-Brigaden fungierte (GS 18.7.2019). Am 3.1.2020 wurden Abu Mahdi Al-Muhandis und Generalmajor Qassem Soleimani bei einem US-Drohnenangriff in Bagdad getötet (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020). Als Rechtfertigung diente unter anderem ein Raketenangriff, der der Kataib-Hezbollah (KH) zugeschrieben wurde, auf einen von US-Soldaten genutzten Stützpunkt in Kirkuk, bei dem ein Vertragsangestellter getötet wurde (MEMO 21.2.2020). Infolge dessen kam es innerhalb der PMF zu einem Machtkampf zwischen den Fraktionen, die einerseits dem iranischen Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei, andererseits dem irakischen Großayatollah Ali as-Sistani nahestehen (MEE 16.2.2020).

Der iranische Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei ernannte Brigadegeneral Esmail Ghaani als Nachfolger von Soleimani (Al Monitor 23.2.2020). Am 20.2.2020 wurde Abu Fadak Al-Mohammedawi zum neuen stellvertretenden Kommandeur der PMF ernannt (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020). Vier PMF-Fraktionen, die dem schiitischen Kleriker Ayatollah Ali as-Sistani nahestehen, haben sich gegen die Ernennung Mohammadawis ausgesprochen und alle PMF-Fraktionen aufgefordert, sich in die irakischen Streitkräfte unter dem Oberbefehl des Premierministers zu integrieren (Al Monitor 23.2.2020). […]

Die Asa‘ib Ahl al-Haqq (AAH; Liga der Rechtschaffenen oder Khaz‘ali-Netzwerk, League of the Righteous) wurde 2006 von Qais al-Khaz‘ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die US-amerikanischen Truppen im Irak (Süß 21.8.2017). Sie ist eine Abspaltung von As-Sadrs Mahdi-Armee und im Gegensatz zu As-Sadr pro-iranisch (Clingendael 6.2018). Asa‘ib Ahl al-Haqq unternahm den Versuch, sich als politische Kraft zu etablieren, konnte bei den Parlamentswahlen 2014 allerdings nur ein einziges Mandat gewinnen. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern (Süß 21.8.2017). Asa‘ib Ahl al-Haqq bildet die 41., 42. und 43. der PMF-Brigaden (Wilson Center 27.4.2018; vgl. Al-Tamini 31.10.2017). Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist wie die Badr-Oganisation und Kata’ib Hizbullah vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gilt heute als gefürchtetste, weil besonders gewalttätige Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierungskräfte, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbindet. Ihr Befehlshaber Qais al Khaz‘ali ist einer der bekanntesten Anführer der PMF (Süß 21.8.2017; vgl. Wilson Center 27.4.2018).

1.2.2 Sunnitische Araber

Die arabisch-sunnitische Minderheit, die über Jahrhunderte die Führungsschicht des Landes bildete, wurde nach der Entmachtung Saddam Husseins 2003, insbesondere in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Al-Maliki (2006 bis 2014), aus öffentlichen Positionen gedrängt. Mangels anerkannter Führungspersönlichkeiten fällt es den sunnitischen Arabern weiterhin schwer, ihren Einfluss auf nationaler Ebene geltend zu machen. Oftmals werden Sunniten einzig aufgrund ihrer Glaubensrichtung als IS-Sympathisanten stigmatisiert oder gar strafrechtlich verfolgt (AA 12.1.2019). Bei willkürlichen Verhaftungen meist junger sunnitischer Männer wird durch die Behörden auf das Anti-Terror-Gesetz verwiesen, welches das Recht auf ein ordnungsgemäßes und faires Verfahren vorenthält (USDOS 21.6.2019). Zwangsmaßnahmen und Vertreibungen aus ihren Heimatorten richten sich vermehrt auch gegen unbeteiligte Familienangehörige vermeintlicher IS-Anhänger (AA 12.1.2019).

Es gibt zahlreiche Berichte über Festnahmen und die vorübergehende Internierung von überwiegend sunnitisch-arabischen IDPs durch Regierungskräfte, PMF und Peshmerga (USDOS 11.3.2020). Noch für das Jahr 2018 gibt es Hinweise auf außergerichtliche Hinrichtungen von sunnitischen Muslimen in und um Mossul (USCIRF 4.2019).

