TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/5 L507 2221308-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.10.2020
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Entscheidungsdatum

05.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L507 2221308-2

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HABERSACK über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Israel, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.09.2020,

A)

I. den Beschluss gefasst:

Das Verfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

1. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt wird.

2. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und gemäß § 55 Abs. 2 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gewährt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Israel.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer schizo-affektiven Psychose, derzeit manisch-psychotisch (ICD-10 F 25.01), Straftaten begangen hat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafen bedroht sind. Er hat Taten begangen, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB und als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zuzurechnen wären und mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind, und derentwegen er nur wegen seines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands nicht bestraft werden kann. Nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat sei zu befürchten, dass er in Zukunft unter dem Einfluss seiner geistigen und seelischen Abartigkeit eine weitere mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen wird. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Gemäß § 45 StGB wurde die Einweisung unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer am XXXX in Wien unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, und zwar auf einer schizo-affektiven Psychose, XXXX gefährlich mit dem Tod bzw. mit einer Gefährdung durch Sprengmittel bedroht hat, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er fernmündlich äußerte, er werde eine Bombe in den Verein „ XXXX “ werfen bzw. diesen in die Luft sprengen. Der Beschwerdeführer hat hierdurch eine Tat begangen, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, und die ihm, wäre er zurechnungsfähig gewesen, als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zuzurechnen wäre. Da nach der Person und dem Zustand des Beschwerdeführers, sowie nach der Art der Tat zu befürchten sei, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad in Zukunft weitere mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen begehen werde, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Ferner wurde mit Beschluss gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 StGB iVm § 494a Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 StPO die mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , gewährte bedingte Einweisung gemäß § 21 Abs. 1 StGB widerrufen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 24.01.2019 in der Justizanstalt XXXX , wo er nach wie vor aufhältig ist.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.02.2020,
Zl. 160454010 - 180988337, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß
§ 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Israel zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.).

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 20.02.2020 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 13.03.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

2. Am 23.09.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Im Rahmen dieser Verhandlung wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen werden. Hinsichtlich der Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides wurden die Beschwerden aufrechterhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Israel.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Name des Beschwerdeführers lautet: XXXX .

Die Mutter des Beschwerdeführers ist österreichische Staatsangehörige und ist in Wien wohnhaft. Der Beschwerdeführer lebte von 1981 bis 2002 in Österreich, hat in Wien die Schule und eine Berufsausbildung absolviert und spricht fließend Deutsch. Eine Tante des Beschwerdeführers ist ebenfalls in Österreich wohnhaft.

Im Zuge von Besuchen bei seinen Verwandten in Wien wurde der Beschwerdeführer in Österreich straffällig und deswegen zweimal rechtskräftig verurteilt. Da der Beschwerdeführer an einer schizo-affektiven Psychose leidet und die Straftaten unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurden, waren ihm diese Straftat nicht zuzurechnen und wurde der Beschwerdeführer aufgrund dessen gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der Beschwerdeführer leidet seit 1995 an einer schizo-affektiven Psychose und wurde diesbezüglich bereits in Israel medizinisch bzw. psychiatrisch behandelt. Der Beschwerdeführer steht im Rahmen der Maßnahmenunterbringung in der Justizanstalt XXXX nach wie vor in medizinischer bzw. psychiatrischer Behandlung. Er nimmt die ihm angebotenen Therapien in Anspruch und verweigert auch nicht die Einnahme der ihm verordneten Medikamente.

Im Falle einer Rückkehr nach Israel hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Pension im Ausmaß von ungefähr € 1000 monatlich und ist somit selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer beabsichtigt nach seiner Entlassung aus der Maßnahmenunterbringung unverzüglich nach Israel zurückzukehren. In Israel wird der Beschwerdeführer anfänglich von seiner Mutter unterstützt werden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des BFA und der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.09.2020.

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus Akteninhalt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität des Beschwerdeführers sowie hinsichtlich seiner Aufenthalte im österreichischen Bundesgebiet sowie zu seinen verwandtschaftlichen Bindungen in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt und den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zum Namen des Beschwerdeführers waren aufgrund der glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers zu treffen sowie aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer von den österreichischen Strafgerichten unter diesen Personalien geführt wird bzw. wurde.

Die Feststellungen zu den rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers stützen sich auf die im Akt einliegenden Strafurteile.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützen sich auf die Ausführungen in den Strafurteilen.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer an Therapien teilnimmt und regelmäßig seine Medikamente einnimmt, waren aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers sowie der Aussagen einer mit der psychologischen Behandlung des Beschwerdeführers betrauten klinischen Psychologin im Zuge der der mündlichen Verhandlung zu treffen.

