TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/24 94/08/0229

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Veröffentlicht am 24.06.1997
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des I in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 1. September 1994, Zl. IVa-AlV-7022-9-B/1393 260739/Linz, betreffend Einstellung sowie Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 3. (mit Wirksamkeit für den 1.) November 1992 beim Arbeitsamt Linz einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach der dabei vorgelegten Arbeitsbescheinigung habe sein Dienstverhältnis als Geschäftsführer der P. GmbH mit 31. Oktober 1992 geendet.

Mit Bescheid vom 24. November 1992 gab das Arbeitsamt dem Antrag keine Folge, da der Beschwerdeführer weiterhin Geschäftsführer der P. GmbH sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er gab dabei im wesentlichen an, sein Dienstverhältnis sei aus Kostengründen mit 31. Oktober 1992 aufgelöst worden. Seine Funktion in der Gesellschaft beschränke sich nunmehr auf jene Pflichten, die ihm in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und nomineller Geschäftsführer auch ohne Dienstverhältnis oblegen. Er sei zur Zeit nicht nur ohne Einkommen und Versicherung, sondern auch ohne (geregelte) Arbeit.

Das Landesarbeitsamt Oberösterreich führte daraufhin ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, wobei der Beschwerdeführer am 19. Jänner 1993 niederschriftlich u.a. angab, in der P. GmbH nur mehr mit der Betreuung bestehender Produkte befaßt zu sein. Wenn er in der Gesellschaft erscheine, dann im Rahmen seiner Funktion als Gesellschafter, wenn z.B. für die Gesellschaft finanzielle Entscheidungen getroffen werden müßten.

Mit Bescheid vom 19. Februar 1993 gab das Landesarbeitsamt Oberösterreich der Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG statt, hob den Bescheid des Arbeitsamtes auf und verwies die Rechtssache zur Durchführung weiterer Ermittlungen und der allfälligen Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsamt zurück. Das Landesarbeitsamt vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, daß aufgrund der logischen und widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers anläßlich der Niederschrift vom 19. Jänner 1993 davon auszugehen sei, daß beim Beschwerdeführer seit der Beendigung seiner Beschäftigung bei der P. GmbH Arbeitslosigkeit vorliege. Zweifel seien jedoch entstanden, ob während der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer bei der P. GmbH überhaupt ein

arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei, das eine neue Anwartschaft für den Anspruch auf Arbeitslosengeld begründe. Diesbezüglich sei eine Überprüfung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse veranlaßt worden. Zu prüfen bleibe aber auf jeden Fall, ob nicht ein Anspruch auf Fortbezug der Notstandshilfe bestehe, da sich der Beschwerdeführer nach seinen Angaben bei der Antragstellung vom Jänner 1985 bis 1988 im Ausland aufgehalten habe und anschließend zumindest vom 1. Jänner 1990 bis 31. Oktober 1992 eine selbständige Erwerbstätigkeit vorgelegen sei. Daher werde der Bescheid der Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur ergänzenden Ermittlung und allfälligen Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsamt zurückverwiesen.

Das Arbeitsamt Linz gewährte daraufhin dem Beschwerdeführer vom 1. November 1992 bis 2. November 1996 Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.

Im Anschluß an eine von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse bei der P. GmbH durchgeführte Beitragsprüfung wurde dem Arbeitsamt im Februar 1994 mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer weiterhin für diese Gesellschaft tätig sei. Dieser gab dazu in einer Niederschrift vom 4. März 1994 vor dem Arbeitsamt Linz im wesentlichen an, weiterhin handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer zu sein. Er sei durchschnittlich ca. 10 bis 12 Stunden pro Woche für die Gesellschaft tätig. Als Entschädigung für seine Tätigkeit würde er lediglich Kilometergeld sowie Tages- und Nächtigungsgelder erhalten.