1.2.3 Verwestlichung, westlicher bzw. nicht-konservativer Lebensstil

Sowohl Männer als auch Frauen stehen unter Druck, sich an konservative Normen zu halten, was das persönliche Erscheinungsbild betrifft (FH 4.3.2020). Vor allem im schiitisch geprägten Südirak werden auch nicht gesetzlich vorgeschriebene islamische Regeln, z.B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten, stärker durchgesetzt. Frauen werden unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken (AA 12.1.2019). Einige Muslime bedrohen weiterhin Frauen und Mädchen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, wenn sich diese weigern, den Hijab zu tragen, bzw. wenn sie sich in westlicher Kleidung kleiden oder sich nicht an strenge Interpretationen islamischer Normen für das Verhalten in der Öffentlichkeit halten (USDOS 21.6.2019). […]

1.3 Zum Fluchtvorbringen:

1.3.1 Aus spezifischen Länderberichten ergibt sich zur Lage im Herkunftsstaat Folgendes:

Im Bericht „Irak Gezielte Gewalt gegen Individuen“ des EASO von März 2019 ist ein Bericht von 2014 über eine Bedrohung eines Rap-Künstlers durch Asa‘ib Ahl al-Haqq zitiert. (S. 212)

Laut dem EASO-Bericht „Länderanleitung: Irak - Leitfaden und allgemeine Analyse“ von Juni 2019 (Country Guidance: Iraq Guidance note and common analysis) richten sich die Volksmobilisierungskräfte (PMF, al-hashd al-sha’bi) gegen „verwestlichte“ Menschen (westernized), die Anzeichen einer abweichenden Moral nach ihrer Interpretation der schiitischen Normen aufweisen, manchmal mit Unterstützung der schiitischen Gemeinschaft. Berichten zufolge sind davon sexuelle Minderheiten, Christen, Alkoholverkäufer und Künstler betroffen.

1.3.2 Der Beschwerdeführer ist mit weiteren Männern als Musikgruppe aufgetreten, wobei nicht festgestellt werden kann, wann, wo und wie oft. Er hat die Gruppe nicht geleitet und war nicht zuständig für die Auswahl der Auftrittsorte.

1.3.3 Es kann nicht festgestellt werden, dass er in einem Hotel aufgetreten wäre. Es kann nicht festgestellt werden, dass er oder ein anderes Mitglied der Musikgruppe nach einem Auftritt auch nur einmal bedroht oder aufgefordert worden wären, ihre Tätigkeit zu unterlassen.

1.3.4 Der Beschwerdeführer wurde 2012 am Bein verletzt. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Ursache ein Selbstmordattentat, eine Autobombe oder ein anderes Ereignis war.

1.3.5 Er hat den Herkunftsstaat aus Gründen der Sicherheit verlassen, ferner um seiner Zukunft Willen und um ein schönes Leben zu führen, wurde aber nicht als Musiker oder Künstler verfolgt.

1.3.6 Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aus anderen, sei es auch unterstellten, Gründen der politischen Gesinnung, Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Herkunftsstaat staatliche Verfolgung oder eine private Verfolgung drohen würde, gegen die der Staat keinen Schutz bieten könnte oder wollte.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben im Rahmen der Verhandlung, wo der Beschwerdeführer als Partei befragt wurde, und durch die Einsichtnahme in die Akten des BFA unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers, ferner in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Firmenverzeichnis der WKO (firmen.wko.at) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt der Akten des BFA und des vorliegenden Gerichtsakts.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner Glaubenszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und die Feststellungen der bekämpften Bescheide, ebenso zur Ausbildung und Tätigkeit des Beschwerdeführers, jeweils aktualisiert durch die jüngsten Angaben, zuletzt bei der Verhandlung.

