TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/25 L525 2175777-1

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Veröffentlicht am 25.09.2020
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Entscheidungsdatum

25.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L525 2175777-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Iran, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.9.2020, zu Recht erkannt:

A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein iranischer Staatsangehöriger - reiste im Oktober 2012 erstmals als Student legal in das Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer stellte am 20.3.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an er sei am 18.9.2010 im Iran zum Christentum übergetreten. Er lebe seit dem 22.10.2012 in Österreich und studiere an der TU Wien Maschinenbau. Er gehe hier in Wien regelmäßig in die Kirche. Er sei zwar im Herzen Christ, er sei aber noch nicht getauft. Am 20.2.2015 habe ihn ein Freund angerufen und ihm mitgeteilt, dass er auf keinen Fall mit seiner Familie (gemeint: der Familie des Beschwerdeführers) Kontakt aufnehmen. Am 21.2.2015 habe ihn sein Vater angerufen und ihm mitgeteilt, dass der iranische Geheimdienst bei ihm zu Hause gewesen sei und sämtliche Sachen von ihm mitgenommen habe, darunter auch christliche Bücher. Obwohl er noch eine Aufenthaltsbewilligung bis September 2015 habe in Österreich, habe er sich entschlossen an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Im Falle seiner Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Der Beschwerdeführer legte mit Schriftsatz vom 18.1.2016 mehrere Urkunden vor, darunter eine Taufbestätigung der Evangelikalen Freikirche XXXX in Wien.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.9.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, er verfüge über Familie im Iran und stehe mit dieser auch in regelmäßigem Kontakt. Er lebe mit seiner Verlobten in Wien in einem gemeinsamen Haushalt. Sie sei auch iranische Staatsbürgerin und studiere hier an der BOKU. Er habe keine Kinder. Gegen ihn bestehe kein Haftbefehl im Iran und er habe nie Probleme mit Behörden im Iran gehabt. Er sei nie politisch oder religiös tätig gewesen und nie Mitglied in einer Partei gewesen. Er habe nie Probleme aufgrund seiner Volksgruppe gehabt, er habe aber Probleme aufgrund seiner Religion gehabt. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei Christ. Im September 2013 hätte sein Bruder geheiratet. Nach einem Jahr habe sich seine Schwägerin scheiden lassen wollen, dies gehe aber nur, wenn der Mann zustimme im Iran. Damit sein Bruder in die Scheidung einwillige habe sie ihn unter Druck gesetzt und gedroht, sie würde den Behörden von der Konversion des Beschwerdeführers erzählen. Sie habe dies auch gemacht, damit sie nach der Scheidung mehr Geld erhalte. Der Bruder habe danach nicht nur mehr Geld zahlen müssen, er habe auch ein Ausreiseverbot erhalten. Die Ex-Schwägerin habe ihn aber trotzdem Anfang 2015 verraten und sei die Polizei am 20.2.2015 gekommen und habe den PC und Unterlagen und eine Bibel über das Christentum mitgenommen. Der PC sei nach zehn Tagen zurückgegeben worden, am 20.3.2015 habe er dann den gegenständlichen Antrag gestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3.10.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz ab und erließ eine Rückkehrentscheidung. Zusammengefasst führte das BFA aus, der Beschwerdeführer habe die Konversion nicht glaubhaft machen können. So führte die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme vom 12.9.2017 an. Außerdem habe der Beschwerdeführer auch grundlegende Dinge über das Christentum oder seine Konfession sagen können. So wäre von jemandem, der nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren eine Kirche besucht, sich näher mit dem Christentum beschäftigt und 2015 getauft worden sei, näheren Angaben zu erwarten gewesen auf die Frage, was ihn denn am Christentum so fasziniere, als Ruhe und Liebe. Der Beschwerdeführer wisse nicht was die 95 Thesen seien. Freikirche bedeute für den Beschwerdeführer, dass alles frei und freiwillig sei. Der Beschwerdeführer könne keine näheren Angaben zum Christentum machen und beschränke sich der Beschwerdeführer auf die Wiedergabe von auswendig gelernten Phrasen. Der Beschwerdeführer habe sich nicht erkennbar mit dem Christentum auseinandergesetzt und so sei es nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer ohne dieses Wissen eine Entscheidungsgrundlage für seine Konversion habe finden können. Viel wahrscheinlicher sei es, dass der Beschwerdeführer Angst um die weitere Verlängerung seines Studiums gehabt habe, da aufgrund seiner akademischen Leistungen nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Aufenthalt nach dem NAG weiter bewilligt worden wäre. Gründe, die zur Gewährung von subsidiären Schutz geführt hätte, seien keine hervorgekommen. Eine berücksichtigungswürdige Integration habe nicht festgestellt werden können, weshalb die Abschiebung in den Iran zulässig sei.

