TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/23 I413 2180399-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I413 2180399-5/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: em. RA Edward W. DAIGNEAULT vertreten durch den mittlerweiligen Stellvertreter RA Mag. Dr. Georg KLAMMER gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle West (EASt-West) vom 04.05.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.11.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.05.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 10.05.2016 gab der Beschwerdeführer befragt nach seinem Fluchtgründen an: „Die Volksgruppe Fulani bringen Menschen um und ich fürchte um mein Leben. Weiters erhoffe ich mir in Österreich Arbeit.“

3.       Am 07.11.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab befragt nach seinen Fluchtgründen an: „Der Grund warum ich Nigeria verlassen habe ist weil ich Landwirt war. Leute von der Volksgruppe Fulani brachten Ihre Kühe zu unseren Feldern. Die Kühe haben dann unser Gras gefressen. Leute der Fulani töten auch Christen.“

4.       Mit Bescheid vom 15.11.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.05.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

5.       Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde eine dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 22.02.2018, I414 2180399-1/8E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

6.       Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte neuerlich am 01.08.2018 einen ersten Folgeantrag – und zweiten Antrag – auf internationalen Schutz. Den Folgeantrag begründete er mit denselben Fluchtgründen wie im Erstverfahren: „[…] nämlich, dass die „Fulanis“ mich umbringen werden.“ Er wolle nun aber angeben, dass seine Knieprobleme auf eine Verletzung durch die Fulanis zurückgehe und dass er zunehmend an Nieren- und Wirbelsäulenbeschwerden leide. Dazu legte er medizinische Unterlagen vor.

7.       Von der belangten Behörde wurde Dr. R. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. fasste alle beigebrachten ärztlichen Unterlagen zusammen und stellte am 06.12.2018 folgende Leiden fest: 1. Metabolisches Syndrom mit Übergewicht, 2. Bluthochdruck, 3. hypertensive Nephropathie und Proteinurie (nicht entzündliche Nierenkrankheit), 4. cor hypertonicum (Hochdruckherz) und 5. fundus hypertonicus II (chronische Gefäßveränderung). Ebenso wurde die aktuelle Medikation festgestellt.

8.       Mit Bescheid vom 01.02.2019 wies die belangten Behörde den Antrag vom 01.08.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.).

9.       Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis BVwG 25.03.2019, Zl. I412 2180399-2, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

10.      Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung abermals nicht nach und stellte am 18.04.2019 einen zweiten Folgeantrag – sohin seinen insgesamt dritten Antrag – auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er als Grund für seine neuerliche Antragstellung Folgendes an: „Alle Angaben meiner ersten Einvernahme bleiben aufrecht. Anfang Jänner habe ich mit einem Freund aus Nigeria namens „Bobby“ telefoniert. Dieser teilte mir mit, dass ich von verfeindeten Dorfbewohnern gesucht werde. Zwischen meinem Dorf in dem ich gelebt habe und dem verfeindeten Dorf hatte es viele Streitigkeiten gegeben, es führte auch dazu, dass Brände gelegt wurden. Einige Menschen kamen dabei um. Mich bezichtigt man an der Beteiligung an den Brandstiftungen und somit dem Tod dieser Menschen. Diese Streitigkeiten und Vorfälle haben 2015 stattgefunden. Mein Freund hat mich gewarnt in mein Heimatdorf zurückzukehren, weil ich sonst gelyncht werde.“

11.      Am 09.05.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Der Beschwerdeführer gab hierbei zunächst an, aufgrund seines Gesundheitszustandes seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt zu haben. In Nigeria würde es Niemanden geben, der sich um ihn kümmere, während er in Österreich ins Krankenhaus sowie zum Arzt gehen könne. In Nigeria würde er keine gute medizinische Versorgung vorfinden, zudem sei diese teuer und für den Beschwerdeführer nicht leistbar. Auf Nachfrage verwies der Beschwerdeführer auf sein Fluchtvorbringen hinsichtlich der Fulani, welche Kühe auf das Land des Beschwerdeführers getrieben und dadurch das Farmland zerstört hätten. „Damals“ hätten Leute aus dem Stamm des Beschwerdeführers Leute des Fulani-Stammes getötet. Im Dezember 2018 oder Jänner 2019 habe der Beschwerdeführer nunmehr von einem Freund erfahren, dass die Fulani nach wie vor nach dem Beschwerdeführer suchen und diesen töten würden, sofern sie ihn sehen. Als Änderung des Sachverhaltes im Hinblick auf seine vorangegangenen Verfahren brachte der Beschwerdeführer vor, dass er im vorangegangenen Verfahren nicht erzählt habe, dass er nach wie vor gesucht werde. Wenngleich ihm dieser Umstand bereits vor rechtskräftigem Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bekannt gewesen sei, habe er diesen nicht erwähnt, da er nicht danach gefragt worden sei.

