TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/9 I414 2235869-1

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Veröffentlicht am 09.11.2020
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Entscheidungsdatum

09.11.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §105 Abs1
StGB §127
StGB §129
StGB §130 ersterFall
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2235869-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , StA. GRIECHENLAND, vertreten durch die ARGE RECHTSBERATUNG Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg vom 08.09.2020, Zl. 1197246402-200628894, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Nach der dritten strafgerichtlichen Verurteilung durch ein österreichisches Strafgericht wurde der Beschwerdeführer vom BFA mittels Parteiengehör von der beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme samt Aufenthaltsverbot in Kenntnis gesetzt.

Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Darlegung seiner persönlichen Verhältnisse gewährt. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 31.07.2020 ein.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 08.09.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.).

Mit Beschwerde vom 06.10.2020 wurde moniert, dass bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein nur mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Es komme nicht nur auf die strafgerichtlichen Verurteilungen an, sondern sei das Gesamtbild zu würdigen. Vom Beschwerdeführer gehe jedenfalls keine solche Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, die ein Aufenthaltsverbot in der festgesetzten Dauer rechtfertigen würde. Es werde beantragt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes zu reduzieren, in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird der unter Pkt. I. dargestellte Verfahrensgang als Sachverhalt festgestellt.

Darüber hinaus wird zur Person des Beschwerdeführers festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist griechischer Staatsangehöriger, ist in Deutschland geboren und lebt seit seinem achten Lebensjahr in Deutschland. Er spricht griechisch und deutsch, er hat in Griechenland und Deutschland eine schulische Ausbildung absolviert und ging in Deutschland zuletzt zumindest vier Jahre lang einer Erwerbstätigkeit nach.

Seine Lebensgefährtin, die Eltern und Geschwister leben in Deutschland, weitere Verwandte halten sich in Griechenland auf. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine familiären Anknüpfungspunkte und weist er außer der beruflichen Tätigkeit seit Februar 2020 bei einer Firma in Vorarlberg keine integrativen Verfestigungen auf.

Der Beschwerdeführer hat seit 29.01.2020 einen Wohnsitz in Österreich, den er für die Verbüßung des elektronisch überwachten Hausarrestes benötigte. Diesen verbüßte er bis 14.10.2020. Der Beschwerdeführer ist rückkehrwillig.

Er hielt sich bereits zuvor kurzzeitig in Österreich auf, war von 02.03.2015 bis 17.12.2015 mit Hauptwohnsitz gemeldet und im Jahr 2015 für drei unterschiedliche Dienstgeber insgesamt 31 Tage erwerbstätig.

Entgegen der Angabe in der Stellungnahme, der Beschwerdeführer wäre bislang erst einmal von einem österreichischen Gericht verurteilt worden, werden drei Verurteilungen jeweils durch das Landesgericht Feldkirch festgestellt:

Er wurde erstmals am 03.08.2015 rechtskräftig wegen versuchter Nötigung nach § 15 StGB, § 105 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.

Rund zwei Jahre später wurde er am 11.07.2017 rechtskräftig wegen Verbrechens des versuchten Einbruchs durch Diebstahl nach § 15 StGB, §§ 127, 129 Abs. 1 und 2 Z 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren sowie zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.

Mit Urteil vom 25.05.2018, rechtskräftig am 19.06.2018 wurde der Beschwerdeführer neuerlich wegen eines Verbrechens verurteilt. Der Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe (Probezeit drei Jahre) in der Dauer von 15 Monaten lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer in bewusstem und gewolltem arbeitsteiligem Zusammenwirken mit einem Mittäter, der auch bei der Straftat, die zur zweiten Verurteilung des Beschwerdeführers geführt hat, als Mittäter verurteilt wurde, und darüber hinaus mit einem weiteren namentlich unbekannten weiteren Mittäter gewerbsmäßig durch Einbruch in Wohnstätten Sachen in einem insgesamt EUR 5.000,-- nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw. in zwei Fällen wegzunehmen versucht hat. Der Beschwerdeführer hat dadurch das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 15 StGB, §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1 (iVm 129 Abs. 1 Z 1), 130 Abs. 3 (iVm 130 Abs. 1 erster Fall) StGB begangen.

