TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/9 W224 2233607-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.11.2020
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Entscheidungsdatum

09.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W224 2233607-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina Weinhandl als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran vertreten durch den Vater XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.07.2020, Zl. 1194527900-200290405, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine iranische Staatsbürgerin, stellte am 10.04.2018 bei der österreichischen Botschaft XXXX (in der Folge ÖB XXXX ) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG). Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA Iran, angegeben, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 23.02.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war.

2. Mit Schreiben vom 30.07.2018 teilte das BFA der ÖB XXXX gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status einer Asylberechtigten wahrscheinlich sei.

In der Folge wurde der BF die Einreise in das Bundesgebiet gestattet und sie reiste am 18.08.2018 legal und in Besitz eines von der österreichischen Botschaft in XXXX ausgestellten Visums nach Österreich ein und stellte am 21.08.2018 den Antrag auf internationalen Schutz.

3. Mit Bescheid des BFA vom 02.11.2018, ZI. 1194527900-180790189/BMI-BFA_VBG_RD, wurde dem Antrag gemäß § 3 AsylG stattgegeben und der BF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4. Mit Aktenvermerk vom 24.07.2019 wurde der belangten Behörde bekannt, dass die BF seit ca. acht Monaten nicht mehr in Österreich aufhältig und in den Iran zurückgereist sei. Zudem habe die belangte Behörde festgestellt, dass die BF seit dem 11.01.2019 über keine aufrechte Meldeadresse verfüge.

5. Mit Aktenvermerk vom 16.03.2020 wurde das gegenständliche Verfahren zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 7 AsylG 2005 eingeleitet.

6. Am 24.06.2020 und 13.07.2020 fand vor dem BFA eine Befragung der Stiefmutter (zum erstgenannten Datum) und des Vaters (zum zweitgenannten Datum) der BF als Zeugen statt, bei der diese zusammenfassend und gleichlautend angaben, dass die BF im Jänner 2019 freiwillig in den Iran ausgereist sei.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 14.07.2020, Zl. 1194527900-200290405 wurde der BF der Status einer Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), und ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Das BFA erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der BF in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Zu Spruchpunkt I. (Aberkennung des Status eines Asylberechtigten) wurde im Wesentlichen festgehalten, dass sich aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergeben habe, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in Verbindung mit dem Tatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfüllt seien. Die BF halte sich bereits seit ca. eineinhalb Jahren wieder in ihrem Heimatland auf. Sie habe nach Angaben des gesetzlichen Vertreters auch keine Absicht, ihr Heimatland wieder zu verlassen. Die BF habe durch ihre dauerhafte und freiwillige Heimreise alle Tatbestandsmerkmale für eine Aberkennung aufgrund freiwilliger Unterschutzstellung unter den Schutz ihres Heimatlandes erfüllt.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten) führte das BFA nach Erläuterungen der Rechtslage aus, dass aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens im konkreten Fall nicht ersichtlich sei, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen. Es sei zudem aus Sicht der belangten Behörde davon auszugehen, dass aufgrund der freiwilligen Rückkehr der BF in den Iran, keine Gründe vorliegen können, die eine Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erforderlich machen würden. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welche gemäß § 8 Asylgesetz zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würden, ergeben. Die aktuell herrschende COVID-19-Pandemie erfordere ebenfalls nicht die Zuerkennung von subsidiären Schutz, da das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung bei jungen, nicht immungeschwächten Menschen äußerst gering sei.

Zu Spruchpunkt III. führte das BFA aus, dass keine Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz vorliegen, da solche weder von der BF bzw. von deren gesetzlichen Vertretung behauptet, noch sonst amtswegig hervorgekommen seien.

Zu Spruchpunkt IV. führte das BFA aus, dass gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sowie gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG eine Entscheidung nach dem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei, wenn einem Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten aberkannt werde, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten komme und ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG von Amts wegen nicht zu erteilen sei. Im Fall der BF sei kein Tatbestand des § 57 Asylgesetz erfüllt. Auch das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens iS des Art. 8 EMRK könne nicht festgestellt werden, da die BF freiwillig und dauerhaft in den Iran zurückgereist sei und ihre im Bundesgebiet lebende Familie verlassen habe. Sie verfüge auch über keine nennenswerten privaten oder sozialen Kontakte bzw. Anbindungen in Österreich, da sie andernfalls nicht freiwillig und dauerhaft in den Iran zurückgekehrt sei. Die belangte Behörde habe auch keine erkennbaren, rechtlich relevanten Schritte zur Integration der BF feststellen können. Die Rückkehrentscheidung sei daher gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthalttitels gemäß § 55 AsylG habe daher unterbleiben können.

