Entscheidungsdatum
28.08.2020Norm
BFA-VG §18 Abs1 Z3Spruch
L514 2234255-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2020, Zl. 1102832000-160099082 RD Wien, zu Recht erkannt:
A)
I. In Erledigung der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe Folge gegeben, dass Spruchpunkt VI. zu lauten hat:
"Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG 2 beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."
II. In Erledigung der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und Spruchpunkt VII. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG ersatzlos behoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Feststellungen:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste bereits im Jahr 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein, wo er am XXXX 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Im Rahmen der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes wurde vom Beschwerdeführer ausgeführt, dass er XXXX heißen würde, am XXXX geboren worden sowie kurdischer Abstammung sei und aus XXXX /Irak stammen würde. Als Grund für seine Ausreise nannte der Beschwerdeführer den Umstand, dass er im Irak eine Frau kennengelernt habe, deren Vater mit der Beziehung jedoch nicht einverstanden gewesen sei, weswegen er mit dem Tode bedroht worden sei. Der Beschwerdeführer hätte gerne eine friedliche Lösung gehabt, was jedoch nicht möglich gewesen sei.
Ohne das weitere Verfahren in Österreich abzuwarten reiste der Beschwerdeführer nach Deutschland weiter, wo er am XXXX 2016 neuerlich unter der Identität XXXX , geb. am XXXX in XXXX /Irak einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Gemäß Dublin Verordnung wurde der Beschwerdeführer in der Folge am XXXX 2017 wieder nach Österreich rücküberstellt.
Am XXXX .2018 reiste der Beschwerdeführer in die Niederlande, wo er am XXXX 2018 unter der Identität XXXX , geb. am XXXX wiederum einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am XXXX .2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß der Dublin Verordnung neuerlich nach Österreich rücküberstellt. Am XXXX 2018 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in den Niederladen, wurde jedoch wiederum nach Österreich rücküberstellt.
Das Verfahren in Österreich wurde am XXXX 2019 eingestellt, da der Beschwerdeführer die ihm zugewiesene Betreuungseinrichtung verlassen hat und untergetaucht ist.
Am XXXX .2019 stellte der Beschwerdeführer zum wiederholten Mal einen Antrag auf internationalen Schutz, dieses Mal in Frankreich. Auch von dort wurde er gemäß der Dublin Verordnung nach Österreich rücküberstellt, was ihn jedoch nicht daran hinderte am XXXX 2019 in Deutschland einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.
Am XXXX .2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer Kontrolle am Hauptbahnhof XXXX aufgegriffen und stellte er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Einvernahme wiederholte er sein bisheriges, im Jahr 2016, erstattetes Vorbringen. Ergänzend gab der Beschwerdeführer an, dass er an psychischen Problemen leide und aus diesem Grund Tabletten nehmen müsse. Zu seiner Identität befragt führte er aus, dass er XXXX heiße und im Jahr XXXX , das genaue Datum wisse er nicht mehr, in XXXX /Irak geboren worden sei.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 27.07.2020, Zl. 1102832000-160099082 RD Wien, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.) nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG (Spruchpunkt V.) zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG (Spruchpunkt VI.) wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde außerdem gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Das BFA führte hinsichtlich Spruchpunkt VI. und VII. im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in Täuschungsabsicht der Behörde gegenüber seine wahre Identität, nämlich sein Geburtsdatum, verschwiegen und somit eine falsche Identität angeführt.
Mit Verfahrensanordnung vom 28.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer von Amts wegen ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
3. Gegen diesen dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellten Bescheid wurde mit Schreiben des Vertreters vom 05.08.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde moniert, dass sich das BFA mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ordnungsgemäß auseinandergesetzt habe und wurde gleichzeitig auf das Vorbringen des Beschwerdeführers verwiesen. Auch sei den psychischen Problemen des Beschwerdeführers nicht ausreichend Beachtung geschenkt worden, zumal sich der Beschwerdeführer aktuelle in der psychischen Abteilung im XXXX in stationärer Behandlung befinden würde.
Da im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers in den Irak mit einer konkreten Gefährdung des Beschwerdeführers zu rechnen sei, hätte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden dürfen.
4. Die Beschwerdevorlage langte am 21.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Vollständigkeit der Aktenvorlage konnte vorerst nicht bestätigt werden, zumal noch zahlreiche Aktenteile nachgefordert werden mussten und bis zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht eingelangt sind.
5. Der vorstehende Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist unstrittig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.1. Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat.
1.2. Die Entscheidung über die Zu- oder Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).
1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt (E vom 30.04.2018, Ra 2017/01/0417), dass Fragen der Identität für die Gewährung von Asyl insoweit eine Rolle spielen, als Zweifel an den diesbezüglichen Angaben des Fremden - im Besonderen daran, dass er derjenige ist, für den er sich ausgibt - zu dem Ergebnis führen, seine behauptete Bedrohung als nicht glaubhaft zu qualifizieren (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH 26.9.2007, 2007/19/0086, mwN, und die daran anschließende ständige Rechtsprechung, etwa VwGH 30.1.2008, 2007/20/0343).
