Entscheidungsdatum
07.09.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W253 2215660-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Jörg C. BINDER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2020, Zl. 1212838903-200627049, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Zum Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz:
Der Beschwerdeführer stellte am 20.11.2018 den ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung am 21.11.2018 führte er befragt zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen aus, dass er sich im Jahr 2017 in der Türkei habe taufen lassen. Danach sei er wieder in den Iran gereist. Bei einem Besuch seiner Schwester habe er von seinem Vater fernmündliche Nachricht erhalten, dass drei Personen welche vermutlich Angehörige des iranischen Geheimdienst gewesen sein, bei seinem Vater vorstellig geworden wären. Aus Angst vor dem iranischen Geheimdienst habe er den Herkunftsstaat verlassen.
Am 19. 12.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen und gab zusammengefasst zu seinen Fluchtgründen an, wegen seines christlichen Glaubens nicht mehr in den Iran zurückkehren zu können.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2019, Zl. 1212838903-181114050 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.11.2018 auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 52 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.) Gemäß § 15 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen.
Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, dass eine Bedrohung von staatlicher Seite nicht festgestellt werden habe können. Es seinem Verfahren zahlreiche Widersprüche vorkommen und die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben.
Mit Schriftsatz vom 28.02.2019 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine rechtsfreundliche Vertreterin, Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde.
Mit Teilerkenntnis vom 06.05.2019 wurde der Spruchpunkt VII. des genannten Bescheides ersatzlos behoben.
Am 22.07.2019 erfolgte die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Mit Erkenntnis vom 04.10.2019, GZ W2742215660-1/19 E wurde der Beschwerde im noch nicht erledigten Umfang (Spruchpunkte I. Bis VI.) nicht Folge gegeben und die Revision nicht zugelassen. Zusammenfassend gefasst begründete das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung damit, dass eine christliche Vorprägung des Beschwerdeführers im Iran bzw. in der Türkei, die über die formale Taufe im Jahr 2017 hinaus gehen würde bzw. eine Verfolgung aufgrund von Hauskirchenbesuchen im Iran vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft vermittelt worden sei. Ebenso wenig sei es glaubhaft gewesen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines Aufenthalts in Österreich soweit durch einen näher bezeichneten Pfarreien dem christlichen Glauben näher gekommen sei, dass von einer inneren Konversion zum Christentum auszugehen gewesen wäre.
1.2. Zum verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz:
Am 21.07.2020 stellte der Beschwerdeführer vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und wurde am selben Tag von eben diesen einer Erstbefragung nach Asylgesetz unterzogen. Befragt zu den Gründen seiner weiteren Antragstellung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er seine Religion „getauscht“ habe ihm im Herkunftsstaat deshalb die Todesstrafe drohen würde.
Am 11.08.2020 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zusammengefasst führte der Beschwerdeführer aus, dass er seine bisherigen Fluchtgründe aufrecht erhalten würde und keine neuen Fluchtgründe hinzugekommen seien. Der Beschwerdeführer gab an, dass er seine Geschwister missioniere. Es seien Beamte bei seiner Familie im Iran zu Hause gewesen, diese hätten die Wohnung durchsucht und Videos vom Beschwerdeführer gesichtet. Von dieser Hausdurchsuchung legte der Beschwerdeführer Fotos vor. Nach der Hausdurchsuchung sei der Bruder des Beschwerdeführers mehrfach von den iranischen Behörden befragt worden. Der Druck auf die Familie wäre so hoch gewesen, dass der Vater schlussendlich an einem Herzinfarkt verstorben sei. Weiters führte der Beschwerdeführer aus das er bezüglich der online Missionierung Kontakt mit seinem Priester über WhatsApp in England aufgenommen habe
Am 13.08.2020 erfolgte eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde. Hinsichtlich seiner christlichen Aktivitäten führte der Beschwerdeführer aus, dass er kleine Artikel über das Christentum in sozialen Medien verbreitet habe. Auf Nachfrage durch die belangte Behörde gab der Beschwerdeführer an auch in Österreich Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Iran missioniert zu haben und zu diesen soweit sie noch nicht abgeschoben worden seien, Kontakt zu halten.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.08.2020, Zl. 1212838903/200627049 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.07 2020 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz iVm § 9 BFA Verfahrensgesetz erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat für zulässig erklärt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 AsyLG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 i.m Abs. 2 Z. 6 FPG ein befristetes Einreiseverbot im Ausmaß von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.) Der gegenständliche Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Beschwerdeführer nach wie vor auf Rückkehrhindernis, welche bereits im Kern in seinem Vorverfahren zur Sprache gebracht worden sein, beziehe. Der Beschwerdeführer habe in allen Befragungen und Einvernahmen in diesem Verfahren ausgeführt, dass sich seine Fluchtgründe, über welche bereits rechtskräftigen zweite Instanz abgesprochen worden sei, nicht geändert hätten.
