TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/9 W247 1401355-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2020
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Entscheidungsdatum

09.10.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs5
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W247 1401355-5/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2020, Zl. XXXX ,

A) I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., iVm § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. beschlossen:

Der Eventualantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz 2005 wird gemäß § 58 Abs. 5 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein russischer Staatsbürger tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste zusammen mit seiner (damaligen) Lebensgefährtin und den gemeinsamen minderjährigen Kindern illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.03.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.11.2008 abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde.

2. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.05.2009, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation zuerkannt und dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 bis zum 05.05.2020 verlängert wurde.

Der Asylgerichtshof führte in der Entscheidung vom 06.05.2009 begründend im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Der Beschwerdeführer habe sich bei Darstellung seiner Fluchtgründe in näher angeführte Widersprüche verstrickt, weshalb dieser einen asylrelevanten Sachverhalt nicht habe glaubhaft machen können und sein Antrag insofern abzuweisen gewesen wäre. Es werde jedoch festgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer ausgeprägten Posttraumatischen Belastungsstörung leide und bei Nicht-Behandlung derselben mit einer Chronifizierung im Sinne einer bleibenden Persönlichkeitsveränderung zu rechnen sei, weswegen in den folgenden Jahren absehbar sei, dass sich der Beschwerdeführer einer ständigen Psychotherapie unterziehen werden müsse, die in seiner Heimat nicht ausreichend durchführbar sei. Nach dem im Verfahren vorgelegten klinisch-psychologischen Befund, weise der Beschwerdeführer ein Krankheitsbild von gewisser Schwere auf, weswegen dieser in Österreich dringend eine Therapie durchlaufen müsse, ansonsten eine deutliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zu erwarten und mit einem hohen Suizidrisiko zu rechnen wäre. Anhand der Länderberichte stehe fest, dass eine ausreichende medizinisch-psychologische Behandlung der im Verfahren hervorgekommenen Erkrankung des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der dafür notwendigen finanziellen Aufwendungen in Zusammenschau mit der sehr wahrscheinlichen Retraumatisierung im Falle einer Rückschiebung nach Tschetschenien und einer damit einhergehenden massiven Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht gewährleistet wäre. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation aus diesem Grund eine Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK drohe.

Die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die in der Folge regelmäßig erfolgte Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten verweisen auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, enthalten jedoch darüberhinausgehend keine inhaltliche Begründung.

Am 04.01.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat zusammen mit vier seiner minderjährigen Kinder. Nach erfolgter Bewilligung der Kostenübernahme für die Rückreise, sowie die Teilnahme an einem Rückkehrprojekt teilte der Beschwerdeführer am 17.04.2018 mit, seine Meinung geändert und sich gegen eine freiwillige Rückkehr entschieden zu haben.

3. Infolge einer strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers, sowie des Verdachtes der Begehung weiterer Straftaten leitete die belangte Behörde am 14.08.2019 ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ein, in welchem am 08.10.2019 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs stattgefunden hat. Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, er sei gesund, nehme keine Medikamente ein und könnte jederzeit arbeiten gehen. Aktuell stehe er nicht in ärztlicher Behandlung. Der Beschwerdeführer sei in Tschetschenien, respektive der Russischen Föderation, aufgewachsen und habe noch viele Verwandte in Tschetschenien. Es würden dort insbesondere noch seine Mutter, ein Bruder, eine Schwester, ein Onkel, sowie Cousins leben. Zu seinen aktuellen Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr in sein Heimatland erklärte der Beschwerdeführer, er würde sich außer vor Gott vor gar nichts fürchten. Auf ihn würde weder etwas Gutes, noch etwas Schlechtes, warten. Er sei schon so viele Jahre weg. Er wolle nicht zurück, er wolle, dass seine Kinder hier eine Ausbildung bekommen. Ob er in Tschetschenien oder in Russland leben könnte, wisse er nicht. In Österreich habe er gearbeitet, er habe hier eine Frau und sieben Kinder, sowie Tanten, einen Onkel und Cousins. Seine Frau und seine Kinder seien ebenso subsidiär Schutzberechtigte.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann vorgehalten, dass aufgrund der im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (letzte Kurzinformation vom 28.02.2019) beschriebenen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, ebenso wie aus den persönlichen Merkmalen des Beschwerdeführers, nichts abzuleiten wäre, das auf eine Verfolgung oder Furcht vor einer solchen schließen ließe. Der Beschwerdeführer würde im Herkunftsstaat eine zumutbare Lebenssituation vorfinden. In Anbetracht seiner Vorstrafen und fehlender (enger) familiärer oder privater Bindungen in Österreich sei nicht ersichtlich, dass eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens darstellen würde.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) vom 10.10.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 06.05.2009 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid vom 08.05.2018 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.)

Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Gefährdungs- oder Bedrohungslage zu befürchten hätte und eine aktuelle individuelle Furcht vor Verfolgung nicht habe glaubhaft machen können. Dieser habe im nunmehrigen Verfahren keine Gefährdung im Falle einer Rückkehr in das Heimatland ins Treffen geführt. Der Beschwerdeführer könnte seinen Lebensunterhalt in der Russischen Föderation bestreiten und würde ebendort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Dieser habe nach wie vor familiäre Anknüpfungspunkte im Heimatland, habe dort die Schule besucht, sowie Arbeitserfahrung gesammelt und leide aktuell an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Dem Beschwerdeführer sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund des damaligen Vorliegens einer Erkrankung von gewisser Schwere zuerkannt worden; wie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.05.2019 zu entnehmen wäre, sei bei Vorliegen von Straffälligkeit die damalige Schutzgewährung einer individuellen Neubewertung auf Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu unterziehen. Es bestünden keine Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer als arbeitsfähiger, gesunder Mann im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation den Lebensunterhalt bestreiten könne, zumal er die dort gebräuchliche Sprache beherrsche und mit den Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut wäre. Es hätten keine derart exzeptionellen Umstände im Hinblick auf die Russische Föderation festgestellt werden können, die einer in Art. 2 oder 3 EMRK genannten Gefährdung gleichzuhalten wären. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 würden nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer habe Verwandte in Österreich, ginge hier keiner Arbeit nach und spreche ein wenig Deutsch. Überdies sei der Beschwerdeführer am XXXX und am XXXX wegen Diebstahls rechtskräftig verurteilt worden, sodass sein Verhalten eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle. Hinzu komme, dass er sich nunmehr wegen des Verdachts des Raubes und des schweren Raubes in Untersuchungshaft befände. Im Verfahren seien keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Integration des Beschwerdeführers in Österreich hervorgetreten.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides vom 10.10.2019 gemäß den §§ 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte IV. bis VI gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

Begründend wurde hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde bezüglich der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen, wie folgt, ausgeführt:

„[…] 3.2.2.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Jahr 2009 aufgrund einer damals vorgelegenen schwerwiegenden psychischen Erkrankung in Form einer Posttraumatischen Belastungsstörung, welche im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zum damaligen Zeitpunkt keiner ausreichenden Behandlung zugänglich gewesen ist, zuerkannt. Bezüglich jenes für die Zuerkennung des Schutzstatus ausschlaggebenden Sachverhalts ist mittlerweile, sowohl im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, als auch im Hinblick auf die der objektiven Gegebenheiten in seinem Herkunftsstaat, eine nachhaltige und wesentliche Änderung eingetreten, sodass eine Gefährdung, welche die Gewährung internationalen Schutzes erforderlich macht, nicht länger festzustellen ist. So hat der Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.10.2019 ausdrücklich vorgebracht, aktuell an keinen Erkrankungen zu leiden und keine ärztliche Behandlung zu benötigen, wodurch die für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ausschlaggebende gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers eine maßgebliche Änderung erfahren hat. Zudem zeigen die im angefochtenen Bescheid zitierten aktuellen Länderberichte auf, dass zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt ausreichende Behandlungsmöglichkeiten (auch im Hinblick auf psychische Erkrankungen wie Posttraumatische Belastungsstörung oder Depression) im Herkunftsstaat – sowohl in der Teilrepublik Tschetschenien als auch im übrigen Staatsterritorium – vorhanden sind, wobei kein Hinweis darauf vorliegt, dass solche dem Beschwerdeführer im Bedarfsfall nicht auch individuell zugänglich sein würden.

Es wird nicht verkannt, dass die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter, zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 für den Zeitraum bis Mai 2020 verlängert worden ist; der Beschwerdeführer brachte anlässlich seiner Einvernahme vom 08.10.2018 ausdrücklich vor, dass er aktuell an keinen behandlungsbedürftigen Erkrankungen leide, wodurch nach der letztmaligen Verlängerung des Schutzstatus evident geworden ist, dass die Voraussetzungen für ein Weiterbestehen des Schutzstatus nicht mehr gegeben sind. Zu welchem konkreten Zeitpunkt die für die Zuerkennung des Schutzstatus maßgebliche Gefährdungslage tatsächlich weggefallen war, lässt sich zum Entscheidungszeitpunkt freilich nicht mehr zweifelsfrei feststellen, wobei jedoch auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen ist, demnach die Ermittlungspflichten der Behörde bei einer Entscheidung über die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht überspannt werden dürften (vgl. VwGH vom 17.10.2019, Ra 2019/18/0353-7). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Behörde angesichts der Angaben des Beschwerdeführers am 08.10.2019 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bejahte.

