TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/5 VGW-152/080/4247/2020, VGW-152/080/4249/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.01.2021
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Entscheidungsdatum

05.01.2021

Index

41/02 Staatsbürgerschaft
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6
StbG 1985 §10 Abs1 Z7
StbG 1985 §10 Abs5
ASVG §293 Abs1
ASVG §252 Abs1 Z4
VwGVG 2014 §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Stojic über die Säumnisbeschwerden 1. des mj. A. B. (geb.: 2008, StA.: Gambia), 2. des mj. C. B. (geb.: 2006, StA.: Gambia), beide vertreten durch den gesetzlichen Vertreter, Herrn D. B., betreffend die Verfahren der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, 1. Zl. MA35/IV - B 1/19 und 2. Zl. MA35/IV - B 2/19 hinsichtlich der Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 8 VwGVG werden die Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom 06.03.2019 gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 iVm Abs. 5 StbG 1985 idgF. abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

Die minderjährigen Beschwerdeführer haben am 06.03.2019, vertreten durch den Kindesvater D. B., geboren 1970 Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt.

Die Anträge blieben länger als 6 Monate unerledigt.

Der Kindesvater brachte als gesetzlicher Vertreter die Säumnisbeschwerden vom 02.03.2020 am 04.03.2020 bei der belangten Behörde ein.

Diese verzichtete auf Nachholung des Bescheides und legte die Beschwerden samt den zugehörigen verwaltungsbehördlichen Akten dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

Die Beschwerden der beiden minderjährigen Beschwerdeführer wurden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zu einer Verhandlung und Erledigung verbunden.

Das Verwaltungsgericht führte am 15.12.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch zu welcher der Kindesvater als gesetzlicher Vertreter und Zeuge sowie eine Behördenvertreterin erschienen sind.

Befragt zu den persönlichen Lebensverhältnissen gab der Kindesvater unter Wahrheitserinnerung an, dass die mj. Beschwerdeführer bis Dezember 2018 mit der Mutter E. B. und zwei weiteren minderjährigen Geschwistern im gemeinsamen Haushalt in Gambia gelebt hätten. Seit Jänner 2019 lebten sie mit ihm und seiner Ehegattin F. G. in Wien im gemeinsamen Haushalt. Die Lebenserhaltungskosten würden geteilt werden. Seit dem Zuzug der Kinder beteilige er sich mit monatlich € 200,00 an den Wohnungskosten, davor habe er die Hälfte der Wohnungsmiete bezahlt. Sein Sohn H. B. habe im Zeitraum 2016 bis 2019 im gemeinsamen Haushalt gewohnt. Seit dem Zuzug der Beschwerdeführer habe er den Haushalt verlassen. Er habe nach seinem Zuzug nach Österreich im Jahr 2015 etwa ein Jahr lang seinen Lebensunterhalt finanziert, danach habe H. Studienbeihilfe und Familienbeihilfe direkt auf sein Konto erhalten und sei sein Lebensunterhalt so gesichert gewesen.

Der Lebensunterhalt der Beschwerdeführer sei bis 2019 ausschließlich durch Einkünfte in Gambia finanziert worden. Aus der Vermietung mehrerer Liegenschaften (Wohnhäuser) erhielten er insgesamt € 4.750,00 jährlich; weiters betreibe er und die Kindesmutter ein Taxigewerbe mit zwei Taxis. Die Erlöse würden etwa € 30,00 pro Tag betragen, wobei es auch freie Tage etc. gebe, sohin würden die Erlöse maximal etwa € 700,00 bis 800,00 monatlich ausmachen. Dieses Geld verbliebe der Familie in Gambia für ihren Lebensunterhalt.

Der Genannte legte ladungsgemäß zum Nachweis seiner Einkünfte in Gambia diverse Unterlagen (in englischer Sprache) vor. Auf Vorhalt, dass die Nachweise konkret aussagekräftig sein müssten um eine monatliche/jährliche Berechnung des gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG zu ermöglichen, verwies der Kindesvater wiederholt darauf, dass es sich um offizielle Bankunterlagen und sonstige Nachweise handle. Das Eigentum betreffend die Immobilien könne auch von der österreichischen Botschaft nachgeprüft werden. Der Lebensunterhalt der Kinder sei bis zu ihrer Einreise nach Österreich im Jänner 2019 jedenfalls gesichert gewesen. Weitere Nachweise könne er dazu nicht beibringen.

Der Behördenvertreterin wurden die vorgelegten Einkommensnachweise zur Einsicht übergeben. Sie hatte die Möglichkeit Fragen an den gesetzlichen Vertreter/Zeugen zu stellen.

Der Letztgenannte verzichtete auf eine mündliche Verkündung und erklärte sich nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit einer schriftlichen Erledigung einverstanden.

Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird festgestellt:

Die minderjährigen Beschwerdeführer A. B., geboren 2008 und C. B., geboren 2006 sind gambische Staatsangehörige. Sie sind die leiblichen Kinder des D. B., geboren 1970 und der E. B., gambische Staatsangehörige. Die Kindeseltern wurden nach islamischen Recht in der Moschee verheiratet, die Ehe wurde jedoch nicht eingetragen.