Mit Schriftsatz vom 02.09 2020 erhob der Beschwerdeführer vertreten durch seinen Rechtsberater fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass sich die Situation seit der Entscheidung im Vorverfahren geändert habe und ihm neue Beweise zur Verfügung stehen würden. Mit diesen Vorbringen habe sich die Behörde unzureichend auseinandergesetzt und hätte sie inhaltlich über den Folgeantrag des Beschwerdeführers entscheiden müssen. Die belangte Behörde hätte aufgrund der neuen Beweise hinsichtlich der missionarischen Tätigkeit des Beschwerdeführers eine inhaltliche Entscheidung treffen müssen. Der Beschwerdeführer habe beweisen können, dass er andere Asylwerberin Österreich und seine Geschwister ii Iran kommissioniert habe. Dies sei jedenfalls als glaubhafter Kern zu bewerten gewesen.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt mit Beschwerdevorlage vom 03.09.2020 vor und langte dieser am 04.09.2020 in der Abteilung des zur Entscheidung berufenen Richters am Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten sowie in die Vorverfahren, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Folgeantrag:
Die Ausführungen unter Punkt I. zum Verfahrensgang werden festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie in den Gerichtsakt.
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragstellung und des Verfahrensablaufes sowie der Erlassung der Bescheide gründen sich auf den unstrittigen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (VwGH vom 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN; 13.9.2016, Ro 2015/03/0045; vgl. weiters VwGH vom 8.8.2018, Ra 2017/04/0112; 20.9.2018, Ra 2017/09/0043).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH vom 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH vom 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).
Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH vom 29.06.2011, U 1533/10; VwGH vom 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).
Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH vom 30.9.1994, 94/08/0183, mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431; 17.9.2008, 2008/23/0684; 6.11.2009, 2008/19/0783; vgl. zum VwGVG: VwGH vom 25.10.2018, Ra 2018/07/0353: „Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst“).
Zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd § 18 Abs. 1 AsylG 2005 – kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls sie festgestellt werden kann –zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH vom 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN, zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76; 17.9.2008, 2008/23/0684; weiters VwGH vom 6.11.2009, 2008/19/0783). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH vom 9.3.2015, Ra 2015/19/0048; 25.2.2016, Ra 2015/19/0267; 12.10.2016, Ra 2015/18/0221; 24.5.2018, Ra 2018/19/0187 und 27.11.2018, Ra 2018/14/0213).
Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen „glaubhaften Kern“ zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. „Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit“ (VwGH vom 25.4.2007, 2005/20/0300 und 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; vgl. weiters VwGH 26.9.2007, 2007/19/0342).
„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, das Verwaltungsgericht darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Verwaltungsbehörde den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Das Verwaltungsgericht darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207; 7.10.2010, 2006/20/0035; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).
Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerdegegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:
Der Beschwerdeführer hat sich auf Fluchtgründe berufen, die er bereits im ersten Asylverfahren angeführt hatte, weiters dass seine Missionstätigkeit bei seinen Verwandten nun bekannt sei und schließlich darauf, dass dieser Umstand auch den iranischen Behörden bekannt sei und dies zu einer Hausdurchsuchung in seinem Elternhaus geführt habe.
Auf Grund des rechtskräftigen Bescheides aus dem Erstverfahren steht fest, dass der Beschwerdeführer damals nicht zum Christentum konvertiert war, jedenfalls nicht in dem Sinn, dass bei ihm eine ernsthafte, aufrichtige und innere Überzeugung vorliege, sich dem christlichen Glauben ernsthaft zuzuwenden, die nach der Rechtsprechung eine Rückkehr in den Iran unzumutbar gemacht hätte. Es wurde davon ausgegangen, dass es sich bei seiner vorgebrachten Konversion lediglich bzw. einzig und allein um eine Scheinkonversion handle. Die bloße Darstellung, dass nun seine Verwandten Bescheid wissen würden, vermögen keine konkrete Tatsachenänderung seit Rechtskraft darzulegen. Wohl aber die vorgebrachten Hausdurchsuchungen und die vom Beschwerdeführer nach Rechtskraft des Erstbescheides durchgeführten Missionstätigkeiten, an den Geschwistern im Iran bzw. an iranischen bzw. afghanischen Staatsbürgern in Österreich. Mit dieser Behauptung hat sich das BFA nur sehr oberflächlich auseinandergesetzt und es insbesondere unterlassen den die Missionstätigkeit begleitenden Priester (mit dem der BF regelmäßig in Whatss App Kontakt steht) oder die vom Beschwerdeführer in Österreich missionierten Personen zu befragen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass die dem BFA vorliegenden Beweisergebnisse nicht den Schluss zugelassen haben, eine andere, dh. positive Beurteilung des Antrags sei von vorherein ausgeschlossen und es liege nicht einmal ein „glaubhafter Kern“ vor. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass sich der wesentliche Sachverhalt gegenüber dem Vorbescheid nicht geändert habe. Somit liegt „entschiedene Sache“ nicht vor. Die Zurückweisung des Antrags mit dieser Begründung steht daher mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, wonach die Verhandlung (u.a. dann) entfallen kann, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war, abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A wiedergegeben. Die unter Spruchpunkt A angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Folgeantrag Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W253.2215660.2.00Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021