Dass die Identität des Asylwerbers für die Gewährung von Asyl eine Rolle spielt, wird schon daran deutlich, dass das AsylG 2005 (§ 3) wie bereits das AsylG 1997 (§ 7) darauf abstellt, ob glaubhaft ist, dass einem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung droht. Der Herkunftsstaat des Fremden ist danach wesentlicher Teil seiner Identität, welche maßgebend für die Frage der Asylgewährung ist.
Aber auch sonst ist die Identität des Fremden für die Frage der Asylgewährung maßgeblich, weil die diesbezüglichen Angaben des Fremden - im Besonderen, dass er derjenige ist, für den er sich ausgibt - maßgeblich und unverzichtbar für die Beurteilung des sonstigen Vorbringens und die darauf beruhende Asylgewährung sind (vgl. nochmals in diesem Sinne die genannte Rechtsprechung VwGH 26.9.2007, 2007/19/0086, mwN).
Die rechtliche Bedeutung der Identitätsfeststellung wird vom Gesetzgeber mehrfach hervorgehoben:
Stellt ein Fremder einen Antrag auf internationalen Schutz bei einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 42 Abs. 1 BFA-VG eine erste Befragung (gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005) durchzuführen und den Fremden erkennungsdienstlich zu behandeln, sofern dies nicht bereits erfolgt ist und dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat. Die Regelung des § 42 BFA-VG orientiert sich nach den Materialien "an der Neukonzeption der ersten Phase des Asylverfahrens und am tatsächlichen zeitlichen Ablauf der Geschehnisse entsprechend dem gemeinsamen Konzept des Bundes und der Länder" und stellt somit den Regelfall dar (vgl. VwGH 17.10.2017, Ra 2016/01/0274, mit Verweis auf die Materialien in RV 582 BlgNR 25. GP, 9).
Die in § 19 Abs. 1 AsylG 2005 geregelte Erstbefragung dient (nach dem Gesetzeswortlaut) insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden und hat sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen.
Die erkennungsdienstliche Behandlung ist in § 24 BFA-VG geregelt. Nach dieser Bestimmung ist das Bundesamt ermächtigt, einen Fremden, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er (unter anderem) einen Antrag auf internationalen Schutz stellt (Z 1) oder die Feststellung seiner Identität anders nicht möglich ist (Z 9).
Dieser Regelungszusammenhang zeigt deutlich, dass die Feststellung der Identität des Asylwerbers bereits zu Beginn des Asylverfahrens wesentlicher Teil dieses Verfahrens ist.
In diesem Sinn enthielt § 44 Abs. 4 AsylG 2005 (bis zu seiner Aufhebung durch BGBl. I Nr. 87/2012) für Zwecke eines Asylverfahrens eine spezielle Sicherstellungsbefugnis, die bezüglich aller Dokumente und Gegenstände, die Aufschluss (unter anderem) über die Identität und die Staatsangehörigkeit geben können, obligatorisch vorgesehen war (vgl. VwGH 30.8.2011, 2010/21/0188).
Entsprechende Nachfolgebestimmungen finden sich im BFA-VG:
§ 38 BFA-VG ermächtigt die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, zum Zwecke der Sicherstellung von Beweismitteln die Kleidung und die mitgeführten Behältnisse eines Fremden zu durchsuchen, wenn dieser einen Antrag auf internationalen Schutz einbringt, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Fremde Gegenstände und Dokumente, die Aufschluss (unter anderem) über seine Identität und seine Staatsangehörigkeit geben können, mit sich führt und diese auch nicht auf Aufforderung vorlegt.
Die Bedeutung der Bekanntgabe der wahren Identität durch den Fremden im Asylverfahren wird durch den Gesetzgeber auch dadurch hervorgehoben, dass einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werden kann, wenn der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat.
Die Bedeutung der Bekanntgabe der wahren Identität wurde bereits im AsylG 1997 dokumentiert. So regelte § 6 Abs. 1 Z 2 AsylG 1997, dass Asylanträge in jedem Stadium des Verfahrens als offensichtlich unbegründet abzuweisen sind, wenn - ohne begründeten Hinweis auf eine Flüchtlingseigenschaft oder das Vorliegen subsidiärer Schutzgründe gemäß § 8 AsylG 1997 - der Asylwerber die Asylbehörde über seine wahre Identität oder seine Staatsangehörigkeit (trotz Belehrung über die Folgen) getäuscht hat. Eine Durchsuchungsermächtigung zur Sicherstellung von Gegenständen und Dokumenten, die Aufschluss über die Identität oder die Staatsangehörigkeit geben können, enthielt bereits § 24 Abs. 4 AsylG 1997. § 34a Abs. 3 AsylG 1997 enthielt eine Ermächtigung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, Gegenstände und Dokumente sicherzustellen, die unter anderem Aufschluss über die Identität und Staatsangehörigkeit des Fremden geben können.
