TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/31 L515 2232639-1

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Veröffentlicht am 31.08.2020
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Entscheidungsdatum

31.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L515 2232639-1/7E


L515 2232640-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .06.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die Mutter, XXXX , geb. XXXX , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .06.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe :

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als „bP1“ und „bP2“ bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise nach Österreich am 31.1.2020 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.2. Die weibliche bP1 ist die Mutter der minderjährigen und weiblichen bP2.

bP1 brachte zusammengefasst vor, dass sie in der Vergangenheit mit dem Vater der bP2 in Lebensgemeinschaft lebte und dieser wiederholt erhebliche Gewalt gegen die bP1 ausübte. Darüber hinaus benötige die bP1 medizinische Behandlung, welche sie in Georgien nicht oder nur unzureichend erhalten würde.

bP2 berief sich auf den Familienverband mit bP1 bzw. auf die Gründe der bP1.

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat der bP nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt. Weiters wurde der bP gem. § 15 (1) AsylG aufgetragen, eine im angefochtenen Bescheid genannte, bestimmte Unterkunft zu nehmen.

Aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ergab sich ebenfalls kein anderslautender Bescheid.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und ging davon aus, dass der georgische Staat gewillt und befähigt ist, sie gegen übergriffen ihres ehemaligen Lebensgefährten zu schützen. Weiters ging die bB davon aus, dass aktuell der Verdacht bestehe, dass in Bezug auf die bP1 eine Zervixdysplasie PAP IV vorliege, sowie unter Anämie leide. Diese Erkrankungen wären in Georgien jedoch –ebenso wie psychische Erkrankungen- behandelbar und fände die bP1 Zugang zum georgischen Gesundheitsweisen.

In Bezug auf die bP2 wurde im Familienverfahren in sinngemäßer Weise argumentiert, wobei in Bezug auf sie von keiner relevanten Erkrankung ausgegangen wurde.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen ist. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Ebenso ist davon auszugehen, dass im Herkunftsstaat die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, der georgische Staat im Falle der Bedürftigkeit die auf Antrag die Kosten einer erforderlichen medizinischen Behandlung übernimmt, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden und ein Rückkehrprogramm besteh, in dessen Rahmen Rückkehrern neben Beratung auch materielle Unterstützung, wie etwa die zumindest vorübergehende Unterbringung geboten wird. Ebenso ging die bB davon aus, dass es in der Republik Georgien zu keiner unkontrollierten Ausbreitung des Virus COVID-19 kommt und sich aus der Präsenz dieses Virus kein Rückkehrhindernis ergibt.

Zur Lage der Frauen stellte die bP fest, dass diese rechtlich mit Männern gleichgestellt sind, es im Alltag aufgrund der vor allem auf dem Lande zum Teil noch verbreiteten patriarchalischen Strukturen zu Benachteiligungen von Frauen kommen kann. In Bezug auf häusliche Gewalt existiert ein Gewaltschutzgesetz, welche ähnliche Schutzmechanismen wie die vergleichbare Österreichische Rechtslage kennt.

Weiters ging die bB davon aus, dass es sich beim Herkunftsstaat der bP um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar und stelle sich die Abschiebung als zulässig dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 (1) 1 BFA-VG).

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Gewaltschutzmechanismen gegen häusliche Gewalt in Georgien nicht effektiv umgesetzt werden. Die bP berief sich hierbei überwiegend auf veraltetes Quellenmaterial, welchem jedenfalls weniger Aktualität zukommt als jenem Quellenmaterial, welche die bB zur Entscheidungsfindung heranzog.

Ebenso sei der Gesundheitszustand der bP nicht im ausreichenden Maße ermittelt worden und die Schlussfolgerung, der bP1 stünde in Georgien ausreichende medizinische Versorgung offen, verfehlt, wobei die bP1 in der Beschwerdeschrift sich im Wesentlichen auf ihren psychischen Zustand bezog.

Ebenso fänden die bP in Georgien keine Existenzgrundlage vor.

I.4. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist und wurde mit ho. Erkenntnis vom 13.7.2020 gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG rechtskräftig festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Hiermit steht rechtskräftig fest, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der bP in die Republik Georgien keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde und für sie als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

I.4. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei der volljährigen bP1 handelt es sich um einen mobilen, jüngeren, nicht invaliden, anpassungs- und, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

Auch steht es der bP1 frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das –wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) wird und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten, zumal die Familie die bP auch vor ihrer Ausreise unterstützte.

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden und sei an dieser Stelle auch auf das unter Punkt 1.2.3. erwähnte staatliche Unterstützungsprogramm für Rückkehrer bzw. Opfer häuslicher Gewalt hingewiesen.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP2 ist durch deren Mutter gesichert.

Die bP verfügen im Rahmen einer Gesamtschau über eine wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich gesicherten Existenzgrundlage. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Die bP möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich ca. 8 Monate im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Sie sind nicht selbsterhaltungsfähig und verfügen allenfalls über äußerst untergeordnete Deutschkenntnisse. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Die Identität der bP steht laut bB fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

II.1.2.1.1. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.

