Entscheidungsdatum
04.11.2020Norm
AVG §78 Abs1Spruch
I403 2188301-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Slowakei, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 13.02.2018, Zl. XXXX , der belangten Behörde wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung gewährt (Spruchpunkt II.).
2. Am 24.08.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots und schloss diesem einige Unterlagen an.
3. Mit Bescheid vom 29.09.2020, Zl. XXXX , der belangten Behörde wurde der am 24.08.2020 gestellte Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots gemäß § 69 Abs 2 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG die Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von EUR 6,50 binnen vier Wochen auferlegt (Spruchpunkt II.).
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 19.10.2020 (bei der belangten Behörde eingelangt am 19.10.2020).
5. Mit Schriftsatz vom 21.10.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.10.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der heute 51-jährige, ledige und kinderlose Beschwerdeführer stammt aus der slowakischen Stadt XXXX wo er neun Klassen Hauptschule und dreieinhalb Jahre die mittlere Berufsschule besuchte und eine Ausbildung zum Maler und Anstreicher machte. Er hat weder Vermögen noch Schulden oder Sorgepflichten. Er spricht Slowakisch und verfügt über Grundkenntnisse der deutschen Sprache.
Es kann nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer genau ins Bundesgebiet eingereist ist. Er hatte erstmals im Dezember 2014 einen (Neben-)Wohnsitz in Wien. Der Beschwerdeführer hatte von 17.12.2014 bis 26.01.2017 einen Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet (wobei er vom 26.06.2016 bis 19.09.2016 in einer Justizanstalt war), von 26.01.2017 bis 04.09.2018 (von 26.06.2017 bis 04.05.2018 wiederum in einer Justizanstalt) und von 29.05.2020 bis 22.06.2020 einen Hauptwohnsitz in Österreich.
Mit Bescheid vom 13.02.2018, Zl. XXXX , erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer mehrmals strafgerichtlich verurteilt worden ist und sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 13.02.2018 erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 02.05.2018, Zl. G314 2188301-1/4E abgewiesen.
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern brachte am 11.05.2018 beim Amt der XXXX Landesregierung einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für den Zweck Arbeitnehmer ein, der am 12.09.2018 abgewiesen wurde.
Am 10.08.2020 gab der Beschwerdeführer gegenüber einem Personalleasingunternehmen an, in Österreich arbeiten zu dürfen. Er wurde, nachdem der Arbeitgeber das BFA verständigt hatte, am Arbeitsort angetroffen und gegen eine Sicherungsleistung auf freien Fuß gesetzt. Der Beschwerdeführer gab an zu wissen, dass er sich nicht in Österreich aufhalten dürfe, dass er in der Slowakei aber zu wenig verdiene.
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nach. Am 31.08.2018 wurde er erneut festgenommen und randalierte, offenbar schwer alkoholisiert, gegenüber den Beamten. Er wurde in Schubhaft genommen und am 04.09.2018 in die Slowakei abgeschoben.
Wann der Beschwerdeführer – trotz des aufrechten Aufenthaltsverbotes – wieder in das Bundesgebiet eingereist ist, kann nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer war zwischen 01.10.2016 bis 01.06.2017 in Österreich – mit kurzen Unterbrechungen – bei zwei verschiedenen Bauunternehmen als Arbeiter, zum Teil nur geringfügig, beschäftigt. Von 18.05.2018 bis 27.03.2020 und von 04.05.2020 bis 07.08.2020 war er bei einer Personalbereitstellungsgesellschaft beschäftigt; seit dem 01.09.2020 ist er wiederum als Arbeiter angemeldet. Allerdings verfügt er über keine Anmeldebescheinigung und war bzw. ist daher unrechtmäßig erwerbstätig.
Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über keinen Wohnsitz in Österreich, zugleich bedeutet dies aber nicht, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen ist, da er auch nach Aufgabe des Wohnsitzes am 22.06.2020 noch in Österreich erwerbstätig war.
In Österreich hat der Beschwerdeführer Freunde. Er führt eine Beziehung mit einer in Österreich lebenden slowakischen Staatsbürgerin, die ihn in der Slowakei regelmäßig besucht und gegen die er in der Vergangenheit gewalttätig wurde.
In seinem Herkunftsstaat wurde der Beschwerdeführer zweimal (im Jahr 2002 und im Jahr 2003) wegen Aggressionsdelikten (Gewalt oder Drohung gegen eine Amtsperson, Bedrohung) strafgerichtlich verurteilt. 2002 wurde er in Deutschland wegen Brandstiftung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die bereits endgültig nachgesehen wurde. 2014 erfolgte in der Slowakei eine Verurteilung wegen Trunkenheit am Steuer.