Der Beschwerdeführer ist auch in Deutschland zweimal einschlägig vorbestraft und dies und die Tatbegehung in Gesellschaft von Mittätern im Urteil XXXX wurde erschwerend gewertet; das Geständnis und der Umstand, dass die Taten teilweise beim Versuch geblieben sind, wurden mildernd berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 29.07. 2020 (AS 57ff), in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (AJ-Web) und dem Strafregister eingeholt.

Die Feststellungen zur Person und zu den Lebensumständen in Deutschland, Griechenland und Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme (AS 57ff) und wurden diese im Beschwerdeschriftsatz konkretisiert. Allerdings wurde in der Beschwerde abweichend von der Stellungnahme vom 29.07.2020, in welcher er angab, keine Familienangehörigen in Österreich zu haben, angegeben, dass die Schwester des Beschwerdeführers in Bregenz lebe und er sie schon vor Antritt des elektronisch überwachten Hausarrestes wöchentlich besucht hätte. Da der Beschwerdeführer bei Abgabe der Stellungnahme Ende Juli 2020 den elektronisch überwachten Hausarrest bereits verbüßte und darin angab, dass seine Geschwister in Deutschland leben und von einer Schwester in Österreich nicht die Rede war, können die Angaben in der Beschwerde nicht richtig sein. Die einzig denkbare Variante wäre, dass sich die Schwester in Österreich aufgehalten hat, Ende Juli aber in Deutschland lebte und nunmehr erst seit kurzem wieder zurück im Bundesgebiet ist. Einen längerfristigen Aufenthalt seiner Schwester in Österreich belegte er jedenfalls nicht und der erkennende geht daher von der Richtigkeit der früheren Angaben in der Stellungnahme vom 29.07.2020 aus.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen und die Tathergänge ergeben sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Urteilsausfertigungen zu LG Feldkirch, Aktenzahlen XXXX und XXXX sowie aus dem Strafregister der Republik Österreich. Dass der Beschwerdeführer auch in Deutschland einschlägig vorbestraft ist, wurde bei den Erschwernisgründen im Urteil des LG Feldkirch vom 25.05.2018 festgehalten.

Aus den eingeholten Auszügen aus dem AJ-Web und dem ZMR, woraus ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer seit Anfang Februar 2020 bei einer österreichischen Firma als Arbeiter erwerbstätig ist und seither einen Wohnsitz im Bundesgebiet hat, und den Angaben des Beschwerdeführers, die Meldeadresse und die Erwerbstätigkeit nur zur Ermöglichung des elektronisch überwachten Hausarrestes begründet zu haben (AS 57 und 122), lassen sich weder positive Integrationsschritte noch ein intensives Privatleben in Österreich ablesen. Er gab zudem mehrfach an, nach Verbüßen der Haftstrafe nach Deutschland zurückzukehren und zeigt er damit eindeutig kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes in Österreich. Der Beschwerdeführer trat in Österreich bislang nur durch Verbrechen gegen fremdes Eigentum und Vergehen gegen Leib und Leben in Erscheinung und steht auch die erst seit acht Monaten bestehende Erwerbstätigkeit damit im Zusammenhang, die er nur einging, um in den Genuss des elektronisch überwachten Hausarrestes zu kommen. Auch aus den früheren tageweisen Erwerbstätigkeiten kann keine Aufenthaltsverfestigung erkannt werden, zumal er während diesem Aufenthalt auch erstmals strafgerichtlich belangt wurde.