12.      Am 12.06.2019 wurde der Beschwerdeführer ein weiters Mal niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Hierbei legte er ein aktuelles Empfehlungsschreiben eines Pfarrers vor und brachte einen schriftlichen Antrag auf Feststellung ein, ob jene fünf aktuell seitens des Beschwerdeführers aufgrund einer Nierenerkrankung eingenommenen Medikamente (bescheinigt durch Befund seiner Hausärztin vom 07.06.2019) in Nigeria verfügbar seien. Hinsichtlich seines Fluchtvorbringens gab er lediglich an, „vor zwei Wochen“ von jenem Freund, mit welchem er Dezember 2018 oder Jänner 2019 telefoniert habe und welcher ihm hierbei mitgeteilt habe, dass die Fulani nach wie vor nach ihm suchen würden, eine Textnachricht erhalten habe, welche im Wesentlichen abermals besagten würde, dass die Fulani den Beschwerdeführer nach wie vor suchen würden und umbringen wollen (Inhalt der englischsprachigen Nachricht auf dem Telefon des Beschwerdeführers, abgesendet von einem britischen Mobiltelefon: „Thanks god, that we escaped from Nigeria, because the fulani people are still looking for us to kill us. My family told me this“).

12.      Mit Bescheid des BFA vom 25.06.2019, Zl. XXXX – 190400663 / BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.04.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 und Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Überdies wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55a Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).

13.      Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis BVwG 21.07.2019, I417 2180399-3/3E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

14.      Am 07.08.2019 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen dritten Folgeantrag – und insgesamt vierten Antrag – auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: „Ich habe am 06. Juni 2019 eine Nachricht per SMS von einem Freund erhalten. Sein Name ist Udo und er lebt derzeit in Großbritannien. Er hat die Nachricht von seiner Familie aus Nigeria bekommen. Er teilte mir mit, dass die „Fullanis“ mich nach wie vor suchen um mich zu töten. Vor zwei Wochen habe ich einen Anruf von einem Freund namens John (sein derzeitiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt) bekommen. Er hat mir erzählt, dass ein anderer Freund, welcher von Nigeria in eienen Nachbarstaat flüchten konnte, nach seiner Rückkehr nach Nigeria von Leuten der „Fullani“ getötet wurde. Er wurde mit dem Messer angegriffen und angeschossen und ist im Spital seinen Verletzungen erlegen. Vor seinem Tod hat er seiner Familie erzählt, dass die Fullanis noch nach mir gefragt haben. Sie suchen weiter nach mir. Ein weiterer Grund ist meine Krankheit. In Nigeria haben wir keine guten Spitäler. Meine Krankheit kann nicht behandelt werden.“ Weiter führte er aus, dass seine Gründe die gleichen wie bei seinem ersten Antrag seien. Er habe vor zwei Wochen die Information erhalten, dass die Fullani ihn nach wie vor suchen würden und ermorden wollten. Die Krankheit habe er bereits in Nigeria gehabt.

15.      Am 02.09.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zu seinem Folgeantrag einvernommen. Er teilte unter anderem mit:

„F: Warum stellen Sie einen neuen Antrag?

A: Was soll ich denn machen, als mir der Anwalt sagte, dass mein Antrag erneut abgelehnt wurde, wollte ich nicht illegal aufhältig sein. Deshalb stellte ich erneut einen Antrag.

F: Ist das der einzige Grund für die Antragstellung?

A: Nein hauptsächlich wegen meiner Gesundheit. Und weil ich noch immer von den Fulani gesucht werde. Und weil ich immer noch bei der BIAFRA bin und auch eine BIAFRA Kappe trage. Wenn ich die tragen würde, dann würde die Polizei mich töten.

F: Das BVwG hat bereits wiederholt festgestellt, dass die med. Versorgung in Nigeria gewährleitstet ist. Was sagen Sie dazu?