Mit Gerichtsbeschluss aus Gambia vom 16.04.2018 wurde dem Kindesvater mit Zustimmung der Mutter die Obsorge über die minderjährigen Beschwerdeführer rechtsgültig übertragen.

Die genannten Kindeseltern haben gemeinsam insgesamt fünf Kinder, und zwar die beiden minderjährigen Beschwerdeführer, H. B., geboren 1994, welcher seit 2015 in Österreich lebt, J. B., geboren 2010 und K. B., geboren 2016. Die beiden Letztgenannten leben nach wie vor mit ihrer Mutter im gemeinsamen Haushalt in Gambia.

Dem Erstbeschwerdeführer A. B. wurde am 05.09.2018 erstmals ein Aufenthaltstitel Familienangehöriger gültig bis 05.09.2019 erteilt und in weiterer Folge verlängert. Der Zweitbeschwerdeführer C. B. erhielt ebenfalls einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger in denselben Zeiträumen. Die beiden sind seit 24.01.2019 im Bundesgebiet gemeldet und aufhältig und besuchen die Schule.

Dem Kindesvater wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung … mit Wirkung vom 30.09.2014 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Er ist seit 01.02.2006 mit der österreichischen Staatsbürgerin F. G. verheiratet mit welcher er im gemeinsamen Haushalt lebt.

Eine Wideraufnahme des Staatsbürgerschaftsverfahrens des Kindesvaters ist nicht erfolgt und auch nicht beabsichtigt (Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27.11.2019, eingelangt bei der belangten Behörde am 07.01.2020) Ein Ermittlungsverfahren wegen bigamischer Ehe wurde bei der Staatsanwaltschaft mangels Anfangsverdacht (§ 1 Abs. 3 StPO) nicht eingeleitet (Beschluss vom 29.11.2019 zu Zl. …).

Der Lebensunterhalt der Kindesmutter E. B. und der mj. Kinder in Gambia wurde bis zu ihrem Zuzug nach Österreich im Jänner 2019 laut Angabe durch Einkünfte in Gambia finanziert. Der Kindesvater sandte keine weiteren Geldmittel nach Gambia. Die tatsächlichen regelmäßigen Nettoeinkünfte in Gambia im Zeitraum 2016 bis 2019 konnte der Kindesvater nicht durch objektiv nachvollziehbare Nachweise belegen, sodass eine Berechnung anhand von Belegen nicht möglich war.

Folgt man den Angaben des Kindesvaters standen der ganzen Familie (Kindesmutter und drei bzw. vier Kinder) in Gambia im Zeitraum März 2016 bis Dezember 2018 etwa € 1.145,84 monatlich, insgesamt € 38.958,56 zur Verfügung. Für die mj. Beschwerdeführer verbliebe rechnerisch maximal ein Anteil von etwa € 16.385,35.

Der Kindesvater war im Zeitraum von Juli 2011 bis April 2020 im Bundesgebiet unselbstständig erwerbstätig und erwirtschaftete in 36 Monaten vor der Antragstellung Nettoeinkünfte von insgesamt € 49.468,07. Als regelmäßige Aufwendungen wurde die Hälfte der Wohnungsmiete iHv. € 463,09 und ab Jänner 2019 ein Betrag iHv. € 200,00 monatlich berücksichtigt. Auch die Ehegattin (Stiefmutter) war durchgehend erwerbstätig. Das Haushaltseinkommen der Eheleute betrug im Zeitraum März 2016 bis Februar 2019 gesamt € 127.001,68.

Der Zweitbeschwerdeführer wurde wegen versuchten Ladendiebstahls gemäß § 127 StGB angezeigt, da er am 07.01.2020 … in einem Sportgeschäft und in einem Bekleidungsgeschäft einige Bekleidungsstücke von insgesamt geringem Wert mitgenommen hat, ohne diese zu bezahlen. Die Waren wurden nicht beschädigt und konnten im Geschäft verbleiben. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Wien am 20.01.2020 gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, da der Zweitbeschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt noch nicht strafmündig war.

Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis aufgenommen durch: Einsichtnahme in die verwaltungsbehördlichen Akten zu Zlen. MA 35/IV – B 1/2019 und B 2/2019, Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt des D. B. zu Zl. MA 35/IV – B 3/2019, Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, Einsichtnahme in den Versicherungsdatenauszug zu den beiden Beschwerdeführern; weiters Einsichtnahme in das österreichische Strafregister und Einholung einer Auskunft der Landespolizeidirektion Wien zum Zweitbeschwerdeführer (C. B.). Akt der Staatsanwaltschaft Wien zu Zl. … wurde eingesehen.

Es wurden die in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2020 vorgelegten Unterlagen und Nachweise und das Vorbringen des auch als Zeugen einvernommenen gesetzlichen Vertreters gewürdigt.