Die Feststellungen zum Anspruch des Beschwerdeführers auf den Erhalt einer Pension im Falle einer Rückkehr nach Israel bzw. zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf seine eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1. Zu Spruchteil A) I.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.

Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des Bescheides des BFA vom 17.02.2020, Zl. 160454010 - 180988337, sind die Spruchpunkte
I., II. und III. dieses Bescheides in Rechtskraft erwachsen, weshalb das diesbezügliche hg. Verfahren mit Beschluss einzustellen war.

3.2. Zu Spruchteil A) II.

3.2.1. Zum Einreiseverbot

3.2.1.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(...)

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

(...).

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

3.2.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergab sich Folgendes:

Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dabei stützte sich das BFA auf die rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen von August 2018 wegen schwerer Nötigung und gefährlicher Drohung und Jänner 2019 wegen gefährlicher Drohung, wobei der Beschwerdeführer diese Straftaten in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand geistiger und seelischer Abartigkeit höheren Grades begangen hat.

Bei der Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers vom August 2017 ging voraus, dass er mehrmals Polizeibeamten gegenüber die Herausgabe eines sehr hohen Geldbetrages forderte, wobei er mit dem Tod von Personen drohte, die unter den Schutz der Polizeibeamten gestellt waren und Polizeibeamte mit dem Tod bedrohte.

Der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers im Jänner 2019 ging voraus, dass er eine Mitarbeiterin einer Gesellschaft für psychische und soziale Gesundheit mit dem Tod bzw. mit einer Gefährdung durch Sprengmittel bedrohte.

§ 164 StVG (Strafvollzugsgesetz) besagt, dass die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher die Untergebrachten davon abhalten soll, unter dem Einfluss ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit mit Strafe bedrohten Handlungen zu begehen. Die Unterbringung soll den Zustand der Untergebrachten soweit bessern, dass von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen.

Im Strafurteil vom August 2017 wurde unter anderem Folgendes festgehalten:

„Aufgrund des eingeholten psychiatrischen Gutachtens steht fest, dass der Betroffene an einer schizoaffektiven Psychose in einem derzeit manisch-psychotischen Zustand leidet. Im Tatzeitpunkt der Tathandlungen war die Diskretion- und Dispositionsfähigkeit aufgehoben, weshalb eine Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 11 StGB bei vorlag. Es handelt sich bei seiner psychiatrischen Erkrankung um eine geistig seelische Abartigkeit höheren Grades im Sinne des § 21 Abs. 1 StGB. Diese war für die Tathandlungen kausal. Für den Fall, dass die Krankheit des Betroffenen unbehandelt bleibt, ist mit weiteren gleichartigen Taten mit schweren Folgenbeschwerden Drohungen, aber allenfalls auch Körperverletzungsdelikten zu rechnen.

Allerdings konnte der Betroffene im Rahmen seiner vorläufigen Anhaltung in der Justizanstalt XXXX gut behandelt und medikamentös eingestellt werden, sodass im Verhandlungszeitpunkt die Wahnsymptomatik sich bereits in Juxta Position befand und sich keine erhöhte paranoide Reaktionsbereitschaft mehr zeigte. Der Betroffene konnte eine ausreichende Krankheits- und Therapieeinsicht entwickeln und akzeptierte auch eine depotneuroleptische Therapie bereitwillig und komplikationslos. Zwar braucht der Betroffene aufgrund seiner schizoaffektiven Störung auch zukünftig eine strukturierte psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und Betreuung, aufgrund seines für die Erkrankung hohen Funktionsniveaus und seiner ausreichenden Reflexionsfähigkeit kann die einweisungsrelevante Gefährlichkeit in einem ausreichend strukturierten sozialen Empfangsraum allenfalls auch extramural hintangehalten werden.

[]

Da der Betroffene im Tatzeitpunkt aufgrund seiner schweren geistig seelischen Abartigkeit zurechnungsunfähig war, kommt die Bestrafung des Genannten nicht in Betracht. Allerdings handelt es sich bei den Taten um solche, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind. Da der Betroffene aufgrund seiner Krankheit gefährlich ist und davon auszugehen ist, dass er ohne Einweisung weiterhin gleichartige Taten mit schweren Folgen begehen wird, war der Betroffene in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen.