A: Nein, das glaube ich nicht, es gibt keine guten Krankenhäuser. Unsere Politiker lassen sich im Ausland behandeln, die Medikamente sind teuer oder nicht die gleichen wie hier. Diese gibt es nicht in Nigeria, sondern nur ähnliche, die keine Originale sind.

F: Haben Sie außer den geschilderten noch weitere Probleme?

A: Die Fulani bedrohen mich immer noch. Ich bin ein BIAFRA Mitglied, deshalb werden wir von der Regierung attackiert.

F: Seit wann sind Sie bei der Biafra?

A: Seit 10 Jahren seit ich noch in Nigeria war. Ich besuche auch ihre Treffen in Linz und Wien.

F: Haben Sie das bisher bereits erwähnt?

A: Nein.

F: Warum haben Sie das unterlassen?

A: Nein, wie ich meiner Rechtsberaterin sagte, habe ich große Vergesslichkeitsprobleme. Hätte ich die Kappe nicht mitgehabt, dann hätte ich es vielleicht heute auch vergessen.

F: Das ist unglaubwürdig. Sie hatten bestimmt schon 10 Einvernahmen hier in Österreich, sie haben auch einen Anwalt und mit ihm gesprochen.

A: Wie gesagt, ich war krank, wenn ich die Kappe heute nicht mithätte, dann hätte ich es sicher auch vergessen.

[…]

F: Ich beende jetzt die Einvernahme. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

A: Ich habe schon erwähnt, dass es wegen meiner Gesundheit nicht geht. Ich sagte Ihnen bereits beim letzten Verfahren auch, dass ich von einem Freund eine SMS bekommen habe, dass die Fulani mich immer töten wollen, weil wir deren Kühe getötet haben. Die Regierung tut nichts dagegen, weil der Präsident ein Fulani ist. Ich meine den nigerianischen Präsidenten.“

16.      Mit dem mündlich verkündeten Bescheid am 02.09.2019 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG aufgehoben.

17.      Mit Beschluss vom 11.09.2019, I412 2180399-4/5E, entschied das Bundesverwaltungsgericht im amtswegig eingeleiteten Verfahren über diesen Bescheid, dass die gemäß § 12a Abs 2 AsylG erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtwidrig ist. Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

18.      Mit Schreiben vom 21.01.2020 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen zu Nigeria und ermöglichte ihm, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Hierzu gab der Beschwerdeführer am 29.02.2020 eine Stellungnahme ab.

19.      Mit Bescheid vom 04.05.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten und hinsichtlich eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.).

20.      Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde, in der va die mangelnde medizinische Versorgung des Beschwerdeführers in Nigeria moniert wird.

21.      Mit Schriftsatz vom 20.05.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

22.      Am 23.11.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer einvernommen und die Situation in Nigeria erörtert wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Lebensumständen

Der Beschwerdeführer ist 42 Jahre alt, ledig, Staatsangehöriger von Nigeria, Christ und Angehöriger der Volksgruppe der Ibo. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer hält sich mindestens seit 10.05.2016 in Österreich auf. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch an einer COVID-19-Risikoerkrankung, noch ist er pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen. Er ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer besuchte in Nigeria die Grund- und die Mittelschule und verdiente als Landwirt seinen Lebensunterhalt. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Seine Mutter lebt mit seiner Schwester in den Vereinigten Staaten. Seine Brüder leben nach wie vor in Nigeria. Der Beschwerdeführer verfügt nach wie vor über einen aufrechten Kontakt zu seinen in Nigeria lebenden Brüdern.

Der Beschwerdeführer bezog bis April 2019 Leistungen aus der Grundversorgung und lebt aktuell von den Einkünften aus dem Verkauf der Obdachlosenzeitung „Kupfermucken“ in Höhe von monatlich rund 150 bis 160 Euro sowie von finanziellen Unterstützungen von Freunden und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.