Das ho. Gericht schließt sich insbesondere der Einschätzung der bB an, dass die bP eine Existenzgrundlage vorfinden und Schutz vor allfällig drohenden Übergriffen seitens des Vaters der bP2 bei den georgischen Behörden finden würden. So ergibt sich etwa aus dem Länderinformationsblatt Georgien 2019 von IOM, dass rückkehrenden Opfern von Häuslicher Gewalt in einem Krisenzentrum untergebracht werden können, wo ihnen neben Unterkunft psychologische und medizinische Hilfe und Rechtsbeistand gewährt wird.

II.1.2.2.2. Bei der Republik Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.

II.1.2.2.3. In Bezug auf aktuell weltweit herrschende Pandemie basierend auf die Präsenz des Virus COVID 19 setzte die Republik Georgien taugliche Mittel um die unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern und finden Infizierte Zugang zum georgischen Gesundheitssystem.

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem bzw. Rückkehrhindernisse in den Herkunftsstaat

Die bP waren nicht den von ihr behaupteten Gefährdungen in Georgien nicht schutzlos ausgesetzt und sind diesen auch im Falle einer Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt. Sollte der gewalttätige ehemalige Lebensgefährte der bP1 erneut versuchen, Gewalt auszuüben, kann sie dieses nachhaltig abwenden, indem sie sich an die staatlichen Organe wendet.

Die bP finden im Falle einer Rückkehr in die Republik Georgien eine ausreichende Existenzgrundlage vor.

Die bP1 leidet an keiner Krankheit, die in Georgien nicht behandelbar wäre und steht ihr im Falle einer Rückkehr nach Georgien das georgische Gesundheitssystem offen.

2.       Beweiswürdigung

II.2.1. Der direkt oder implizit (vgl. nachfolgenden Absatz) festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Es sei darauf hingewiesen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt, von dem die bB ausging zwar unvollständig dargestellt wurde und sich über weite Strecken in einer keinen eigenen Feststellungswert zukommende Wiedergabe der Ausführungen der bP in der indirekten Rede erschöpfte, jedoch implizit aus den beweiswürdigenden Erwägungen der bB erschlossen werden konnte bzw. vom Vorbringen der bP ausgegangen wird, soweit sich aus den genannten Ausführungen der bB nichts anderes ergibt.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und dem seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form eines von der bB nicht als Fälschung qualifizierten nationalen Identitätsdokuments.

II.2.3. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau ausreichende Aktualität zu.

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wurde in der Beschwerdeschrift im Vergleich zu den Ausführungen der bB lediglich veraltetes Quellenmaterial genannt.

Die getroffenen Feststellungen, wonach rückkehrenden Opfern von Häuslicher Gewalt in einem Krisenzentrum untergebracht werden können, wo ihnen neben Unterkunft psychologische und medizinische Hilfe und Rechtsbeistand gewährt wird, werden vom ho. Gericht für die bB als Spezialbehörde und für die bP als georgische Staatsbürger als notorisch bekannt angesehen. Sie fußen auf öffentlich zugängliche Quellen (vgl. hier insbesondere das öffentlich zugängliche Länderinformationsblatt IOM Georgien 2019 [https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2019_Georgia_DE.pdf] der auch http://atipfund.gv.ge/eng).

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten maßgeblichen (§ 37 AVG) Sachverhalt ist anzuführen, dass sich die von der bB vorgenommene freie Beweiswürdigung im Wesentlichen bezogen auf den objektiven Aussagekern in sich als schlüssig und stimmig darstellt.

Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren bzw. ihrer Verpflichtung zur Verfahrensförderung (§ 39 Abs. 2a AVG) eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht jedenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, zieht das ho. Gericht den Schluss, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat. Ebenso ergeben sich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen aus dem notorisch bekannten Gerichtswissen keine solche Änderungen.

In Bezug auf den in der Beschwerdeschrift moniert wurde, dass dem gestellten Beweisantag, zum Gesundheitszustand der bP ein ärztliches Gutachen einzuholen nicht nachgekomemn wurde, wird festgehalten, dass ein solches zurecht nicht eingeholt wurde, zumal laut herrschender Judikatur ärztlichen Attesten die gleiche Beweiskraft zukommt wie ärztlichen Sachverständigengutachten, zumal es auf die innere Wahrheit eines Beweismittels ankommt (VwSlgNF 2453 A) und der Gesundheitszustand der bP aufgrund der vorgelegten Befundlage umfassend dokumentiert ist. Einem weiteren Gutachten würde daher kein weiteres taugliches Beweisthema zu Grunde liegen und würde dieses letztlich in einem als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis münden. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt aber die bB mit dem beschriebenen Vorbringen. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger – Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