Seine Wohngegend in Bagdad ist nicht feststellbar, weil der Beschwerdeführer in der Verhandlung zwar sein angebliches Wohnviertel Ghazaliya im Bezirk Mansour auf einem Luftbild ungenau, aber zutreffend verorten konnte, der angegebene Straßenname (AS 45) allerdings eine Verkehrsfläche im Bezirk Rasheed bezeichnet. Ferner hat er der Beschwerde eine angebliche Anzeigebestätigung von 2007 samt Skizze der Polizei vorgelegt, wonach sein Haus in etwa gegenüber der Al-Haditi-Moschee (amie alhadithi) gelegen war (AS 154, Übersetzung ON 6), gab aber in der Verhandlung an, diese Moschee befinde sich dort, wo er später hingezogen sei, in der Nähe einer namentlich genannten „Al-Hamza“-Brücke. Demgegenüber befindet sich die nächste Brücke im Norden der Ghazaliya-Hauptstraße (sharie alghazaliat aleami) und ist etwa 2,4 km Luftlinie entfernt, eine weitere, die „Imam Hassan“-Brücke (jisr al'imam alhasan) in rund 2,5 km Luftlinie Distanz.

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung auch angegeben, dass die Polizei in Ghazaliya, die auf den Anzeigebestätigungen angegeben ist, etwa 15 min mit dem Auto von dem Haus entfernt sei, und zwar westwärts, wohin er dann auch übersiedelt sei. Im Gegensatz dazu befindet sich die genannte Dienststelle im Nordosten, in der Ghazaliya-Hauptstraße, und ist etwa drei Kilometer entfernt.

Betreffend die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat war die Beschäftigung bei den LKW-Transporten feststellbar, weil er bereits bei erstbefragt angegeben hat, zuletzt als LKW-Fahrer tätig gewesen zu sein, ebenso beim BFA und bei der Verhandlung, wo er dann präzisierte, dass er im LKW mitgefahren sei. Hingegen hat er nur beim BFA angegeben, dass er Musiklehrer gewesen sei, in der Verhandlung aber auf die Frage, womit er sich den Lebensunterhalt verdient habe: „Unsere finanzielle Lage war sehr gut. Ich habe in einem Hotel ein Instrument gespielt und mir so etwas darüber hinaus verdient.“ So ergab sich, dass nicht festgestellt werden kann, dass er als Musiker oder Musiklehrer regelmäßig Geld verdiente.

2.3 Zum Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Irak samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie z. B. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstands, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung zu den Länderfeststellungen angegeben, der Irak sei „wie eine Mafia“. Damit ist er den Länderfeststellungen nicht qualifiziert entgegengetreten.

2.4 Zum Fluchtvorbringen:

2.4.1 Aus den vorgelegten Lichtbildern und seinen Aussagen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer wie festgestellt in einer Band musizierte. Wie bereits beim BFA vermochte er aber auch in der mündlichen Verhandlung kein plausibles Verfolgungsszenario seine Person betreffend darzulegen, das ihn zur Flucht veranlasste. Nach Ansicht des Gerichts wurde er im Herkunftsstaat nicht als Musiker oder Künstler verfolgt, und zwar aus den folgenden Gründen:

2.4.2 Erstbefragt hatte der Beschwerdeführer noch angegeben (AS 19), dass er 2007 entführt worden sei, weil sein Vater mit den Amerikanern zusammengearbeitet habe. Er fürchte, bei einem Anschlag ums Leben zu kommen. Beim BFA gab er dann nach rund 5 Monaten an, dass er mit einer Gruppe von Musikern im Hotel „S.“ gearbeitet habe. Die gesamte Gruppe sei mehrmals bedroht worden. Die Drohungen hätten 2013/14 begonnen. Das ganze Hotel sei bedroht worden, weil es dort Diskotheken gegeben habe, er persönlich aber nicht. Anschließend schilderte er zwei Bedrohungen der Gruppe.

Dabei fällt schon der späte Zeitpunkt des Vorbringens auf, der auch dessen Glaubhaftigkeit belastet. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass kein Asylwerber eine Gelegenheit ungenützt ließe, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten.

2.4.3 Dazu kommen eine ganze Reihe von Widersprüchen, angefangen damit, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung nach dem Namen des Hotels gefragt angab, es habe „M.“ geheißen. Das Haus habe zu der gleichnamigen Kette „M.“ gehört. Es habe dort keine Hotelgäste gegeben, sondern nur den Club und das Casino. Damit fehlen in der Beschreibung nicht nur die beim BFA genannten Diskotheken, sondern es handelt sich um ein komplett anderes Hotel, „M.“ statt „S.“.