3.2.2.3. Eine maßgebliche Gefährdung des Beschwerdeführers für den Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat kann demnach zum Entscheidungszeitpunkt nicht erkannt werden. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welche ihn im Alltag oder in seiner Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen, maßgeblich einschränken würden. Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer, welcher im Erwachsenenalter aus der Russischen Föderation ausgereist ist, nachdem er dort die Schule besucht und Berufserfahrung gesammelt hatte, noch über mehrere Angehörige im Herkunftsstaat verfügt und ihm in diesem Zusammenhang eine Wohnmöglichkeit sowie, allenfalls auch durch seine in Österreich aufhältigen Angehörigen, (finanzielle) Unterstützungsmöglichkeiten bei einer Wiedereingliederung offen stehen würden. Der Beschwerdeführer beherrscht Tschetschenisch und Russisch auf muttersprachlichem Niveau und ist mit den örtlichen und kulturellen Gegebenheiten in seinem Herkunftsstaat vertraut. Im gegenständlichen Verfahren hat er keine Befürchtungen hinsichtlich einer ihm im Herkunftsstaat drohenden individuellen Verfolgung oder einer sonstigen Gefährdung ins Treffen geführt. Aufgrund der Beendigung des zweiten Tschetschenienkriegs vor rund einem Jahrzehnt hat auch die allgemeine Lage in seiner Herkunftsregion seither eine nachhaltige Stabilisierung erfahren. Dem Beschwerdeführer ist es aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes möglich, seinen Lebensunterhalt im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eigenständig zu bestreiten. Wenn auch nicht verkannt wird, dass der Beschwerdeführer sich zuletzt vor knapp 12 Jahren in seinem Herkunftsstaat aufgehalten hat, so können aufgrund seiner individuellen Umstände in Zusammenschau mit dem im Herkunftsstaat unverändert vorhandenen verwandtschaftlichen Netz keine vollständige Entwurzelung oder mit einer Rückkehr verbundene unzumutbare Härten erkannt werden.

3.2.2.4. Letztlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass im gesamten Gebiet der Russischen Föderation – trotz der vom Bundesverwaltungsgericht nicht außer Acht gelassenen in einigen Regionen angespannten Sicherheitssituation – derzeit eine „extreme Gefahrenlage“ (vgl. etwa VwGH vom 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

3.2.3. Außergewöhnliche, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Umstände, angesichts derer die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, können unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht (mehr) erblickt werden. Eine reale Gefahr, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe drohen könnte, ist somit insgesamt nicht hervorgekommen, weswegen die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 sowie den Entzug der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 vorliegen und die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war. […]“.

Dieses Erkenntnis wurde nachweislich am 08.04.2020 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

6. Am 17.04.2020 brachte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ein.

Begründend brachte er vor, dass ihm mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 06.05.2009, Zl. XXXX , der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Dieser Status sei ihm zuletzt mit Bescheid des BFA vom 08.05.2018, Zl. XXXX , bis 05.05.2020 verlängert worden. Da sich die Situation in seinem Herkunftsstaat seither nicht verbessert habe und auch in absehbarer Zeit keine Stabilisierung der Lage zu erwarten sei, wäre eine Rückkehr zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin unzumutbar. Abschließend wolle er darauf hinweisen, dass er bis vor kurzem bei der ATSS Security Service als Security beschäftigt gewesen sei. Seit 09.12.2019 beziehe er Notstandshilfe. Er befinde sich auf Jobsuche, welche ihm aber aufgrund der durch Covid-19 ausgelösten Situation erschwert werde. Ihm und seiner Familie sei Integration sehr wichtig und befinde sich ihr Lebensmittelpunkt klar in Österreich. Er stelle daher den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung.

Im Anhang zu seinem Antragsschreiben übermittelte der BF ein Konvolut an Unterlagen.

7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2020 wurde der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020 die Beschwerde des BF gegen die Aberkennung des subsidiären Schutzes abgewiesen worden sei. Sein zuvor erhaltener Status des subsidiär Schutzberechtigten sei somit mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , aberkannt worden. Daraufhin sei sein zuvor erhaltener Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr rechtens gewesen. Er sei nicht zum subsidiären Schutz berechtigt und verfüge über keine gültige befristete Aufenthaltsberechtigung, sodass sein Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung abzuweisen sei.

8. Mit Verfahrensanordnung vom 20.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

9. Mit Schriftsatz vom 12.05.2020, per Telefax eingebracht am 13.05.2020, erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 20.04.2020 und führte begründend im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde ein grob mangelhaftes Verfahren geführt habe. Die Nichterteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründe die belangte Behörde damit, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden. Zu den Gründen für die Weitererteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten werde vollinhaltlich auf das bisher im Asylverfahren Vorgebrachte verwiesen. Die den Beschwerdeführer betreffende Gefährdungslage sei detailliert in der Einvernahme am 08.10.2019 geschildert worden. In Anbetracht der konkreten Umstände hätte die Behörde bei richtiger Beurteilung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten verlängert und nicht aberkannt werden hätte sollen. Es werde daher ersucht, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und der Antrag gestellt, 1.) den Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation verlängert wird, 2.) in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückzuverweisen und 3.) in eventu ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG zu erteilen.

