Index
L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
BStG 1971 §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Mag. G in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. September 1995, Zl. UVS-05/K/18/01200/95, betreffend Übertretung nach dem Wiener Parkometergesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Juni 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe das näher bestimmte mehrspurige Kraftfahrzeug am 17. März 1995 um 12.24 Uhr in Wien 3, Vordere Zollamtsstraße 7, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein gefehlt habe. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Er habe dadurch § 1 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der geltenden Fassung verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Begründend führte die Behörde unter anderem und im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in dessen Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung aus, daß Abs. 7 in § 1 des Wiener Parkometergesetzes, LGBl. Nr. 47/1974, wonach dieses Gesetz für Bundesstraßen nicht gelte, mit der Novelle LGBl. für Wien Nr. 19/1981 gestrichen worden und daher seither das Parkometergesetz auch auf Bundesstraßen anwendbar sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Dies mit der Begründung, daß die genannte Novelle 1981 verfassungswidrig sei.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis. Abgesehen von den Erwägungen zur Strafbemessung erschöpft sich die Begründung dieses Bescheides weitgehend in Ausführungen zur Frage der Zulässigkeit der Verordnung von Kurzparkzonen auf Bundesstraßen durch die Gemeinde im übertragenen Wirkungsbereich (§ 94c StVO).
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem "Recht auf fehlerfreie Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts" sowie in seinem "Recht, daß die Behörde keine nicht der Rechtslage entsprechende Entscheidung fällt" und daß er "nicht durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bestraft werde", verletzt.
1.4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens sowie eine die streitgegenständliche Kurzparkzone betreffende Verordnungsabschrift vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung oder Abweisung der Beschwerde beantragte.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Vorweg ist festzuhalten, daß im Rubrum der Beschwerde sowohl der angefochtene Bescheid als auch die belangte Behörde richtig bezeichnet werden. Der Beschwerde wurde auch eine Kopie des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde beigelegt. Die Beschwerde genügt somit den Anforderungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 bzw. des § 28 Abs. 5 VwGG. Daß der Beschwerdeführer in seinen weiteren Beschwerdeausführungen offenbar irrtümlich Zahl und Datum des erstinstanzlichen Bescheides anstelle des letztinstanzlichen Bescheides anführt, stellt im konkreten Fall weder einen Mangel dar, der zu einem Mängelbehebungsauftrag Anlaß gibt, noch führt dieser Fehler zur Unzulässigkeit der Beschwerde, weil die Beschwerde im Zusammenhang mit der vorgelegten Bescheidkopie eindeutig erkennen läßt, welcher Bescheid bekämpft wird.
2.2. § 1 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz (im folgenden: ParkometerG), LGBl. Nr. 47/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 42/1983, lautet:
"(1) Der Gemeinderat kann für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 275/1982) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben."
§ 1 Abs. 3 ParkometerG bestimmt:
"(3) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."
§ 1 Abs. 7 ParkometerG in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 19/1981 lautete:
"(7) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten nicht für Bundesstraßen."
Mit der genannten Novelle des ParkometerG wurde § 1 Abs. 7 ersatzlos gestrichen. Nach den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle wollte der Landesgesetzgeber damit die Bundesstraßen in den Geltungsbereich des ParkometerG einbeziehen.
Von der Ermächtigung zur Ausschreibung einer Parkgebühr hat der Wiener Gemeinderat mit Verordnung vom 28. Februar 1986, ABl. Wien 12/1986, Gebrauch gemacht.
2.3. Aufgrund der dargestellten Rechtslage und der aus den Materialien zur ParkometerG-Novelle LGBl. Nr. 19/1981 ausdrücklich hervorgehenden Absicht des Landesgesetzgebers, besteht kein Zweifel, daß seit dieser Novelle für das Parken in Kurzparkzonen in Wien auch auf Bundesstraßen Gebührenpflicht bestehen darf.
