TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/4 I408 2128232-5

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Veröffentlicht am 04.11.2020
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Entscheidungsdatum

04.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs4

Spruch

I408 2128232-5/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die RAe Dr. Peter LECHENAUER, Dr. Margrit SWOZIL, Hubert-Sattler-Gasse 10, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.12.2013 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2016 abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 11.02.2019, schriftlich ausgefertigt am 25.04.2019, GZ: I409 2128232-1/51E abgewiesen. Die Behandlung der dagegen eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24.09.2019, E 2169/2019-7, abgelehnt.

2.       Ein bereits im laufenden Beschwerdeverfahren direkt beim Bundesverwaltungsgericht am 30.04.2018 eingebrachter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde mit dem o.a. Erkenntnis wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen. Diese Entscheidung blieb unbekämpft.

3.       Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes beantragte der Beschwerdeführer am 11.10.2019 die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 56 Abs. 1 AsylG, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.12.2019 zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.05.2020, GZ: I407 2128232-3/3E, abgewiesen und erwuchs damit in Rechtskraft.

3.       Mit Mandatsbescheid vom 13.05.2020 wurde dem Beschwerdeführer eine Wohnsitzauflage aufgetragen. Die am 27.05.2020 dagegen erhobene Vorstellung sowie die in weiterer Folge eingebrachte Beschwerde, welche mit ho. Erkenntnis vom 09.09.2020, I408 2128232-4, als unbegründet abgewiesen wurde, hatten keinen Erfolg und die Anordnung erwuchs in Rechtskraft.

4.       Im August 2020 leitete die belangte Behörde ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ein. Mit Schreiben vom 27.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer unter Beischluss des aktuellen Länderinformationsblattes zu Marokko und eines Fragenkataloges zu seinen persönlichen Verhältnissen Parteiengehör gewährt, auf welches er am 03.09.2020 und 05.09.2020 reagierte.

5.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 17.09.2020 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus Gründen des § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem erließ sie gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.), erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) und gewährte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

6.       Dieser Bescheid wurde mit fristgerecht eingelangter Beschwerde vom 15.10.2020, vollinhaltlich angefochten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige und ledige Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er verfügt über keinen Reisepass und seine Identität steht damit noch immer nicht zweifelsfrei fest. Er leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr nach Marokko entgegenstehen und ist arbeitsfähig. Strafgerichtlich ist er unbescholten.

Seit seiner illegalen Einreise im Dezember 2013 hält sich der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet auf. Er verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung, und leistet der 2019 ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung keine Folge. Im Oktober 2019 versuchte er einer Rückkehr über die Stellung eines neuerlichen Antrages auf Zuerkennung eines Aufenthaltstitels zu entgehen. Auch der nach der rechtskräftigen Abweisung dieses Antrages im Mai 2020 ergangenen Quartierzuweisung, welche zwischenzeitlich ebenfalls in Rechtskraft erwachsen ist, kam er bisher nicht nach. Er zeigte bisher keine Bereitschaft, freiwillig nach Marokko zurückzukehren bzw. an der Beschaffung eines Heimreisezertifikats mitzuwirken.

Seit 18.02.2019 geht der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung mehr nach. Er lebt von der Unterstützung von Bekannten und Freunden und seine Krankenversicherung wird von einem in Österreich lebenden Cousin bezahlt. Untergebracht ist er bei seinem früheren Arbeitgeber, bei welchem er von 11.04.2016 bis 14.04.2018 beschäftigt war. Schützenswerte private oder familiäre Verbindungen haben sich seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens bzw. der dazu ergangenen Rückkehrentscheidung nicht entwickelt.

Seine Mutter und ein Bruder leben nach wie vor in Marokko und es besteht ein aufrechter Kontakt. Darüber hinaus ist seine im Jahr 2011 geborene Tochter in Marokko aufhältig. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich ansonsten über keine nennenswerten familiären oder privaten Verbindungen.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird bei einer Abschiebung nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage nachvollziehbar zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Eine substantiierte Bestreitung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes erfolgte im Beschwerdeschriftsatz nicht, sodass sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde anschließt.

Die illegale Einreise, das Fehlen einer Aufenthaltsberechtigung, das Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung sowie die Versuche des Beschwerdeführers in Österreich danach einen Aufenthaltstitel zu erhalten und die erfolglose Quartierzuweisung, sind über die im Verfahrensgang angeführten behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen zweifelsfrei dokumentiert.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich und Marokko sind seinen Angaben im gegenständlichen und den vorangegangenen Verfahren entnommen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind nicht vorgebracht worden und die strafgerichtliche Unbescholtenheit ergeben sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.

Der Beschwerdeführer hat weder im gegenständlichen sowie in früheren Verfahren identitätsbezeugenden Dokumente vorlegte, sodass seine Identität nach wie vor nicht feststeht. Der von ihm vorgelegte Nachweis für seinen Versuch, über die marokkanische Botschaft einen Reisepass zu erhalten, erweist sich als unzulänglich. So geht aus dem Mail der marokkanischen Botschaft vom 28.08.2020 (AS 34) zweifelsfrei hervor, dass für die Ausstellung eines Reisepasses kein Termin nötig ist. Unabhängig davon, dass diese Terminanfrage erst ein Jahr nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ergangen ist, geht weder aus seinen Stellungnahmen noch der Beschwerde hervor, dass er die marokkanische Botschaft jemals persönlich aufgesucht hätte. Im Ergebnis dokumentiert das die fehlende Bereitschaft des Beschwerdeführers, freiwillig der ergangenen und rechtskräftig gewordenen Rückkehrentscheidung nachzukommen.