Die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich insoweit unstrittig aus den verwaltungsbehördlichen Akten, aus den vom Verwaltungsgericht durchgeführten Erhebungen und Abfragen in den Datenbanken und Registern, weiters aus dem glaubhaften Angaben des Kindesvaters in der mündlichen Verhandlung.

Das Nettoeinkommen des Kindesvaters bzw. das Haushaltseinkommen (einschließlich der Einkünfte der Ehegattin) ergibt sich aufgrund der aktenkundigen Einkommenssteuerbescheide und Lohnzetteln und der in Abzug zu bringenden Wohnungsmiete von € 926,17.

Zum Nachweis der in Gambia vorhandenen Existenzmittel wurden diverse Unterlagen in Kopie in englischer Sprache vorgelegt. Im Einzelnen eine Bankbestätigung der L. Bank Gambia Ltd vom 21.07.2020 gerichtet an die Kontoinhaberin Frau E. B., wonach ein Betrag von 550.000,00 GMD, umgerechnet € 8.661,27 für ein Jahr bis 14.07.2021 auf einem verzinsten Sparkonto angelegt wurde. Eine weitere Bankbestätigung der M. Bank Ltd vom 08.07.2020, wonach die Letztgenannte einen Betrag von 1.000.000,00, umgerechnet € 15.747,80 bis 07.07.2021 angelegt hat; weiters eine Besitzurkunde über eine Immobilie des D. B., Rechnungen für Wasser- und Stromkosten, eine Registrierung eines Kraftfahrzeuges zur gewerblichen Nutzung auf Frau E. B. am 15.07.2019, eine weitere KfZ-Registrierung aus dem Jahr 2018 (genaues Datum nicht leserlich). KfZ-Versicherungsbestätigungen vom 15.07.2019, 05.03.2020 und 09.09.2020, Bestätigungen über die Anmeldung zur Begleichung der Steuer bis 31.12.2018 für ein zu gewerblichen Zwecken registrierte Kraftfahrzeug, Zahlungsbestätigungen, Urkunde über den Antrag auf Eigentumsübertragung und Eintrag einer Immobilie an Herrn D. B. vom 11.02.1999, Antrag auf Wasserzuleitung zu Liegenschaften vom 03.12.2002, 11.11.2003 von Herr D. B., Wasser- und Stromrechnungen, Steuervorschreibungen für das Jahr 2002, Bestätigungen über die Begleichung von Steuern am 16.07.2019 und 13.03.2020 sowie eine Genehmigung zur Übertragung eines Pachtgrundstückes an Herrn D. B. vom 22.08.2011.

Die vorgelegten Kopien waren teilweise nur eingeschränkt leserlich und aufgrund der kursorischen Adressbezeichnungen und der grammatikalischen und didaktischen Ausdrucksweise teilweise schwierig nachzuvollziehen. Aus den vorgelegten Nachweisen lassen sich, aufgrund des insoweit verständlichen Inhalts in englischer Sprache jedenfalls nicht die tatsächlichen Einkünfte aus Vermietung sowie aus dem Taxigewerbe für den maßgeblichen Berechnungszeitraum März 2016 bis Dezember 2018 ableiten oder errechnen, zumal beispielsweise weder Mietverträge, Einnahmebestätigungen, Einkommenssteuererklärungen noch Steuervorschreibungen, Steuerbescheide oder dem vergleichbare Unterlagen ersichtlich sind, aus denen sich monatliche oder jährliche Einkünfte der Frau E. B. und/oder des Herrn D. B. für den Zeitraum 2016 bis 2018 ableiten ließen. Die vorgelegten Nachweise lassen zwar darauf schließen, dass Herr D. B. Eigentümer bzw. Pächter von mehreren Liegenschaften in Gambia ist und mehrere Kraftfahrzeuge (zur gewerblichen Nutzung) auf Frau E. B. registriert wurden, jedoch lassen sich daraus weder die angegeben (jährlichen) Mieteinnahmen, noch die angegeben (monatlichen) Einkünfte aus dem Betrieb von zwei Taxis konkret belegen.

Da der Kindesvater laut eigenen Angaben den mj. Beschwerdeführern andere Geldzuwendungen, etwa aus seinen Erwerbseinkünften in Österreich nicht zukommen hat lassen, kommen lediglich die angegebenen Unterhaltsleistungen in Betracht. Dabei erscheinen insbesondere die angegebenen Nettoeinkünfte aus dem Taxigewerbe iHv. € 700,00 bis € 800,00 monatlich im Verhältnis zu den angegeben monatlichen Mieteinnahmen (von mehreren Liegenschaften) iHv. € 394,85 monatlich (€ 4.750,00/12) unverhältnismäßig hoch. Weitere aussagekräftige Nachweise konnte der Kindesvater auch auf nochmalige Nachfrage nicht erbringen, sodass gesicherte Unterhaltszahlungen in der angegebenen Höhe letztlich nicht anhand von objektiven Nachweisen festgestellt werden konnten. Insbesondere erscheint es für das Verwaltungsgericht nicht ohne Weiteres gesichert, dass die Beteiligten über nahezu drei Jahre gleichbleibend verhältnismäßig hohe Einkünfte erzielen konnten, zumal weder eine durchgehende Vermietung der Liegenschaften zu gleichbleibenden Konditionen, noch eine regelmäßige Auslastung der Taxis tatsächlich glaubhaft gemacht wurden. Dass es der Kindesmutter laut den vorgelegten Bankbestätigungen möglich war gewisse Geldsummen, in einem nicht näher konkretisierten Zeitraum anzusparen und diese mit Zinsgewinn für die Zukunft anzulegen, sagt noch nichts über die regelmäßigen Einkünfte im maßgeblichen Zeitraum aus.

