TE Vwgh Erkenntnis 2020/12/18 Ra 2020/08/0148

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §5 Abs1 Z2
ASVG §7 Z3 lita
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGG §42 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strohmayer sowie die Hofrätin Dr. Julcher und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Mag. J M in G, vertreten durch Dr. Bernd Illichmann, Dr. Andreas Pfeiffer, Mag. Dr. Ferdinand Bachinger und Mag. Andreas Hertl, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2019, L503 2222589-1/6E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Österreichische Gesundheitskasse hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in Bestätigung eines Bescheides der Salzburger Gebietskrankenkasse - den Revisionswerber Beiträge zur Sozialversicherung samt Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt € 6.193,69 nachzuentrichten.

2        Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, mit Erkenntnis vom 26. August 2019, L503 2222586-1/2E, sei festgestellt worden, dass näher bezeichnete Snowboardlehrer aufgrund ihrer Tätigkeit für den Revisionswerber als Dienstgeber in den Jahren 2007 bis 2011 gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht bzw. der Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 und § 5 Abs. 1 Z 2 iVm. § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlegen seien. Davon ausgehend sei der Revisionswerber zur Nachentrichtung von (näher aufgeschlüsselten) Beiträgen samt Verzugszinsen zu verpflichten.

3        Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die Österreichische Gesundheitskasse eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4        Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, indem das Bundesverwaltungsgericht keine Verhandlungen durchgeführt habe, sei es von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Der Revisionswerber sei den Tatsachenannahmen, die das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe, im Beschwerdeverfahren entgegen getreten, habe dazu Beweisanträge gestellt und ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

5        Die Revision ist zulässig und berechtigt.

6        Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. August 2019, L503 2222586-1/2E, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 2020, Ra 2019/08/0152, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wirkt die Aufhebung eines Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof „ex tunc“. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH 6.5.2020, Ra 2019/14/0311, mwN). Der Annahme der Bundesverwaltungsgerichtes, das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen nach § 4 Abs. 2 ASVG hinsichtlich der für den Revisionswerber tätigen Snowboarder stehe aufgrund seines Erkenntnisses vom 26. August 2019, L503 2222586-1/2E, fest, ist daher die Grundlage entzogen.

7        Es trifft zu, dass der Revisionswerber die Sachverhaltsannahmen, die das Bundesverwaltungsgericht seiner Beurteilung des Vorliegens von Beschäftigungsverhältnissen nach § 4 Abs. 2 ASVG und der Festlegung der Höhe der Beitragsnachverrechnung zu Grunde gelegt hat, im Beschwerdeverfahren konkret bestritten und die Durchführung einer mündlicher Verhandlung beantragt hat. Der vorliegende Revisionsfall gleicht damit in den für die Entscheidung wesentlichen Punkten jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 2020, Ra 2019/08/0149, 0150, 0176 und 0177, entschieden hat. Dieses Erkenntnis hat ebenfalls eine Nachverrechnung von Beiträgen hinsichtlich unter anderem für den Revisionswerber tätiger Snowboardlehrer - auf der Grundlage der Annahme des Vorliegens von Beschäftigungsverhältnissen nach § 4 Abs. 2 ASVG - betroffen. Aus den dort genannten Gründen wäre das Bundesverwaltungsgericht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird somit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

8        Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

9        Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Der beantragte Ersatz der Eingabengebühr war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.

Wien, am 18. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080148.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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