Entscheidungsdatum
29.09.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W241 1433090-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2020, Zl. 830176704/161413125, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.02.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.02.2013 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Der BF wurde gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 nach Afghanistan ausgewiesen.
3. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des BVwG vom 18.02.2015, W117 1433090-1, gemäßn§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben und dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Begründend wurde festgehalten, dass der BF von der Partei Hezb-e Islami zum Beitritt aufgefordert worden wäre. Nachdem er sich geweigert hätte, wäre er bedroht worden und hätte daher Afghanistan verlassen. Das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) kam zum Schluss, dass die Angaben des BF zur versuchten Zwangsrekrutierung nachvollziehbar und widerspruchsfrei wären, weshalb das Fluchtvorbringen insgesamt als glaubhaft erachtet wurde.
4. Der BF wurde am 05.12.2016 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 Z 1 SMG) und wegen Besitz einer verbotenen Waffe (§ 50 Abs. 1 Z 2 WaffG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
5. Am 11.10.2019 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
6. Am 27.01.2020 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) zu seinen privaten und familiären Verhältnissen in Österreich, zu seinen Familienmitgliedern in Afghanistan und zu seinen Fluchtgründen einvernommen.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.01.2020 wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 18.02.2015 zuerkannte Status des Asylberechtigten gem. § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gem. § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist zur Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der BF in der Einvernahme am 27.01.2020 keine aktuelle und individuelle Gefährdungslage glaubhaft vorgebracht habe. Der BF habe nur vage und unzusammenhängende Aussagen getätigt.
Rechtlich wurde zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ausgeführt, dass § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die zwingende Aberkennung des Status des Asylberechtigten vorsehe, wenn einer der in der GFK genannten Endigungsgründe eingetreten sei. Ein Endigungsgrund liege unter anderem dann vor, wenn die Umstände, aufgrund derer der Fremde als Flüchtling anerkannt worden sei, nicht mehr bestünden und dieser es daher nicht ablehnen könne, sich unter den Schutz des Herkunftsstaates zu stellen. Die behaupteten Gründe für eine Gefährdungslage des BF seien nur in den Raum gestellt und nicht glaubhaft. Es bestehe demnach kein Grund für die Gewährung des Asylstatus, da keine Gründe für eine wohlbegründete Furcht aus einem der in der GFL genannten Gründe ersichtlich seien. Daher sei dem BF der Status des Asylberechtigten nach § 7 Abs. 1 AsylG abzuerkennen.
8. Mit Schriftsatz vom 14.02.2020 wurde gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben.
9. Am 09.06.2020 wurde der BF wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dem BF wurde mit Erkenntnis der BVwG vom 18.02.2015, W117 1433090-1, aufgrund versuchter Zwangsrekrutierung durch die Partei Hezb-e Islami der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Der BF wurde am 05.12.2016 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 Z 1 SMG) und wegen Besitz einer verbotenen Waffe (§ 50 Abs. 1 Z 2 WaffG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
Am 11.10.2019 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
In weiter Folge wurde ein Aberkennungsverfahren gem. § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gegen den BF eingeleitet.
Im gegenständlichen Asylaberkennungsbescheid vom 29.01.2020 wurde begründend ausgeführt, dass die Gründe für die Zuerkennung des Asylstatus aufgrund der vagen und unglaubwürdigen Angaben des BF in der Einvernahme vor dem BFA am 27.01.2020 nie vorgelegen hätten.
Das BFA hat nicht aufgezeigt, welche nachhaltigen und wesentlichen Änderungen der rechtskräftig und glaubwürdig bereits durch das BVwG asylrelevant festgestellten Situation des BF nunmehr eingetreten seien.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und zur Straffälligkeit des BF beruhen auf der Aktenlage.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sich auf die sogenannten „Beendigungsklauseln“ der GFK (Art. 1 C Ziff. 1 bis 6) bezieht, die festlegen, unter welchen Umständen ein Flüchtling aufhört, ein Flüchtling zu sein und daher nicht mehr unter die GFK fällt. Eine unter diesen Voraussetzungen vorliegende Beendigung der Flüchtlingseigenschaft kann somit sehr wohl zum Entzug des Flüchtlingsstatus führen.
Sinn und Zweck der in der GFK angeführten Beendigungsklauseln ist, dass internationaler Schutz nur solange gewährt wird, wie er erforderlich oder gerechtfertigt ist.
Betreffend das gegenständlichen Verfahren ist fallbezogen jedoch festzuhalten, dass die belangte Behörde valide Argumente, die nunmehr das Nichtvorliegen einer bereits zuvor als mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im asylrelevanten Ausmaße vorliegenden asylrelevanten Gefährdung thematisieren sollten, nicht dargelegt hat.
