TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/7 W104 2225029-1

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Veröffentlicht am 07.09.2020
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Entscheidungsdatum

07.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §19 Abs1
Horizontale GAP-Verordnung §19 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §22 Abs1 Z9
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W104 2225029-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 14.5.2019, AZ II/4-DZ/18-13062630010, betreffend die Gewährung von von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2018, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist unzulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin stellte für das Antragsjahr 2018 einen Mehrfachantrag-Flächen, wobei die Gewährung von Direktzahlungen beantragt wurde. Zum Zweck der Antragstellung spezifizierte sie im Rahmen der graphischen Antragstellung im INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Am 16.10. und 5.12.2018 fand am Betrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der eine Differenzfläche von 2,2509 ha festgestellt wurde.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid gewährte die Behörde der Beschwerdeführerin Direktzahlungen in Höhe von EUR 6.864,73, wobei EUR 239,63 wegen Sanktionen bei Übererklärungen abgezogen wurden. Aus der Begründung des Bescheides ergibt sich, dass in Zuge einer Verwaltungskontrolle und einer Vor-Ort-Kontrolle (VOK) eine Flächenabweichung festgestellt wurde; aufgrund der Differenzfläche von 0,8067 ha ergebe sich eine Flächenabweichung von über 3% oder über 2 ha. Daher werde der Betrag für die Basisprämie um das 1,5fache der Differenzfläche gem. Art. 19a Abs. 1 VO 640/2014 gekürzt.

4. Im Rahmen seiner Beschwerde vom 31.1.2019 machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe aufgrund terminlicher Verhinderung bei der VOK nicht anwesend sein können. Bei Feldstück (FS) 5/Schlag (SL) 233 sei er mit der vom Kontrollorgan vorgenommenen Umqualifizierung der Fläche von Dauerweide zu Hutweide und von Dauerweide zu Wald nicht einverstanden. Bei FS 2 sei ihm eine Fläche aberkannt worden, die zumindest als Hutweide bewirtschaftet werde. Das Vorbringen wurde mit Fotos belegt.

5. Bei der Vorlage der Beschwerde legte die Behörde eine Stellungnahme des Prüfers mit Fotos zu den in der Beschwerde angesprochenen Schlägen vor. Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zwecks Parteiengehör übermittelt, die dazu wiederum ausführlich und mit eigenen Fotos Stellung nahm. In diesem Schreiben vom 26.2.2020 wandte sie sich auch gegen die Qualifizierung von Einzelbäumen als flächige Landschaftselemente oder Wald ohne Anrechnung als landwirtschaftliche Fläche. Außerdem zähle auch eine Herde von Burenziegen zu ihrem Viehbestand, die mit Vorliebe Blattwerk und Rinde verzehrten und daher auch mit Buschwerk bestandene Flächen als Weideflächen nutzten. Für das Schwenden gebe es keinen vorgeschriebenen Zeitpunkt, was nicht bedeute, dass es nicht gemacht werde, auch wenn es nicht unmittelbar vor der VOK vollzogen wurde. Die Reduktionen beruhten auf Missverständnissen aufgrund schlecht aufgelöster GIS-Abbildungen, sowie daraus, dass sie unter Hutweide und Dauerweide etwas anderes zu verstehen scheine als der Kontrollor.

Zu dieser Stellungnahme nahm die belangte Behörde ihrerseits mit Schreiben vom 20.5.2020 Stellung.

6. Am 21.7.2020 fand am Betrieb der Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung mit Lokalaugenschein statt, bei dem die strittigen Flächen begangen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die Beschwerdeführerin stellte für das Antragsjahr 2018 einen Mehrfachantrag-Flächen, wobei die Gewährung von Direktzahlungen beantragt wurde. Zum Zweck der Antragstellung spezifizierte sie im Rahmen der graphischen Antragstellung im INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 16.10. und 5.12.2018 wurden Unregelmäßigkeiten bei der Flächenberechnung am Heimbetrieb festgestellt.