Zu Spruchpunkt V. führte die belangte Behörde aus, dass die Abschiebung Fremder in einen Staat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig sei, wenn der Fremde durch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt worden sei oder für die BF als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Wie bereits unter Spruchpunkt II. dargelegt worden sei, ergebe sich im Fall der BF keine derartige Gefährdung. Auch sonstige Abschiebungshindernisse im Sinne des § 50 Abs. 2 bzw. 3 FPG lägen nicht vor.

Zu Spruchpunkt VI. führte das BFA aus, dass keine Gründe hervorgekommen seien, die für eine Verlängerung der zweiwöchigen freiwilligen Ausreisefrist sprechen würden.

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 28.07.2020 durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF in den Iran zurückgereist sei, um ihren Bruder zu unterstützen, welcher an starken psychischen Problemen gelitten habe. Dieser habe sich jedoch am 28.01.2019 das Leben genommen. Die Entscheidung der BF sei eine Spontanentscheidung gewesen. Aufgrund ihrer Minderjährigkeit seien ihr auch die vollen Konsequenzen der Rückkehr nicht bewusst gewesen. Die BF verfüge zudem über ein ausgeprägtes Familien- und Privatleben iSd Art. 8 EMRK. Eine Abschiebung der BF in den Iran würde massiv in die durch das Gesetz geschützten Rechtspositionen eingreifen. Zudem sei es der BF aufgrund der derzeit herrschenden Covid-19 Pandemie nicht zumutbar in den Iran zurückzukehren, da das Risiko einer Infizierung mit dem obengenannten Virus im Iran deutlich höher sei, als in Österreich.

9. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 03.08.2020 mitsamt dem bezughabenden Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

10. Am 10.08.2020 reiste die BF wieder mittels Flugzeugs in das österreichische Bundesgebiet ein.

11. Am 03.09.2020 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts im Wege der Amtshilfe das Ersuchen an das Bezirkspolizeikommando Feldkirch, durch eine Hauserhebung an der Anschrift der BF (durch Nachschau, Befragung des Hausbesorgers bzw. der Nachbarn) nachzuprüfen, ob sich diese selbst dort persönlich (ständig oder nur vorübergehend) aufhält, gegenteiligenfalls in Erfahrung zu bringen, ob sie über eine andere Abgabestelle im In- oder Ausland verfügt.

12. Mittels Berichts vom 28.09.2020, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 02.10.2020, teilte das Bezirkspolizeikommando Feldkirch mit, dass der Vater der BF am 16.09.2020 auf der PI Feldkirch erschienen sei und angegeben habe, dass die BF ständig an deren gemeinsamer Wohnadresse wohnhaft sei. Er habe sie auch zu Kursen beim Integrationszentrum Vorarlberg angemeldet. Am 26.09.2020 gegen 18.00 Uhr sei die BF persönlich auf der PI Feldkirch erschienen und habe mittels Dolmetscher zum Sachverhalt befragt werden können. Sie habe angegeben, dass sie seit August 2020 wieder bei ihrem Vater in Feldkirch wohnhaft sei. Sie wolle aber nicht hier in Österreich sein. Sie wolle wieder zurück in den Iran zu ihrer Mutter. Daher habe ihr Vater für sie ein Rückflugticket gebucht. Sollte sie einen negativen Corona-Test vorweisen, werde sie am 29.09.2020 in den Iran zurückfliegen.

13. Am 29.09.2020 reiste die BF mittels Flugzeugs zurück in den Iran.

14. Am 07.10.2020 wurde die BF im ZMR abgemeldet und verfügt seither über keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich.

15. Am 16.10.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Vater der BF um Stellungnahme binnen zwei Wochen, ob das gegenständliche Beschwerdeverfahren weiterhin aufrecht bleibt oder ob die gegenständliche Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr aufrecht gehalten bzw. zurückgezogen wird, weil die BF offenbar freiwillig neuerlich aus dem Bundesgebiet ausgereist ist.

16. Der Vater der BF erstattete hierzu keine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist eine unmündige iranische Staatsangehörige. Sie ist am XXXX geboren.

Sie ist die Tochter des XXXX , geboren am XXXX .

Ihr Vater (und gesetzlicher Vertreter der BF) sowie ihre Stiefmutter leben als Asylberechtigte in Österreich. Ihre leibliche Mutter und ihre Großmutter leben im Iran.