Mit Schriftsatz vom 30.10.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.9.2020 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer samt seiner Vertreterin erschien. Die belangte Behörde entsandte unentschuldigt keinen Vertreter. Das erkennende Gericht nahm insgesamt fünf Zeugen ein. Dem Beschwerdeführer wurden mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung die gegenständlich (auszugsweise) verwendeten Länderberichte der Staatendokumentation zum Iran mitübermittelt. Zu den vom erkennenden Gericht beigeschafften und verwendeten Unterlagen (Länderinformationsblatt für den Iran [Stand 14.6.2019], Kurzinformation der Staatendokumentation vom 1.9.2020 zur Corona-Situation im Iran) wurden seitens der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers keine Stellungnahme abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger. Er befindet sich seit Oktober 2012 in Österreich, zunächst mit einem Studentenvisum und stellte im März 2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer wurde als schiitischer Moslem im Iran geboren. Nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet kam der Beschwerdeführer bereits vor seinem Asylantrag mit einer christlichen Freikirche in Berührung, wobei der genaue Zeitpunkt nicht mehr feststellbar ist. Seit Anfang 2015 besucht der Beschwerdeführer neben einer persischen Freikirche in Wien auch eine überwiegend österreichische Freikirche, beide in Wien. Der Beschwerdeführer moderiert gemeinsam mit seiner Frau in der persischen Freikirche Gottesdienste. Dafür erhält der Beschwerdeführer laufend Unterweisungen in der Freikirche. Der Beschwerdeführer kümmert sich dort auch um die Küche. Der Beschwerdeführer besucht gemeinsam mit seiner Frau in der persischen Kirche regelmäßig den Gottesdienst, insbesondere vor der Coronakrise, und besucht Bibelstunden bzw. Jungschartreffen. Am Sonntagvormittag besucht der Beschwerdeführer auch den Gottesdienst der österreichischen evangelikalen Gemeinde. Der Beschwerdeführer wurde 2016 getauft und besuchte vorher mehrere Monate eine Taufvorbereitung. Der Beschwerdeführer ist seit 2018 mit einer iranischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine Frau verfügt über eine Aufenthaltsbewilligung als Studentin und arbeitet seine Frau als Schichtleiterin in einem Fast-Food-Restaurant in Wien. Die Frau des Beschwerdefürhers befindet sich seit 2014 in Österreich und studiert auch in Österreich. Sie ist auf Betreiben des Beschwerdeführers mit ihm in die persische Freikirche mitgegangen und ist ebenso Gottesdienstleiterin in der persischen Freikirche.

Der Beschwerdeführer lebt seinen christlichen Glauben in Österreich aktiv als praktizierender Christ. Es ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern seinen christlichen Glauben leben würde.

Es kann vor dem Hintergrund der nachstehend angeführten Länderfeststellungen zum Iran nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran wegen seines Glaubenswechsel mit asylrelevanter Verfolgung seitens der iranischen Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen hätte.

1.2 Länderfeststellungen zur maßgeblichen Situation im Iran:

Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb“ (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen“, wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen „Missionsarbeit“ verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit „Konversion“ vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese „Konversion“ ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Die Schließungen der „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch „low-profile“ Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt – oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile“-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019

- AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 3.6.2019

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 3.6.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002197.html, Zugriff 3.6.2019

- ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

- Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019

- US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht. Seine Identität stellte bereits die belangte Behörde fest (vgl. AS 288). Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer vom erkennenden Gericht durchgeführten Abfrage im Strafregister der Republik Österreich, in der keine Verurteilung aufscheint.