Er hat zwar hinsichtlich seiner Integration ein Bestätigungsschreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Weißkirchen an der Traun aus dem hervorgeht, dass er in der Zeit von 19.09.2016 bis zum 22.09.2016 gemeinnützige Arbeit im Bereich der Landschaftspflege im Ausmaß von 22 Stunden geleistet hat. Empfehlungsschreiben des Pfarrleiters der Gemeinde Weißkirchen aus dem hervorgeht, dass sich der Beschwerdeführer in der Pfarre engagiert. Bestätigungen über die Teilnahme an einen Deutschkurs für Asylwerber auf Niveau A1 Teil 1, Teilnahme an einem Deutschkurs „Deutsch im Alpha –Kurs ABC“ sowie Teilnahme an einem Deutsch-Integrationskurs auf Niveau A2 Teil 1. Der Beschwerdeführer hat an keinen beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen und ist derzeit kein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution. Mangels vorgelegter Nachweise, kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt hat. Es konnten folglich keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat:

1.2.1. Politisches System

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People´s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives´ Congress (APC) unter dem am 23.02.2019 wiedergewählten Präsidenten Muhammadu Buhari an der Macht.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019a): Nigeria - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205844http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 31.1.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019b): Nigeria - Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeria/205786, Zugriff 9.4.2020

-        BBC News (26.2.2019): Nigeria Presidential Elections Results 2019, https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-f0b25208-4a1d-4068-a204-940cbe88d1d3, Zugriff 12.4.2019

-        DW - Deutsche Welle (11.3.2019): EU: Nigerian state elections marred by 'systemic failings', https://www.dw.com/en/eu-nigerian-state-elections-marred-by-systemic-failings/a-47858131, Zugriff 9.4.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 9.4.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        Stears News (9.4.2020): Governorship Election Results, https://nigeriaelections.stearsng.com/governor/2019, Zugriff 9.4.2020

1.2.2. Sicherheitslage

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation; es gibt keine Bürgerkriegsgebiete oder –parteien. Allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt, das Nigerdelta und der Bundesstaat Zamfara von Unruhen und Spannungen geprägt. Im Südosten bestehen zudem Spannungen wegen Gruppen von Igbo, die für ein unabhängiges Biafra eintreten. Spannungen bestehen auch zwischen der Armee und dem Islanic Movement in Nigeria (IMN). Für einzelne Teile Nigerias (insbesondere für die nordöstlichen Bundesstaaten) besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben. Seitens des Präsidenten wurde bereits der „technische Sieg“ über Boko Haram proklamiert, wobei es tatsächlich gelungen ist, Boko Haram aus einigen Gebieten zu vertreiben. Nach Rückzug in unwegsames Gelände und dem Treueeid einer Splittergruppe gegenüber dem sog. Islamischen Staat ist Boko Haram mittlerweile zu ursprünglichen Guerillataktik von Überfällen auf entlegenere Dörfer und Selbstmordanschlägen oft auch durch Attentäterinnen zurückgekehrt. doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Einige Gebiete stehen immer noch unter der Kontrolle der verschiedenen Fraktionen der Gruppe, wobei JAS im Nordosten in Richtung Kamerun am aktivsten ist, während ISIS-WA hauptsächlich in der Nähe der Grenze zu Niger operiert. Boko Haram kontrolliert einige Dörfer nahe des Tschad-Sees. Im Jahr 2019 führten Boko Haram und ISIS-WA Angriffe auf Bevölkerungszentren und Sicherheitskräfte im Bundesstaat Borno durch. Boko Haram führte zudem in eingeschränktem Ausmaß Anschläge im Bundesstaat Adamawa durch, während ISIS-WA Ziele im Bundesstaat Yobe angriff. Boko Haram kontrolliert zwar nicht mehr so viel Territorium wie zuvor, jedoch ist es beiden Gruppen im Nordosten des Landes weiterhin möglich, Anschläge auf militärische und zivile Ziele durchzuführen. Im Nordosten hat sich die Sicherheitslage nach zeitweiliger Verbesserung (2015-2017) seit 2018 wieder verschlechtert. Die nigerianischen Streitkräfte sind nicht in der Lage, ländliche Gebiete zu sichern und zu halten und beschränken sich auf das Verteidigen einiger urbaner Zentren im Bundesstaat Borno.