Allerdings konnte die Einweisung unter Erteilung der im Spruch genannten Weisungen unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen werden.“

Für die Dauer der Probezeit wurden folgende Weisungen erteilt:

1) regelmäßige fachärztliche Kontrollen inklusive der jeweils erforderlichen Medikation sowie regelmäßige Blutspiegelkontrollen zur Überprüfung der Medikamenteneinnahme

2) absolute Alkoholkarenz mit regelmäßigen Laborkontrollen

3) Wohnsitznahme beim Verein XXXX samt Einhaltung der Hausordnung und Teilnahme an der externen Tagesstruktur

4) psychotherapeutische Beratung, Betreuung und Behandlung beim FTZW oder einer ähnlichen geeigneten Einrichtung.

Im Strafurteil vom Jänner 2019 wurde unter anderem Folgendes ausgeführt:

„Der Betroffene leidet an einer schwerwiegenden Geisteskrankheit in Form einer schizoaffektiven Psychose, welche erstmals im Zuge des hg. Verfahrens AZ XXXX diagnostiziert wurde. Der damalige Sachverständige [] stellte fest, dass der Betroffene die in besagtem Verfahren vorgeworfene Tat unter dem Einfluss dieser Geisteskrankheit begangen hat und daher die Voraussetzungen des § 11 StGB erfüllt seien, weshalb der Betroffene eingewiesen wurde. Die Einweisung wurde bedingt nachgesehen.

Die bedingte Maßnahmenunterbringung führte jedoch nicht dazu, dass der Betroffene nachhaltig stabilisiert worden wäre und sich gedeihliche weiterentwickelt hätte. Er brach im Gegenteil die Behandlung ab und setzte die Medikamente ab. Krankheitsimmanent finden sich daher hochgradig problematische Mechanismen. Es ist somit davon auszugehen, dass der Betroffene unter dem Eindruck seiner geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades mit großer Wahrscheinlichkeit erneut strafbare Handlungen mit schweren Folgen, wie qualifizierte Todesdrohungen oder Nötigungen, setzen wird.

[]

Der Betroffene war am Tattag jedoch in einem hochpsychotischen Zustand, der dazu führte, dass die Diskretionsfähigkeit und die Dispositionsfähigkeit aufgehoben waren.

[]

Die Feststellungen zur Gefährlichkeitsprognose stützen sich sowohl auf das schriftliche und mündlich erörterte Gutachten des Sachverständigen [], als auch die Tatsache, dass die im August 2017 erfolgte bedingte Einweisung zu keiner Stabilisierung führte und der Betroffene seine Behandlung abbrach. Der Sachverständige legte in seinem Gutachten nachvollziehbar dar, dass die Prognose, dass der Betroffene erneut einschlägige strafbare Handlungen begehen werde, aufgrund der hohen Gefährlichkeit des Betroffenen denkbar ungünstig sei. Beim Betroffenen findet sich keinerlei sozial geordnete Einbettung, was allenfalls eine ordnende und vor allem kontrollierende Struktur gäbe. Zudem zeigt der Betroffene nur oberflächlich kritisch Einsicht in seine Erkrankung und auch in der Vergangenheit gab es schwerste Probleme in Richtung Compliance. Auch besteht eine gewisse Neigung zum Cannabismissbrauch. Selbst im Rahmen der bedingten Maßnahmeeinweisung kam es zu keiner nachhaltigen Stabilisierung und prosperen Entwicklung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Betroffene angesichts der gegenständlichen Delinquenz wieder in das alte Muster verfallen ist, die Gefährlichkeit, die von mir von ihm ausgeht, groß ist und die Zukunftsprognose daher als ungünstig einzustufen ist.

Der Sachverständige konnte auch für das Schöffengericht schlüssig darlegen, weshalb eine Therapie in einem geschlossenen Maßnahmenvollzug für den Betroffenen am zielführendsten sei. Es besteht nämlich die Gefahr, dass der Betroffene mit großer Wahrscheinlichkeit erneut strafbare Handlungen mit schweren Folgen wie die gegenständlichen begehen werde. Die Einschätzung des Sachverständigen entspricht jener der forensisch-psychiatrischen Abteilung der Justizanstalt XXXX , wonach der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung auch künftig eine engmaschige psychiatrische und psychotherapeutische Betreuung benötigen wird. Ein sozialer Empfangsraum ist nicht in ausreichendem Maße gegeben. Die Compliance bezüglich der psychopharmakologischen Therapie wäre in einem weniger eng strukturierten Umfeld fraglich. Es besteht derzeit nur eine bedingte Krankheits- und Therapieeinsicht.“

Wie den obigen – insbesondere auf Sachverständigengutachten gestützten – Ausführungen aus dem Strafurteil zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführer deshalb in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, um ihm in einem entsprechenden Betreuungsumfeld eine geeignete medikamentöse und psychologische Behandlung zur nachhaltigen und dauerhaften Stabilisierung zukommen lassen zu können.