Auf diesen Vorhalt gab der Beschwerdeführer an, es gebe drei Hotels nebeneinander, „M.“, „S.“ und „P.“. Ausdrücklich gefragt, ob er im „S.“ nicht aufgetreten sei, erklärte der Beschwerdeführer:

„Wir waren eine Band und wir waren in mehreren Sälen. […] Die Säle waren in mehreren Hotels, in denen wurde gefeiert. Die Hotels sind sehr groß […].“

Auf Vorhalt eines Fotos des Hotels „S.“ (auf dem der Name nicht zu erkennen ist) gab der Beschwerdeführer an, dass es sich um das „S.“ handle, und auf neuerliche Frage, dass er dort aufgetreten sei.

So entstand der Eindruck, dass der Beschwerdeführer sich mit Mühe an die Befragung beim BFA erinnern konnte, bei der ausdrücklich nur von einem Hotel, dem „S.“ die Rede war (AS 47, so auch in der Beschwerde, AS 135, 140), aber keine Erinnerung an stattgefundene Auftritte im „S.“ hat.

Dieser verstärkte sich, als dem Beschwerdeführer ein Foto aus dem Außenbereich des Hotels neben dem Haupteingang mit Blickrichtung Auffahrt vorgehalten wurde, worauf dieser den Eingang nicht lokalisieren konnte und ferner annahm, dass hinter den abgebildeten Arkaden das „Schwimmbad oder ein Garten oder Springbrunnen“ läge, wo sich stattdessen die Auffahrt zum Haupteingang befindet.

2..4.4 Den Zeitpunkt der Bedrohungen, die nach Angabe des Beschwerdeführers nach Verlassen des Hotels über den Haupteingang (AS 47) stattgefunden hätten, worauf er seine Tätigkeit eingestellt habe, gab dieser beim BFA mit „ich denke, dass es 2013 oder 2014 war“ an (AS 49), in der Beschwerde brachte er vor, im „S.“ „ca. zwei Jahre lang, von Ende 2012 bis Ende 2014“ als Musiker gearbeitet zu haben (AS 140), und schließlich in der Verhandlung: „Nach der ersten und zweiten Bedrohung habe ich im Jahr 2011 die Arbeit gelassen.“

Auf Vorhalt der Diskrepanz bei den Jahresangaben, wann er die Arbeit im Hotel wegen der Bedrohung beendet habe, erklärte er: „Ich habe 2010, 2011 dort gearbeitet. Im Jahr 2014 […] immer mit dem LKW gefahren. Das war damals meine einzige Arbeit.“ Demgegenüber hatte er beim BFA angegeben, etwa bis Mitte 2012 mit dem LKW gearbeitet zu haben. (AS 45)

2.4.5 Auch den Bedrohungsablauf schilderte der Beschwerdeführer unterschiedlich. Beim BFA gab er zunächst an (AS 47), als sie hinausgegangen seien, sei ein schwarzes Auto stehengeblieben, und man habe sie bedroht. „Am dritten Tag“ sei es ebenso abgelaufen: „Das gleiche Auto blieb stehen […]. Man sagte, […] jeder, der dieser Arbeit weiter nachgehe, würde umgebracht.“ Kurz darauf gab er in derselben Einvernahme an, dass die Band das Hotel über den Haupteingang verlassen habe, und: „Dort wartete ein schwarzes Auto.“ Aus diesem sei eine von drei oder vier Personen ausgestiegen, habe ihnen gedroht, sei wieder eingestiegen und weggefahren.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Band habe sich nach der Arbeit (die oft bis ca. 5 Uhr früh gedauert habe) meist vor dem Haupteingang des Hotels getroffen. Einmal „kam ein schwarzes Auto und eine Person stieg aus […]“. Nach ca. drei Tagen sei das Auto neuerlich gekommen. (AS 140)

Bei – nach dem Vorbringen – derart furchteinflößenden Vorfällen, die zur Arbeitsaufgabe und sogar zu Flucht geführt haben sollen, wäre anzunehmen, dass die Erinnerung daran zumindest beinhaltet, ob man sich an einem Ort bereits aufgehalten hat, als ein Fahrzeug kam, oder aber das Haus verlassen, vor dem ein Fahrzeug gewartet hat, oder das Verlassen des Hauses und die Ankunft des Fahrzeuges gleichzeitig stattfanden.