1.2. Die vom Prüfer bei der Vor-Ort-Kontrolle erfolgte Klassifizierung von Flächen als nicht landwirtschaftliche Fläche Hutweide oder Dauerweide ist nicht zu beanstanden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen in 1.1. ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, (Mehrfachantrag-Flächen, angefochtener Bescheid, Kontrollbericht, Beschwerde und Stellungnahme der AMA).

Die Feststellung in 1.2. ergibt sich aus der mündlichen Verhandlung samt Lokalaugenschein. Dabei wurde festgestellt:

Die in Beilage 1 der Verhandlungsschrift mit „1“ bezeichnete Fläche (in der Beschwerde die bezüglich FS 2 beanstandete Fläche) war im Antragsjahr stark bebuscht. Dies geht aus den vom Prüfer bei der Beschwerdeverhandlung vorgelegten Fotos 3 und 4 zur Verhandlungsschrift hervor und ist auch insofern nachvollziehbar, als diese Fläche beim Lokalaugenschein 2020 nach wie vor bebuscht war und kaum Nettofutterfläche aufwies.

Die in Beilage 1 der Verhandlungsschrift mit „2“ bezeichnete Fläche (in der Beschwerde die bezüglich FS 5 beanstandete Fläche) stellt sich wie folgt dar:

Die Bereiche, die vom Prüfer als Wald und damit als nicht landwirtschaftliche Fläche qualifiziert wurden (in Beilage 5 zur Verhandlungschrift als „1“ bezeichnet, war im Antragsjahr dicht bebuscht und bewaldet. Dies ergibt sich aus den Fotos in Beilagen 7 bis 10 i.V.m. dem Luftbild in Beilage 6 der Verhandlungsschrift, den von der Beschwerdeführerin nicht widersprochenen Aussagen des Prüfers beim Lokalaugenschein und einer Bodenbeschaffenheit, die auf jüngste Bestockung hinweist und sich von angrenzenden Hut- und Dauerweiden noch immer auffallend unterscheidet.

Die Bereiche, die vom Prüfer als Hutweide qualifiziert wurden und die die Beschwerdeführerin in der Beschwerde als Dauerweide moniert hat („A“ in Beilage 6), stellen sich als Fläche dar, die von starken Trittspuren, einzelnen Bäumen und Büschen und Steinen mit dazwischen liegender Futterfläche durchsetzt ist. Sie sind zudem steil. Im Gegensatz dazu weist die vom Prüfer als „Dauerweide“ qualifizierte Fläche („B“ in Beilage 6) kaum aus der Fläche hervortretende Elemente wie Steine oder Gehölze auf.

Das als flächiges Landschaftselement aus der Futterfläche herausgenommene Gebiet stellt sich tatsächlich als zusammengewachsenes, flächige Landschaftselement dar (Fotos in Beilage 11 bis 13) bzw. kann noch erkannt werden, dass auf den entsprechenden Bodenbereichen in jüngerer Zeit dichter Strauchbewuchs entfernt worden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

„Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

[…]

e) "landwirtschaftliche Fläche" jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird; […]

h) "Dauergrünland und Dauerweideland" (zusammen "Dauergrünland") Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind; es können dort auch andere Pflanzenarten wachsen wie Sträucher und/oder Bäume, die abgeweidet werden können, sofern Gras und andere Grünfutterpflanzen weiterhin vorherrschen; sowie ferner – wenn die Mitgliedstaaten dies beschließen – Flächen, die abgeweidet werden können und einen Teil der etablierten lokalen Praktiken darstellen, wo Gras und andere Grünfutterpflanzen traditionell nicht in Weidegebieten vorherrschen;

i) "Gras oder andere Grünfutterpflanzen" alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden; […]“

„Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten […].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[…].“

„Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, […].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[…].“

Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549, im Folgenden VO (EU) 1306/2013:


„Artikel 58
Schutz der finanziellen Interessen der Union

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um
a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;

b) einen wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt und bei dem den Kosten und dem Nutzen sowie der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen Rechnung getragen wird;

c) Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen;

d) gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten;

e) zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.

