TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/11 W242 1435424-3

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Veröffentlicht am 11.11.2020
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Entscheidungsdatum

11.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W242 1435424-3/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX XXXX XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wien 17., Wattgasse 48/3, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl versagte dem Beschwerdeführer mit dem gegenständlichen Bescheid die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005. Gleichzeitig erlies es gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. In Anwendung des § 53 Abs. 1 und 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein mit sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung unter Anwendung des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Beschwerde vom 10.09.2020 wurde der gegenständliche Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bekämpft und begründend ausgeführt, dass seitens der Behörde mangelhafte Ermittlungen geführt und dadurch die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers nicht konkret eruiert worden wäre.

Mit Erkenntnis, GZ XXXX , vom XXXX 2020 des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Beschwerde vom 10.09.2020 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und lud es die Verfahrensparteien mit Ladung vom XXXX 2020 zu einer mündlichen Verhandlung am 11.11.2020.

Am 11.11.2020 wurde im Zuge der öffentlichen, mündlichen Verhandlung durch den vertretenen Beschwerdeführer vorgebracht, dass er am XXXX 2020 einen Folgeantrag gestellt habe und beantragte er der Beschwerde statt zu geben.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl versagte dem Beschwerdeführer mit dem gegenständlichen Bescheid die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005. Gleichzeitig erlies es gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. In Anwendung des § 53 Abs. 1 und 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein mit sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung unter Anwendung des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, GZ XXXX , vom XXXX 2020 wurde der Beschwerde vom 10.09.2020 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am XXXX 2020 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die Einvernahme des Beschwerdeführers findet beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am XXXX 2020 statt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch:

-        Einsichtnahme in den Verwaltungsakt;

-        Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister am 11.11.2020;

-        Einsichtnahme in die im gegenständlichen Verfahren vorgelegte Ladung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2020.

-        Befragung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2020

Die Feststellungen beruhen auf der unzweifelhaften Aktenlage, den dahingehend glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers sowie auf der Einsicht in das Zentrale Fremdenregister, an dessen Richtigkeit und Aktualität kein Zweifel besteht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig ist, bevor über den Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde. Nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist die Rückkehrentscheidung mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz „zu verbinden“, nach § 52 Abs. 2 FPG hat sie „unter einem“ zu ergehen; sie setzt also die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraus. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen.

Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu treffen, dass die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, vorwegzunehmen (vgl. zum Verhältnis der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu einem Abspruch nach §§ 3 und 8 AsylG 2005 das Erkenntnis des VwGH vom 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohne eine Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG kommt hingegen - außer im Fall, dass die Feststellung aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist - auf Grund des vom Gesetzgeber seit 1. Jänner 2014 geschaffenen Systems nicht in Betracht (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162; 25.09.2018, Ra 2018/21/0107).

Im vorliegenden Fall erließ das Bundesamt mit Bescheid vom XXXX 2020 gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und weitere damit verbundene Entscheidungen. Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens gegen diese Entscheidung stellte der Beschwerdeführer am XXXX 2020 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, über den das Bundesamt noch nicht entschied.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig ist, bevor über den Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde, war die Erlassung der nunmehr bekämpften Rückkehrentscheidung somit nicht zulässig. Daran kann auch die verfahrensgegenständliche Fallkonstellation, dass die belangte Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch keine Kenntnis von der erneuten Beantragung von internationalen Schutz gehabt hat, nichts ändern.

Die vom Bundesamt erlassene Rückkehrentscheidung samt den damit im Zusammenhang stehenden Aussprüchen ist daher aufgrund des nachträglich gestellten Antrages auf internationalen Schutz, unter Beachtung der angeführten Judikatur des VwGH, ersatzlos zu beheben.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist.

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten im Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Anhängigkeit Asylantragstellung Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W242.1435424.3.01

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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