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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision des H K in G, vertreten durch Mag. Franz Eckl, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Bahnhofstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 5. September 2020, Zl. LVwG-S-2855/001-2019, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zwettl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 5. September 2020 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, es am 3. Juli 2018 als Waldeigentümer des Grundstückes Nr. 213, KG Bromberg, unterlassen zu haben, in geeigneter, zumutbarer Weise Forstschädlinge, die sich bereits in gefahrdrohender Weise vermehrt hätten, und zwar Buchdrucker auf stehendem Nadelholz (Fichte) im Ausmaß von ca. 120 fm, insofern wirksam zu bekämpfen, als das Schadholz nicht aufgearbeitet und aus dem Wald verbracht worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 44 Abs. 1 lit. b iVm § 174 Abs. 1 lit. a Z 18 Forstgesetz 1975 (ForstG) begangen, weshalb über ihn gemäß § 174 Abs. 1 Z 1 ForstG eine Geldstrafe in der Höhe von € 750,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 27.2.2020, Ra 2019/10/0121; 26.9.2019, Ra 2018/10/0074).
6 Die vorliegende außerordentliche Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung geltend, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach es bei einem Dauerdelikt zur Feststellung der Identität der Tat erforderlich sei, Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch anzuführen (Verweis auf VwGH 28.6.2016, Ra 2016/10/0048; 20.5.2010, 2008/07/0162, VwSlg. 17903 A). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes könne „durch die Anführung der Grundstücksnummer neben dem Tatzeitpunkt, sohin dem vorgeworfenen 13.08.2018 [gemeint offenbar: 3. Juli 2018] gerade eine Doppelbestrafung nicht ausgeschlossen“ werden.
7 Dem ist zu erwidern, dass es - wie in der Revision zutreffend ausgeführt wird - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einem Dauerdelikt zur Feststellung der Identität der Tat erforderlich ist, Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch anzuführen (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/07/0094; 22.6.2011, 2009/04/0152; 20.5.2010, 2008/07/0162, VwSlg. 17903 A). Allerdings ist - was vom Revisionswerber übersehen wird - nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Dauerdelikten die Festlegung der Tatzeit mit jenem Zeitpunkt, zu dem die Tat entdeckt wurde (hier: mit dem Datum der Feststellung der Tat im Zuge der Forstaufsicht), nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.10.2015, Ra 2015/07/0097, mit Verweis auf VwGH 22.6.2011, 2009/04/0152; 16.9.2010, 2010/09/0149; 31.7.2009, 2006/10/0027; 2.9.2008, 2007/10/0038; 4.9.1992, 89/17/0197, VwSlg. 13692 A; siehe auch VwGH 31.1.2019, Ra 2018/15/0068; 30.10.2018, Ra 2018/16/0155; 14.10.2015, Ro 2014/04/0058; vgl. weiters die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 zu § 44a VStG, E 337, zitierte ältere hg. Judikatur). Das Verwaltungsgericht, das sich auf diese Judikatur stützt, ist demnach nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
8 Mit Blick auf die vom Revisionswerber angesprochene Frage der Doppelbestrafung ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen hat, dass sowohl ein tatsächlich früherer Beginn als auch eine tatsächlich spätere Beendigung des dem Betreffenden mit dem behördlichen Straferkenntnis angelasteten strafbaren Verhaltens nicht dazu führen könnten, dass der Betreffende wegen desselben Dauerdeliktes noch einmal bestraft werden könnte. Durch die behördliche Bescheiderlassung ist das darin umschriebene Dauerdelikt bis zu diesem Zeitpunkt verfolgt; einer neuerlichen Verfolgung wegen desselben Dauerdelikts für die Zeit bis zur Erlassung des behördlichen Straferkenntnisses könnte somit - vorausgesetzt, dass es sich hinsichtlich aller anderen Sachverhaltselemente um dasselbe strafbare Verhalten vor oder nach dem dem Betreffenden bescheidmäßig vorgeworfenen Tatzeitraum handelt - mit Erfolg diese bereits vorgenommene verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung entgegengehalten werden (siehe nochmals VwGH 22.6.2011, 2009/04/0152, mwN; vgl. zur „Erfassungswirkung“ bei Dauerdelikten auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 zu § 22 VStG, E 349 ff, zitierte hg. Judikatur).
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Dezember 2020
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit DauerdeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100164.L00Im RIS seit
22.02.2021Zuletzt aktualisiert am
22.02.2021