Folgt man den zeugenschaftlichen Angaben des Kindesvaters standen der Kindesmutter und vier minderjährigen Kindern rechnerisch etwa € 38.958,56 in 34 Monaten zur Verfügung [(€ 750,00x12) + (395,84x12) x 34]. Dass die Kindesmutter über weitere eigene substanzielle Geldmittel verfügt, hat der Kindesvater und Zeuge auch auf Nachfrage nicht angegeben. Die beiden mj. Beschwerdeführer können sohin maximal einen Anteil von (2/4) bis September 2016 und (2/5) ab Oktober 2016 sich zurechnen lassen, dies entspricht etwa € 16.385,35.

Dass die angegeben finanziellen Mittel ausschließlich den Beschwerdeführern zugeflossen seien wurde nicht vorgebracht und erscheint im Hinblick auf das junge Alter der Kinder und die bekannt schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse (Gambia zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, das BIP betrug 2018 USD 729/Einwohner) in Gambia nicht realistisch.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Rechtsgrundlagen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der geltenden Fassung lauten (auszugsweise):

„Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

         1.       er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

         2.       er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;

         3.       er nicht durch ein inländisches Gericht wegen eines Finanzvergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist;

         4.       gegen ihn nicht wegen des Verdachtes einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat oder eines mit Freiheitsstrafe bedrohten Finanzvergehens bei einem inländischen Gericht ein Strafverfahren anhängig ist;

         5.       durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft die internationalen Beziehungen der Republik Österreich nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

         6.       er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet;

         7.       sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder der Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann und

         8.       er nicht mit fremden Staaten in solchen Beziehungen steht, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft die Interessen der Republik schädigen würde.

(1a) Eine gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie in Strafregisterauskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf. Eine gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt vor, wenn sie wegen einer Jugendstraftat erfolgt.

(1b) Nicht zu vertreten hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensunterhalt insbesondere dann, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

(2) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden nicht verliehen werden, wenn

         1.       bestimmte Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 Z 2, 3, 5, 8, 9 und Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, vorliegen; § 53 Abs. 5 FPG gilt;

         2.       er mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt, insbesondere wegen § 99 Abs. 1 bis 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, wegen § 37 Abs. 3 oder 4 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, § 366 Abs. 1 Z 1 i.V.m. Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, wegen §§ 81 bis 83 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, oder wegen einer schwerwiegenden Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes 2005, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, des Grenzkontrollgesetzes (GrekoG), BGBl. Nr. 435/1996, oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, rechtskräftig bestraft worden ist; § 55 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, gilt;

         3.       gegen ihn ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung anhängig ist;

         4.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

         5.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

         6.       gegen ihn das mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG einhergehende Einreiseverbot weiterhin aufrecht ist oder gegen ihn in den letzten 18 Monaten eine Ausweisung gemäß § 66 FPG rechtskräftig erlassen wurde oder

         7.       er ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

(3) Einem Fremden, der eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, darf die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden, wenn er

         1.       die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen unterläßt, obwohl ihm diese möglich und zumutbar sind oder

         2.       auf Grund seines Antrages oder auf andere Weise absichtlich die Beibehaltung seiner bisherigen Staatsangehörigkeit erwirkt.

(4) bis (7) […]

§ 10a. (1) Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft ist weiters der Nachweis

         1.       über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, und

         2.       von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung und die sich daraus ableitbaren Grundprinzipien sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes.

(2) Ausgenommen von den Nachweisen nach Abs. 1 sind:

         1.       Fälle der §§ 10 Abs. 4 und 6, 11a Abs. 2, 13, 57, 58c sowie 59;

         2.       Fremde, die zum Zeitpunkt der Antragstellung unmündige Minderjährige sind;

         3.       Fremden, denen auf Grund ihres physisch oder psychisch dauerhaft schlechten Gesundheitszustandes, insbesondere auch auf Grund von Sprach- oder Hörbehinderungen, die Erbringung der Nachweise nicht möglich ist und dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wird.

         4.       andere, nicht nur allein auf Grund ihres Alters selbst nicht handlungsfähige Fremde.