Der BF wurde nach einem Antrag im Familienverfahren auf internationalen Schutz am 21.08.2018 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2018, Zl. 1194527900-180790189, der Status einer Asylberechtigten im Familienverfahren, abgeleitet von ihrem Vater, zuerkannt.

Die BF verfügte von 12.01.2019-10.08.2020 über keine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet. Von 11.08.2020-07.10.2020 verfügte die BF über eine aufrechte Wohnsitzmeldung bei ihrem Vater. Seit 08.10.2020 verfügt die BF über keine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

Die BF kehrte am 29.09.2020 freiwillig in den Herkunftsstaat zurück und ließ sich neuerlich im Iran nieder, wo sie gegenwärtig in der Stadt XXXX lebt. Ein seitheriger Aufenthalt der BF im Bundesgebiet konnte nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem verwaltungsbehördlichen Verfahren, der Beschwerde sowie einer Abfrage des zentralen Melderegisters. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

Fest steht, dass die BF am 29.09.2020 Österreich alleine, aus eigenem Wunsch und daher freiwillig verlassen hat. Sie wurde dabei von ihrem Vater unterstützt, indem dieser der BF ein Flugticket in den Iran buchte. Dies gab die BF vor der PI Feldkirch glaubwürdig an.

Entgegen der Ansicht der BF sind der belangten Behörde kein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und keine unrichtige rechtliche Beurteilung anzulasten:

Soweit die BF, vertreten durch ihren Vater, meint, ihre erste Ausreise sei bloß eine unüberlegte Spontanentscheidung und deren Konsequenzen sei ihr nicht bewusst gewesen und daher nicht „freiwillig“ erfolgt, vermochte sie den Erwägungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht substantiiert entgegenzutreten. Dies schon deshalb, weil auf die Freiwilligkeit des Verhaltens in einem rechtlichen Sinn (nämlich im Sinn von Art. 1 Abschnitt C Z 1 und Z 4 GFK) abzustellen ist und die von der BF behaupteten Missverständnisse bzw. Falschannahmen keine gegen die Freiwilligkeit Sinn von Art. 1 Abschnitt C Z 1 und Z 4 GFK der Rückkehr in den Iran bzw. des neuerlichen Aufenthaltes in Iran sprechende Umstände darstellen.

Der Vater der BF moniert in der Beschwerde, dass sich die BF bei ihrer ersten Ausreise zurück in den Iran begeben habe, um ihren Bruder zu unterstützen, der an starken psychischen Problemen gelitten habe.

Mag sich die BF zu Beginn ihrer Reise und ihres Aufenthalts in den Iran insofern in einer emotionalen Zwangslage befunden haben, als sie diese Reise und den Aufenthalt nur deswegen unternahm, um ihren Bruder zu unterstützen, kann dies mit Fortdauer dieses Aufenthalts nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr gelten. Alleine der Umstand, dass sich der Bruder der BF bereits Ende Jänner 2019 (und somit ca. ein Monat nach der freiwilligen Rückkehr der BF in den Iran) das Leben nahm, lässt nicht darauf schließen, dass dies das Hauptmotiv der BF für eine Rückkehr in den Iran darstellte. Der Umstand, dass die BF seit diesem Zeitpunkt – etwa 18 Monate – im Iran verblieb und nunmehr wieder im Iran aufhältig ist, deutet nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf ihren Willen hin, ihre Beziehung zum Iran zu normalisieren und sich wieder freiwillig unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen..

Diese Überlegungen werden dadurch verstärkt untermauert, weil die BF erneut – zweifelsfrei – freiwillig in den Iran ausreiste am 29.09.2020. Sie hat dies gegenüber der PI Feldkirch in einer Befragung im Wege eines Amtshilfeersuchens des Bundesverwaltungsgerichts entsprechend zu Protokoll gegeben. Sie wurde bei dieser Ausreise von ihrem Vater unterstützt, der ihr ein Flugticket in den Iran buchte.

Es erscheint zudem aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht plausibel, dass der Vater der BF, das in der Beschwerde angeführte Rückkehrmotiv (Unterstützung des psychisch instabilen Bruders) der BF offensichtlich nicht kannte bzw. anführte (Seite 4 der Niederschrift vom 13.07.2020). Die neuerliche – zweifelsfrei – freiwillige Rückkehr der BF in den Iran am 29.09.2020 entkräftet die Angaben des Vaters der BF in seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter, wonach ihre Ausreise bloß eine unüberlegte Spontanentscheidung gewesen sei, deren Konsequenzen der BF nicht bewusst gewesen wären.