In Österreich weist der Beschwerdeführer drei strafgerichtliche Verurteilungen auf, wobei die ersten beiden Verurteilungen zueinander im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehen.
Der Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht XXXX vom 16.08.2016 liegt zugrunde, dass er am 05.05.2016 eine Frau vorsätzlich am Körper verletzte, indem er ihr eine Ohrfeige versetzte, sich auf den Brustkorb des aufgrund der Ohrfeige zu Boden gestürzten Opfer setzte und ihr mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzte, wodurch sie eine Kopfprellung und ein Hämatom am linken Auge erlitt. Ferner beging der Beschwerdeführer eine Sachbeschädigung, indem er Kleidungsstücke der Frau zerriss. Am darauffolgenden Tag bedrohte der BF seine jetzige Freundin, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr SMS-Nachrichten mit den Inhalten „Heute werde ich deine Wohnung verbrennen“, „Morgen wird ein Molotowcocktail in deine Wohnung fliegen“, „Wenn du willst, es wird zwei Schlampen weniger in Österreich geben, du und M XXXX “, „Wenn ich euch umgebracht habe, werde ich ganz ruhig auf die Polizei warten“, „Du kriegst 3 Molotowcocktails durchs Fenster, der vierte Molotowcocktail wird auch Zünder haben, dann kannst du schreien Allahu Akbar.“ schickte. Das Strafgericht wertete als erschwerend das Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen und als mildernd das teilweise Geständnis sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel. Der Beschwerdeführer wurde wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (idF BGBl. I Nr. 154/2015), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer für die Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer wurde wegen dieser Vorfälle am 25.06.2016 verhaftet und bis 19.09.2016 in der Justizanstalt XXXX angehalten.
Dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.01.2017, XXXX , liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 20.06.2016 einen anderen am Körper verletzte, indem er ihm mit einem Stanleymesser eine 4 cm lange, klaffende Schnittwunde an der Handfläche zugefügte, eine an sich leichte Körperverletzung, die aber zu einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit führte. Das Opfer erlitt dadurch vier Tage mittelstarke und 16 Tage leichte Schmerzen (komprimiert auf den 24-Stunden-Tag); Spät- oder Dauerfolgen sind nicht zu erwarten. Der Beschwerdeführer verwirklichte dadurch das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB. Da der Tatzeitpunkt vor der vorangegangenen Verurteilung des Beschwerdeführers lag, wurde eine Zusatzstrafe (20 Monate Freiheitsstrafe) zum Urteil des Landesgerichts XXXX vom 16.08.2016 verhängt. Ein Strafteil von 18 Monaten wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Strafgericht (unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe im Urteil vom 16.08.2016) als erschwerend die drei einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen sowie als mildernd das reumütige Geständnis. Der Beschwerdeführer wurde außerdem zur Zahlung von EUR 2.640 an sein Opfer verurteilt.
Am 25.06.2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich verhaftet. In der Folge wurde über ihn die Untersuchungshaft verhängt. Dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 14.09.2017, XXXX , liegt zugrunde, dass er am 25.06.2017 seine Freundin, die er bereits im Mai 2016 bedroht hatte (siehe oben), und deren Schwester verletzte bzw. zu verletzen versuchte und eine Sachbeschädigung beging. Er suchte seine Freundin in ihrer Wohnung in XXXX auf und war bereits bei seiner Ankunft alkoholisiert und in aggressiver Stimmung. Im Verlauf einer heftigen Auseinandersetzung riss er einen Türspion mit Videokamera ab und schleuderte einen Glastisch und eine Obstschale zu Boden, sodass diese zerbrachen. Weiters versuchte er, sie am Körper zu verletzen, indem er sie mit Verletzungsvorsatz zu Boden stieß und würgte. Während dieser Attacke kam ihre Schwester in die Wohnung und wollte den Beschwerdeführer von weiteren Gewalttätigkeiten abhalten. Daraufhin packte er sie am Hals, drückte sie gegen die Wand, warf sie auf eine Couch und versetzte ihr einen Faustschlag ins Gesicht, wodurch sie Hämatome, eine Schürfwunde und eine Rötung an den Armen sowie eine Schwellung der linken Wange erlitt. Nach den Attacken auf die beiden Frauen verließ der Beschwerdeführer die Wohnung und schickte seiner Freundin eine SMS-Nachricht mit dem Inhalt „Du bist tot“, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen. Der Beschwerdeführer wurde wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der (versuchten) Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Als mildernd berücksichtigte das Gericht dabei den wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen von vier Vergehen, die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit und den raschen Rückfall.