Die im gegenständlichen Verfahren durch das BFA angeführten Begründungen betreffend das nunmehrige Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aberkennung beruhen zur Gänze auf einer neuerlichen Beweiswürdigung über einen bereits rechtskräftig durch das BVwG entschiedenen Sachverhalt durch das BFA auf Grundlage einer Einvernahme des BF am 27.01.2020. Zusammenfassend können sämtliche Ausführungen des BFA unter besonderer Berücksichtigung des Ergebnisses des Beweisverfahrens vor dem BVwG, in dem eine asylrelevante Bedrohung des BF im Zusammenhang mit einer versuchten Zwangsrekrutierung des BF als glaubhaft erkannt wurde, nicht darlegen, dass nunmehr eine diesbezüglich wesentliche und nachhaltige Veränderung eingetreten ist, die eine diesbezügliche neue Beurteilung zulassen könnte. Vielmehr hat das BFA auf Grundlage einer neuerlichen Einvernahme des BF eine neue Beurteilung eines bereits rechtskräftig festgestellten Sachverhalts vorgenommen. Das BFA hat nicht dargelegt, weshalb es davon ausgeht, dass die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF durch das BVwG am 18.02.2020 aufgrund tatsachenwidriger Feststellungen und damit rechtwidrig erfolgt sei, zumal sich das BFA in seiner Beweiswürdigung ausschließlich auf die Einvernahme des BF am 27.01.2020 stützt, ohne die Ergebnisse des rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens des BF in die Beweiswürdigung einzubeziehen.
Durch sämtliche Ausführungen der Behörde wurde eine wesentliche, nachhaltige und dauerhafte Änderung der persönlichen oder allgemeinen asylrelevanten Situation des BF somit nicht aufgezeigt, sodass im gegenständlichen Verfahren insgesamt keine validen, den „Beendigungsklauseln“ der GFK (Art. 1 C Ziff. 1 bis 6) entsprechenden Gründe aufgezeigt worden sind und daher im gegenständlichen Verfahren aufgrund der angeführten Gründe eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten gem. §7 Abs. 1 Z2 AsylG 2005 nicht vorzunehmen war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Ersatzlose Behebung des Bescheides
3.1. Die wesentlichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 6 (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder
4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.
§ 7 (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.
(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.
(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.
(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.
3.2. Das BFA stützte seine Entscheidung, mit der dem BF des Status des Asylberechtigten aberkannt wurde, auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 und somit auf das Eintreten einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Endigungsgründe.
Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention), zufolge ist wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Ob eine die Anwendung des Endigungsgrundes des Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigende relevante Änderung der persönlichen Verhältnisse des BF eingetreten ist, hat die Behörde von Amts wegen zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Fluchtgeschichte bzw. der Fluchtgründe eines Asylwerbers zu prüfen, ob diese noch immer einen asylrechtlich relevanten Aspekt haben könnten (VwGH 19.12.2001, Zl. 2000/20/0318).
Die belangte Behörde geht in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheids insbesondere davon aus, dass die Gründe hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus nie vorgelegen haben. Dieser Schluss erweist sich jedoch, wie oben bereits beweiswürdigend ausgeführt, als nicht haltbar. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Erkenntnis vom 18.02.2015, W117 1433090-1, in Rechtskraft erwachsen ist und es dem BFA als Verfahrenspartei offen gestanden wäre, entsprechende rechtliche Schritte dagegen zu unternehmen.
Eine Durchbrechung der Rechtskraftwirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich nach Erlassung der Entscheidung des BVwG der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften hinreichend belegt nachhaltig und wesentlich geändert hätten, also eine wesentliche Veränderung der subjektiven bzw. objektiven Bedrohungssituation des BF eingetreten ist bzw. eine diesbezüglich neue Sache vorgelegen wäre, für die die Rechtskraftwirkung der ursprünglichen Entscheidung nicht mehr gelten würde. Von einer nachträglichen Änderung der Sache wäre aber der Fall zu unterscheiden, in dem der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden (sogenannte nova reperta).
Wie beweiswürdigend ausgeführt, stützt sich der angefochtene Bescheid auf eine neue Beurteilung desselben Sachverhalts, ohne dass eine Änderung des Sachverhalts auch nur behauptet wurde. Dieser Neubeurteilung steht jedoch die Rechtskraft der Entscheidung vom 18.02.2015 entgegen.
Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung in der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Aberkennung des Status des Asylberechtigten Asylaberkennung Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung individuelle Verhältnisse Rechtskraftdurchbrechung Rechtskraftwirkung Rückkehrentscheidung behoben Verfolgungsgefahr wesentliche Änderung ZwangsrekrutierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W241.1433090.2.00Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021