(3) […]

§ 12. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

         1.       nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft (§§ 32 bis 34) oder des Verzichts auf die Staatsbürgerschaft (§ 37) Fremder ist und entweder

         a)       seit mindestens 30 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat oder

         b)       seit mindestens 15 Jahren seinen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nachweist;

         2.       die Staatsbürgerschaft zu einer Zeit, da er nicht voll handlungsfähig war, auf andere Weise als durch Entziehung nach §§ 32 oder 33 verloren hat, seither Fremder ist, sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und die Verleihung der Staatsbürgerschaft binnen zwei Jahren nach Erlangung der vollen Handlungsfähigkeit beantragt oder

         3.       die Staatsbürgerschaft nach § 17 durch Erstreckung der Verleihung nur deshalb nicht erwerben kann, weil der hierfür maßgebliche Elternteil (Wahlelternteil) bereits Staatsbürger ist und die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Z 2 vorliegen. Vom Erfordernis der Niederlassung nach § 16 Abs. 1 Z 2 lit. a ist abzusehen, wenn der maßgebliche Elternteil (Wahlelternteil) nachweislich den Mittelpunkt der Lebensinteressen und seinen ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens zwölf Monaten im Ausland hat.

(2) Einem unmündigen minderjährigen Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 5 und 6 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

         1.       dieser zum Zeitpunkt der Antragstellung rechtmäßig niedergelassen war (§ 2 Abs. 2 NAG),

         2.       dessen Vater zum Zeitpunkt der Geburt Staatsbürger ist,

         3.       dessen Vater die Vaterschaft gemäß § 144 Abs. 1 Z 2 ABGB anerkannt hat oder diese gemäß § 144 Abs. 1 Z 3 ABGB festgestellt wurde, und

         4.       ein Fall des § 7 nicht vorliegt.

Vom Erfordernis der Niederlassung gemäß Z 1 ist abzusehen, wenn der Vater nachweislich den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und seinen ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens zwölf Monaten im Ausland hat.“

§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz,  zuletzt geändert durch , in Geltung vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 lautet [(auszugsweise), der Anpassungsfaktor wurde berücksichtigt]:

Richtsätze

§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

         a)       für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

         aa)      wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1048,57 € (Anm. 1),

         bb)      wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist 933,06 € (Anm. 2),

         cc)      wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und die pensionsberechtigte Person mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben hat 1048,57 €

b)       für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259   933,06 €,

         c)       für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

         aa)      bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres  343,19 € falls beide Elternteile verstorben sind 515,30 €

         bb)      nach Vollendung des 24. Lebensjahres 609,85 € falls beide Elternteile verstorben sind 933,06 €

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 143,97 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) […]“.

§ 252 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 (ASVG) in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2014 lautet:

"Kinder

§ 252. (1) Als Kinder gelten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr:

1.       die Kinder und die Wahlkinder der versicherten Person;

(Anm.: Z 2 und 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 86/2013)

4.       die Stiefkinder;

5.       die Enkel.

Die in Z 4 und 5 genannten Personen gelten nur dann als Kinder, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben, die in Z 5 genannten Personen überdies nur dann, wenn sie gegenüber dem Versicherten im Sinne des § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind und sie und der Versicherte ihren Wohnsitz im Inland haben. Die ständige Hausgemeinschaft besteht weiter, wenn sich das Kind nur vorübergehend oder wegen schulmäßiger (beruflicher) Ausbildung oder zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält; das gleiche gilt, wenn sich das Kind auf Veranlassung des Versicherten und überwiegend auf dessen Kosten oder auf Anordnung der Jugendfürsorge oder des Pflegschaftsgerichtes in Obsorge eines Dritten befindet.

(2) […]“.

Rechtliche Beurteilung:

1. Zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Die Verzögerung der Entscheidung ist dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (VwGH 28.1.1992, 91/04/0125 u.a.). Ein „Verschulden“ der Partei ist dann anzunehmen, wenn die Gründe für die Verzögerung in ihrer Person liegen (vgl. VwGH, 18.11.2003, 2003/05/0115). Ihr Verhalten muss für die Verzögerung kausal und zusätzlich schuldhaft sein (VwGH 12.4.2005, 2005/01/0003). Ist die Säumnis sowohl durch ein Versäumnis der Behörde wie auch durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei verursacht, ist abzuwägen, wem die Verzögerung überwiegend anzulasten ist.

Die belangte Behörde hat die Anträge unstrittig innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist bis 06.09.2019 nicht durch Erlassung von Bescheiden erledigt.

Die belangte Behörde war zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerden etwa fünf Monate säumig. Auch der Umstand, dass auf Anregung der belangten Behörde eine mögliche Wiederaufnahme des Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahrens des Kindesvaters D. B. seitens der zuständigen Niederösterreichischen Landesregierung geprüft wurde, stellt kein unüberwindliches Hindernis für die Erledigung dar. Die Anregung erfolgte am 24.10.2019, die Rückantwort am 29.12.2019. Im Übrigen vertritt das Verwaltungsgericht die Ansicht, dass eine seitens der belangten Behörde angeregte Wiederaufnahme des Staatsbürgerschaftsverfahrens des Kindesvaters keine Vorfrage iSd § 38 AVG für das Verleihungsverfahren der Beschwerdeführer darstellt. Die mit Wirkung vom 30.09.2014 aufrechte und zwischenzeitlich nicht (ex tunc) beseitigte österreichische Staatsbürgerschaft des Kindesvaters D. B. stellt bis zur Rechtskraft einer etwaigen anderslautenden Entscheidung einen bindenden Tatbestand dar (vgl. VwGH 11.5.2009, 2008/18/0301 u.a.)