Der nigerianischen Armee und der zivilen Bürgerwehr Joint Task Force wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Zwischen der Regierung und den Delta-Interessensgruppen laufen Dialogprozesse und wird ein fallweise gebrochener Waffenstillstand grundsätzlich gehalten. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere kam es zum Wiederaufleben von Angriffen auf die Ölinfrastrukturen, die die Stabilität der Erdölproduktion bedrohen. Gegen militante Gruppierungen im Nigerdelta geht zivilen Bürgerwehr Civilian Joint Task Force unter Federführung des Militärs zT sehr effektiv vor, begeht diese Gruppe häufig selbst Menschenrechtsverletzungen oder denunziert willkürlich persönliche Feinde bei den Sicherheitsorganen. Bei den Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelte es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen zur Durchsetzung finanzieller Partikularinteressen solcher Gruppen einerseits und der Staatsgewalt andererseits, als auch um Rivalitäten zwischen unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften, die einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen darstellen. Entführungen zur Lösegelderpressung sind im Nigerdelta und in den südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra besonders häufig.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019a): Nigeria: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/innenpolitik/205844, Zugriff 17.4.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (16.4.2020): Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise
(Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788#content_5, 16.4.2020

-        ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (17.4.2020): ecoi.net-Themendossier zu Nigeria: Sicherheitslage, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028159.html, Zugriff 17.4.2020

-        AI - Amnesty International (8.4.2020): Amnesty Report, Nigeria, 2019, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/nigeria-nigeria-2019#section-11669032, Zugriff 16.4.2020

-        AU-EU - African Union-EU Partnership (o.D.): Multinational Joint Task Force (MNJTF) against Boko Haram, https://www.africa-eu-partnership.org/en/projects/multinational-joint-task-force-mnjtf-against-boko-haram, Zugriff 17.4.2020

-        CFR - Council on Foreign Relations (2019): Nigeria Security Tracker, https://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 12.4.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020): Nigeria - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nigeria/geschichte-staat/, Zugriff 9.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (11.2018a): Country of Origin Information Report - Nigeria - Security Situation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001366/2018_EASO_COI_Nigeria_SecuritySituation.pdf, Zugriff 16.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance: Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 17.4.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019, Nigeria, https://freedomhouse.org/country/nigeria/freedom-world/2019, Zugriff 17.4.2020

-        HRW - Human Rigths Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2002184.html, Zugriff 11.4.2019

-        HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022679.html, Zugriff 17.4.2020

-        ICG - International Crisis Group (16.5.2019): Facing the Challenge of the Islamic State in West Africa Province, https://www.crisisgroup.org/africa/west-africa/nigeria/273-facing-challenge-islamic-state-west-africa-province, Zugriff 17.4.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (15.4.2020): Foreign Travel Advice – Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 16.4.2020

-        USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019: Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008195/Tier1_NIGERIA_2019.pdf, Zugriff 17.4.2020 USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2019164.html, Zugriff 17.4.2020

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.2.3. Justizsystem / Rechtsschutz

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch willkürliche bzw nach Rasse, Nationalität oä diskriminierende Strafverfolgung und Strafzumessungspraxis ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme, die sich nicht von Beschuldigungen freikaufen oder eine Freilassung auf Kaution oder sich einen Rechtsbeistand leisten können, benachteiligt. Elementare prozessuale Rechte (Unschuldsvermutung, zeitnahe Information über Anklagepunkte, Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, Recht auf einen Anwalt und auf ausreichende Vorbereitung der Verteidigung, Verbot der Selbstbezichtigung, Fragerecht usw) sind gesetzlich vorgesehen, werden aber mitunter nicht gewährleistet. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. Im Allgemeinen hat der nigerianische Staat Schritte unternommen, um ein Strafverfolgungssystem zu etablieren und zu betreiben, im Rahmen dessen Angriffe von nicht-staatlichen Akteuren bestraft werden. Er beweist damit in einem bestimmten Rahmen eine Schutzwilligkeit und -fähigkeit, die Effektivität ist aber durch einige signifikante Schwächen eingeschränkt. Effektiver Schutz ist in jenen Gebieten, wo es bewaffnete Konflikte gibt (ua Teile Nordostnigerias, des Middle Belt und des Nigerdeltas) teils nicht verfügbar. Dort ist auch für Frauen, Angehörige sexueller Minderheiten und Nicht-Indigene der Zugang zu Schutz teilweise eingeschränkt. In insgesamt zwölf mehrheitlich muslimisch besiedelten, nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet. Es gilt nur für Muslime. Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Nicht-Muslime haben aber jedenfalls das Recht auf ein Verfahren vor einem säkularen Gericht. Den rigorosen Strafandrohungen der Scharia stehen ebenso rigorose Beweisanforderungen gegenüber, sodass bei prozedural einwandfreien Scharia-Verfahren ein für eine Verurteilung ausreichender Zeugenbeweis oft nicht zu führen ist. In der Vergangenheit ist es aufgrund der Komplexität des auch für viele Richter zunächst noch neuen islamischen Beweisrechts insbesondere in der Eingangsinstanz oft zu mit Rechtsfehlern behafteten Urteilen gekommen. Dabei erregten Ermittlungen und Anklagen wegen sogenannter Hudud-Straftatbestände (z.B. außerehelicher Geschlechtsverkehr, Diebstahl, Straßenraub, Alkoholgenuss) in den letzten Jahren weit weniger öffentliche Aufmerksamkeit als noch in den ersten Jahren nach der Wiedereinführung des islamischen Strafrechts. Die Scharia-Berufungsgerichte wandeln konsistent Steinigungs- und Amputationsurteile in andere Strafen um. Im Jahr 2019 gab es keine Berichte über ausgeführte Prügelstrafen.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019): Nigeria - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205844http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 31.1.2020