Auch hat sich die bB bzw. das ho. Gericht im Rahmen der Beurteilung der Glaubhaftmachung der behaupteten Fluchtgründe nur "parate Bescheinigungsmittel" zu beschränken (Hinweis OGH 23.3.1999, Zl. 4 Ob 26/99y, = ÖBl 1999, 240, sowie OGH 23.9.1997, Zl. 4 Ob 251/97h, = ÖBl 1998, 225, aber auch Erk. d. VwGH vom 25.6.2003, 2000/04/0092). Eine Glaubhaftmachung die sich nicht sofort ausführen lässt, eignet sich nicht zum Zwecke der Geltendmachung der im Verfahren geforderten Glaubhaftmachung (Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 18 zu § 47). Im konkreten Fall bedeutet dies, dass die bB und auch das Gericht lediglich die von der bP vorgelegten und der bB bzw. dem ho. Gericht tatsächlich zugänglichen Beweismittel zu berücksichtigen hatte bzw. hat.

3.       Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Gem. § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013 hat das ho. Gericht das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 13 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur RL sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

„1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen.“

Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. „Dublinstaaten“] zu werten sind).

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungs-relevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB jedenfalls erfüllt. Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.

Zu A) (Spruchpunkt I)

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

„§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) …

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.

dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2.

der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

...“

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Im gegenständlichen Fall kann im Rahmen einer Prognoseentscheidung nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr einer Verfolgung zu rechnen hätte. Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen. Ebenso wird darauf verwiesen, dass es sich beim Rechtsinstitut des internationalen Schutz nicht um Kompensation in der Vergangenheit erlittenen Ungemachs, sondern um Schutz vor in der Zukunft mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohender Gefahr bzw. Verfolgung handelt.

Ebenso ist der belangten Behörde beizupflichten, dass es den bP, insbesondere der bP1 möglich und zumutbar wäre, sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die Sicherheitsbehörden ihres Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die von der bP geschilderten Übergriffe in ihrem Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat der bP Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141).

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zutreffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül).

Unter richtlinienkonformer Interpretation (Art 6 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Dezember 2011) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten.

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn") erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Dezember 2011 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".

Im gegenständlichen Fall haben die bP weder glaubhaft behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten, jener Personen die gegen die bP vorgingen, in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin und ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat der bP kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

Die bP bescheinigte im Rahmen ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in ihrem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in ihrem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als „erwiesen“ erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall der bP untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.

Selbst wenn einzelne Beamte nicht gewillt gewesen wären, entsprechend einzuschreiten, kann hieraus kein vom georgische Staat systematische toleriertes oder gefördertes Handeln iSe generellen Unwillens des armenischen Staates, Schutz zu gewähren, abgeleitet werden, sondern handelt es sich hierbei viel mehr um ein individuelles Fehlverhalten einzelner Organwalter, wogegen in der Republik Georgien ausreichend Rechtsbehelfe bestehen, um sich dagegen zur Wehr zu setzen, z. B. die Einbringung einer Dienstaufsichtsbeschwerde, die Vorsprache bei einer vorgesetzten Stelle, die Einschaltung der Staatsanwaltschaft, der Gerichte oder des Ombudsmannes. Darüber hinaus steht im Falle einer Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges die Anrufung des EGMR offen. Ebenso besteht die Möglichkeit, dem Fall durch die Einschaltung der im Wesentlichen unabhängigen Presse oder einer die Menschenrechte beobachtende und schützende nationale oder internationale Organisation entsprechende Publizität zu verleihen und so dem Schutzbegehren Nachdruck zu verleihen.

Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung handelt, vom dem aufgrund der normativen Vergewisserung seiner Sicherheit anzunehmen ist, dass er auf seinem Territorium Schutz vor Verfolgung bietet.

Im Ergebnis haben die bP letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.

Allfällige wirtschaftlichen Erwägungen können nicht zu Gewährung von Asyl führen, zumal keinerlei Hinweise bestehen, dass die bP aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grundes von der angespannten wirtschaftlichen Lage in Georgien nachteiliger betroffen wären, als die sonstige georgische Bevölkerung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 6.3.1996, Zi. 95/20/0110 oder vom 20.6. 1995, Zl. 95/19/0040).

Ähnliches gilt auch in auf den Zugang zum georgischen Gesundheitssystem. Auch hier kann nicht festgestellt werden, dass sich die der bP zugänglichen Leistungen aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund schlechter darstellen, als dies für die sonstige georgische Bevölkerung der Fall ist, oder dass ihr aufgrund eines solchen Motivs der Zugang zur medizinischen Versorgung erschwert oder verunmöglicht wird.

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.

der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

…“

Der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, beschränken sich auf den Herkunftsstaat.

Art. 2 EMRK lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

Art. 3 EMRK lautet:
„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314).

Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Herkunftsstaat des Antragstellers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

II.3.3.2. Einzelfallspezifisch werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Georgien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet (dies kann auch in Bezug auf den Konflikt um die Kontrolle der Regionen Abchasien und Südossetien bzw. jene Regionen Zentralgeorgiens, welche unmittelbar an Abchasien oder Südossetien angrenzen nicht angenommen werden), kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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