Die Säumnisbeschwerden sind sohin zulässig und berechtigt.

Geht – infolge einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde nach Vorlage derselben oder Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs. 1 VwGVG – die Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht über, hat es allein in der Verwaltungssache zu entscheiden (VwGH 27.5.2015, Ra 2015/19/0075).

II. In der Sache:

Für die mj. Beschwerdeführer, die sich seit 2019 im Bundesgebiet aufhalten kommt der Verleihungstatbestand gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 StbG in Betracht.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 StbG ist einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er die Staatsbürgerschaft nach § 17 durch Erstreckung der Verleihung nur deshalb nicht erwerben kann, weil der hierfür maßgebliche Elternteil (Wahlelternteil) bereits Staatsbürger ist und die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Z 2 vorliegen. Vom Erfordernis der Niederlassung nach § 16 Abs. 1 Z 2 lit. a ist abzusehen, wenn der maßgebliche Elternteil (Wahlelternteil) nachweislich den Mittelpunkt der Lebensinteressen und seinen ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens zwölf Monaten im Ausland hat.

Die Beschwerdeführer verfügten im Zeitpunkt der Antragstellung am 06.03.2019 über einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger, welcher zur Niederlassung berechtigt (§ 16 Abs. 1 Z 2 StbG).

Der Kindesvater ist seit 30.09.2014 österreichischer Staatsbürger. Ein Verlust ist nicht eingetreten. Da dem Letztgenannten die Obsorge und gesetzliche Vertretung durch Gerichtsbeschluss übertragen wurde wurden die Staatsbürgerschaftsanträge rechtskonform eingebracht.

Die zum Zeitpunkt der Antragstellung noch unmündigen Beschwerdeführer waren von der Erbringung von Nachweisen gemäß § 10a Abs. 1 StbG gemäß § 10a Abs. 2 Z 2 StbG ausgenommen.

Dier Beschwerdeführer sind unbescholten. Ein näheres Eingehen auf die Vormerkung des Zweitbeschwerdeführers wegen Ladendiebstahls erübrigt sich aus nachstehen Gründen.

Zwingende Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist ein gesicherter Lebensunterhalt gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 und Abs. 5 StbG.

§ 10 Abs. 1 Z 7 und Abs. 5 StbG muss dabei unter dem Blickwinkel des damit verfolgten Zwecks gesehen werden, die Staatsbürgerschaft nur an Fremde zu verleihen, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben.

Die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG kommt auch bei minderjährigen Verleihungswerbern zur Anwendung. Gemäß § 10 Abs. 5 erster Satz StbG können auch Einkünfte aus gesetzlichen Unterhaltsansprüchen als Nachweis eines gesicherten Lebensunterhaltes dienen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof erkannt hat, ist bei einem gemeinsamen Haushalt von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltseinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht (vgl. VwGH 28.10. 2009, 2007/01/0944, unter Verweis auf das zu § 11 Abs. 5 NAG ergangene E vom 3.4.2009, 2008/22/0711). Der Lebensunterhalt des Fremden wäre in diesem Fall im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG hinreichend gesichert, wenn im maßgeblichen Zeitraum der letzten drei Jahre vor Antragstellung (StbG Novelle BGBl. I Nr. 136/2013) ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch des Verleihungswerbers gegen seine Eltern bestand und deren Einkommen (im Durchschnitt von 36 Monaten aus den letzten sechs Jahren vor dem Antragszeitpunkt) den "Haushaltsrichtsatz" gemäß § 293 Abs. 1 ASVG erreicht hat, ohne dass dabei Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften in Anspruch genommen wurden.

Der maßgebliche Berechnungszeitraum vor Antragstellung ist fallbezogen von März 2016 bis Februar 2019. Im maßgeblichen Zeitraum lebten die mj. Beschwerdeführer jedoch nur für zwei Monate (ab Jänner 2019) im gemeinsamen Haushalt mit dem unterhaltsverpflichteten Kindesvater. Die restliche Zeit lebten sie im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter in Gambia, welche den Unterhalt im Wesentlichen durch Naturalleistungen erbrachte. Der Kindesvater stellte die finanziellen Mittel laut eigenen, allerdings nicht hinreichend belegten, Angaben durch diverse gewerbliche Einkünfte zur Verfügung.