Laut Verordnungsakt des Magistrates der Stadt Wien, MA 46, wurde die gegenständliche gebührenpflichtige Kurzparkzone (Vordere Zollamtsstraße 2-7) gemäß § 25 iVm § 94b StVO mit Verordnung vom 18. Februar 1985, Zl. MA 46-V3-3464/84, kundgemacht durch das Aufstellen von Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 13d und 13e StVO am 22. April 1985, eingerichtet.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er sein mehrspuriges Kraftfahrzeug zur Tatzeit am bezeichneten Ort in dieser gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat, ohne die Parkgebühr für den Beanstandungszeitpunkt durch einen gültig entwerteten Parkschein entrichtet zu haben.
2.4. Mit seinem Beschwerdepunkt, er sei wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt, verfehlt der Beschwerdeführer im Hinblick auf Art. 133 Z. 1 B-VG die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes.
Soweit er sich jedoch in seinem Recht auf eine der Rechtslage entsprechende Entscheidung und damit in dem Recht verletzt erachtet, bei richtiger Auslegung der anzuwendenden einfachgesetzlichen Bestimmungen nicht bestraft zu werden, bewegt sich der Beschwerdeführer im Rahmen der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, der insofern auch zu prüfen hat, ob Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Rechtsvorschriften bestehen und er einen Normprüfungsantrag gemäß Art. 140 B-VG zu stellen hat.
Beim Verwaltungsgerichtshof sind aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1 ParkometerG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 19/1981 entstanden, die eine - in der Beschwerde angeregte - Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG erfordern würden.
Der Beschwerdeführer beruft sich auf das zum Entwurf des ParkometerG ergangene Kompetenzfeststellungserkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1968, VfSlg. 5859, dessen Rechtssatz lautet:
"Nach dem Finanz-Verfassungsgesetz 1948 und nach den auf seiner Grundlage erlassenen, derzeit geltenden Bundesgesetzen fallen Akte der Gesetzgebung, die das Halten oder Parken von Fahrzeugen auf Verkehrsflächen, die nicht Bundesstraßen sind, besteuern, in die Zuständigkeit der Länder."
Der vom Beschwerdeführer gezogene Umkehrschluß, daß die Besteuerung des Parkens auf Bundesstraßen jedenfalls nicht in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fiele, kann diesem Rechtssatz jedoch nicht entnommen werden. Der Entwurf des ParkometerG, den der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis gemäß Art. 138 Abs. 2 B-VG geprüft hat, enthielt eine Ausnahmebestimmung für Bundesstraßen gleich der des § 1 Abs. 7 ParkometerG in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 19/1981. Der Verfassungsgerichtshof hat also nicht ausgesprochen, daß ein solches Gesetz, falls es auch Bundesstraßen einbezöge, verfassungswidrig wäre.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes fällt die Regelung einer Geldleistungsverpflichtung in der Form einer Abgabe wie die vorliegende Parkometerabgabe unter den Kompetenztatbestand "Abgabenwesen" des Art. 13 B-VG (vgl. beispielsweise das bereits zitierte Erkenntnis VfSlg. 5859/1968 sowie die Erkenntnisse VfSlg. 10403/1985 und 12668/1991, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Bei der Wiener Parkometerabgabe handelt es sich um eine ausschließliche Gemeindeabgabe aufgrund des aus § 8 F-VG abgeleiteten Abgabenerfindungsrechtes der Länder (vgl. VfSlg. 12668/1991 und das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1994, Zl. 93/17/0097; vgl. insofern zutreffend auch Graßl, Zum Musterentwurf eines Parkgebührengesetzes, ÖGZ 1979, 10/218, der zwar erkennt, daß es sich bei der Parkgebühr nicht um eine Gebrauchsabgabe iSd § 14 Abs. 1 Z. 13 FAG 1979 handelt, der aber aus VfSlg. 5859 ohne inhaltliches Argument denselben Umkehrschluß wie der Beschwerdeführer zieht).