Im Übrigen liegt im Zusammenhang mit der neuerlichen – zweifelsohne freiwilligen (die BF hat dies selbst im Rahmen einer Befragung durch die PI Feldkirch angegeben) – Ausreise der BF am 29.09.2020 der klare Wille der BF auf der Hand, sich freiwillig in ihrem Herkunftsstaat zu begeben und freiwillig das Österreichische Bundesgebiet zu verlassen. Die neuerliche – zweifelsfrei – freiwillige Rückkehr der BF in den Iran am 29.09.2020 entkräftet die Angaben des Vaters der BF in seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter im Verfahren gegen den Bescheid des BFA vom 14.07.2020, Zl. 1194527900-200290405. Darüber hinaus geht aus den Aussagen der BF vor der PI Feldkirch klar hervor, dass die BF bei der Ausreise am 29.09.2020 von ihrem Vater unterstützt wurde, indem er ihr ein Rückflugticket in den Iran buchte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

Ihr kommt jedoch keine Berechtigung zu:

3.1.1. Zu Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides (Aberkennung des Status der Asylberechtigten und Ausspruch, dass der BF die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt):

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einer Fremden der Status der Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn (1.) ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt, (2.) einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention (in Folge: GFK) angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder (3.) die Asylberechtigte den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Art. 1 Abschnitt C der GFK:

Dieses Abkommen wird auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt; oder

4. sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

Die Bestimmungen der Ziffer 5 sind nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;

6. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.

Die Bestimmungen der Ziffer 6 sind jedoch auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen.

Art. 1 Abschnitt C Z 1 der GFK ist als Äquivalent zur Definition des Flüchtlingsbegriffes, der die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Staates des Heimatlandes fordert, geschaffen. Dabei sind es in der Regel zwei Handlungstypen des Flüchtlings, die in der Praxis relevant sind.

1. Der Flüchtling reist in sein Heimatland, und

2. Er lässt sich einen Reisepass seines Heimatlandes ausstellen.

Für beides gilt, dass der Flüchtling freiwillig gehandelt haben muss, dh ohne Einwirkung von psychischem oder physischem Zwang. In Betracht käme etwa mangelnde Freiwilligkeit, Einreise in den Herkunftsstaat aus zwingenden Gründen unter Umgehung der Grenzkontrollen unter Vermeidung jedes Behördenkontaktes, die illegale (etwa durch Bestechung) Beschaffung eines Reisepasses oder das Verlangen des Aufnahmestaates, zur Vorlage von Identitätspapieren. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss weiters auch der Wille, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, vorliegen. Aus dieser Voraussetzung folgt auch das Erfordernis einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat. Aufgrund dieses Erfordernisses der dauerhaften Wiederherstellung der Beziehungen sind zB Krankenbesuche im Heimatland als Unterschutzstellung auszuschließen. Der Endigungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK ist dann erfüllt, wenn sich die Person in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, freiwillig niedergelassen hat, dh freiwillig dorthin ihren Wohnsitz verlegt hat. Ein solcher Sachverhalt ist in der Regel auch schon durch Art. 1 Abschnitt C Z 1 der GFK erfüllt (s. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, K3, K4 und K7 zu § 7 AsylG).

Mit Blick auf den Endigungsgrund des Art. 1 Abschnitt C Z 1 der GFK hat der Verwaltungsgerichtshof bei einer - wie im vorliegenden Fall - Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Inanspruchnahme des Schutzes erkannt und konstatiert, dass die Rückkehr in den „Verfolgerstaat“ den Tatbestand der Unterschutzstellung erfüllt (vgl. VwGH 25.06.1997, 95/01/0326). In seinem Erkenntnis vom 03.12.2003, 2001/01/0547, gelangte der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die Rückkehr in den Heimatstaat unter Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK zu subsumieren sei.

3.1.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer Unterschutzstellung das Erfordernis des Willens, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, woraus sich die Notwendigkeit einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Herkunftsstaat ergibt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch zustimmend auf die Ausführungen im UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Abs. 125, hingewiesen, wonach der Besuch eines alten oder kranken Elternteiles, was das Verhältnis des Flüchtlings zu seinem früheren Heimatland anbelangt, in der Regel anders zu beurteilen sei, als etwa regelmäßige Ferienaufenthalte oder Besuche mit dem Ziel, Geschäftsverbindungen herzustellen (VwGH 28.01.2005, 2002/01/0354, VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0121).