Welcher Richtsatz gemäß § 293 ASVG bei in getrennten Haushalten lebenden unterhaltsberechtigten mj. Verleihungswerbern heranzuziehen ist, ist den staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht eindeutig zu entnehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22.3.2018, Ra 2017/22/0177 zu § 11 Abs. 5 NAG - welcher mit dem Verweis auf die Richtsätze des § 293 ASVG eine dem § 10 Abs. 5 StbG vergleichbare Regelung beinhaltet - ausgeführt, dass damit lediglich ein Referenzwert festgelegt werde, die Betreffenden jedoch nicht bezugsberechtigt für den ASVG-Richtsatz sein müssten. Dabei sei wie bisher der je nach der zugrundeliegenden familiären Situation in Betracht kommende Richtsatz - der für Alleinstehende oder für Ehepaare, mit oder ohne Erhöhung des Satzes für Kinder etc. - heranzuziehen. Der Zweck des Verweises des § 11 Abs. 5 NAG auf § 293 ASVG sei, einen ziffernmäßig bestimmten Betrag zu fixieren, bei dessen Erreichung von einer Deckung der üblicherweise notwendigen Kosten der Lebensführung ausgegangen werden könne (siehe zu all dem RV 330 BlgNR 24. GP, 43). Diese Erläuterungen lassen sich auch auf den Regelungsinhalt des § 10 Abs. 5 StbG übertragen.

Ein Haushaltsrichtsatz, d.h. ein Einzelpersonen bzw. Ehegattenrichtsatz zuzüglich des Erhöhungssatzeses für Kinder iSd § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG mit dem Kindesvater (und der Stiefmutter) kommt fallbezogen für den Zeitraum März 2016 bis Dezember 2018 nicht in Betracht und entspricht auch nicht den tatsächlichen familiären Gegebenheiten.

Ebenso ist für die mj. Beschwerdeführer, welche noch über keine eigenen Einkünfte verfügen und auf Unterhaltsansprüche gegenüber ihren Eltern verweisen können die Heranziehung des Einzelpersonenrichtsatzes (im Haushalt) gemäß § 293 Abs. 1 Z 1 lit. a, sublit. bb. ASVG selbstredend nicht geboten.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts kommt die Heranziehung des ebenfalls in § 293 Abs. 1 lit. c ASVG geregelten Waisenrichtsatzes, welcher grundsätzlich die Lebenssituation eines von einem oder beiden unterhaltsverpflichteten Elternteilen getrennten unterhaltsberechtigten Kindes abbildet in Betracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Waisenrichtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. c ASVG im zitierten Erkenntnis vom 22.3.2018 weiters erkannt, dass das ASVG für Waisenpensionsberechtigte eigene Richtsätze vorsehe, die (in drei von vier vorgesehenen Fällen) niedriger seien als die Richtsätze für (sonstige) alleinstehende Pensionsberechtigte aus eigener Versicherung bzw. auf Witwenpension. Waisenpensionsberechtigten werde somit (in den meisten Fällen) nur ein niedrigeres Mindesteinkommen gewährleistet. Waisenpensionsberechtigt könnten zum einen Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sein (§ 252 Abs. 1 ASVG) sowie zum anderen Personen nach der Vollendung des 18. Lebensjahres bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, sofern sie - nach Maßgabe der in § 252 Abs. 2 Z 1 und 2 ASVG jeweils normierten weiteren Bedingungen - erfüllen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Situation eines unterhaltsberechtigten Fremden, welcher im Bundesgebiet – getrennt von den Eltern - zu studieren beabsichtigt mit näherer Begründung mit der eines Vollwaisen nach § 293 Abs. 1 lit c sublit. aa ASVG verglichen (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 22.03.2018 mwH). Dieser Richtsatz sei danach ausgerichtet, dass damit - infolge der höheren Hilfsbedürftigkeit - der gesamte Unterhalt des Waisenpensionsberechtigten sichergestellt werden solle (vgl. dazu OGH 18.03.1993, 10 Ob S 303/91 bis 305/91). Die unterschiedlichen Richtsätze für Vollwaisen und Halbweisen gemäß § 293 Abs. 1 lit c sublit. aa. und bb. ASVG nehmen nach den Erwägungen des obersten Gerichtshofes Rücksicht darauf, dass bei gemeinsamer Lebensführung im Haushalt bestimmte fixe Kosten nur einfach anfallen und die Eltern ihren Unterhaltsbeitrag regelmäßig als Naturalunterhalt leisten und vor allem im Rahmen der Führung des gemeinsamen Haushalts unentgeltliche Dienstleistungen erbringen, während Vollwaisen vor allem auch die sonst von Eltern kostenlos erbrachten Dienstleistungen selbst bestreiten müssen.

Da der Haushaltsrichtsatz nicht anzuwenden ist und der Einzelpersonenrichtsatz aufgrund der Minderjährigkeit und der bestehenden Unterhaltsansprüche der Beschwerdeführer ebenfalls nicht der familiären und wirtschaftlichen Situation entspricht, ist für die Beschwerdeführer, die im gemeinsamen Haushalt mit ihrer leiblichen Mutter in Gambia lebten der Halbwaisenrichtsatz bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres für die Jahre 2016 bis 2019 heranzuziehen.