(2) Die Mitgliedstaaten richten wirksame Verwaltungs- und Kontrollsysteme ein, um die Einhaltung der Vorschriften im Rahmen der Stützungsregelungen der Union, die das Risiko eines finanziellen Schadens für die Union so weit wie möglich reduzieren sollen, sicherzustellen.
[…].“

„Artikel 63
Zu Unrecht gezahlte Beträge und Verwaltungssanktionen

(1) Stellt sich heraus, dass ein Begünstigter die Förderkriterien, die mit der Gewährung der Beihilfe oder Stützung verbundenen Auflagen oder anderen Verpflichtungen gemäß den sektorbezogenen Agrarvorschriften nicht erfüllt, so wird die Beihilfe nicht gezahlt oder ganz oder teilweise zurückgenommen und werden gegebenenfalls die entsprechenden Zahlungsansprüche nach Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 nicht zugewiesen oder zurückgenommen […].

(2) Soweit sektorbezogene Agrarvorschriften dies vorsehen, verhängen die Mitgliedstaaten gemäß den in den Artikeln 64 und 77 festgelegten Vorschriften überdies auch Verwaltungssanktionen. Dies gilt unbeschadet der des Titels VI Artikel 91 bis 101.

(3) Unbeschadet Artikel 54 Absatz 3 werden die von der Rücknahme gemäß Absatz 1 und den Sanktionen gemäß Absatz 2 betroffenen Beträge, einschließlich Zinsen, und die Zahlungsansprüche zurückgefordert.

[…].“

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[…].

23. „ermittelte Fläche“:

a) im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt, oder […]“
„Artikel 10

Pro-rata-System für Dauergrünland mit Landschaftselementen und Bäumen

(1) Die Mitgliedstaaten können beschließen, auf Dauergrünland, das mit nichtbeihilfefähigen Elementen wie Landschaftselementen oder Bäumen durchsetzt ist, ein Pro-rata-System anzuwenden, um innerhalb der Referenzparzelle die beihilfefähige Fläche zu ermitteln.

Das Pro-rata-System gemäß Unterabsatz 1 umfasst verschiedene Kategorien homogener Bodenbedeckung, auf die ein Verringerungskoeffizient angewendet wird, der auf dem Anteil nichtbeihilfefähiger Flächen basiert. Die Kategorie mit dem niedrigsten Prozentanteil an nichtbeihilfefähiger Fläche darf nicht mehr als 10 % der gesamten nichtbeihilfefähigen Fläche ausmachen; auf diese Kategorie wird kein Verringerungskoeffizient angewendet.

[…].“

„Artikel 18

Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen

(1) Für Beihilfeanträge im Rahmen der Basisprämienregelung, der Kleinerzeugerregelung, der Umverteilungsprämie, der Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen und gegebenenfalls der Regelung für Junglandwirte in den Mitgliedstaaten, die die Basisprämienregelung anwenden, gilt Folgendes:

a) Liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so wird die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt;

b) ergibt sich eine Differenz zwischen der Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche und der angemeldeten Fläche, so wird die angemeldete Fläche an den niedrigeren der beiden Werte angeglichen.

Dieser Absatz gilt nicht im ersten Jahr der Zuweisung von Zahlungsansprüchen.

[…].

(6) Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die angemeldete Fläche größer als die ermittelte Fläche für eine Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1, so wird die Beihilfe oder Stützung unbeschadet etwaiger nach Artikel 19 vorzunehmender Verwaltungssanktionen auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

[…].“

„Artikel 19a

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.

Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.

(2) Wurde gegen den Begünstigten noch keine Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 wegen Übererklärung von Flächen für die betreffende Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme verhängt, so wird die in Absatz 1 genannte Verwaltungssanktion um 50 % gekürzt, wenn die Differenz zwischen der gemeldeten Fläche und der ermittelten Fläche nicht mehr als 10 % der ermittelten Fläche beträgt.