Zwischen 03. und 04.08.2017 verbüßte der Beschwerdeführer eine 2016 gegen ihn wegen § 20 Abs 2 StVO (Geschwindigkeitsübertretung) verhängte Verwaltungsstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 13 Stunden).
Seit 18.09.2018 befindet er sich in medizinischer und psychologischer Behandlung, unter anderem wegen der Diagnosen "Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak und Alkohol: Abhängigkeitssyndrom".
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der im Akt befindlichen Strafurteile, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.
Die Feststellung zu seiner Staatsangehörigkeit gründet sich auf die im Akt einliegende Kopie seines Reisepasses (AS 65). Aufgrund der im Akt einliegenden Kopien von seinem Reisepass (AS 65) und von seinem Personalausweis (AS 177) steht seine Identität fest.
Die Feststellungen über seine gemeldeten Wohnsitze in Österreich ergeben sich aus dem Auszug aus dem zentralen Melderegister vom 27.10.2020. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer eine Beziehung führt und seine Freundin ihn oft in der Slowakei besucht, basiert auf der dem Antrag vom 24.08.2020 angeschlossenen Erklärung seiner Freundin (AS 264).
Die Feststellung, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen hat und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründete, dass der Beschwerdeführer mehrmals strafgerichtlich verurteilt worden ist und sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, ergibt sich aus dem Bescheid vom 13.02.2018, Zl. XXXX (AS 85 ff).
Dass die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 13.02.2018 erhobene Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht am 02.05.2018 abgewiesen wurde, ergibt sich aus dem Erkenntnis vom 02.05.2018, GZ: G314 2188301-1/4E des Bundesverwaltungsgerichts (AS 123 ff).
Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer am 11.05.2018 beim Amt der XXXX Landesregierung einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für den Zweck Arbeitnehmer einbrachte und die Magistratsabteilung XXXX mit Schreiben vom 23.08.2018 das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um Prüfung einer Aufenthaltsbeendigung ersuchte, ergeben sich aus dem Schreiben vom 23.08.2018 des Amts der XXXX Landesregierung, Magistratsabteilung XXXX (AS 151).
Dass der Beschwerdeführer trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot sich mehrmals im Bundesgebiet aufhielt und erwerbstätig war, ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den gemeldeten Wohnsitzen, den Anzeigen der Landespolizeidirektion XXXX vom 10.08.2020 und 07.08.2020 (AS 238), der vom Beschwerdeführer übermittelten Unterlagen (AS 266, 267) und aus den gemeldeten Versicherungszeiten bzw. dem AJ WEB Auskunftsverfahren vom 27.10.2020.
Aus dem Abschiebeauftrag vom 03.09.2018 (AS 208) sowie aus der Meldung vom 25.10.2018 der Landespolizeidirektion über die Verständigung von einer Amtshandlung gegen einen Fremden (AS 216) geht hervor, dass der Beschwerdeführer am 04.09.2018 abgeschoben wurde. Dass er sich gegenüber den Beamten bei seiner Festnahme am 31.08.2018 aggressiv zeigte und alkoholisiert war, ergibt sich aus einem entsprechenden Bericht der LPD XXXX vom 31.08.2018.
Angesichts der gemeldeten Versicherungszeiten und insbesondere aufgrund seiner Tätigkeit im Bundesgebiet am 10.08.2020 für eine Personalbereitstellungsgesellschaft, ergibt sich, dass er nach seiner Abschiebung trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot wieder ins Bundesgebiet einreiste.
Die Feststellungen über die gemeldeten Zeiten bei der österreichischen Gesundheitskasse ergeben sich aus dem AJ WEB Auskunftsverfahren vom 27.10.2020.
Die Feststellung, dass er sich seit 18.09.2018 in medizinischer und psychosozialer Behandlung befindet, unter anderem wegen der Diagnosen "Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak und Alkohol: Abhängigkeitssyndrom", beruht auf der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung vom 30.06.2020 (AS 265).
Dass er am 10.08.2020 für die XXXX PersonalbereitstellungsgesmbH auf einer Baustelle tätig war und der Firma bzw. seinem Arbeitgeber gegenüber angab, in Österreich arbeiten zu dürfen, geht aus der Anzeige der Landespolizeidirektion vom 10.08.2020 hervor (AS 238).