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029575/country_report_2020_NGA.pdf, Zugriff 18.5.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

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-        USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (12.2019): Shariah Criminal Law in Northern Nigeria, Implementation of Expanded Shari’ah Penal and Criminal Procedure Codes in Kano, Sokoto, and Zamfara States, 2017–2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2024440/USCIRF_ShariahLawinNigeria_report_120919+v3R.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011098.html, Zugriff 15.4.2020

1.2.4. Sicherheitsbehörden, Haftbedingungen, Todesstrafe

Der (Bundes-)Polizei (National Police Force – NPF) obliegen die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben. Sie umfasst rund 360.000 Personen, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war 2019 gab es keine Berichte über Hinrichtungen, auch 2018 ist es zu keinen Exektutionen gekommen, allerdings wurden mindestens 46 Todesurteile verhängt. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AI - Amnesty International (8.4.2020): Human Rights in Africa: Review of 2019 - Nigeria

, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/nigeria-nigeria-2019#section-11669048, Zugriff 9.4.2020

-        AI - Amnesty International (10.4.2019): Death Sentences and Executions 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006174/ACT5098702019ENGLISH.PDF, Zugriff 9.4.2020

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029575/country_report_2020_NGA.pdf, Zugriff 18.5.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.2.5. Vigilantengruppen, Bürgerwehren, Hisbah

In verschiedenen Regionen des Landes haben sich bewaffnete Organisationen in Form von ethnischen Vigilantengruppen gebildet, z.B. der Odua People’s Congress (OPC) im Südwesten oder die Bakassi Boys im Südosten. Bei diesen Gruppen kann man sich gegen Zahlung eines Schutzgeldes „Sicherheit“ erkaufen. Die Polizei geht teilweise gegen diese Gruppen vor, teilweise arbeitet sie aber auch mit ihnen zusammen. Im Kampf gegen Boko Haram hat sich unter Federführung der Armee im Nordosten eine interethnische Vigilantengruppe – die Civilian Joint Task Force (CJTF) – herausgebildet, die eng mit dem Militär kooperiert und auch von der Regierung unterstützt wird. Vigilantengruppen verletzen durch Verhaftungen von Personen regelmäßig persönliche Freiheiten der Bürger. Aufgrund eines im September 2017 vereinbarten Aktionsplanes zur Unterbindung der Rekrutierung und Verwendung von Kindern kommt es nicht mehr zur Rekrutierung von Kindern und zur Reintegration von ehemaligen Kindersoldaten.

Zur Einhaltung von religiösen Vorschriften besteht in einigen Bundesstaaten die Hisbah-Polizei, welche in den Bundesstaaten Zamfara, Niger, Kaduna und Kano mit erweitertem Scharia-Geltungsbereich zur Rechtsdurchsetzung va bei Verkehrsdelikten und der Marktaufsicht ermächtigt sind. Hisbah verhaftet auch Straßenbettler und Prostituierte sowie beschlagnahmt und vernichtet Alkohol. Das Oberste Gericht hat Hisbah, die in Kano direkt vom Bundesstaat betrieben wurde, als verfassungswidrig bezeichnet und wurde daher umorganisiert.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029575/country_report_2020_NGA.pdf, Zugriff 18.5.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011098.html, Zugriff 15.4.2020