Die Feststellungen hinsichtlich seines Aufenthaltes in Österreich ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren und der Beschwerde und finden in den aktuellen Abfragen aus ZMR und AJ-WEB ihre Bestätigung. Daraus resultiert auch die Feststellung, dass er auch der rechtskräftigen Quartierzuweisung bisher keine Folge geleistet hat.

Die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich beruhen auf seinen Angaben in der Stellungnahme vom 03.09.2020 sowie den vom Beschwerdeführer am 05.09.2020 vorgelegten Unterlagen. Sämtliche Unterstützungsschreiben, die auf zwei Jahre befristete Haftungserklärung seines früheren Dienstgebers vom 22.06.2020 (AS 59) und die Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge des Beschwerdeführers durch seinen Cousin zeigen unbestritten die Wertschätzung, die dem Beschwerdeführer weiterhin entgegengebracht wird. Dieser Umstand war aber schon Gegenstand der vorangegangenen Verfahren und vermag keine Neubeurteilung zu begründen. Hinzu kommt, dass diese Unterstützungsschreiben teilweise nicht datiert (AS 41, 45, 53) sind oder ein Datum aus den Jahren 2017 (AS 55) oder 2018 (AS 43, 51) aufweisen.

Daher ist für das gegenständliche Verfahren die beantragte Einvernahme des vom Beschwerdeführer getrenntlebenden Cousins nicht erforderlich.

Weder aus dem aktuellen Länderbericht zu Marokko, welcher dem Beschwerdeführer im Wege des Parteiengehörs übermittelt worden ist noch aus seinem Vorbringen ergeben sich Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer Abschiebung und wurden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

3.2.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden (§ 10 Abs. 2 AsylG).

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist seit der negativen Asylentscheidung nicht mehr rechtmäßig.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.

Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK wurde bereits mit. ho. Erkenntnis vom 11.02.2019 geprüft und für gegeben angesehen und seit dieser Entscheidung haben sich keine substantiellen Veränderungen ergeben. Daran ändert nichts, dass er seit dem Verlust seiner Arbeitsstelle im Feber 2019 von Bekannten und Freunden unterstützt wird und über eine Arbeitsplatzzusage verfügt.

Dem gleichgebliebenen Interesse des Beschwerdeführers an seinem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) steht das öffentliche Interesse gegenüber, dass Fremde ergangene und in Rechtskraft erwachsene Rückkehrentscheidungen befolgen bzw. diese vollzogen werden.

Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen. Eine amtswegige Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG kommt daher nicht in Betracht.

3.3.    Zum Ausspruch, dass die Abschiebung zulässig ist (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation in Marokko und der Lebensumstände des Beschwerdeführers keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung dorthin unzulässig machen würden, zumal sich die Verhältnisse dort seit der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides am 17.09.2020 nicht wesentlich geändert haben. Eine Abschiebung erweist sich damit als rechtmäßig.

3.4.    Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und sich dabei auf Art. 11 der Rückführungsrichtlinie und der Mittellosigkeit gemäß § 53 Abs 2 Z. 6 FPG gestützt.

Im Lichte einer aktuellen Entscheidung des VwGH, in welcher dieser neuerlich darauf hinweist, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann, ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall als angemessen zu erachten (VwGH, Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).

Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, ..."), weshalb die belangte Behörde in mit den in Z 1 - 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot erlassen kann.

Wie schon die belangte Behörde im verfahrensgegenständlichen Bescheid ausführlich dargelegt hat, beruht das Einreiseverbot nicht nur auf Grund der Beschäftigungslosigkeit seit Feber 2019 resultierenden Mittellosigkeit des Beschwerdeführers, sondern vor allem auf den Umstand, dass er nach Erhalt der negativen Asylentscheidung der belangten Behörde seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer auch der angeordneten und in Rechtskraft erwachsenen Quartierzuweisung bisher keine Folge leistet und von sich aus offenkundig nichts unternimmt, dass die 2019 erlassene Rückkehrentscheidung effektuiert werden kann.

Zur Dauer des Einreiseverbotes wird festgehalten, dass die belangte Behörde die nach § 53 Abs. 2 FPG zur Verfügung stehende gesetzlich zulässigen Dauer von fünf Jahren nicht ausgeschöpft hat. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensausübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre. Wie bereits dargelegt, verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich.

3.5.    Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V. und VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, erweist sich die sofortige Ausreise des unrechtmäßig in Österreich aufhältigen und mittellosen Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung (zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) als erforderlich. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers birgt die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen, und sei es nur über Schwarzarbeit, in sich. Der Beschwerdeführer hat überdies durch sein bisheriges Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, indem er trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung das österreichische Bundesgebiet nicht verließ.

Dass der Beschwerdeführer vor einer Ausreise noch dringende persönliche Verhältnisse zu regeln hätte, die die Einräumung einer Frist für die freiwillige Ausreise erforderlich machen würden, wurde nicht behauptet. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung samt Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise ist daher nicht zu beanstanden und war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides daher als unbegründet abzuweisen.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe eineinhalb Monate liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Sachverhalt ist aufgrund des vorliegenden Behördenaktes und der im Zusammenhang mit den sonstigen behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorliegenden Entscheidungen in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren und auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nichts zu ändern vermag. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot Identität Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat soziale Verhältnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2128232.5.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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