Die Feststellungen über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 27.10.2020 und den im Akt befindlichen Strafurteilen und Beschlüssen.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in der Slowakei zwei Vorstrafen aus den Jahren 2002 und 2003 aufweist und im Jahr 2002 in Deutschland wegen Brandstiftung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt wurde, geht aus dem Urteil vom 14.09.2017 des Landesgerichts XXXX zu XXXX hervor (AS 39).
Dass er in der Slowakei im Jahr 2014 wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt wurde, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 09.07.2017 (AS 27).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1 Zur Abweisung des Antrags auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1 Rechtslage
Gemäß § 69 Abs 2 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
3.1.2 Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Im gegenständlichen Fall stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des mit Bescheid vom 13.02.2018, Zl. XXXX , erlassenen Aufenthaltsverbots.
Er begründete seinen Antrag damit, dass von einer nachhaltigen und maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich im vorliegenden Fall nicht mehr ausgegangen werden könne. Seit der Begehung der strafbaren Handlungen, wegen der er verurteilt worden sei, seien mehrere Jahre vergangen. Er sei seit der letzten Verurteilung nicht mehr straffällig geworden und befinde sich in einer regelmäßigen Therapie. Er habe seine Sucht unter Kontrolle und stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Er habe eine Anstellung in Österreich und sei selbsterhaltungsfähig. Er führe eine Beziehung und versuche seine Fehler wieder gut zu machen.
In der Beschwerde wird im gleichen Sinn vorgebracht, dass der Bescheid unzureichend begründet sei. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung könne im vorliegenden Fall nicht mehr ausgegangen werden. Seit der Begehung der strafbaren Handlung, wegen der der Beschwerdeführer verurteilt worden sei, seien mehrere Jahre vergangen. Der Beschwerdeführer sei vor Begehung der Tat unbescholten gewesen und habe sich nach Verspüren des Haftübels wohlverhalten. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer rückfällig werde. Er habe seine Sucht unter Kontrolle gebracht und befinde sich in regelmäßiger Therapie. Der Beschwerdeführer führe eine Beziehung und sei selbsterhaltungsfähig. Er spreche gut Deutsch. Der Beschwerdeführer bereue sein Fehlverhalten und werde dieses nicht wiederholen.
Aufgrund der folgender Erwägungen war die Beschwerde jedoch als unbegründet abzuweisen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbots nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist (VwGH vom 20.12.2018, Ra 2018/21/0156). Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. VwGH Punkt 4.2. der Entscheidungsgründe vom 24. Jänner 2012, Zl. 2011/18/0267; 12.03.2013, 2012/18/0228).
Ob die Gründe, die zur Erlassung geführt haben, weggefallen sind, ist nach den gem § 67 Abs 1 maßgeblichen Ermessenskriterien zu prüfen. Hiebei hat eine Gesamtbetrachtung der seit der Verhängung eingetretenen Sachlage, also auch zusätzlicher belastender Umstände, zu erfolgen. Auf dieser Grundlage ist zu prüfen, ob von einem Aufenthalt des Betroffenen noch die seinerzeit für die Erlassung maßgeblichen Gefahren ausgehen. Ist dies zu verneinen, ist das Aufenthaltsverbot aufzuheben. Gegen diesen Fremden darf dann nur wegen eines anderen Sachverhalts neuerlich ein Aufenthaltsverbot verhängt werden. (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 69 FPG 2005, Stand 1.3.2016, rdb.at).
Nach Erlassung des ab 02.05.2018 durchsetzbaren Aufenthaltsverbots hat der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen und kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern setzte seinen Aufenthalt unrechtmäßig fort und musste abgeschoben werden. Selbst nach der erfolgten Abschiebung reiste er aber wieder unrechtmäßig nach Österreich und war hier ohne entsprechende Bewilligung erwerbstätig. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann daher keine Rede davon sein, dass sich der Beschwerdeführer nach Verspüren des Haftübels wohlverhalten habe, vielmehr verstärkt das Verhalten des Beschwerdeführers, mit dem er zum Ausdruck brachte, sich nicht an die österreichische Rechtsordnung halten zu wollen, die für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen.
Auch der Umstand, dass er seinem Arbeitgeber vortäuschte, in Österreich arbeiten zu dürfen und dass er ohne entsprechende Bewilligung einer Erwerbstätigkeit nachging, demonstriert, dass er auch aktuell kein gesetzeskonformes Verhalten an den Tag legt.