1.2.6. Folter, unmenschliche Behandlung

Folter und unmenschliche Behandlung sind verboten und stehen auch seit 2017 unter Strafe. Dennoch bestehen Vorwürfe gegen nigerianische Streitkräfte, schwerste Menschenrechtsverletzungen, wie Folter, willkürliche Verhaftungen und Tötungen zu begehen. Im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram und ISIS-WA im Nordosten des Landes kommt es bei Anti-Terror-Operationen durch Sicherheitskräfte zu Menschenrechtsverletzungen. Die Special Anti-Robbery Squad (SARS) geht brutal gegen Verdächtige vor und es kommt zu Folter, gezwungenen Geständnissen und Tötungen. Gesicherte Erkenntnisse über systematisches Verschwindenlassen unliebsamer Personen durch staatliche Organe liegen nicht vor, es bestehen aber diesbezügliche Vorwürfe, insbesondere gegenüber dem Inlandsgeheimdienst und gegen die im Norden des Landes agierenden Sicherheitskräfte der Joint Task Force. Willkürliche Verhaftungen sind gesetzlich verboten. Dennoch werden solche Praktiken, insbesondere im Kampf gegen Boko Haram praktiziert. Betroffene sind insbesondere auch Frauen, Kinder und Jugendliche, die festgehalten werden, weil sie im Verdacht stehen, mit Mitgliedern von Boko Haram verwandt zu sein. Boko Haram entführte andererseits viele Mädchen und Frauen, wobei bisweilen diese wieder freigelassen werden. Boko Haram setzt sie als Lastenträger sowie für Selbstmordattentate ein. Außerdem werden sie häufig sexuell missbraucht und an Mitglieder von Boko Haram zwangsverheiratet.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AI - Amnesty International (8.4.2020): Amnesty International Report 2019 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/nigeria-nigeria-2019#section-11669048, Zugriff 9.4.2020

-        AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425079.html, Zugriff 8.11.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029575/country_report_2020_NGA.pdf, Zugriff 18.5.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020): Nigeria - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nigeria/geschichte-staat/, Zugriff 9.4.2020

-        HRW - Human Rights Watch (10.9.2019): “They Didn’t Know if I Was Alive or Dead”, https://www.hrw.org/report/2019/09/10/they-didnt-know-if-i-was-alive-or-dead/military-detention-children-suspected-boko, Zugriff 9.4.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.2.7. Korruption

Auch wenn Korruption verboten ist, ist dieses Problem weit verbreitet. Eine effektive Umsetzung der Gesetze gegen die Korruption erfolgt nicht. Korruption betrifft alle Ebenen in den Behörden, der Justiz und bei den Sicherheitskräften. Die Korruptionsbekämpfung ist seit 1999 wenig erfolgreich. Die Independent Corrupt Practices and Other Related Offenses Commission (ICPC) hält ein breites Mandat bezüglich der Verfolgung fast aller Formen von Korruption, während die Economic and Financial Crimes Commission (EFCC) auf Finanzdelikte beschränkt ist. Obwohl die Bemühungen der EFCC und der ICPC sich auf Regierungsbeamte mit niedrigem und mittlerem Rang konzentrieren, haben beide Organisationen mit Ermittlungen und Anklagen gegen verschiedene hochrangige Regierungsbeamte begonnen.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019): Nigeria: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/innenpolitik/205844, Zugriff 9.4.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 9.4.2020

-        TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/country/NGA, Zugriff 9.4.2020

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.2.8. Menschenrechtssituation, Opposition, Unabhängigkeitsbewegungen

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders „Radio Biafra“ im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll. Zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden Truppen entsandt und die IPOB zur terroristischen Organisation erklärt und – wie auch die schiitische Islamische Bewegung Nigerias (IMN), die im Juli 2019 zur illegalen Organisation erklärt wurde – verboten. Die Polizei geht gegen Mitglieder der IPOB und der IMN mittels Inhaftierungen vor. Die Sicherheitskräfte nahmen im Verlauf des Jahres 2019 mindestens 200 Mitglieder und Unterstützer der IPOB fest, zehn Personen wurden getötet. In Abia wurden mutmaßliche IPOB-Mitglieder etwa wegen Mordes, Brandstiftung und anderen Verbrechen verhaftet. Seither hat es seitens IPOB und MASSOB nur noch vereinzelt Versuche gegeben, in der Öffentlichkeit für die (verfassungswidrige) Unabhängigkeit eines fiktiven Staates „Biafra“ zu werben. Diese wurden von den nigerianischen Sicherheitsbehörden regelmäßig unterbunden. Insgesamt können diese Bewegungen als relativ unbedeutende Randgruppen angesehen werden. Auch wenn der IPOB Führer Nnamdi Kanu vom Ausland aus für die Biafra Bewegung agiert, ist in Nigeria selbst IPOB derzeit nicht mehr aktiv.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019a): Nigeria - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205844http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 31.1.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019c): Nigeria: Kultur und Bildung, Medien, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/kultur/205846, Zugriff 14.4.2020