Die Gewährung des elektronisch überwachten Hausarrestes und die vorzeitig bedingte Entlassung ergeben sich aus dem Schreiben der Bewährungshilfe vom 07.10.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.):

Als Staatsangehöriger von Griechenland ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet in seinen Abs. 1 und 2:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.“

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Mangels eines längerfristigen kontinuierlichen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Der Beschwerdeführer wurde unbestritten wegen Vergehens der versuchten Nötigung und der Verbrechen des Einbruchsdiebstahls sowie des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Wenn das LG Feldkirch bei der ersten Verurteilung noch eine Geldstrafe und bei der zweiten eine bedingte Freiheitsstrafe in Kombination mit einer Geldstrafe verhängte, konnte zuletzt nur mehr mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden. Darüber hinaus weist der Beschwerdeführer einschlägige Vorstrafen in Deutschland auf.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 21.02.2013, Zl. 2011/23/0192). Der Beschwerdeführer hat vor knapp einer Woche den elektronisch überwachten Hausarrest verbüßt und wird er künftig erst beweisen müssen, dass er sich wohl verhalten kann und wird. Eine positive Zukunftsprognose kann ob der erst vor kurzem bedingten Strafnachsicht noch nicht erstellt werden.

Das, durch Tatwiederholungen sowie die einschlägigen Vorstrafen, geprägte Verhalten des Beschwerdeführers lässt erkennen, dass dieser dazu neigt, gültige Normen und Regeln zu ignorieren und zur Befriedigung von Bereicherungsgelüsten nicht vor der Begehung von Straftaten zurückschreckt. Seine bisher in Anspruch genommenen und ihm als Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates zukommende unionsrechtlichen Aufenthalte in Österreich hat der Beschwerdeführer zur Begehung von strafbaren Handlungen missbraucht.

Der belangten Behörde ist sohin nicht entgegenzutreten, wenn diese von einer maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Beschwerdeführer ausgeht.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers muss verhältnismäßig sein.

Ein Familienleben in Österreich liegt nicht vor. Eine allfällige Beziehung zu seiner Schwester, sollte sie sich in Österreich aufhalten, wäre unter den Begriff des Privatrechts zu subsumieren. Der volljährige Beschwerdeführer brachte keine Sorgepflichten oder Abhängigkeitsverhältnisse zur Schwester vor und sei im Übrigen auch festgehalten, dass ein Aufenthaltsverbot einem weiteren Kontakt mit der Schwester nicht entgegensteht, weil dieser über Kommunikationsmittel oder Besuche der Schwester in Deutschland aufrecht gehalten werden kann.

Der Beschwerdeführer bekräftigt sein bestehendes Privatleben in Österreich mit der Beschäftigung bei einer Firma in Vorarlberg, der er auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiter nachgehen möchte. Das Beschäftigungsverhältnis besteht erst seit Anfang Februar 2020 und wurde nur eingegangen, um eine Voraussetzung für den elektronisch überwachten Hausarrest sicherzustellen. Der Beschwerdeführer gab an, zuvor mehr als vier Jahre in einem Unternehmen in Deutschland gearbeitet zu haben und ist es ihm auch jetzt zumutbar, sich wieder um eine Anstellung in Deutschland, gegebenenfalls auch beim früheren Arbeitgeber, zu bemühen. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig, hat Erfahrungen am Arbeitsmarkt vorzuweisen und wurden keine Gründe vorgebracht, weshalb er in Deutschland oder anderswo schwerer Zugang zum Arbeitsmarkt finden würde, als in Österreich.

Den persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der öffentlichen Sicherheit gegenüber. Diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/180260, vom 18.01.2005, 2004/18/0365, vom 03.05.2005, 2005/18/0076, vom 17.01.2006, 2006/18/0001 und vom 09.09.2014, 2013/22/0246).

Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kann daher als im Sinne des Art 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden. Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessensabwägung schlägt somit zu Ungunsten des Beschwerdeführers und zu Gunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus. Es ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, um ihn von der Begehung von Straftaten in Österreich abzuhalten.

