TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/12 W233 2127909-2

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Veröffentlicht am 12.11.2020
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Entscheidungsdatum

12.11.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W233 2127909-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Peter LECHENAUER – Dr. Margrit SWOZIL, in 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2020, Zl. 1047473609 - 191173304, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Am 18.11.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK.

Mit Bescheid vom 21.08.2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK zurück.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid vollinhaltlich über seine zur Vertretung im Beschwerdeverfahren gewillkürten Vertreter Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen darauf hinwies, dass die ihm im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeräumte Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme zur Beurteilung der Intensität seiner privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet keinesfalls ausreichend sei. Ebenso hätte der Umstand, dass der Beschwerdeführer über eine Wiedereinstellungszusage seines ehemaligen Dienstgebers in einem Mangelberuf verfüge, vom Bundesamt als eine maßgebliche Änderung iSd Art. 8 EMRK gewertet werden müssen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte diese samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht am 09.10.2020 vor.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, der am 08.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit dem Tag seiner Antragstellung durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 03.05.2016 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Schließlich wurde ihm für die freiwillige Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet eine Frist von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26.08.2019, GZ: W175 2127909-1/22E, rechtskräftig seit 27.08.2019 als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat trotz dieser rechtskräftigen Entscheidung das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht verlassen und hält sich somit seit Ablauf der ihm für die freiwillige Ausreise gewährten Frist seit 11.09.2019 rechtswidrig in Österreich auf.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG 2005 geht im Vergleich zur bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 26.08.2019 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellung in Bezug auf sein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz und jene, dass sich der Beschwerdeführer seit zumindest 08.12.2014, davon seit 27.08.2019 rechtwidrig, durchgehend im Bundesgebiet aufhält, können aufgrund der unbestrittenen Aktenlage getroffen werden. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer nach der rechtskräftig negativen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz und der damit einhergehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen hätte oder sonst über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügen würde, sind weder aus der Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels noch aus dem Beschwerdevorbringen hervorgekommen.

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Argument, dass er über eine Wiedereinstellungszusage betreffend einer Beschäftigung in einem Mangelberuf verfüge und dieser Umstand vom Bundesamt als maßgebliche Änderung iSd Art. 8 EMRK gewertet hätte müssen, geht insofern ins Leere, da der Verwaltungsgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 28.02.2019, Ro 2019/01/0003-3, ausgeführt hat, dass bei der Interessenabwägung zu Gunsten eines Fremden nur die den privaten und familiären Bereich betreffenden Umstände, jedoch nicht öffentliche Interessen zu berücksichtigen seien. Diese Rechtsprechung stehe einer Berücksichtigung der Lehre in einem Mangelberuf als öffentliches Interesse zugunsten des Fremden entgegen (vgl. ibid RZ 48 und RZ 50).

Hinsichtlich der Vorlage von Unterstützungserklärungen und Empfehlungsschreiben im Administrativverfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels ist darauf zu verweisen, dass die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers bereits in der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019 berücksichtigt worden sind. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sehr gut Deutsch spreche, sich integrationswillig zeige und seine sozialen Kontakte, sein Weiterbildungsbestreben wie auch seine Erwerbstätigkeit für seine Integrationsbemühungen sprechen. Allerdings genügen diese nicht, um eine nachhaltige Integration in Österreich annehmen zu können (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 26.08.2019, S 93).

Die Vorlage der während seines rechtswidrigen Aufenthalts in Österreich erlangten zusätzlichen Bescheinigungen über seine Integrationsbemühungen in die österreichische Gesellschaft vermögen keine maßgebliche Änderung in Bezug auf das vom Beschwerdeführer im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019 festgestellte entfaltete Privatleben iSd Art. 8 EMRK aufzuzeigen.

In Bezug auf den in seiner Beschwerde vorgebrachten Einwand, dass die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme zur Beurteilung der Intensität seiner privaten und familiären Bindungen in Österreich keinesfalls ausreichend seien und sich die belangte Behörde einen persönlichen Eindruck und ein Bild vom Leben des Beschwerdeführers in Österreich hätte machen müssen, ist darauf zu verweisen, dass das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht keinen Anspruch auf eine mündliche Verfahrensführung kennt, sondern das Recht auf Gehör auch schriftlich gewährt werden kann (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), RZ 268). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl räumte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.07.2020 Parteiengehör bzw. forderte ihn mit diesem Schreiben binnen zwei Wochen zur Beantwortung von insgesamt 38 näheren Fragen auf. Dass dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer die verfahrensrechtliche Bedeutung des ihm damit gewährten Parteiengehörs nicht bewusst bzw. ihm keine Möglichkeit zur Vorbereitung, Überlegung und entsprechenden Formulierung seiner Stellungnahme geboten worden wäre, hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer weder in seiner Stellungnahme vom 05.08.2020 noch in seiner Beschwerde vom 30.09.2020 behauptet. Vielmehr nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.08.2020 ausführlich schriftlich Stellung zu den an ihn gerichteten Fragen und übermittelte dem Bundesamt zugleich diverse Unterlagen im Zusammenhang mit der Beantwortung dieser Fragen. Dass sich die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf andere Beweismittel, die dem Beschwerdeführer nicht zugänglich gemacht worden wären, gestützt hätte, wird in der Beschwerde ebenso nicht vorgebracht. Das Bundesverwaltungsgericht vermag daher keine Verletzung des Parteiengehörs erkennen, weil der Beschwerdeführer statt einer persönlichen Anhörung im Wege der schriftlichen Stellungnahme befragt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Der begehrte Aufenthaltstitel ist in § 55 AsylG 2005 normiert:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

§ 58 AsylG 2005 enthält nähere Bestimmungen über das Verfahren zur Erteilung der Aufenthaltstitel nach den §§ 55 bis 57 AsylG 2005. § 58 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) - (9) [...]