-        AFP - Agence France Presse (17.2.2019): Pro-Biafran group calls off Nigeria election boycott, https://www.news24.com/Africa/News/pro-biafran-group-calls-off-nigeria-election-boycott-20190216, Zugriff 14.4.2020

-        AI - Amnesty International (8.4.2020): Amnesty Report, Nigeria 2019, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/nigeria-nigeria-2019#section-11669045, Zugriff 14.4.2020

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.4.2019): Briefing Notes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006127/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_01.04.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 14.4.2020

-        BBC News (22.10.2018): Nnamdi Kanu, Nigerian separatist leader, resurfaces in Israel, https://www.bbc.com/news/world-africa-45938456, Zugriff 14.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance: Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 14.4.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 9.4.2020

-        HRW - Human Rigths Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2002184.html, Zugriff 14.4.2020

-        HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022679.html, Zugriff 14.4.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        RoG - Reporter ohne Grenzen (2019): World Press Freedom Index, Nigeria, https://rsf.org/en/nigeria, Zugriff 14.4.2020

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.2.9. Religionsfreiheit, religiöse Gruppen, Kulte

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 % bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen („Juju“); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet. Das Secret Cult and Similar Activities Prohibition Gesetz aus dem Jahr 2004 verbietet ca. 100 „Kulte“, darunter kriminelle Banden sowie: spirituell und politisch motivierte Gruppen auf der Suche nach Macht und Kontrolle.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (25.4.2019): Anfragebeantwortung zu Nigeria: Informationen zu Juju (Organisation und Netzwerke) [a-10976-1], https://www.ecoi.net/de/dokument/2007894.html, Zugriff 15.4.2020

-        CIA - Central intelligence Agency (17.3.2020): The World Fact Book, Nigeria, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ni.html, Zugriff 9.4.2020

-        DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (9.3.2018): DFAT Country Information Report Nigeria, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-nigeria.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance: Nigeria; Guidance note and common analysis, https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (11.2018b): Country of Origin Information Report - Nigeria - Targeting of individuals, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001375/2018_EASO_COI_Nigeria_TargetingIndividuals.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants: Assessing Conflict in Nigeria, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Nigeria – Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 15.4.2020

-        IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (3.12.2012): The Black Axe confraternity, also known as the Neo-Black Movement of Africa, including their rituals, oaths of secrecy, and use of symbols or particular signs; whether they use force to recruit individuals (2009-November 2012), http://www.refworld.org/docid/50ebf7a82.htmlhttp://www.refworld.org/docid/50ebf7a82.html, Zugriff 15.4.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        OD - Open Doors (2020): Länderprofil Nigeria, Berichtszeitraum: 1. November 2018 – 31. Oktober 2019, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/nigeria, Zugriff 15.4.2020

-        UKHO - United Kingdom Home Office (12.2013): Operational Guidance Note - Nigeria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1387367781_nigeria-ogn.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        UKHO - United Kingdom Home Office (1.2013): Operational Guidance Note - Nigeria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359554590_nigeriaogn.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance, Nigeria: Background information, including actors of protection and internal relocation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1471849541_cig-nigeria-background-v2-0-august-2016.pdf, Zugriff 15.4.2020

- USCIRF –-U.S. Commission on International Religous Freedom (4.2020): USCIRF–Recommended for Countries of particular concern (CPC), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028970/Nigeria.pdf, Zugriff 4.2020

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011098.html, Zugriff 15.4.2020

-        VA1 - Vertrauensanwalt 1 der Österreichischen Botschaft Abuja (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

-        VA2 - Vertrauensanwalt 2 der Österreichischen Botschaft Abuja (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

1.2.10 Ethnische Minderheiten

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.2.11. Meldewesen, innerstaatliche Fluchtalternativen

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Es bestehen daher innerstaatliche Fluchtalternati

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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