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass sich die BF so nachhaltig im Herkunftsstaat zuwendete, dass daraus der Wille der BF hervorleuchtet, ihre Beziehungen zum Iran zu normalisieren und sie sich wieder freiwillig unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat.

3.1.3. Die BF hat daher mit ihrem Verhalten, freiwillig von Österreich wieder in ihren Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes (ihren Herkunftsstaat) zurückzureisen und freiwillig sich wieder dort aufzuhalten, den Endigungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK und nach Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK erfüllt, weil das Verhalten als freiwillige Unterschutzstellung bzw. als freiwillige neuerliche Niederlassung zu werten ist. Die Unterschutzstellung bzw. der neuerliche Aufenthalt/die neuerliche Niederlassung der BF im Iran, XXXX , wo sie sich von ihrer Ausreise am 11.01.2019 bei ihrer Mutter und Großmutter aufhielt und seit ihrer neuerlichen Ausreise am 29.09.2020 wieder aufhält, ist als nachhaltig und dauerhaft im oben angeführten Sinn zu qualifizieren bzw. ist und war sichtlich auf Dauer angelegt, was sich insbesondere aus dem Umstand, dass die BF ihren Wohnsitz in Österreich aufgegeben hat (sie verfügte seit 12.01.2019-10.08.2020 über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet und nunmehr seit 08.10.2020 abermals über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet mehr) und ferner aus der Dauer des Aufenthaltes im Iran (zunächst über eineinhalb Jahren; nunmehr offenbar auf Dauer) ergibt.

3.1.4. Es wurden keine Umstände vorgebracht bzw. ersichtlich, die die Freiwilligkeit des Verhaltens der BF im oben genannten Sinn in Frage stellen: Mit dem Vorbringen des Vaters der BF, die Ausreise der BF sei bloß aufgrund einer Spontanentscheidung und der fälschlichen Annahme, dass diese keine Konsequenzen nach sich ziehe, erfolgt, wird (wie in der Beweiswürdigung bereits ausgeführt) kein gegen die Freiwilligkeit der Rückreise in den Iran und des dortigen neuerlichen Aufenthaltes sprechender Umstand dargelegt.

3.1.5. Die BF hat sich ohne Zutun Österreichs wieder dem Schutz des Herkunftsstaates unterstellt, dabei wurde sie – in Bezug auf ihre nunmehrige Ausreise am 29.09.2020 – auch von ihrem Vater unterstützt. Die BF ist freiwillig zurück in den Iran gereist und hat sich freiwillig unter den Schutz des Heimatstaates gestellt.

3.1.6. Die Aberkennung durch das BFA erfolgte innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung im November 2018. Somit hat die belangte Behörde zu Recht den Asylstatus gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass der BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

Dem steht auch das Kindeswohl nicht entgegen, weil das Gesetz im Rahmen des Familienverfahrens gemäß §§ 34 f AsylG 2005 die Einreise nach Österreich regelt, sobald dies auch faktisch möglich bzw. für die Eltern umsetzbar ist. Zuvor - dh so lange die BF tatsächlich außerhalb Österreichs ist und von deren Eltern die Rückkehr nicht organisiert bzw. bewerkstelligt werden kann – spielt es für das Kindeswohl keine Rolle, ob der BF der Status der Asylberechtigten zukommt oder nicht.

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides (Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einer Fremden der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) der Status der Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Allerdings regelt § 1 Z 1 1. Fall AsylG 2005 die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich.

Da sich die BF nicht mehr in Österreich befindet, kommt eine Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten nicht in Betracht.

Es ist die Beschwerde daher auch diesbezüglich abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen):

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, (1.) wenn der Aufenthalt der Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, die Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, (2.) zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder (3.) wenn die Drittstaatsangehörige, die im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und die Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Da sich die BF nicht in Österreich befindet, kommt eine Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (arg.: „im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen“) nicht in Betracht. Darüber hinaus wurden Gründe, die für das Vorliegen der Voraussetzungen sprechen, in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind auch vom Amts wegen nicht hervorgekommen.

Es ist die Beschwerde daher auch diesbezüglich abzuweisen.

3.4. Zu den Spruchpunkten IV. bis VI. des bekämpften Bescheides (Rückkehrentscheidung, Abschiebung, Frist zur freiwilligen Ausreise):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 3 FPG ist unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn einer Fremden der Status der Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten kommt. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist. Schließlich ist gemäß § 55 Abs. 1 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise festzulegen.