Der Beschwerdeführer befindet sich nunmehr seit dem 24.01.2019 in der Justizanstalt XXXX , wo er in psychiatrische und psychologische Betreuung ist.

Den Ausführungen der den Beschwerdeführer betreuenden klinischen Psychologin in der mündlichen Verhandlung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an allen ihm angebotenen Therapien teilnimmt und auch seine Medikamente regelmäßig einnimmt. Der Beschwerdeführer setzt sich im Rahmen dieser Therapien bzw. der Behandlungen mit seiner Krankheit auseinander und ist ihm – seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung folgend – vollkommen bewusst, dass er an einer schweren psychischen Erkrankung leidet. Der Beschwerdeführer hat mittlerweile gute Fortschritte gemacht, weshalb es ihm auch erlaubt wird ohne Begleitung eines Justizwachebeamten aber in Begleitung eines Diplomsozialbetreuers die Justizanstalt für verschiedene Besorgungen und Einkäufe zu verlassen.

Trotz dieser Behandlungsfortschritte ist aber derzeit im Hinblick auf die Ausführungen im Strafurteil vom Jänner 2019 von keiner positiven Zukunftsprognose auszugehen, zumal laut Ausführungen des Sachverständigen die Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer mit großer Wahrscheinlichkeit erneut strafbare Handlungen mit schweren Folgen wie die im Urteil angeführten Straftaten (gefährliche Drohung) begehen werde, weshalb er aufgrund seiner Erkrankung auch künftig eine engmaschige psychiatrische und psychotherapeutische Betreuung benötigen wird

Vom derzeit (nach wie vor) in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aufhältigen Beschwerdeführer geht daher jedenfalls eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 53 Abs. 3 Z 1 FPG aus.

Das vom BFA gegen den Beschwerdeführer erlassene Einreiseverbot war demnach somit dem Grunde nach gerechtfertigt.

3.2.1.3. Bei der Bemessung des Einreiseverbotes kann sich die Behörde zudem nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).

Der Beschwerdeführer hat von 1981 bis 2002 in Österreich gelebt, hat hier seine Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen und spricht fließend deutsch. Zudem leben die Mutter des Beschwerdeführers eine österreichische Staatsangehörige und eine Tante in Österreich bzw. in Wien.

Der für gewöhnlich in Israel lebende Beschwerdeführer hat bisher seine familiären und privaten Bindungen zu seiner Mutter und seiner Tante durch regelmäßige Besuche in Österreich bzw. in Wien aufrechterhalten.

Der Beschwerdeführer hat sich nunmehr dazu entschlossen, unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Maßnahmenunterbringung nach Israel zurück zu kehren, zumal er dort Anspruch auf ein regelmäßiges Einkommen in Form einer Pension hat und ihm in Israel eine seinem Krankheitszustand entsprechende medizinische bzw. psychologische oder psychiatrische Behandlung zur Verfügung steht. Zu Beginn seines Aufenthaltes in Israel wird er von seiner Mutter unterstützt werden, die ihn zu diesem Zweck nach Israel begleiten wird.

Im Hinblick auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich und unter Berücksichtigung der bisherigen Fortschritte im Rahmen der medizinischen bzw. psychologischen und psychiatrischen Behandlung des Beschwerdeführers war die Dauer des vom BFA erlassenen Einreiseverbotes daher spruchgemäß in angemessener Weise auf zwei Jahre herabzusetzen und der Beschwerde nur insoweit stattzugeben.

3.2.2. Zur Frist für die freiwillige Ausreise

In Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt, zumal mit Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß
§ 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Mit hg. Beschluss vom 16.04.2020 wurde gegenständliche Beschwerde gemäß
§ 18 Abs. 5 BFA-VG die aufhört würde Wirkung zuerkannt.

Vor diesem Hintergrund im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Maßnahmenunterbringung nicht feststeht und im Einklang mit der Absicht des Beschwerdeführers unmittelbar nach der Entlassung aus der Maßnahmenunterbringung Österreich freiwillig zu verlassen und nach Israel zurückzukehren, war eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Einreiseverbot Familienleben Fristverlängerung Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Herabsetzung psychiatrische Erkrankung strafrechtliche Verurteilung Teileinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L507.2221308.2.01

Im RIS seit

28.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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