Entscheidungsdatum
06.11.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
I403 2236524-1/9Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde kommt gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zu.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Am 17.03.2018 wurde der Beschwerdeführer festgenommen. Die belangte Behörde leitete ein Verfahren zur Erlassung eines Einreiseverbotes ein und übermittelte dem Beschwerdeführer am 26.03.2018 ein Parteiengehör. Mit Schreiben vom 10.04.2018 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab.
Am 09.01.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.
Die belangte Behörde vernahm den Beschwerdeführer am 11.03.2020. Der Beschwerdeführer behauptete, über einen spanischen Aufenthaltstitel zu verfügen. Er sei regelmäßig zwischen Österreich und Spanien hin- und hergereist, weil er Autos von Österreich nach Afrika verkauft habe. In Österreich habe er zwei Freundinnen.
Mit im Spruch genannten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.); die belangte Behörde erließ gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Absatz 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und erließ gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf zehn Jahre befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.). Die belangte Behörde gewährte gemäß § 55 Absatz 4 FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erkannte gemäß § 18 Absatz 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Der Bescheid wurde am 16.03.2020 zugestellt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14.04.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Eheschließung mit einer ungarischen Staatsbürgerin, von der er inzwischen geschieden sei, ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht habe. Gegen ihn als begünstigtem Drittstaatsangehörigem sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes nicht zulässig.
Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.11.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest. Allerdings steht nicht fest, ob er unter einem anderen Namen bereits im Jahr 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wie es dem Zentralen Fremdenregister zu entnehmen ist. Diese Frage wurde im angefochtenen Bescheid nicht beantwortet.
Der Beschwerdeführer hält sich jedenfalls seit November 2009 (auch) im Bundesgebiet auf. Allerdings verfügt der Beschwerdeführer über einen gültigen spanischen Aufenthaltstitel als Angehöriger einer EU-Bürgerin, so dass unklar ist, ob er sich in den letzten Jahren vorwiegend in Österreich oder vorwiegend in Spanien aufhielt. Die belangte Behörde unterließ es, dies im angefochtenen Bescheid festzustellen und unterließ es zudem, eine Kopie des Aufenthaltstitels dem Akt beizulegen.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.01.2019, Zl. XXXX wegen § 12 zweiter Fall StGB, §§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, 28 Abs. 2 Z. 3 SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Die belangte Behörde bezog sich bei der Verhängung des Einreiseverbotes auf diese Verurteilung, unterließ es aber, das Urteil näher auszuführen und findet sich dieses auch nicht im Akt.
In einem im Akt einliegenden „Antrag auf Aufhebung des Festnahmeauftrags“ vom 22.09.2019 spricht der Beschwerdeführer von einem Sohn und einer Tochter. Die belangte Behörde ging der Frage, ob der Beschwerdeführer Kinder im Bundesgebiet oder in Spanien hat, nicht nach.
Zudem legte die belangte Behörde die am 14.04.2020 erhobene Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht erst nach mehr als einem halben Jahr am 02.11.2020 vor (und dies ohne Begründung für die Verspätung). Aufgrund dieser monatelangen Verzögerung kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es maßgebliche Änderungen im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gibt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA – VG: Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Aufgrund der (unter den Feststellungen dargelegten) Mängel im angefochtenen Bescheid und der verspäteten Vorlage der Beschwerde ist die zur Verfügung stehende Aktenlage nicht ausreichend, um zu beurteilen, ob eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot eine Verletzung des Art 8 EMRK darstellen würden. Es ist daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung notwendig und war der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung Interessenabwägung Menschenrechtsverletzungen öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung strafrechtliche Verurteilung Straftat SuchtmitteldeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2236524.1.00Im RIS seit
28.01.2021Zuletzt aktualisiert am
28.01.2021