TE Vwgh Beschluss 2020/12/21 Ra 2020/19/0054

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Veröffentlicht am 21.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/19/0055
Ra 2020/19/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache 1. der S B, 2. der A B und 3. des S M B, alle vertreten durch Mag. Christoph Hatvagner, Rechtsanwalt in 7400 Oberwart, Steinamangerer Straße 16, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Jänner 2020, 1. L506 2174286-1/21E, 2. L506 2174275-1/16E und 3. L506 2174283-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerber, pakistanische Staatsangehörige, sind eine Familie und stellten am 6. März 2016 Anträge auf internationalen Schutz. Begründend brachten sie vor, der Exmann der Erstrevisionswerberin und dessen Familie hätten ihr die Kinder, die Zweitrevisionswerberin und den Drittrevisionswerber, wegnehmen wollen und sie mit dem Tod bedroht.

2        Mit Bescheiden vom 4. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Revisionswerber ab, erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Die Revisionen bringen zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, die Beweiswürdigung des BVwG in Bezug auf das Fluchtvorbringen sei unvertretbar.

8        Das BVwG, das sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Erstrevisionswerberin verschaffte, erachtete die behauptete Verfolgung der Erstrevisionswerberin als unglaubwürdig und stützte sich für diese Beurteilung insbesondere darauf, dass ihre Angaben in verschiedener Hinsicht widersprüchlich seien und sie ihr Vorbringen im Verfahren gesteigert habe. Die Revisionen legen mit ihrem bloß pauschalen Vorbringen nicht dar, dass diese Beweiswürdigung unvertretbar wäre (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0712 bis 0715, mwN).

9        Insoweit die Revisionen in diesem Zusammenhang vorbringen, das BVwG habe sich nicht mit den vorgelegten Beweismitteln auseinandergesetzt, machen sie einen Verfahrensfehler geltend, ohne dessen Relevanz jedoch in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 10.7.2019, Ra 2019/19/0132, mwN).

10       Auch mit dem Vorbringen, das BVwG habe seine Entscheidung nicht auf aktuelle Länderberichte gestützt, zumal Gewalt an Frauen, Diskriminierung von Frauen und häusliche Gewalt in Pakistan ein ernsthaftes Problem darstellten, wird die Relevanz des damit behaupteten Verfahrensfehlers nicht konkret dargelegt.

11       Schließlich bringen die Revisionen zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe sich nicht ordnungsgemäß mit dem Gesundheitszustand der Erstrevisionswerberin auseinandergesetzt und verweist dazu (in den Revisionsgründen) auf verschiedene Länderinformationen betreffend die Lage von psychisch Kranken in Pakistan.

12       Auch damit zeigen die Revisionen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Das BVwG stellte fest, die Revisionswerberin leide unter depressiven Zuständen und Blutanämie. Die Revisionen, die diese Feststellungen nicht in Zweifel ziehen, legen mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht dar, dass die festgestellten Erkrankungen jene Schwelle erreichen, bei der die Abschiebung der Erstrevisionswerberin eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. dazu etwa VwGH 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, unter Hinweis auf EGMR 13.12.2016, Paposhvili/Belgien, 41.738/10; vgl. auch VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0082 bis 0085; 22.9.2020, Ra 2020/19/0316; jeweils zu psychischen Erkrankungen).

13       In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190054.L00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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