[…].“

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015:

„Ausmaß der beihilfefähigen Fläche bei Almen (Pro-rata-System)

§ 19. (1) Für Almen werden innerhalb der Referenzparzelle zur Beweidung geeignete Teilflächen mit einheitlicher Bodenbedeckung gebildet und wird in Anwendung des Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 das Ausmaß der beihilfefähigen Fläche nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 ermittelt.

[…].

(4) Auf den Teilflächen wird

1. für alle nicht-beihilfefähigen Elemente – ausgenommen Bäume – entsprechend dem Vorhandensein dieser Elemente ein in 10%-Schritte gegliederter und jeweils auf die nächste 10%-Stufe aufgerundeter Verringerungskoeffizient und

2. für Bäume entsprechend dem Grad der Überschirmung

a) bis höchstens 20% Überschirmung kein Verringerungskoeffizient,

b) bei einem Bestand mit Bäumen, wie Lärchen oder Ahorn, der einen beinahe vollständigen beweidbaren Bewuchs zulässt, ein Verringerungskoeffizient von 10%,

c) von mehr als 20% bis höchstens 50% Überschirmung ein Verringerungskoeffizient von 30%,

d) von mehr als 50% bis höchstens 80% Überschirmung ein Verringerungskoeffizient von 70% und

e) bei mehr als 80% Überschirmung ein Verringerungskoeffizient von 100% angewendet.“

„Sammelantrag

§ 22. (1) Der Sammelantrag ist von allen Betriebsinhabern, die Direktzahlungen oder von Art. 67 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erfasste Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums beantragen oder innerhalb der drei vergangenen Jahre für Maßnahmen gemäß Art. 46 oder 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Zahlungen erhalten haben, nach den Vorgaben gemäß § 21 einzureichen. Der Antrag hat zusätzlich zu den Angaben, die in den in § 1 genannten Rechtsakten gefordert sind, folgende Angaben zu enthalten:

[…]

9. Angaben zu den Schlägen auf dem geografischen Beihilfeantragsformular in Bezug auf Lage und Ausmaß in ha mit vier Nachkommastellen abgeschnitten, und Schlagnutzung gemäß § 14 Z 2, wobei

a) bei Hutweiden das Flächenausmaß nach dem Pro-rata-System gemäß § 19 zu bestimmen ist und diese jedenfalls mehr als 20% beihilfefähigen Flächenanteil haben müssen, […]“

Pkt. 1.5.3.4 der Sonderrichtlinie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) für das Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft, GZ. BMLFUW-LE.1.1.8/0089-II/3/2014, mit Definitionen zu „Dauergrünland und Dauerweideland“ lautet auszugsweise:

„-4 Als „Dauerweide“ werden Flächen bezeichnet, auf denen in der Vegetationsperiode vollflächige Beweidungen sowie eine Pflege der Weidefläche durch Mahd oder Häckseln des nicht abgeweideten Bewuchses zu erfolgen hat. Ein Verbringen des Mähgutes von der Fläche ist nicht erforderlich. Bei der Dauerweide kann es sich sowohl um eine intensive Portionsweide (mehrere Weidegänge) als auch um eine Standweide (die Tiere sind ständig auf der gesamten Fläche) handeln. Wenn bei entsprechender Weideintensität bzw. Abweidung des Aufwuchses keine Weidereste verbleiben, kann der Pflegeschnitt auch entfallen oder sich auf das Schwenden aufkommender Gehölze beschränken.