Der Richtsatz für Halbweisen gemäß § 293 Abs. 1 lit. c, sublit. aa. erster Fall betrug 2016: € 324,69, 2017: € 327,29, 2018: € 334,49. Der Richtsatz betrug daher für 34 Monate für die beiden Beschwerdeführer insgesamt: € 22.376,52. Für die verbleibenden 2 Monate im Jahr 2019, in denen sich die Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt mit dem Kindesvater und seiner Ehegattin aufgehalten haben betrug der Richtsatz für ein Ehepaar und 2 mj. Kinder gemäß § 293 ASVG insgesamt € 3.373,82.

Das Verwaltungsgericht vertritt die Auffassung, dass in Hinblick auf die Regelung des § 252 Abs. 1 Z 4 iVm § 293 ASVG auch die Ehegattin des Kindesvaters und Stiefmutter der Beschwerdeführer, Frau F. G. im gemeinsamen Haushalt zu berücksichtigen ist, zumal eine Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten besteht, eine gemeinsame Wirtschaftsführung glaubhaft und nachvollziehbar besteht und sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, dass die Letztgenannte im gemeinsamen Haushalt nicht direkt oder indirekt zum gesicherten Lebensunterhalt der Beschwerdeführer beiträgt.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass gemäß § 10 Abs. 5 StbG bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen ist. Der hier angesprochene Verweis auf das „Existenzminimum gemäß § 291a EO“ ist – anders als in der Exekutionsordnung - so zu verstehen ist, dass sich dieser nur auf den allgemeinen Grundbetrag, nicht jedoch auf die in der letztgenannten Vorschrift enthaltenen Steigerungsbeträge bezieht. (vgl. die nach hg. Ansicht auch für den gegenständlichen Fall in diesem Punkt heranzuziehende Rechtsansicht des VwGH im E vom 18.03.2010, 2008/22/0632 u.a.)

Unter Heranziehung der österreichischen Einkünfte (abzüglich anteilige Aufwendungen) des Kindesvaters gegenübergestellt dem Grundbetrag für eine Einzelperson wäre dieser nicht ohne weiteres in der Lage gewesen den Lebensunterhalt der Beschwerdeführer zu finanzieren. Unter Heranziehung der Haushaltseinkünfte wäre das Existenzminimum des Kindesvaters jedenfalls gesichert gewesen.

Fallbezogen kann allerdings außer Acht bleichen, ob der Kindesvater aufgrund des hohen Haushaltseinkommens nicht einen Großteil seiner Einkünfte in Österreich für den Unterhalt der mj. Beschwerdeführer verwenden hätte können, da deren Lebensunterhalt nach Aktenlage und eigenen Angaben unstrittig ausschließlich mit den in Gambia verfügbaren Einkünften finanziert wurde.

Zusammengefasst beträgt die Summe der Richtsätze im Berechnungszeitraum März 2016 bis Februar 2019 insgesamt € 25.750,34. Das verfügbare Haushaltsnettoeinkommen (einschließlich der Einkünfte der Stiefmutter) betrug 2019 (2 Monate) € 6.417,52.

Die den Beschwerdeführern darüber hinaus zurechenbaren Unterhaltsleistungen 2016 – 2018 konnten die Genannten bzw. ihr gesetzlicher Vertreter wie dargelegt, trotz entsprechender Erörterung und Aufforderung des Verwaltungsgerichts, nicht mit der den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden erforderlichen Transparenz objektiv nachvollziehbar belegen.

Selbst unter der Annahme, dass man den unbewiesenen Angaben des Kindesvaters gänzlich Glauben schenkt, könnten sich die Beschwerdeführer nur einen Anteil der in Gambia für die fünfköpfige Familie angegebenen verfügbaren finanziellen Mittel zurechnen lassen. Ginge man so von einem anteiligen Betrag iHv. € 16.385,35 aus, wäre der Richtsatz 2016 bis 2019 selbst unter Einbeziehung des anteiligen Haushaltseinkommens 2019 im Durchschnitt nicht erreicht.

Die Anträge der Beschwerdeführer waren daher gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 und Abs. 5 StbG im Ergebnis abzuweisen.

Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil eine Rechtsprechung dazu fehlt, welcher Richtsatz gemäß § 293 ASVG iVm § 10 Abs. 5 StbG für unterhaltsberechtigte minderjährige Kinder anzuwenden ist, welche mit dem Unterhaltsverpflichteten im Berechnungszeitraum (größtenteils) nicht im gemeinsamen Haushalt leben. Darüber hinaus ist wesentlich, ob bei bestehenden Unterhaltsansprüchen mj. Kinder gegenüber einem Elternteil der ihnen tatsächlich (im Ausland) zugekommene Unterhalt der Höhe nach im betreffenden Zeitraum maßgeblich ist oder aber in erster Linie die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten aufgrund seines (österreichischen) Haushaltseinkommens von Bedeutung ist, um auch künftig von einer Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung für die Verleihungswerber ausgehen zu können.

Schlagworte

Verleihungsvoraussetzung; hinreichend gesicherter Lebensunterhalt; Richtsatz; gemeinsamer Haushalt; Haushaltsrichtsatz; Unterhaltsanspruch; Erhöhungssatz; Halbwaisenrichtsatz; Säumnis; Verletzung der Entscheidungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.152.080.4247.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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