10. Der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde langten am 18.05.2020 im Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Der Ablauf des Verfahrensganges zum bisherigen Verfahren wird – wie unter Punkt I. dargelegt – festgestellt.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zum gegenständlichen Verfahren:

1.1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum muslimischen Glauben bekennt.

1.1.2. Der Beschwerdeführer reiste im März 2008, zusammen mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern, illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher letztlich mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.05.2009, Zahl XXXX , im Umfang der Gewährung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wurde, gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 für den Zeitraum bis zum 05.05.2020 verlängert wurde.

1.1.3. Für den BF weist das Strafregister der Republik Österreich folgende Verurteilungen auf:

1) Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , RK XXXX , wurde der BF wegen § 127 StGB, § 229 (1) StGB. § 241e (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

2) Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , RK XXXX , wurde der BF wegen § 15 StGB, § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je EUR 4 (EUR 400,-), im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe vom 50 Tagen verurteilt.

1.1.4. Am 14.08.2019 wurde gegen den BF ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes eingeleitet.

1.1.5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) vom 10.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides vom 10.10.2019 gemäß den §§ 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte IV. bis VI gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Dieses Erkenntnis wurde am 08.04.2020 erfolgreich zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

1.1.7. Mit Schreiben vom 16.04.2020, bei der belangten Behörde eingelangt am 17.04.2020, brachte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag ein. Es wird festgestellt, dass das der Antrag klar und unmissverständlich auf die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG gerichtet ist und im ersten Absatz dieses beschwerdeseitigen Schreibens auf die mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes zur Zahl XXXX vom 06.05.2009 gegenüber dem BF erfolgte Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten verwiesen wird, wie auch auf die mit Bescheid des BFA zur Zahl XXXX vom 08.05.2018 zuletzt erfolgte Verlängerung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 05.05.2020.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, nach wie vor in den fallgegenständlich relevanten Teilen als aktuell anzusehenden, Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt und welche das Bundesverwaltungsgericht in casu seinem Erkenntnis zugrunde legt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben ausgeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts. Die Feststellungen zu den zwei strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Strafregisterauskunft.

2.2. Die Feststellungen zu Identität, Nationalität, Volksgruppe, und Herkunft des Beschwerdeführers gründen auf dessen beschwerdeseitigen Angaben im Vorverfahren, den Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , sowie dem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz.

2.3. Die Feststellung, dass dem BF das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , am 08.04.2020 erfolgreich zugestellt worden ist, ergibt aus dem im Verfahrensakt befindlichen Zustellnachweis.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , enthaltenen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für die Russische Föderation samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.

3.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach-und Rechtslage auszurichten (VwGH vom 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; vom 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; vom 25.7.2019, Ra 2018/22/0270)

Zu Spruchteil A)

3.3. Zur Abweisung des Antrages auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmungen des § 8 AsylG 2005 lautet (auszugsweise) wie folgt:

"Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

...

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

..."

Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit auch ihrer Dauer ergibt sich aus § 8 Abs. 4, zweiter Satz AsylG 2005, dass die Verlängerung auf Antrag des Betroffenen und nach Maßgabe des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz zu erfolgen hat.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2020, Zl. XXXX , zugestellt am 08.04.2020, u.a. der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid vom 08.05.2018 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft. Somit lagen bereits zum Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Antrags auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG die weiteren Voraussetzungen für den subsidiären Schutz des BF nicht mehr vor.

Aufgrund des Umstandes, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht mehr vorliegen, gegenteilige Umstände zwischenzeitig nicht hervorgekommen sind, ist die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abzuweisen.

3.4. Zur Zurückweisung des Eventualantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

3.4.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.

gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

 

 

2.

gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.

wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

3.4.2. Der mit „Antragstellung und amtswegiges Verfahren“ übertitelte § 58 Abs. 5 AsylG 2005 lautet:

„(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.“

Im Rahmen der Beschwerdeschrift wurde auf Seite 3 u.a. der Eventualantrag gestellt, die Rechtsmittelbehörde möge einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilen. Da eine derartige Antragstellung an das erkennende Gericht keine gesetzliche Grundlage findet, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall zu, da den Behörden- und Gerichtsakten sämtliche entscheidungsrelevante Grundlagen zu entnehmen waren.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aufenthaltstitel Eventualantrag mangelnder Anknüpfungspunkt non refoulement Verlängerung Voraussetzungen Wegfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W247.1401355.5.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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