Der belangten Behörde ist dahin beizupflichten, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit – insbesondere dem Schutz des fremden Eigentums – darstellt. Unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer während seiner kurzen Aufenthalte in Österreich durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose kommt das erkennende Gericht zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer permanent eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Aufenthaltsverbot dem Grunde nach zu rechtsfertigen vermag. Hierfür sprechen zunächst seine strafgerichtlichen Verurteilungen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer zwei einschlägige Vorstrafen in Deutschland aufweist. Das erkennende Gericht lässt nicht außer Acht, dass das Strafgericht in seinem letzten Urteil die teilweisen Versuche und sein Geständnis strafmildern berücksichtigte. Zugleich wertete es aber die zwei einschlägigen Vorstrafen in Deutschland, die zu den Vorstrafen in Österreich hinzutreten, und die Tatbegehung in Gesellschaft von Mittätern als erschwerend. Aufgrund der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen (Geldstrafe und Kombination aus Geld- und Freiheitsstrafe) liegt eine erhebliche Wiederholungsgefahr vor.

Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden, durch die strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist, wie bereits oben ausgeführt.

Ein Einreiseverbot in der von der belangten Behörde festgesetzten Dauer auch notwendig, um eine nachhaltige Änderung des Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken, zumal ihn in der Vergangenheit Sanktionen und gewährte Strafnachsichten von Rückfällen nicht abhalten konnten. Auch aktuell kam der Beschwerdeführer in Genuss einer bedingten Strafnachsicht und wird er erst unter Beweis stellen müssen, dass er auch seinen Fehlern gelernt hat. Trotz gewährtem elektronisch überwachten Hausarrest hat der Beschwerdeführer zumindest in seiner Stellungnahme Ende Juli 2020 die Tragweite von strafgerichtliche Verurteilungen nicht erkannt. So gab er an, bislang erst einmal verurteilt worden zu sein und scheinen gegen ihn angewandte Strafmaße der Geldstrafe und bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen nicht als Verurteilungen zu zählen.

Die belangte Behörde hat die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit drei Jahren nicht einmal zu einem Drittel des nach § 67 Abs. 2 FPG Möglichen ausgenutzt und ist diese Dauer durchaus als verhältnismäßig anzusehen. Im Vergleich dazu fand auch das Strafgericht mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten bei möglichen zehn Jahren das Auslangen. In Gesamtschau mit dem oben dargestellten Persönlichkeitsbild ist ein Aufenthaltsverbot in der festgesetzten Dauer notwendig und angemessen, um eine nachhaltige Änderung des Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken.

3.2. Zum Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II):

In der Beschwerde wird zwar angegeben, den Bescheid in vollem Umfang zu bekämpfen, doch wurde mit Spruchpunkt II. bereits von der belangten Behörde ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt. Der Beschwerdeführer kann keine für ihn günstigere Rechtsstellung mit der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. erhalten und war darüber nicht weiter abzusprechen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Beschwerdeführer hat zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, doch wurden bereits alle für ihn sprechenden Tatsachen der Entscheidung zugrunde gelegt und musste sich der erkennende Richter kein eigenes Bild mehr vom Beschwerdeführer machen. Zwar kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu (VwGH 23.03.2017, 2016/21/0349 (und das auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände. Daraus ist aber keine „absolute“ (generelle) Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung im Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen positiven persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422).

Das Gericht musste sich keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen solchen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme geboten und es wurden die vorgelegten Schreiben und Bestätigungen der Bewährungshilfe sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde dieser Entscheidung zugrunde gelegt.

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Abwägung der privaten Interessen bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und Festsetzung der Dauer eines Aufenthaltsverbotes; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot Diebstahl Durchsetzungsaufschub EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gewerbsmäßigkeit Haft Haftstrafe Interessenabwägung Nötigung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Unionsbürger Verbrechen Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2235869.1.00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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