Entscheidungsdatum
13.11.2020Norm
AVG §62 Abs4Spruch
I406 2233861-1/27Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Wortfolge “gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG” in Spruchpunkt A) I. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2020, GZ I406 2233861-1/25E über die Beschwerde von XXXX , StA. IRAK, vertreten durch die WEH Rechtsanwalt GmbH, Wolfeggstraße 1, 6900 Bregenz, gegen die Festnahme des Beschwerdeführers am 07.08.2020 um 10.55 bis 08.08.2020 um 13:50 Uhr und seine Vorführung zur XXXX wird gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 62 Abs. 4 Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) berichtigt. Die Wortfolge “gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG” entfällt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Erkenntnis vom 11.11.2020, GZ I406 2233861-1/25E, sprach das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde von XXXX , StA. IRAK, vertreten durch die WEH Rechtsanwalt GmbH, Wolfeggstraße 1, 6900 Bregenz, gegen die Festnahme des Beschwerdeführers am 07.08.2020 um 10.55 bis 08.08.2020 um 13:50 Uhr und seine Vorführung zur XXXX ab und zitierte dabei in Spruchpunkt A) I. als gesetzliche Grundlage “§ 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG”.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Bei der bekämpften Maßnahme handelte es sich nicht um Schubhaft sondern um die Festnahme des Beschwerdeführers am 07.08.2020 um 10.55 bis 08.08.2020 um 13:50 Uhr und seine Vorführung zur XXXX , deshalb ist die Zitierung des „§ 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG” in Spruchpunkt A) I. als gesetzliche Grundlage falsch.
Es handelt sich dabei um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die auf einem Versehen des erkennenden Gerichtes beruht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG hat durch Bescheid (hier: Beschluss) zu erfolgen und bewirkt feststellend, dass der berichtigte Beschluss rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erlassung geändert wird.
Die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG ist dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozessökonomie dadurch dienen, dass besonders offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können.
Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (VwGH 19.11.2002, Zl. 2002/12/0140).
Einem Berichtigungsbescheid (hier: Berichtigungsbeschluss) kommt nur feststellende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung zu.
Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes des berichtigten Bescheides (Beschlusses) schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung.
Einem solchen Verständnis vom Wesen des Berichtigungsbescheides entspricht die ständige Rechtsprechung des VwGH des Inhaltes, dass ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid (Beschluss) eine Einheit bildet, sodass der berichtigte Bescheid (Beschluss) iSd Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt als geändert angesehen werden muss, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 14.10.2003, Zl. 2001/05/0632).
Eine Berichtigung setzt voraus, dass eine Entscheidung fehlerhaft ist und dass diese Unrichtigkeit auf einem Versehen beruht und offenkundig ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Bd. 1, 2. Aufl. [1998], E 180 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und zuletzt VwGH 17.11.2004, Zl. 2004/09/0019).
Dafür reicht es aus, wenn die Personen, für welche die Entscheidung bestimmt ist, ihre Unrichtigkeit hätten erkennen können und wenn sie das Bundesverwaltungsgericht – bei entsprechender Aufmerksamkeit – bereits bei ihrer Erlassung hätte vermeiden können (vgl. die a.a.O., E 182 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und zuletzt VwGH 24.01.2006, Zl. 2005/08/0221; vgl. jedoch VwGH 05.11.1997, Zl. 95/21/0348).
Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn dazu kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig sind; dabei ist vom Maßstab eines mit der Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen (VwGH 14.12.2005, Zl. 2002/12/0183).
Neben der Berichtigung von Schreib- oder Rechenfehlern erlaubt die obige Bestimmung auch die Berichtigung von offenkundigen, auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten.
Eine solche liegt dann vor, wenn in der ursprünglichen Entscheidung der Wille des Gerichts unrichtig wiedergegeben wurde (vgl. Hengstschläger-Leeb, AVG, 2. Teilband, S 796 f. und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).
Im vorliegenden Fall wurde in Spruchpunkt A) I. „§ 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG” als gesetzliche Grundlage zitiert.
Aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akteninhalt und der Begründung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2020, GZ I406 2233861-1/25E ergibt sich zweifellos, dass die Verhängung einer Schubhaft nie in Rede stand und die angefochtene Maßnahme daher nicht die Verhängung einer Schubhaft sondern die Festnahme des Beschwerdeführers am 07.08.2020 um 10.55 bis 08.08.2020 um 13:50 Uhr und seine Vorführung zur XXXX war und folglich die Zitierung des „§ 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG” in Spruchpunkt A) I. ein Versehen war.
Für einen mit der Materie vertrauten Durchschnittsbetrachter ist dieses Versehen der Zitierung der unrichtigen gesetzlichen Bestimmung daher offensichtlich und somit die Unrichtigkeit im Sinn der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur klar erkennbar.
Diese offenkundige Unrichtigkeit war daher gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 62 Abs. 4 AVG von Amts wegen zu berichtigen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Berichtigung der EntscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2233861.1.01Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021