2.4.6 Ferner war zu bedenken, dass der Beschwerdeführer nach seinen Angaben (AS 15) den Entschluss zur Ausreise erst im November 2015 gefasst hat. Auf die Frage nach der Reaktion der anderen Bandmitglieder auf die Bedrohung gab er in der Verhandlung an: „Ein paar sind nach Dubai gegangen […] und andere wieder sind in Erbil.“ Auf die Frage, warum er nicht ebenso nach Erbil gegangen sei, statt nach Österreich, führte er aus: „Ich hatte viel früher den Gedanken nach Europa zu gehen. Ich bin hierhergekommen wegen meiner Zukunft und um ein schönes Leben zu führen.“

Daraufhin gefragt, ob also die Bedrohung nicht sein Fluchtgrund sei, gab er an, es handle sich um einen der Gründe, 2012 sei er bei der Explosion einer Autobombe verletzt worden, was er bei der Einvernahme beim BFA bereits erwähnt habe, und er sei in Österreich, um in Sicherheit zu leben und ein schönes Leben zu führen. Beim BFA war allerdings von einem Selbstmordanschlag die Rede (AS 47, was zur Negativfeststellung in 1.3.4 führte).

Auf den Vorhalt, dass eine Verletzung 2012 nicht der Grund für eine Ausreise Ende 2015 / Anfang 2016 sein könne, sagte er in der Verhandlung. „Im Jahr 2014/2015 war die Einreise nach Europa sehr leicht.“ Er habe viel früher versucht, hierher zu gelangen, aber es sei sehr schwierig gewesen.

2.4.7 Schließlich ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung angegeben hat, dass die Musikgruppe arabische Volksmusik gespielt habe, sodass auch eine unterstellte „Verwestlichung“ als Motiv einer allfälligen Bedrohung nicht anzunehmen war.

2.4.8 Nach all dem konnte weder festgestellt werden, dass er in einem Hotel aufgetreten wäre, noch konnte festgestellt werden, dass er oder ein anderes Mitglied der Musikgruppe in den Morgenstunden nach einem Auftritt auch nur einmal bedroht oder aufgefordert worden wären, ihre Tätigkeit zu unterlassen. Hingegen konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer den Herkunftsstaat auch aus Gründen der Sicherheit verlassen hat (daneben um seiner Zukunft Willen und um ein schönes Leben zu führen), er aber nicht als Musiker oder Künstler verfolgt wurde.

2.4.9 Auf Basis der Länderfeststellungen ergibt der Sachverhalt keinen Hinweis auf eine andere Verfolgung des Beschwerdeführers aus, sei es auch unterstellten, Gründen der politischen Gesinnung, Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. aus anderen, sei es auch unterstellten, Gründen der politischen Gesinnung, Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Eine generelle Verfolgung aller Sunniten, oder auch nur der arabischen, wird darin nicht berichtet. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aus einem solchen Grund staatliche Verfolgung oder eine private Verfolgung drohen würde, gegen die der Staat keinen Schutz bieten könnte oder wollte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass das Geschilderte soweit es die Bedrohung des Beschwerdeführers vor der Ausreise und die Fluchtgründe betrifft - wie es bereits das BFA sah - als unglaubwürdig, wenig wahrscheinlich und damit in seiner Gesamtheit als konstruiertes Vorbringen erscheint, das im Laufe des Verwaltungsverfahrens auch noch variiert wurde. So wie die Bedrohungen vorgebracht wurden, konnten sie sogar als nicht stattgefunden festgestellt werden.

Wie die Feststellungen zeigen, hat der Beschwerdeführer damit also keine Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft gemacht, die asylrelevante Intensität erreicht. Da auf eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers auch sonst nichts hinweist, ist davon auszugehen, dass ihm keine Verfolgung aus in den in der GFK genannten Gründen droht.

Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, sind ebenso wie persönliche und wirtschaftliche Gründe keine Verfolgung im Sinne der GFK.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die nur gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Beurteilung gesteigerten Vorbringens und zur Glaubhaftmachung von Asylgründen.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2132088.1.00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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