All dies zeigt deutlich, welche Bedeutung der Gesetzgeber der Bekanntgabe der wahren Identität im Asylverfahren zugemessen hat.
Im Übrigen hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), darauf hingewiesen, dass es das ordnungsgemäße Funktionieren des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erfordert, "dass die zuständigen nationalen Behörden über verlässliche Informationen bezüglich der Identität oder Staatsbürgerschaft der Person, die internationalen Schutz beantragt, und bezüglich der Beweise, auf die sich ihr Antrag stützt, verfügen" (vgl. EuGH 14.9.2017, K. gegen Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie, C-18/16, Rn. 48). In diesem Zusammenhang hat der EuGH ausgeführt, "dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 verpflichtet sind, mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten, insbesondere zur Feststellung ihrer Identität, ihrer Staatsangehörigkeit und der Gründe für ihren Antrag, was voraussetzt, dass die geforderten Nachweise und gegebenenfalls die verlangten Erklärungen und Auskünfte vorgelegt werden" (Rn. 38 des zitierten Urteils).
2.1. Umgelegt auf das gegenständliche Verfahren bedeutet dies Folgendes:
Das BFA stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlich auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer über sein Geburtsdatum getäuscht habe. Weitergehend Begründungen fehlen in diesem Zusammenhang.
Wenn man nun die Angaben des Beschwerdeführers aus dem Jahr 2016 ( XXXX , geboren am XXXX ) und die aktuellen Aussagen vergleicht ( XXXX , geboren im Jahr XXXX ), so ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2020 nur sein Geburtsjahr, jedoch nicht das genaue Datum genannt hat. Dies begründete er auf Nachfrage damit, dass er es nicht mehr genau wisse. Im Vorfeld gab der Beschwerdeführer jedoch bereits an, dass er an psychischen Problemen leide und aus diesem Grund Tabletten nehmen müsse. Auch wurde vom BFA selbst zu Beginn der Einvernahme am 22.06.2020 festgehalten, dass der Beschwerdeführer einen etwas verstörten Eindruck machen würde (Akt S 45). Dieser Umstand wurde im Rahmen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit keinem Wort berücksichtigt. Auch vermag das Bundesverwaltungsgericht in den Angaben des Beschwerdeführers keine Täuschungsabsicht zu erkennen, zumal er immer übereinstimmend seinen Namen und das Geburtsjahr im Verfahren angegeben hat.
Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass dem Beschwerdeführer in jedem Fall bereits im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit eingeräumt werden muss, das Fehlen von „Missbrauchselementen“ darzulegen, was jedoch im vorliegenden Fall nicht geschehen ist. Der Beschwerdeführer wurde – entsprechend der Aktenteile, die dem Bundesverwaltungsgericht bis zum Entscheidungszeitpunkt vorgelegt wurden – mit der unterstellten Täuschungsabsicht nicht konfrontiert (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 18 BFA-VG K3).
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die Wichtigkeit der Angaben eines Antragstellers in Bezug auf die wahre Identität im Verfahren, zumal eine Reihe von rechtlichen Konsequenzen an diese Angaben anknüpfen, sieht jedoch im gegenständlichen Fall keine Täuschungsabsicht seitens des Beschwerdeführers. Auch vermag das BFA keine konkreten Umstände aufzuzeigen, die eine solche Täuschungsabsicht zu belegen vermögen.
Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG eine „kann“-Bestimmung darstellt. Dies bedeutet, dass auch bei Vorliegen des Tatbestandes der Täuschung vor einer Aberkennung eine individuelle Interessenabwägung durchzuführen ist. In Ansehung des Umstandes, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers in die Beurteilung nicht mitaufgenommen wurde, ist von einer ordnungsgemäßen Interessenabwägung nicht auszugehen.
Zusammenfassend zeigt das BFA mit dem von ihm erhobenen Sachverhalt keine besonderen Gründe im Sinn der eingangs zitierten Rechtsprechung auf, weshalb die Aufenthaltsbeendigung sofort ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zu erfolgen hätte.
2.2. Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der Beschwerde somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.
3. Da im gegenständlichen Verfahren der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, wird die Rückkehrentscheidung nicht aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar. Deshalb ist eine Frist für die freiwillige Ausreise vorzusehen (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146, wonach § 55 Abs. 1a FPG nur dann anzuwenden ist, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde von der Verwaltungsbehörde aberkannt und vom Verwaltungsgericht nicht innerhalb der Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG 2014 wieder zuerkannt wird).
4.1. Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkte VI. und VII. spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerdeführer- auch zweckmäßig erscheint. Über die Beschwerde gegen die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens gesondert entschieden werden.
4.2. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der für die Erlassung des gegenständlichen Teilerkenntnisses maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und seitens des BFA keine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt wurde.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage wie im gegenständlichen Fall eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Fristverlängerung Gesundheitszustand Identität Täuschung TeilerkenntnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L514.2234255.1.00Im RIS seit
28.01.2021Zuletzt aktualisiert am
28.01.2021