Zu den ausreiserelevanten Schilderungen des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht hält das erkennende Gericht fest:

Der Beschwerdeführer brachte vor der belangten Behörde (AS 182) bzw. vor dem erkennenden Gericht (Prot. mV S 9f) im Wesentlichen vor, die iranischen Behörde hätten nach dem Verrat durch seine Ex-Schwägerin im Jahr 2015 eine Razzia im Haus der Eltern durchgeführt und hätten eine Bibel und seinen PC (AS 183) bzw. Laptop (Prot. mV S. 9) mitgenommen. Die Ex-Schwägerin hätte ihn verraten, da sie sich vom Bruder des Beschwerdeführers habe scheiden lassen wollen (AS 182), wobei für die Scheidung die Zustimmung des Bruders eingeholt werden müsse. Nach der Scheidung habe sie ihn trotzdem verraten um noch mehr Geld zu erhalten (AS 182). Das erkennende Gericht hält fest, dass es dieses Vorbringen für in keiner Weise glaubhaft hält. Vor der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer aus, die Ex-Schwägerin hätte den Bruder des Beschwerdeführers erpresst, dass er sich scheiden lasse, nach der Scheidung hätte die Ex-Schwägerin den Beschwerdeführer dann erst recht verraten (AS 182). Davon abweichend führte der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht aus, die Ex-Schwägerin hätte ihn bereits vor dem Gerichtsurteil gegen den Bruder verraten (Arg. "RI: Wie erging es Ihrer Familie dann? – P: Mich hat die Ex-Frau meines Bruders verraten. Mein Bruder ist dann vom Gericht verurteilt worden und er musste jenes Brautgeld, das bei der Eheschließung festgelegt wird, zwei Mal an seine Frau bezahlen. – RI: Was hat das mit Ihnen zu tun? – P: Die Frau meines Bruders wollte sich von ihm scheiden lassen. Damit das Gericht nicht zu ihrem Nachteil entscheidet, hat sie mich an die Behörden verraten. Ich war für die Behörden nicht greifbar und im Scheidungsverfahren wurde dann mein Bruder zu diesen Zahlungen verurteilt"; siehe Prot. mV S 10). Nun spricht es bereits nicht für die Glaubhaftigkeit des Beschwerdevorbringens, wenn der – immerhin fluchtauslösende – Verrat einmal vor der Scheidung und einmal nach der Scheidung passierte. Darüber hinaus überzeugt auch in keiner Weise die Erklärung des Beschwerdeführers, dass er nicht greifbar gewesen sei für die iranischen Behörden und der Bruder dann zu diesen Zahlungen verurteilt worden sei. Vielmehr ist nicht erkennbar, weswegen sich die angebliche christliche Betätigung des Beschwerdeführers auf das Scheidungsverfahren des Bruders auswirken soll. Das erkennende Gericht stellt die Behauptung der Scheidung des Bruders außer Streit, dass die Ex-Schwägerin den Beschwerdeführer allerdings bei den Behörden angeschwärzt haben soll, ist schlicht nicht glaubhaft. Dies vor allem im Hinblick auf die Aussage des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht, die Ex-Schwägerin hätte ihn verraten und danach sei der Bruder vom Gericht verurteilt worden. Dass dies in irgendeinem Zusammenhang steht ist nicht erkennbar, zumal das erkennende Gericht auch davon ausgeht, dass der angebliche Verrat durch die Schwägerin in Wahrheit niemals stattgefunden hat. Dass das angebliche – in keiner Weise substantiiert behauptete – Ausreiseverbot des Bruders (AS 182) mit dem Beschwerdeführer in Zusammenhang stehe, ist nicht erkennbar. Darüber hinaus erwähnte der Beschwerdeführer das Ausreiseverbot des Bruders vor dem erkennenden Gericht nicht einmal mehr, obwohl er ausdrücklich danach gefragt wurde, wie es seiner Familie nach der Razzia weitererging (Prot. mV S 10). Daran anschließend erweist sich auch die behauptete Razzia durch iranische Behörden beim Beschwerdeführer zu Hause im Iran als nicht glaubhaft. So erscheint es dem erkennenden Gericht gerade lebensfremd, dass der Beschwerdeführer – unter höchstem Risiko – christliche Texte bzw. Bücher aus dem Ausland in den Iran schmuggelte, um seiner Schwester das Christentum näher zu bringen (Prot. mV S 9). So nebenbei sei noch erwähnt, dass der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde anführte, die Polizei hätte seinen PC (AS 183) mitgenommen, im Zuge der Beschwerde auf einmal vorbrachte der Computer der Schwester (AS 269) sei beschlagnahmt worden um dann vor dem erkennenden Gericht schließlich anzugeben, sein Laptop sei mitgenommen worden (Prot. mV S 9). Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Durchsuchungen an iranischen Flughäfen auf der Suche nach Alkohol oder Drogen konzentrieren, so erscheint es trotzdem lebensfremd, dass der Beschwerdeführer trotzdem ein derartiges Risiko eingeht um christliche Texte oder sogar die Bibel mitzunehmen, nur um seiner Schwester angeblich das Christentum näher zu bringen, bedenkt man, dass gerade auf das Verbreiten von solchen Schriften bereits drakonische Strafen stehen. Darüber hinaus ist es aber auch völlig unglaubhaft, dass der Beschwerdeführer seine Schwester, der er ja angeblich das Christentum näherbringen will, einer derartigen Gefahr aussetzt. Würde es darüber hinaus zutreffen, dass tatsächlich derart viel christliches Material beschlagnahmt wurde, verwundert es darüber hinaus auch, dass offenbar den Familienmitgliedern überhaupt keine Konsequenzen durch die angebliche Razzia drohten, obwohl das erkennende Gericht den Beschwerdeführer ausdrücklich danach fragte, wie es denn der Familie weitererging nach der Razzia (Prot. mV S 10) und der Beschwerdeführer eben mit keinem Wort Konsequenzen für seine Eltern bzw. Geschwister erwähnte, insbesondere auch nicht die Schwester, deren PC ja angeblich beschlagnahmt worden sein soll. Warum gerade angeblich der Bruder aufgrund der Anzeige seiner Ex-Frau Probleme erhalten hat, jedoch der Rest der Familie nach einer Razzia offenbar völlig unbehelligt weiterleben konnte verwundert das erkennende Gericht im höchsten Maße. Vielmehr verneinte der Beschwerdeführer sogar vor der belangten Behörde, dass ein Haftbefehl gegen ihn existiert (AS 181), obwohl ja angeblich durch den Tipp der Ex-Schwägerin bei den Eltern eine Razzia durchgeführt wurde und dort belastendes Material und eine Bibel gefunden wurde. Völlig unglaubhaft wird es aber, wenn der Beschwerdeführer darüber spricht, wie er überhaupt zu einer Bibel im Iran kam, wobei sich für das erkennende Gericht aus der allgemeinen Lebenserfahrung aber auch aus der eigenen Berufserfahrung ergibt, dass dies ein besonders einschneidendes Erlebnis eines jeden Konvertiten darstellt. Nun schilderte der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht, dass er im Zuge seines Wehrdienstes – er sei als Offizier aufgenommen worden – einen armenisch-christlichen Zimmerkameraden gehabt hätte, mit welchem er sich angefreundet hätte. Nach ca. 50 Tagen seien sie dann alle auf andere Städte aufgeteilt worden und hätte er dem armenisch-christlichen Kameraden zum Abschied einen Tasbeh geschenkt. Im Gegenzug habe er von seinem Kameraden ein eingepacktes Geschenk erhalten und habe ihn der Freund gebeten, es erst zu Hause aufzumachen. Befragt, weswegen der armenische Freund ihm eine Bibel geschenkt hätte, führte der Beschwerdeführer nur lapidar aus "Ich weiß es nicht. Wir waren sehr gut befreundet. Vielleicht war sein Ziel, mich zu seinem Glauben einzuladen oder hat es als Aufgabe gesehen, mich zu missionieren." (Prot. mV S 13). Nun erscheint dies dem erkennenden Gericht als besonders lebensfremd und bemerkenswert. Es widerspricht völlig jeglicher Lebenserfahrung bzw. Menschenverstand, dass ein armenischer Christ im Iran derart plump versucht während seiner Armeezeit und noch dazu als Offiziersanwärter jemanden "zum Glauben einzuladen". Armenischen Christen ist – wie sich auch aus den einschlägigen Länderberichten ergibt – die Ausübung ihres Glaubens im Iran grundsätzlich erlaubt, jedoch ist es auch ihnen verboten Moslems zu missionieren. Dass nun jemand, der den Beschwerdeführer seit 50 Tagen kennt, tatsächlich das Risiko eingeht, dass er ihm eine Bibel schenkt, selbst wenn diese im Übergabezeitpunkt verpackt war, ist völlig unglaubhaft. Selbst wenn man dies als Versuch der Missionierung interpretiert, so erschließt sich für das erkennende Gericht in keiner Weise, dass der Beschwerdeführer nicht einmal angeben konnte, weswegen ihm der armenisch-christliche Kamerad eine Bibel geschenkt habe. Vielmehr wäre es naheliegend, dass vorher bereits zumindest vorsichtig ein Gespräch über den Glauben oder das Christentum geführt worden wäre, alleine schon aus Sicht des armenisch-christlichen Kameraden des Beschwerdeführers, andernfalls er sich doch dem Risiko ausgesetzt hätte, dass der Beschwerdeführer ihn umgehend nach Erhalt der Bibel verraten hätte. Alleine, dass der Beschwerdeführer ausschließlich Vermutungen aufstellen kann, weswegen er eine Bibel geschenkt bekommen habe, spricht aus Sicht des erkennenden Gerichtes gegen die Glaubhaftigkeit. Wie oben dargestellt, entspricht es aus Sicht des erkennenden Gerichtes eben gerade nicht der Lebenserfahrung, dass in einem Staat wie dem Iran unter Armeeangehörigen, ja Offiziersanwärtern, Bibeln ausgetauscht werden, ohne dass zumindest vorher irgendwann einmal das Thema darauf gelenkt wurde. Im Ergebnis kommt das erkennende Gericht daher zum Schluss, dass sich die durch den Beschwerdeführer vorgetragene Geschichte zu seiner Bedrohung im Iran in Wahrheit nie stattgefunden hat und rein aus einem asyltaktischen Gesichtspunkt vorgetragen wurde, nämlich um durch eine konstruierte Bedrohung durch die iranischen Behörden seine Chancen auf Asyl zu erhöhen.