Im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen und der Situation der BF, so insbesondere ihres jungen Alters, ihrer Kernfamilie in ihrem Heimatland sowie dem Faktum ihrer Rückkehr, kann der Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch die belangte Behörde, dem Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung sowie der Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise nicht entgegengetreten werden. Aus der Beschwerde ergeben sich ebenfalls keine Hinweise oder Vorbringen, die sich konkret und substantiiert gegen diese Aussprüche stellen.

3.4.1. Da sich die BF im Jahr 2019 und im Jahr 2020 neuerlich und freiwillig in ihrem Herkunftsstaat niedergelassen hat und sich zunächst mehr als eineinhalb Jahre, seit 29.09.2020 offenbar dauerhaft nicht mehr in Österreich aufhält, ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die BF gegenwärtig über kein potentiell schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich verfügt, weshalb weitergehende Erwägungen zu diesem Punkt unterbleiben können. Die Behörde hat daher zu Recht keinen Anhaltspunkt erkannt, vor dessen Hintergrund die gemäß § 9 BFA-VG/Art. 8 EMRK durchzuführende Interessensabwägung zu Gunsten der bereits mehr als eineinhalb Jahre nicht mehr in Österreich aufhältigen BF hätte ausgehen können. Die in der Beschwerde angeführte innige Beziehung der BF zu der in Österreich lebenden Familie ist schon alleine (wie von der belangten Behörde bereits ausgeführt) nicht glaubhaft, da die BF Österreich freiwillig verlassen hat und die sich im Bundesgebiet aufhältige Familie zurückließ. Ansonsten wurde diesem Ergebnis in keiner Weise entgegengetreten und nicht aufgezeigt, in wie fern die zu beurteilende Rückkehrentscheidung mit einem Eingriff in die privaten und familiären Interessen der BF einhergeht.

Der Umstand, dass sich die BF zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG nicht mehr im Bundesgebiet aufgehalten hat, steht deren Erlass nicht entgegen (vgl. die insofern übertragbaren Erwägungen zu § 52 Abs. 1 FPG in VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234). Auch die weiters getroffenen Aussprüche der Zulässigkeit der Abschiebung gemäß §§ 52 Abs. 9 iVm 46 FPG sowie der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG erfolgten zu Recht.

3.4.2. Andere gegen die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht zu erkennen. Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. – VI. abzuweisen.

3.5. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, ist keine Verhandlung nötig, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden und zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017).

Die Verwaltungsbehörde muss die Beweiswürdigung in der Entscheidung offengelegt haben und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. Es darf schließlich in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender relevanter Sachverhalt behauptet werden, ein unsubstantiiertes Bestreiten des Sachverhaltes und gegen Neuerungsverbot verstoßendes Vorbringen bleibt außer Betracht.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die oben genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung des BFA wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten bestätigt, des Weiteren findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die behördliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser insbesondere kein neues Tatsachenvorbringen und wird den beweiswürdigenden Erwägungen des BFA auch nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Da die Behörde und das Bundesverwaltungsgericht den für die gegenständliche Beurteilung des Endigungsgrundes des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 1 und Z 4 der Flüchtlingskonvention erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt haben, bedurfte die Abweisung der Beschwerde keiner weiteren mündlichen Erörterung. Das BFA hat im angefochtenen Bescheid das Nichtbestehen einer aktuellen individuellen oder konkreten Rückkehrgefährdung der BF festgestellt und im ausreichenden Maß begründet. Weder zeigt die Beschwerde konkret auf, vor welchem Hintergrund die BF zum Entscheidungszeitpunkt in ihrem Herkunftsstaat eine individuelle Verfolgung respektive einen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit befürchten würde, noch werden konkrete Umstände aufgezeigt, welche die Annahme begründen, dass die BF in eine existenzbedrohende Lage geraten oder keinen Zugang zu einer benötigten medizinischen Behandlung haben würde. Ebensowenig wurde den Erwägungen der Behörde, die zur Begründung der Rückkehrentscheidung geführt haben, substantiiert entgegengetreten. Die BF ist am 29.09.2020 neuerlich in den Iran zurückgekehrt.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0046 und die dortigen Verweise) zu den maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, in der jeweiligen Fassung.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Asylaberkennung freiwillige Ausreise Heimreise Interessenabwägung non refoulement öffentliches Interesse Rückkehrentscheidung Unterschutzstellung Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W224.2233607.1.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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