Seitens des Beschwerdeführers wurde ferner auch nicht hinreichend dargelegt, weshalb bei ihm - gerade vor dem Hintergrund seines mehrmaligen strafrechtlichen Fehlverhaltens - mittlerweile ein vollzogener nachhaltiger Gesinnungswandel zu erkennen sei und eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit jedenfalls nicht mehr vorläge. Dass er sich in regelmäßiger Therapie befindet, reicht nicht aus, um einen Wegfall der von ihm ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Außerdem wurden keine Unterlagen vorgelegt, welche einen positiven Verlauf der Therapie nahelegen würden oder allfällige Fortschritte dokumentieren.
Die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten wiegen schwer und sein Fehlverhalten beeinträchtigt insgesamt in hohem Ausmaß das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung strafbarer Handlungen. Obwohl bereits über 2 Jahre seit seinen Straftaten vergangen sind, bedarf es angesichts seiner schwerwiegenden strafrechtlichen Vorgeschichte und aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die ihm eingeräumten Resozialisierungschancen einer bedingten Strafnachsicht nicht nutzte, sondern trotzdem einschlägig und wiederholt straffällig wurde, ein längeres Wohlverhalten, um von einem Wegfall oder Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr ausgehen zu können. Abgesehen davon ist die dem Beschwerdeführer mit Urteil vom 10.01.2017, AZ XXXX , gewährte Probezeit von 3 Jahren, welche mit Beschluss vom 14.09.2017 auf 5 Jahre verlängert wurde, noch nicht abgelaufen.
Im Vergleich zu dem im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrunde gelegten Sachverhalt haben sich auch keine derart stark zugunsten des Beschwerdeführers auszulegenden Umstände ergeben, denen zufolge ein Überwiegen des persönlichen Interesses an einem Aufenthalt in Österreich gegenüber dem öffentlichen Interesse an der weiteren Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes anzunehmen gewesen wäre.
Zwar führt er an, eine Beziehung zu führen, selbsterhaltungsfähig zu sein, gut Deutsch sprechen zu können, jedoch zeigt dieses Vorbringen nicht einen Wegfall der Gründe auf, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbots geführt haben. Im Übrigen ist eine Aufrechterhaltung des persönlichen Kontaktes zu seiner Lebensgefährtin bis zum Ablauf des gültigen Aufenthaltsverbots durch ihre weiteren Besuche in der Slowakei und unter Verwendung moderner Kommunikationsmittel möglich.
In einer Gesamtschau der oben dargestellten Gesichtspunkte ergaben sich auch für das Bundesverwaltungsgericht keine maßgeblichen Anhaltspunkte dafür, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer maßgeblichen Änderung der Umstände auszugehen und das verhängte Aufenthaltsverbot aufzuheben gewesen wäre.
Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes auch weiterhin erforderlich sei, um der vom Beschwerdeführer nach wie vor ausgehenden erheblichen und gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenzuwirken, kann nicht beanstandet werden.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.
3.2 Zur Auferlegung der Bundesverwaltungsabgaben (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß § 78 Abs 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist.
Nach Tarif A Z 2 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, in der Fassung vom 03.11.2020 sind für sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, EUR 6,50 zu entrichten.
Da der Antrag des Beschwerdeführers auf die Aufhebung des Aufenthaltsverbots abzielt und die Erlassung des angefochtenen Bescheids in seinem privaten Interesse lag, hat er EUR 6,50 zu entrichten.
Die Auferlegung der Bundesverwaltungsabgaben erfolgte sohin zu Recht. Es wird auch in der Beschwerde nicht moniert, dass die Auferlegung der Bundesverwaltungsabgaben nicht zu Recht erfolgte.
Die Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids abzuweisen.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Die belangte Behörde setzte sich ferner auch umfassend mit dem Sachverhalt auseinander und begründete in der Beweiswürdigung nachvollziehbar, warum eine Aufhebung des Aufenthaltsverbots nicht in Betracht kommt. Deshalb schloss sich das Bundesverwaltungsgericht der Beweiswürdigung der belangten Behörde zur Gänze an. Das Beschwerdevorbringen deckt sich grundsätzlich mit dem Vorbringen im Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots und zeigte keine neuen Sachverhalts- oder Rechtsfragen auf, die zu klären wären. Es mussten daher keine neuen Beweise aufgenommen werden.
Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Änderung maßgeblicher Umstände Antragstellung Aufhebung Aufenthaltsverbot Ausreiseverpflichtung Ermessen Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gesamtbetrachtung Gewalttätigkeit illegale Einreise illegaler Aufenthalt öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Verwaltungsabgabe Wegfall der Gründe WiederholungstatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2188301.2.00Im RIS seit
29.01.2021Zuletzt aktualisiert am
29.01.2021