Das erkennende Gericht übersieht in seinen Überlegungen in weiterer Folge nicht, dass die offensichtlich nicht der Wahrheit entsprechenden Ausführungen des Beschwerdeführers seiner persönlichen Glaubwürdigkeit, insbesondere der Glaubhaftigkeit seines Asylvorbringens, nämlich der Konversion zum Christentum nicht zuträglich ist. Auf den Wahrheitsgehalt des ausreisekausalen Vorbringens kommt es aber gegenständlich im Ergebnis nicht an, sondern auf die derzeitige christliche Überzeugung. Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen, dass die Antworten des Beschwerdeführers im Zuge seiner Einvernahme am 12.9.2017 (AS 177) nicht überzeugen waren. So konnte der Beschwerdeführer, der im Jahr 2017 immerhin schon seit fünf Jahren eine Freikirche besuchte (Prot. mV S 15: "Ich bin im November 2012 zur XXXX Gemeinde gegangen" [Anonymisierung durch das erkennende Gericht]) weder angeben, wer die Heiligen Drei Könige waren, noch was die 95 Thesen Luthers waren, geschweige denn, was die Bergpredigt besagt (AS 184). Dabei ist allerdings zu beachten, dass es gegenständlich um die derzeitige Glaubensüberzeugung geht, also um die Frage, ob derzeitig von einer inneren Hinwendung zum Christentum ausgegangen werden kann. Dies ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes aus den folgenden Überlegungen zu bejahen:

Zunächst lebt der Beschwerdeführer seinen christlichen Glauben öffentlichkeitswirksam. Der Beschwerdeführer besucht mittlerweile seit dem Jahr 2012 durchgehend eine persisch-christliche Freikirche in Wien und engagiert sich auch in dieser Kirche. Es sei zunächst dahingestellt, wie der Beschwerdeführer zu dieser Kirche kam, jedoch erscheint es dem erkennenden Gericht tatsächlich glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht angab, dort werde seine Muttersprache gesprochen und könne er den Inhalten besser folgen (Prot. mV S 15), obwohl damit kein religiöses Motiv dargelegt wird. Der Beschwerdeführer wurde dort auch nach einer mehrmonatigen Vorbereitung im Jahr 2016 getauft (AS 43 zur Taufbestätigung bzw. Prot. mV S 16 bzw. Aussage Zeuge XXXX , S 2f), ebenso wie seine Frau (Aussage Zeugin XXXX , S 3). Der Beschwerdeführer besucht regelmäßig den Gottesdienst in der persischen Freikirche (Prot. mV S 18) und nimmt auch an anderen Veranstaltungen teil, aufgrund der äußeren Umstände derzeit nur eingeschränkt (Aussage Zeuge XXXX , S 2 bzw. insbesondere Aussage Zeugin XXXX , S 3). Der Beschwerdeführer übernimmt – wiederum gemeinsam mit seiner Frau – die Leitung der Gottesdienste. Der Beschwerdeführer moderiert dabei die Gottesdienste und legt den Ablauf fest. Dafür besucht der Beschwerdeführer auch ca. einmal im Monat eine Art Schulung, gemeinsam mit seiner Frau (Prot. mV S 18). Zur evangelikalen österreichischen Gemeinde geht der Beschwerdeführer seit ca. Ende 2015 (Prot. mV S 15; Aussage Zeuge XXXX , S 2). Der Beschwerdeführer übernimmt dort Aufgaben im Ordnerdienst (Aussage Zeuge XXXX , S 3) und ist auch ein offizielles Mitglied (Aussage Zeuge XXXX , S 2 bzw. Aussage Zeuge XXXX , S 2). Nach Dafürhalten des erkennenden Gerichtes kann man das Engagement des Beschwerdeführers insbesondere in der persischen Kirche als über reine Ordnerdienste hinausgehend bezeichnen und macht es nach Dafürhalten des erkennenden Gerichtes sehr wohl einen Unterschied ob man – salopp ausgedrückt – für das Kuchenbuffet zuständig ist oder ob jemandem soweit Vertrauen durch die Glaubensgemeinde entgegengebracht wird, dass er Gottesdienste leitet. Insgesamt spricht eine derartige Einbindung in seine Glaubensgemeinschaft gegenständlich grundsätzlich für den Beschwerdeführer. Dies ergibt sich v.a. auch aus der Aussage des Zeugen XXXX , der angab, dass die Gottesdienstleiter die Gestaltung der Gottesdienstleiter selbst machen, was ebenso dafürspricht, dass sich der Beschwerdeführer wohl mehr mit dem christlichen Glauben beschäftigen muss als jemand, der zB Plätze zuweist. Das erkennende Gericht verkennt in diesem Zusammenhang gerade nicht, dass der Besuch – ja selbst der regelmäßige Besuch – von Gottesdiensten bzw. selbst die Einbindung in eine religiöse Gemeinschaft samt der Übertragung an Aufgaben in erster Linie äußere Umstände darstellen, die eben nicht zwingend die innere Hinwendung zum Christentum durch den Asylwerber bedeuten, sondern erst in Zusammenschau mit der persönlichen Glaubensüberzeugung ergibt sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer echten Konversion. Daran ändern im Übrigen auch nichts die Aussagen der einvernommenen Zeugen, die naturgemäß auch nur einen persönlichen Eindruck, den sie vom Beschwerdeführer gewonnen haben, wiedergeben können. Es ist in dieser Instanz ausschließlich dem Bundesverwaltungsgericht vorbehalten zu beurteilen, ob das Vorbringen des Beschwerdeführers glaubhaft ist oder nicht und somit auch, ob der Beschwerdeführer nur zum Schein vorgibt vom Islam abgefallen zu sein und aus niederen Bewegzwecken – nämlich der Erschleichung eines Titels – dies vorbringt. Ausschlaggebend für die Gewährung von internationalem Schutz beim Vorbringen hinsichtlich Konversion ist nämlich, ob der Beschwerdeführer aus innere Überzeugung vom Islam abgefallen ist. Das erkennende Gericht hält in diesem Zusammenhang fest, dass es die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers für besonders glaubhaft hält. Dies ergibt sich zunächst aus dem persönlichen