-5 Die „Hutweide“ ist ein minderertragsfähiges, beweidetes Dauergrünland (in der Regel ohne Pflegeschnitt), auf dem eine maschinelle Futtergewinnung bzw. Pflege auf Grund der Bodenbeschaffenheit nicht möglich ist oder nicht durchgeführt wird. Auf diesen Flächen hat mindestens einmal im Wirtschaftsjahr eine vollflächige Beweidung zu erfolgen.“

3.2. Rechtliche Würdigung:

3.2.1. Im vorliegenden Fall wendet sich die Beschwerdeführerin zunächst gegen die Qualifizierung von Flächen als „Hutweide“, die zur Folge hat, dass für diese Flächen das Pro-Rata-System zur Anwendung gelangt, wodurch für nicht-beihilfefähige Elemente und Bäume ein Verringerungskoeffizient zur Anwendung gelangen kann.

Die ausschlaggebenden Definitionen finden sich in der Sonderrichtlinie für das Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft. Als „Dauerweide“ werden demnach Flächen bezeichnet, auf denen in der Vegetationsperiode vollflächige Beweidungen sowie eine Pflege der Weidefläche durch Mahd oder Häckseln des nicht abgeweideten Bewuchses zu erfolgen hat. Wenn bei entsprechender Weideintensität bzw. Abweidung des Aufwuchses keine Weidereste verbleiben, kann der Pflegeschnitt auch entfallen oder sich auf das Schwenden aufkommender Gehölze beschränken. Die „Hutweide“ hingegen ist ein minderertragsfähiges, beweidetes Dauergrünland (in der Regel ohne Pflegeschnitt), auf dem eine maschinelle Futtergewinnung bzw. Pflege auf Grund der Bodenbeschaffenheit nicht möglich ist oder nicht durchgeführt wird.

Die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Flächen sind durchwegs entweder mit Baumstümpfen oder/und mit Steinen und stark ausgeprägten Trittspuren durchsetzt und erlauben aus diesem Grund keine vollflächige Beweidung. Eine maschinelle Futtergewinnung und Pflege ist auf diesen Flächen nicht möglich und es handelt sich aufgrund der Bodenbeschaffung im minderertragfähiges Weideland. Dass auch kleinräumige Pflegeschnitte durchgeführt werden, schadet insgesamt der Einstufung als Hutweide nicht (lt. Definition wird nur „in der Regel“ kein Pflegeschnitt durchgeführt). Insgesamt begegnet daher die Einstufung dieser Flächen als „Hutweide“ keinen Bedenken.

3.2.2. In Bezug auf weitere Flächen wendet sich die Beschwerdeführerin gegen ihre Einstufung als Wald und damit als nicht förderfähige Fläche. Dazu ist festzustellen, dass eine Fläche, die so stark verbuscht oder bereits verwaldet ist, dass der Großteil der Fläche überschirmt ist und dadurch die Außengrenze beweideter Flächeneinheiten (Dauer- oder Hutweiden) verschoben wird, auch dann nicht als Teil der förderfähigen Fläche anerkannt werden kann, wenn in diesem Bereich teilweise tatsächlich Beweidung – etwa durch Ziegen – erfolgt. Die sogenannte „Waldweide“ ist zulässig, doch können solche Flächen aufgrund der angeführten Vorschriften nicht als beihilfefähig anerkannt werden, weil dort Gras und andere Grünfutterpflanzen nicht mehr vorherrschen und es sich auch nicht mehr um Dauergrünland, das mit nichtbeihilfefähigen Elementen wie Landschaftselementen oder Bäumen durchsetzt ist, handelt (wo das Pro-Rata-System angewendet werden könnte).

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind zu Unrecht gewährte Prämien, auch aus den Vorjahren, zurückzufordern (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd. und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat aber zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

Die zusätzlich ausgesprochenen Sanktionen sind auch nicht unverhältnismäßig, wie der Europäische Gerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt haben (vgl. etwa VwGH 28.6.2016, 2013/17/0025 mwN).

Die Entscheidung der AMA erfolgte daher zu Recht.

3.2.4. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu einigen im vorliegenden Fall entscheidenden Rechtsfragen liegt – oben angeführte – einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes vor. Im Übrigen erscheint die Rechtslage so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann, vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Direktzahlung Flächenabweichung INVEKOS Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W104.2225029.1.00

Im RIS seit

28.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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