Im Rahmen dieses Abgabenerfindungsrechtes kann die Landesgesetzgebung grundsätzlich auf alle Besteuerungsgegenstände greifen, soweit sie damit nicht in Widerspruch zu Bundesgesetzen gerät und soweit der Bund Besteuerungsrechte nicht in Anspruch genommen hat (vgl. VfSlg. 5859/1968). Gegebenenfalls kann sich die Regelung einer Abgabe als mißbräuchlich erweisen, wenn nämlich die Abgabe zufolge ihrer besonderen Ausgestaltung so umfassend in eine fremde Materie hineinwirkt, daß sie ungeachtet ihrer Qualifikation als Abgabe zugleich auch als Regelung dieser (fremden) Materie selbst gewertet werden muß (vgl. VfSlg. 10403). Weiters muß der Landesgesetzgeber im Rahmen des - der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung immanenten - Rücksichtnahmegebotes auf die Interessen des Bundesgesetzgebers Rücksicht nehmen (vgl. Doralt - Ruppe, Steuerrecht II3 165 f.; VfSlg. 10305/1984 zum unentgeltlichen Gebrauch öffentlichen Grundes für die Verlegung von Fernmeldeleitungen). Im vorliegenden Fall käme allenfalls ein Eingriff in die Bundeskompetenz der Bundesstraßenangelegenheiten nach Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG (denkmöglich auch der Straßenpolizei nach Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG) bzw. eine mangelnde Rücksichtnahme auf die aufgrund dieses Kompetenztatbestandes erlassenen bundesgesetzlichen Anordnungen in Betracht. Die Vorschriften des Bundesstraßengesetzes 1971 - insbesondere § 28 BStG 1971, der die Benützung von Bundesstraßen regelt - stehen aber einer Abgabe auf das Parken in Kurzparkzonen nicht entgegen, wird doch durch diese Abgabe die Benützung der unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen der Bundesstraßen durch jedermann im Rahmen der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften nicht beeinträchtigt, widerspricht doch auch der administrative Gesichtspunkt der Abgabe (Parkraumbewirtschaftung) nicht den vom Bundesgesetzgeber mit den genannten straßenpolizeilichen Vorschriften verfolgten Interessen.
Schließlich zeigt auch die finanzausgleichsrechtliche Regelung für Gebrauchsabgaben in § 14 Abs. 1 Z. 13 FAG 1979, daß eine Gemeindeabgabe von Verfassungs wegen auf den (dort den Gemeingebrauch überschreitenden) Gebrauch öffentlichen Gutes IN Gemeinden nicht auf das öffentliche Gut DER Gemeinden eingeschränkt sein muß.
2.5. Der Beschwerdevorwurf, die Behörde sei ihrer Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 25 VStG) und zur Ermittlung und Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nicht nachgekommen, ist unbegründet, hat doch der Beschwerdeführer selbst den von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt und das ihm vorgeworfene Verhalten nicht bestritten, sondern lediglich in rechtlicher Hinsicht vorgebracht, das ParkometerG sei seit der Novelle 1981 verfassungswidrig. Überdies sind auch die Behörden erkennbar davon ausgegangen, daß es sich beim verfahrensgegenständlichen Tatort um eine Bundesstraße handelt.
Schon im erstinstanzlichen, vom angefochtenen Bescheid in vollem Umfang bestätigten, Straferkenntnis wurde die einfachgesetzliche Rechtslage unter Einbeziehung der Novelle LGBl. Nr. 19/1981 rechtlich richtig gewürdigt. Es mag zwar zutreffen, daß im angefochtenen Bescheid keine Antwort auf das einzige Berufungsargument - nämlich die behauptete Verfassungswidrigkeit der Gebührenpflicht in Kurzparkzonen auf Bundesstraßen - gegeben wurde, ein allfälliger Begründungsmangel in dieser Richtung verletzt den Beschwerdeführer aber nicht in seinen Rechten. Selbst wenn man nämlich in der unzutreffenden, verfassungsrechtlichen Argumentation des angefochtenen Bescheides einen Begründungsmangel wegen nicht ausreichender Beantwortung einer aufgrund des Berufungsvorbringens strittigen Rechtsfrage erblickt, könnte ein solcher Verfahrensfehler im konkreten Fall nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gem. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG führen, weil die belangte Behörde auch bei richtiger Beantwortung des Berufungsvorbringens - wie die obigen Ausführungen zeigen - zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können.
2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995170500.X00Im RIS seit
26.11.2001