Eindruck, den das erkennende Gericht im Zuge der Einvernahme gewinnen konnte. Die Ehefrau schilderte offen und ohne Übertreibungen den mitunter sehr beschwerlichen Alltag des Paares in Österreich zwischen Universität, dem Arbeiten um den Lebensunterhalt zu finanzieren, der überstandenen Krebserkrankung der Zeugin und dem doch schon fast sechs Jahre dauerndem Asylverfahren des Beschwerdeführers. Die Ehefrau schilderte dabei insbesondere für das erkennende Gericht überzeugend, wie sie und ihr Mann trotz diesen Schwierigkeiten in Österreich ein selbständiges und unabhängiges Leben führen können und wie sie aus innerer Überzeugung glaubt, dass dies – auch – mit Hilfe Gottes gelingt. Die Ehefrau schilderte dabei wie ihr und ihrem Mann (also dem Beschwerdeführer) der Glaube bzw. auch die Partizipation in der kirchlichen Gemeinschaft in dieser Zeit half (Aussage Zeugin XXXX , S 3f). Aus der Lebensgeschichte des Beschwerdeführers bzw. dessen Ehefrau ist für das erkennende Gericht sehr wohl erkennbar, dass sie beide den christlichen Glauben angenommen haben und auch aktiv leben. Verstärkt wird dieser Eindruck für das erkennende Gericht darüber hinaus auch noch durch den Umstand, dass die als Zeugin einvernommene Ehefrau angab, dass sie durch den Beschwerdeführer zum Christentum gekommen ist (Aussage Zeugin XXXX , S 3) und ja auch die Ehefrau sich aktiv im Kirchenleben einbringt. Die dargelegte Einbindung des Beschwerdeführers in die christliche Gemeinde, in der er aus Sicht des erkennenden Gerichtes durchaus Aufgaben von übergeordneter Bedeutung übernimmt, sprechen im Sinne einer Gesamtbetrachtung aller bekannten Tatsachen für das erkennende Gericht – nachdem es sich in der mündlichen Verhandlung ein umfassendes Bild von der Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers machen konnte – im Ergebnis davon aus, dass im Fall des Beschwerdeführers eine ernsthafte Konversion vorliegt. Der Beschwerdeführer konnte, insbesondere durch die überzeugenden Angaben seiner Ehefrau, glaubhaft machen, dass er sich aus innerer Überzeugung dem Christentum angeschlossen hat und dieses als Christ aktiv praktiziert. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Iran seinen christlichen Glauben ablegen und sich (wieder) dem Islam zuwenden würde. Das erkennende Gericht hält zum Schluss fest, dass die Angaben der beantragten Zeugen über weite Strecken zum Ermittlungsergebnis wenig beigetragen haben. So brachte der beantragte Zeuge Mag. XXXX vor, er hätte beim Beschwerdeführer den Eindruck, dass ein Christ vor ihm stehe. Als Beispiel dafür führte er aus, dass die Indizien für einen authentischen Glauben viel wahrscheinlicher seien, als die Indizien für einen "Fake-Glauben", nur um anerkannt zu werden. Er sei seit 20 Jahren selbst bekennender Christ, das zeige ihm die Erfahrung und er kenne die Szene gut. Diese Selbsteinschätzung verwundert doch einigermaßen, führte der Zeuge – durch die Rechtsvertreterin befragt – selbst aus, in seiner Freikirche seien ungefähr fünf Personen mit arabischen oder iranischen Hintergrund dabei, bei insgesamt ca. 120 Mitgliedern. Woher der Zeuge nun seine Expertise und seinen Einblick in die "Szene" nimmt, erschießt sich dem erkennenden Gericht bei ganzen fünf Mitgliedern und der Angabe, dass es in seiner Kirche noch nie zu einer Scheinkonversion gekommen sei, nicht einmal ansatzweise (vgl. Aussage Zeuge XXXX , S 2). Soweit der Zeuge XXXX ausführte, das christliche Leben des Beschwerdeführers mache er – zusammengefasst – daran fest, dass der Beschwerdeführer hilfsbereit, liebevoll und geduldig sei (Aussage Zeuge XXXX , S 3), ist entgegenzuhalten, dass für das erkennende Gericht damit in keiner Weise aufgezeigt wird, in wie fern dies Eigenschaften sein sollen, die mit dem christlichen Leben des Beschwerdeführers überhaupt in Zusammenhang stehen. Im Ergebnis ändert dies allerdings nichts an der Einschätzung des erkennenden Gerichtes, dass sich der Beschwerdeführer dem Christentum zugewandt hat und dies auch im Falle seiner Rückkehr nicht ablegen würde.