Am 11. März 1994 übermittelte der Beschwerdeführer eine Aufstellung seiner Geschäftsreisen für das Jahr 1993, wobei er die Gesamtarbeitszeit mit ca. 240,25 Stunden bezifferte. Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche habe etwa 4,6 Stunden betragen. Ferner legte der Beschwerdeführer auch eine vom Steuerberater der P. GmbH mitunterfertigte Aufstellung seiner Tätigkeit für die Zeit vom 1. November 1992 bis Anfang 1994 vor, wobei er den Umfang seiner Tätigkeit inklusive Vorbereitung und Abschluß von Dienstreisen, fallweiser Hilfestellung im Tagesgeschäft und Bilanzabstimmung bzw. Beschlußfassung mit durchschnittlich 4,6 Stunden pro Woche angab.

Mit Bescheid vom 13. April 1994 widerrief das Arbeitsamt Linz nunmehr den Arbeitslosengeldbezug des Beschwerdeführers für die Zeit vom 1. November 1992 bis 31. Jänner 1994 und verfügte die Einstellung des Arbeitslosengeldes ab 1. Februar 1994. Der sich aus dem Widerruf ergebende Übergenuß in der Höhe von S 180.972,-- wurde unter Berufung auf § 25 Abs. 1 AlVG zurückgefordert.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In ihrer Begründung ging die belangte Behörde im wesentlichen davon aus, daß der Beschwerdeführer sein Beschäftigungsverhältnis zur P. GmbH nicht gelöst habe. Auf das Ausmaß der von ihm geleisteten Tätigkeit komme es daher gar nicht an. Da sich nachträglich herausgestellt habe, daß er seine Beschäftigung nicht beendet habe, sei die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen und die Leistung ab 1. Februar 1994 einzustellen gewesen. Da der Beschwerdeführer bei der Antragstellung falsche Angaben gemacht bzw. das Vorliegen von Arbeitslosigkeit ausschließenden Tatsachen verschwiegen habe, sei der Übergenuß zur Rückzahlung vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß das Landesarbeitsamt mit Bescheid vom 19. Februar 1993 unter Berufung auf § 66 Abs. 2 AVG der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsamtes vom 24. November 1992 stattgegeben und dessen Bescheid aufgehoben hat. Entscheidend dafür war im wesentlichen die (auf den Angaben des Beschwerdeführers über die Beendigung seiner tatsächlichen Beschäftigung beruhende) Auffassung, daß bei diesem

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ungeachtet des Fortbestandes seiner Geschäftsführerfunktion - "ab der Beendigung (seiner) Beschäftigung bei der P. GmbH ... Arbeitslosigkeit vorliegt". Das Arbeitsamt hat daraufhin in Bindung an die für die Behebung maßgebende (wenn auch der nunmehrigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes

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vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0138, und vom 11. Februar 1997, Zl. 96/08/0380 - widersprechende) Rechtsansicht, daß beim Beschwerdeführer Arbeitslosigkeit vorliege, diesem Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe gewährt.

Da sich nachträglich - aufgrund einer Mitteilung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Verbindung mit den nunmehrigen Angaben des Beschwerdeführers - allerdings herausgestellt hat, daß der Beschwerdeführer auch ab dem 1. November 1992 bei der P. GmbH weiterhin beschäftigt war, handelte das Arbeitsamt und in der Folge die belangte Behörde wegen der schon genannten Bindungswirkung eines auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Bescheides nicht rechtswidrig, wenn sie die dem Beschwerdeführer gewährten Leistungen widerriefen und die Einstellung des Arbeitslosengeldes ab 1. Februar 1994 verfügten.

Da der Beschwerdeführer den Bezug durch unwahre Angaben herbeigeführt hat (nach seinem Vorbringen in der Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsamtes vom 24. November 1992 sei er "ohne (geregelte) Arbeit"; vor dem Landesarbeitsamt hat er diesbezüglich am 13. Jänner 1993 angegeben, er erscheine in der Gesellschaft nur "im Rahmen seiner Funktion als Gesellschafter, wenn z.B. für die Gesellschaft finanzielle Entscheidungen getroffen werden müssen."), erweist sich auch die Rückforderung der empfangenen Leistungen mit § 25 Abs. 1 AlVG im Einklang stehend.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994080229.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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