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) - (14) [...]"

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten. In einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zulässig (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0102; 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, mwN).

Da das Verfahren nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 jenem der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildet ist, ist Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den Antrag auf Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels zurückgewiesen hat, die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts (in Hinblick auf das begründete Antragsvorbringen) zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zur rechtskräftig entschiedenen Rückkehrentscheidung keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände in Hinblick auf Art. 8 EMRK eingetreten ist.

3.3. Im vorliegenden Fall wurde gegen den Beschwerdeführer mit dem seine Beschwerde als unbegründet abweisenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019, GZ: W175 2127909-1/22E, rechtskräftig seit 27.08.2019, eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte daher zu prüfen, ob sich seit 27.08.2019 eine maßgebliche Veränderung im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK ergab.

3.4. Zur Frage, ob vom Beschwerdeführer in seinem erneuten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 Gründe geltend gemacht wurden, die eine maßgebliche Änderung des der Rückkehrentscheidung zu Grunde liegenden Sachverhaltes im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK und § 9 Abs. 2 BFA-VG bewirkt haben, bringt der Beschwerdeführer vor, dass er nunmehr über eine Wiedereinstellungszusage seines vorherigen Lehrbetriebes in einem Mangelberuf bzw. über zahlreiche Unterstützungserklärungen verfüge.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 22.07.2011, Zl. 2011/22/0138, zu einer solchen Fallkonstellation in Bezug auf einen Arbeitsvorvertrag bezogen auf die Vorgängerbestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 - nämlich § 44b Abs. 1 Z 1 NAG - Folgendes ausgeführt:

"Angesichts des fallbezogenen maßgeblichen Zeitablaufs von etwa zwei Jahren zwischen der rechtskräftigen Abweisung und dem gegenständlichen Zurückweisungsbeschluss der ersten Instanz erweist sich die behördliche Ansicht als nicht rechtswidrig, dass noch keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist, die nunmehr in vergleichbarer Betrachtung der bereits ausgesprochenen Ausweisung zu einer Unzulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. der Versagung des Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK führen kann. Dieser relativ geringe zeitliche Abstand lässt es nämlich zu, eine allein daraus ableitbare maßgebliche Änderung des Sachverhalts zu verneinen. Die weiteren vorgebrachten Umstände, nämlich die bestandene Sprachprüfung und der abgeschlossene Dienstvorvertrag, weisen nicht eine solche Bedeutung auf, dass in einer Gesamtbetrachtung eine andere Beurteilung geboten wäre. Somit durfte die belangte Behörde die erstinstanzliche Zurückweisung nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG bestätigen."

Dazu ist fallbezogen festzuhalten, dass gegen den Beschwerdeführer seit 27.08.2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht und seit Erlassung dieser Entscheidung für die Annahme eines geänderten Sachverhalts kein Raum bleibt, sodass eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK - wie von der belangten Behörde zu Recht angenommen - für den Zeitraum zwischen der Erlassung der Rückkehrentscheidung und dem Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG nicht erforderlich war.

Daran vermag auch das Faktum nichts zu ändern, dass sich die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung durch den (illegalen) Verbleib im Bundesgebiet um rund ein Jahr verlängert hat.

Hervorzuheben ist in diesem Kontext, dass sich der Beschwerdeführer seines unsicheren (und illegalen) Aufenthalts seit Ablauf der ihm gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise iZm der gegenüber ihm rechtskräftig erlassenen Rückkehrentscheidung nach Afghanistan bewusst war und sohin einem allfällig entstandenes Privat- und Familienleben ohnehin ein entsprechend geringes Gewicht zuzumessen wäre. Dies gilt umso mehr für Integrationsaspekte, die erst nach einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung entstanden sein mögen, welche - wie im vorliegenden Fall - durch sein beharrliches illegales Verbleiben im Bundesgebiet seit 27.08.2019 weiter vermindert werden, zumal diese verwaltungsrechtliche Delinquenz einen gewichtigen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere (auch) im Bereich des Asyl, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, darstellt, die eine Aufenthaltsbeendigung als dringend geboten erscheinen lassen (vgl. VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190).

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Entfall einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ausgesprochen, dass es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind (siehe jüngst VwGH 28.06.2018, Ra 2018/19/0090):

"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0410, mwN)."

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen und ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen.

Angesichts dieser Rechtsprechung konnte im Fall des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung deshalb unterbleiben, weil der für die getroffene rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt vorliegt und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein umfassendes Ermittlungsverfahren zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich durchgeführt hat. Auch in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen ergab sich keine Notwendigkeit, den Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu befragen. Inwieweit eine mündliche Verhandlung in diesem Zusammenhang maßgeblich andere Feststellungen bzw. eine andere Entscheidung herbeiführen hätte können, wurde in der Beschwerde nicht ansatzweise aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.

Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).

Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052, Rn 16), weswegen trotz Antrags von einer Verhandlung abgesehen werden konnte.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Privat- und Familienleben Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W233.2127909.2.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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