2.3 Zu den Länderfeststellungen zur maßgeblichen Lage im Iran:

Die getroffenen Länderfeststellungen stützen sich auf den Abschnitt "Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen" im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran (Gesamtaktualisierung vom 14.6.2019).

Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asylrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen – sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges – handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten – von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen – diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten – immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse – der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen – allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden – aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, GZ. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, GZ 2000/01/0348).

Im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die hier verwendeten Länderberichte zum Iran übermittelt; eine Stellungnahme wurde nicht erstattet. Anhaltspunkte dafür, dass die Länderberichte falsch oder unvollständig seien, wurden nicht aufgezeigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. Stattgebung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG:

§ 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet auszugsweise:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

…"

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." (vgl. VfSlg 19.086/2010; VfGH vom 12.6.2010, U 613/10).

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. das Erk. des VwGH vom 23.2.2016, Zl. Ra 2015/20/0113, mwN). Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. das Erk. des VwGH vom 28.5.2009, Zl. 2008/19/1031, mwN). Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen (vgl. das Erk. des VwGH vom 15.3.2016, Zl. Ra 2015/01/0069).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend (VwGH vom 3.5.2016, Ra 2015/18/0212).

Zum Fluchtgrund der Konversion zum Christentum:

Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. unter vielen VwGH vom 23.1.2019, Zl. Ra 2018/19/0453).

Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst (vgl. etwa das Erk vom 24. Oktober 2001, Zl. 99/20/0550; das Erk vom 17. September 2008, Zl. 2008/23/0675, je mwN). Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits – durch die Taufe – erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2003/20/0544; das Erk. des VwGH vom 23.6.2015, Zl. Ra 2014/01/0120 zum Herkunftsstaat Marokko). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist in Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum nicht entscheidend, ob der Religionswechsel bereits – durch die Taufe – erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. unter vielen VwGH vom 23.1.2019, Zl. Ra 2018/19/0453).

Es kommt nach der Rechtsprechung des EuGH darauf an, ob der Asylbewerber aufgrund der Ausübung der Religionsfreiheit in seinem Herkunftsland u.a. tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (vgl. das Urteil des EuGH vom 5.9.2012, C-71/11 bzw. C-99/11).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich eine nähere Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten unmittelbaren Ausreisegründen, nämlich der ihm bekannt gewordenen Verfolgung durch Beamte der iranischen Polizei nach Besuch einer Hauskirche, im gegenständlichen Fall erübrigt, da es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung ankommt, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH vom 26.3.2019, Ra 2018/19/0530) und sich alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund ohnedies nicht schlüssig begründen ließe, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien (vgl. VwGH vom 2.9.2015, Ra 2015/19/0091). An der tatsächlichen Zuwendung zum Christentum hegt das erkennende Gericht ebenso wenig Zweifel wie an dem Bedürfnis des Beschwerdeführers sein weiteres Leben als Christ zu führen.

Nach iranischem Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem. Wie das erkennende Gericht festgestellt hat, hat sich der Beschwerdeführer (zwischenzeitlich) aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben hingewandt und würde ihn auch im Falle seiner Rückkehr in den Iran weiterhin leben. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner wiederum folgt, dass der Beschwerdeführer – unter den konkreten, individuell seine Person betreffenden Umständen – bei einer Rückkehr in den Iran dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaats zu bedienen. Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen der in Artikel 1 Abschnitt C und F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe und der Ausschlussgründe nach § 6 AsylG 2005 ergeben. Da dem Beschwerdeführer die genannten Verfolgungshandlungen im gesamten Iran drohen würden, kann eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 nicht erkannt werden.

Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gegeben. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich – wie bereits ausgeführt – eine nähere Auseinandersetzung mit den ursprünglichen Ausreisegründen und war das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers damit nicht mehr zu beurteilen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.2 Behebung der restlichen Spruchpunkte:

Da mit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die rechtlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheids weggefallen sind waren diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Apostasie asylrechtlich relevante Verfolgung ersatzlose Teilbehebung Flüchtlingseigenschaft Konversion religiöse Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L525.2175777.1.00

Im RIS seit

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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